Harald Kruggel-Emden Recklinghausen, den 14.5.98
Praktikumsbericht
für den Zeitraum vom 04.05.98 bis zum 15.05.98
für das Grundpraktikum des Studienganges Maschinenbau, Bereich Spanende
Fertigungsverfahren, bei der Firma VULKAN Kupplungs- u Getriebebau B. Hackforth
GmbH & Co. KG
Bei der Firma Vulkan handelt es sich
um einen Betrieb mit ca. 280 Beschäftigten, der auf die Produktion
von Kupplungen spezialisiert ist. Bei der Produktion werden eine Vielzahl
spanender Fertigungsverfahren eingesetzt. In meinem zweiwöchigen Praktikum
habe ich sowohl Einblicke in die direkte Produktion erhalten als auch in
den Bereich der Instandsetzung der verschiedenen spanenden Werkzeugen,
wobei auch hierfür wieder spanende Verfahren eingesetzt wurden. Während
ich direkten Einblick in die Produktion erhielt, wurden mir gleichzeitig
die verschieden Verfahren theoretisch erläutert und erklärt,
um so Verständnis für die Produktion zu erlangen. Aus diesem
Grund möchte ich meinen Praktikumsbericht in zwei Teile gliedern und
zunächst die vermittelte Theorie wiedergeben, und dann im zweiten
Teil exemplarisch direkten Einblick in die Produktion zu geben.
Teil 1:
Die Bereiche, in die ich Einblick nehmen
konnte, sind:
Anreißen, Feilen, Sägen,
Gewindeschneiden von Hand, Drehen, Fräsen, Bohren, Senken, Reiben,
Schleifen
Beim Anreißen werden die geforderten
Maße aus der Zeichnung noch vor der dann anschließenden Bearbeitung
auf das Werkstück übertragen. Dabei müssen diese gut sichtbar
sein. Die Oberfläche des Werkstücks darf nicht beschädigt
werden. Um die Rißlinien gut sichtbar zu machen werden die Oberflächen
der Werkstücke meistens mit farbigen Anreißlacken besprüht.
Danach werden die Anreißarbeiten mit einer Reißnadel durchgeführt.
Sollen Kreise auf das Werkstück übertragen werden, benutzt man
hierzu Spitzzirkel. Zum Markieren von Bohrlochmittelpunkten verwendet man
einen Körner. Rißlinien beliebiger Höhe können mit
einem Parallelreißer angefertigt werden. Das Anreißen wird
bei CNC-gesteuerten Werkzeugmaschinen, wie es bei VULKAN häufig der
Fall ist, überflüssig.
Sägen ist ein spanendes Arbeitsverfahren
mit gerader oder kreisförmiger Schnittbewegung, das entweder zum Trennen
eines Werkstückes oder zum Anfertigen von Nuten und Schlitzen angewandt
wird. Das Sägeblatt ist dabei aus einer Vielzahl hintereinanderliegender
Zähne in Keilform aufgebaut. Die Spanräume nehmen beim Sägen
die Späne auf und führen sie aus der Schnittfuge. Bei Maschinensägeblättern
verwendet man meistens Bogenzähne, die auch widerstandsfähiger
sind, während bei Handsägeblättern in der Regel Winkelzähne
zum Einsatz kommen. Beim tiefen Eindringen des Sägeblattes in Material
würde es, wenn die Zähne in einer Reihe angeordnet sind, zu einem
Heißlaufen und Verklemmen des Sägeblattes kommen. Um dies zu
verhindern, sind bei bandförmigen Sägeblättern die Sägezähne
immer rechts und links versetzt, oder gewellt angeordnet. Bei den Sägen
werden Bügelsägen, bei denen das Sägeblatt gewellt ist,
und Einstreichsägen die für schmale Schlitze genutzt werden,
unterschieden. Es ist darauf zu achten, daß das Sägeblatt gerade
und straff eingespannt ist, wobei die Zähne in Stoßrichtung
zeigen müssen. Das Werkstück muß fest eingespannt sein,
und beim Sägen ist die volle Länge des Sägeblattes zu nutzen.
Bei den Maschinensägen unterscheidet man Maschinenbügelsägen,
Metallbandsägen und Metallkreissägen.
Feilen werden im Maschinen-, Werkzeug-
und Formenbau zum Schärfen von Sägen sowie Reparatur- und Entgratarbeiten
eingesetzt. Feilen sind mehrschneidige, spanende Werkzeuge zum Abtragen
geringer Mengen Material. Der Feilenrohling wird aus legiertem Werkzeugstahl
gefertigt, die Zähne werden dann eingehauen oder gefräßt
hiernach wird die Feile gehärtet. Zur Befestigung eines Griffs dient
die hervorstehende Feilenangel. Die linienförmig angeordneten Zähne
werden als Hieb bezeichnet. Um ein Abfließen der Späne zu erreichen,
verläuft der Hieb immer schräg oder bogenförmig zur Feilachse.
Bei den Hiebarten unterscheidet man den Einhieb, Pockenhieb und Kreuzhieb.
Der Einhieb kommt meistens zur Bearbeitung weicher Werkstoffe wie Zinn,
Zink oder beim Schärfen von Werkzeugen zum Einsatz. Der Kreuzhieb
entsteht durch zweimaliges Hauen des Feilblattes und wird zur Bearbeitung
vornehmlich harter Werkstoffe wie Stahl, Grauguß, Messing und Kunststoff
verwendet. Der Pockenhieb findet hingegen hauptsächlich in der Bearbeitung
von Holz, Leder, Gummi und Stein Verwendung. Bei den Feilen werden wieder
Hand- von Maschinenfeilen unterschieden. Dabei werden die Handfeilen, wozu
die Werkstattfeilen und die Präzisionsfeilen zählen, durch ihre
Länge, den Hieb und ihre Querschnittsform unterschieden. Bei den Maschinenfeilen
differenziert man rotierende und oszillierende Exemplare. Der Feilvorgang
vollzieht sich so, daß in der Regel das Werkstück in einem Schraubstock
eingeklemmt wird, wobei dieses dabei durch Schutzbacken vor Schaden bewahrt
wird. Beim Feilen ist nun darauf zu achten, daß die richtige Bewegungsrichtung
und Kraftverteilung eingehalten wird.
Beim Bohren führt das Werkzeug
eine kreisförmige Schnittbewegung und gleichzeitige Vorschubbewegung
in Richtung der Drehachse aus. Die Schnittgeschwindigkeit, der Vorschub,
der Schneidstoff des Bohrers, seine Form, sowie die Kühlschmierung
sind Größen, die das Bohrergebnis maßgeblich beeinflussen.
Beim Bohrvorgang entsteht Wärme, die durch den Kühlschmierstoff,
das Werkzeug und die Späne abgeführt wird. Die Schnittgeschwindigkeit
ist determiniert durch den Schneidstoff der Bohrschneide und dem Material
des Werkstückes. Der Vorschub dagegen hängt vom Bohrerdurchmesser
und vom Bohrverfahren ab. Der meist benutzte Bohrer ist der Spiralbohrer,
zumindest dann, wenn es darum geht, ins Volle zu bohren. Die Grundform
der Bohrerschneide ist der Keil. Durch Schleifen der zwei gegenüberliegenden
, schraubenförmigen Spannuten bilden sich an der Bohrerspitze die
Hauptschneiden und am Schneidteil die Nebenschneiden. Die Führungsphasen
unterstützen die Führung des Bohrers im Bohrloch. Die Verjüngung
des Spiralbohrers beträgt 0,02 bis 0,08mm auf 100mm Spannutlänge
und verringert die Reibung der Führungsphase in der Bohrung. Durch
die wendelförmige Nut wird der Seitenspanwinkel gebildet. Er bestimmt
die Größe des Spanwinkels. Der Winkel zwischen den Hauptschneiden
wird Spitzenwinkel genannt. Durch Hinterschleifen der Hauptschneiden entsteht
der Freiwinkel, der das Eindringen des Bohrers in das Werkstück erst
ermöglicht. Spiralbohrer bestehen meistens aus Schnellarbeitsstahl
(wobei diese auch mit Titannitrid beschichtet sein können) oder Hartmetall.
Bei Spiralbohrern kommt es neben dem
normalen Verschleiß auch bei zu hoher Schnittgeschwindigkeit an der
Schneidenecke und bei zu hohem Vorschub auch an der Querschneide zu zusätzlichem
Verschleiß. Beim Nachschleifen ist nun darauf zu achten, daß
die oben genannten Verschleißformen und der Verschleiß an der
Führungsphase durch Schleifen ganz behoben werden. Durch Ausspitzen
der Querschneide kann man zudem die Vorschubkraft stark verringern, allerdings
muß diese mindestens 1/10 des Bohrdurchmessers betragen. Fehler beim
Schleifen verringern die Bohrgenauigkeit drastisch. Der Bohrer wird zum
Bohren fest eingespannt. Neben dem erwähnten Spiralbohrer existieren
noch eine Vielzahl an Bohrern für besondere Bohrarbeiten wie z.B.
Anbohrer oder Aufbohrer. Für das Bohren von entscheidender Rolle ist
zudem die Wahl des richtigen Kühlschmierstoffes, der nicht nur für
eine Kühlung und Schmierung der Schneidkante sorgt, sondern auch den
Abtransport der Späne verbessert.
Senken ist ein Bohrverfahren, welches
dazu dient, senkrecht zur Drehachse liegende Profil- oder Kegelflächen
zu erzeugen. Dabei sind die drei Spielarten des Senkens zu unterscheiden:
Planansenken (zur Herstellung einer hervorstehenden, ebenen Fläche),
Planeinsenken (zur Herstellung einer vertieften, ebenen Fläche) und
Profilsenken (zur Herstellung einer kegeligen oder profilierten Senkung).
Im Vergleich zum Bohrer weisen Senker eine größere Freifläche
und einen kleineren Freiwinkel auf, wodurch sich der Senker auf der Schnittfläche
"aufstützt" und so eine ratterfreie Oberfläche entsteht. Je nach
Aufgabe existieren auch eine Vielzahl an verschieden Senkwerkzeugen. Zum
Entgraten wird meistens ein Kegelsenker verwendet.
Innengewinde können mit Gewindebohrern
entweder maschinell oder per Hand angefertigt werden. Dem Gewindebohren
geht immer das Bohren eines Kernloches voraus. Der Durchmesser des Kernloches
ist für das jeweils gewünschte Gewinde aus Tabellen zu entnehmen.
Das Kernloch sollte nach Möglichkeit vorher angesenkt werden, um so
zu verhindern, daß der Gewindebohrer die äußeren Gewindegänge
nicht heraus drückt. Beim Vorgang des Gewindebohrens führt der
Gewindebohrer die Vorschubbewegung aus und schiebt sich dabei in das Kernloch
hinein. Beim Gewindebohren von Hand ist nun darauf zu achten, das der Gewindebohrer
genau senkrecht in das Kernloch angesetzt wird. Auch beim Gewindebohren
ist auf den richtigen Kühlschmierstoff zu achten.
Reiben ist ein Bohrverfahren, das
zum Aufbohren dient, sehr passgenaue Bohrlöcher entstehen läßt
und Oberflächen mit einer hohen Güte erzeugt. Die Spanungsarbeit
beim Reiben wird wie beim Bohren und Senken auch hauptsächlich vom
Ausschnitt der Reibahle ausgeführt. Die Rundschliffphasen von 0,1
– 0,3 mm glätten die Oberfläche. Die Schnittgeschwindigkeit wird
niedriger als beim Bohren gewählt, während sich der Vorschub
nach Werkstoff, Bohrungsdurchmesser und gewünschter Oberflächengüte
richtet.
Beim Fräsen werden ebene oder
gekrümmte Flächen hergestellt. Das mehrschneidige Werkzeug führt
dabei die Schnittbewegung aus und das Werkstück die Vorschubbewegung.
Differenziert werden sechs verschiedene Verfahren: Planfräsen (mit
geradliniger Vorschubbewegung werden ebene Flächen erzeugt), Rundfräsen
(mit kreisförmiger Vorschubbewegung werden zylindrische Flächen
erzeugt), Schraubfräsen (mit wendelförmiger Vorschubbewegung
werden schraubenförmige Flächen erzeugt), Wälzfräsen
(ein profiliertes Fräswerkzeug führt mit der Vorschubbewegung
gleichzeitig eine Wälzbewegung aus), Profilfräsen (das Profil
des Fräsers bildet sich auf dem Werkstück ab), Formfräsen
(durch gesteuerte Vorschubbewegung werden beliebige ebene oder räumliche
Flächen hergestellt).
Beim Schleifen handelt es sich um
ein Fertigungsverfahren für Werkstücke mit eng tolerierten Maßen,
die durch Drehen oder Fräsen nicht herstellbar sind.
Aufgrund der Komplexität, die
das Drehen als Bearbeitungsverfahren einnimmt, und der doch recht kurzen
Zeit des Praktikums waren meine Einblicke in diesen Bereich nur sehr gering.
Deshalb möchte ich nur das elementare Verfahren beschreiben. Beim
Drehen handelt es sich um ein Spanen mit kreisförmiger Schnittbewegung,
bei der das Werkstück in der Regel die Drehbewegung ausführt.
Das Werkzeug ist dabei genau wie das Werkstück fest eingespannt und
das Werkzeug wird am Werkstück entlanggeführt.
Ein besondere Form des Drehens per
Hand ist das Gewindeschneiden.
Teil 2:
Drei Tage erhielt ich Einblick in die
Arbeit an einer "halb elektronischen" Universal-Konsolfräsmaschine
(ähnlich der Abbildung (A)). An dieser Maschine wurden Bohr-, Reib-
und Fräsarbeiten an Einzelstücken oder kleinen Serien bis max.
8 Exemplare ausgeführt. Die Maschine ist dabei äußerst
flexibel, da sie sich das Werkstück in Richtung der drei Koordinatenachsen
bewegen läßt. Zudem läßt sich der Maschinentisch
noch drehen und kippen. Am Bedienpult läßt sich die gegenwärtige
Position des Werkzeuges im Raum auf den Hundertstel Millimeter genau ablesen.
Die Maschine ist insofern "halb elektronisch", als sich keine Bewegungen
programmieren lassen. Durch Aufsatz verschiedener Schraubstöcke lassen
sich sowohl zylindrische als auch quaderförmige Werkstücke bearbeiten.
An zwei Tagen wurden zylindrische Werkstücke
bearbeitet. Die durchzuführenden Arbeiten hatten alle die gleiche
Entfernung zum Mittelpunkt des Werkstückes. Zunächst mußte
der Maschinentisch zentriert werden. Die folgenden Bearbeitungen konnten
dann durch Drehen des Arbeitstisches mit dem eingespannten Werkstück
ohne großen Aufwand durchgeführt werden. Die Zentrierung wurde
vorgenommen, indem statt eines Werkzeuges ein Drucksensor in die Maschine
eingespannt wurde Durch Drehen des Tisches um 360° ließen sich
so Ungleichheiten erkennen und beheben. Nach dem Einspannen des Werkstückes
wurde dieses mit einem ähnlichen Drucksensor auf Rundlauf überprüft,
um so genaue Bearbeitung zu garantieren.
Exemplarisch möchte ich die Bearbeitung
eines der Werkstücke beschreiben. Beim Werkstück (Abbildung (B))
sollten bei einer Serie von acht Werkstücken auf einem Kreisradius
von 110 mm Bohrlöcher der Stärke 17,5 mm und 18 mm durchgebohrt
werden. Letztere sollten bis zu einer Tiefe von 12 mm auf 28 mm vergrößert
werden. Beide Arten von Bohrlöchern wechseln sich alle 45° ab.
Eine zusätzliche Bohrung mußte einen Durchmesser von 18mm bei
einer Genauigkeit von 8/100mm aufweisen.
Nach der gewünschten Genauigkeit
richtete sich dann das Bohrverfahren. Alle Löcher wurden mit einem
17,5 mm Hartmetallbohrer angebohrt, dann mit einem 17,5 mm bzw. 18 mm Bohrer
durchgebohrt. Die 18 mm Bohrlöcher wurden dann wie gewünscht
mit einem Zapfenbohrer auf 28 mm geweitet. Das zusätzliche genaue
18mm Bohrloch wurde zwar auch vorgebohrt, dann allerdings mit einem 17,5
mm Bohrer durchgebohrt, um dann durch das Verfahren des Reibens geweitet
zu werden, um so die gewünschte Genauigkeit zu erhalten. Bei der Universal-Konsolfräsmaschine
mußten die Bohrungen schrittweise durchgeführt werden, da diese
ohne Kühlung funktionierte, und sonst eine Beschädigung des Werkstückes
möglich gewesen wäre.
Während meines Praktikums lag
als eine weitere Aufgabe die Herstellung einer Vorrichtung zum Kleben von
Gummidichtungen an. Die Führungsschiene hierfür war bereits vorgegeben.
Die Einspannvorrichtung für die Gummidichtung sollte neu gefertigt
werden. Hierzu wurden alle spanenden Verfahren, die vorstehend bereits
theoretisch erklärt sind, außer dem Drehen benutzt. Aus einem
quaderförmigen Stahlblock sollte das U-förmige Werkstück
passgenau in die bereits gegebene Führungsschiene eingesetzt werden.
Hierzu wurde ein Stahlblock zunächst auf die richtigen Maße
gefräst, dann das Zentrum in mehreren Schichten nach unten aus- und
schließlich die Wände noch abgefräst. Anschließend
wurden die überstehenden Kanten der Führungsschiene entfernt,
da diese mit dem U-förmigen Werkstück deckungsgleich sein sollten.
Nach jedem Fräsgang wurden die Kanten mit einer Feile entgratet, um
Ungenauigkeiten beim Einspannen und somit beim Fräsen zu vermeiden.
Das U-förmige Werkstück wurde zum Schluß noch mit der Hand
nachgefeilt, damit es letztlich genau paßte.
In weiteren Arbeitsschritten wurde
das U-förmige Werkstück in der Mitte zersägt, um so zwei
in der Führungschiene frei bewegliche Teilstücke zu erhalten.
Aus weiteren Stahlstücken wurden vier Halterungsbacken gefräst,
von denen jeweils zwei identisch waren. Die beiden U-förmigen Werkstücke
sowie die Halterungsbacken wurden angebohrt, die Bohrungen gesenkt und
schließlich mit Gewinden versehen, so daß je ein Paar Halterungsbacken
fest mit dem U-förmigen Körper verbunden, die anderen im Vergleich
dazu beweglich waren, so daß sich die Dichtungen fest fixieren lassen,
um sie zu verkleben. (Abbildung (C))