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Michael Lütge

Stellt die Naturwissenschaft unseren Glauben an Gott den Schöpfer in Frage?

Gemeindevortrag am 1.12.1980

Inhalt

Vorbemerkung. 2

1. Biblischer Befund. 3

1.1 Zur soteriologischen Funktion von Schöpfungsmythen. 3

1.2. Die pentateuchischen Schöpfung. 7

1.3. Schöpfung als Befreiung: Deuterojesaja. Psalmen. Weisheit 15

1.4. Schöpfungsdenken im Neuen Testament 18

2. Die Geschichte der Naturwissenschaften und der Natur 22

2.1. Wissenschaftsgeschichtliche Skizze: Säkularisierung. 22

2.2. Die Geschichte der Natur und des Menschen. 25

3. Konsequenzen für christliche Theorie und Praxis. 28

3.1. Möglichkeit von Schöpfungstheologie heute. 28

3.2. Notwendigkeit von schöpferischer Befreiungspraxis. 37

4. Konzeption des Gemeindevortrags. 40

4.1. Methodische-didaktische Vorüberlegungen. 40

4.2. Stellt die Naturwissenschaft unseren Glauben an Gott den Schöpfer in Frage? Gemeindevortrag. 41

Erste Runde. 41

Zweite Runde. 43

Gong zur dritten Runde. 45

Einläutung der letzten Runde. 47

5. Literaturverzeichnis / Siglenverzeichnis. 50

Vorbemerkung

Das Thema stellt eine Frage. »Stellt die Naturwissenschaft...« Die Fragestellung ist fiktiv. Die Naturwissenschaft gibt es selbst nicht im Plural. In jeder Disziplin gibt es Vertreter der unterschiedlichsten Positionen, wie in der Theologie auch. Sowohl retardierende als auch innovierende Hypothesenträger finden sich bei allen Fachbereichen, sowohl interdisziplinäre Vermittlungsdenker als auch apologetische Abgrenzungsstrategen. Das hat einiges mit der mehr oder weniger neurotischen Disposition der Persönlichkeiten der Wissenschaftler zu tun. Würde man die im Thema gestellte Frage als Naturwissenschaftler, also empirisch, beantworten, so könnte dabei herauskommen: Nein, im Wesentlichen nicht. Dem Großteil der Naturwissenschaftler heute dürfte »unser« »Glaube an Gott den Schöpfer« gar nicht mehr fragwürdig sein. Des Fragens nicht mehr würdig. So wenig wie Enuma eliš oder indianische Mythen. Die Antwort hieße also: Nein. Und bedeutet: Vor der Naturwissenschaft hat sich biblisch-kirchlicher Schöpfungsglaube als primitive klerikale Verdummung (Westermann) so sehr diskreditiert, daß jede Infragestellung ihm schon zuviel Ehre antun würde.

Wir Theologen und Christen müssen darum erfreut sein, wenn sich diese Frage mit Ja beantworten ließe. Das würde bedeuten, daß christlicher Glaube als Kommunikationspartner mit eigener Sachkompetenz ernst genommen würde. Infragestellen ist als Methodikum interdisziplinärer Diskurse eine zuhöchst würdigende Verhaltensweise. Es bleibt wissenschaftsgeschichtlich zu hoffen, daß der von einer Handvoll Forschern geführte Diskurs beiden Seiten Früchte bringt: der Theologie eine Erweiterung und Präzisierung ihres Schöpfungsdenkens und der Naturwissenschaft eine größere Sensibilität im Umgang mit der Natur als Partner des Menschen.

Wenn also die Naturwissenschaft (als Summe ihrer Vertreter) unseren Schöpfungsglauben endlich einmal in Frage stellen wird, uns Fragen stellen wird, uns sachkompetenten Rat abverlangen wird, dann ist ein bedeutungsvoller Durchbruch der schiedlich-friedlich-gleichgültigen Koexistenz gelungen. Er wird für die orthodoxe Dogmatik sicherlich nicht ohne Opfer abgehen. Aber die sind wir nicht den interdisziplinären Partnern schuldig, sondern unserem Glauben selbst als vernünftiger Weltbewältigung nach Hiroshima und Harrisburg.

1. Biblischer Befund

1.1 Zur soteriologischen Funktion von Schöpfungsmythen

»Das Alte Testament spricht nicht von einem Glauben an den Schöpfer, es gibt hier nicht etwas wie »Schöpfungsglauben«. [1] Zu den tragischen, weil zu seiner Unglaubwürdigkeit beitragenden Selbstmißverständnissen des christlichen Glaubens, er sich in langer kirchlicher Tradition manifestiert hat, gehört die Mißdeutung des Redemodus der biblischen Schöpfungserzählungen. Sie wollten niemals positivistische Protokollsätze sein, weder Ontologie noch Dogma, weder Physik noch Metaphysik; und zu alledem mußten sie und müssen sie vielfach immer noch herhalten im langsamen Marsch der abendländischen Geistes- und Glaubensgeschichte. Daß jahrhundertelang Schöpfungstheologie sich vor den säkular werdenden Naturwissenschaften diskreditierte, verdankt sie ihrer Verkennung der Aussagenlogik und semiotischen Struktur von mythischer Rede. Erst ethnologische Untersuchungen über Struktur und Funktion von Mythen haben uns ein tieferes Verständnis der Intention der biblischen und außerbiblischen Schöpfungsmythen eröffnet. [2] In letzter Allgemeinheit sind sie handlungsleitende Reduktionen von Weltkomplexität und Angst kompensierende Kontingenzformeln. [3] Glauben kann man nur angesichts der Möglichkeit, nicht zu glauben. Schöpfungsglaube setzt konkurrierende kosmologische Alternativhypothesen voraus; dies war vor der Säkularisierung nicht der Fall: die Antike kannte nur im Detail variierende Motivdifferenzen von Schöpfungsmythen. Daß die Welt nicht von Gott geschaffen war, war derzeit undenkbar und daher nicht bezweifelbar. Glaube setzt Bezweifelbarkeit voraus. [4] Die Menschen der Antike »brauchten nicht zu glauben, daß die Welt von Gott geschaffen ist, weil das eine Voraussetzung ihres Denkens war.« [5] Schöpfungsdenken war »allgemein menschliches Grundwissen [6] , herrschendes Weltbild fast ausnahmslos aller Religionen der Menschheit, nicht nur des Altorients. [7] Die Schöpfungsmythen des ganzen Erdballs, teils in Traditionsvererbung, teils ganz unabhängig motiv-identisch entstanden, »bringen ein Verständnis von Welt und Mensch zum Ausdruck, das in den Hauptzügen den Rassen, den Völkern, den Menschengruppen auf der ganzen Erde in einer frühen Epoche gemeinsam war.« [8]

Der Sitz im Leben, die Funktion der Schöpfungsmythen war, etwa in Japan und Ägypten, einerseits die Legitimation der Aristokratie oder des Pharaos. Andererseits und vornehmlich, ganz sicher in Indien und Babylon, wurden Schöpfungsmythen rezitiert beim Frühlings- oder Neujahrsfest. Das Leben agrarischer Kulturen war ungleich intensiver als in Kornkammerstaaten jahreszeitabhängig und mußte jeden Frühling mit erlöstem Jubel als die Neuschöpfung des Lebens, der menschlichen Mitwelt erleben. Angesichts begrenzter Nahrungsmittelressourcen im Winter bzw. zur Trockenzeit war das Wiedererwachen der Produktivität der Vegetation buchstäblich die Rettung vorm Verhungern. Das Schöpferlob ist Doxologie der von Hungerkatastrophen befreiten Menschen ursprünglich gewesen; Schöpfungsmythen erzählen die Geschichte von neuem Leben der Natur als Rettungsgeschichte der Menschen in ihr.

Sie sind Soteriologie der vom Mangel ökonomisch bedrohten Stammesverbände. Daß nicht immer Erntezeit ist, daß Natur periodisch stirbt, gibt Rätsel auf, die Schöpfungsmythen ihre Weise in begreifbaren Erzählzusammenhang, in vertraute Symbolwelt einholen. Chaotischer Naturablauf wird im Mythos in erzählte Ordnung gefügt; das Unverständliche, Fremde und Ängstigende des Naturverlaufs mit verstehbarem Sinn behaftet. »Das Reden von der Schöpfung hatte den Sinn, in der gegenwärtigen Gefährdung von Welt und Mensch den Anfang wiederzuholen... Verbindung mit dem Anfang bedeutete Verbindung mit dem Grund der Welt.« [9] »Die Schöpfungstheologie hat im Alten Orient wie im Alten Testament von Anfang an durchaus »soteriologischen« Charakter, insofern sie sich durchweg um die Frage nach der heilen Welt müht.« [10] In den Schöpfungsmythen tauchen Motive aus dem sozioökonomischen Lebenszusammenhang der mythenschaffenden Gesellschaftsformation auf; dieser Horizont entspricht in seiner mehr oder weniger kosmologischen Weite dem kulturellen Entwicklungsstand der Urheber. Eine Kriegerkultur denkt Schöpfung als Kampf gegen Chaosdrachen, d.h. Feinde [11] , Agrar-Handwerks-Kulturen denken den Schöpfer als Töpfer [12] des Menschen nach göttlichem Vor-Bild [13] , erfahren Weltschöpfung als Weichen der Urflut, die in der Regenperiode, als Landüberschwemmung Chaos brachte, das es nach Abfließen zu ordnen gilt. [14] Schließlich kann Schöpfung beschrieben werden als Zeugung/Geburt/Geburtenfolge mehrerer Götter, worin, wie ich meine, die Dynastiefolge des Herrscherhauses ihr mythologisches Analogon erfährt, zumal der Pharao etwa direktes Ebenbild und Stellvertreter der Gottheit ist. [15] Man könnte umgekehrt sehr viel präziser den Zweck solcher Mythen pointieren: die Gottheit soll Stellvertreter des Königs in den Seelen der Gläubigen sein, Über-Ich oder Überkönig mit schöpferischer himmlischer Geschlechterfolge. Endlich ist als höchstentwickelte Stufe der Kreationstechniken Schöpfung durch das hervorrufende [16] oder befehlende Wort [17] , in dem sich die etablierte Herrschaftsstruktur höher arbeitsteiliger Gesellschaften spiegelt, in denen der König nicht mehr, wie noch David, selbst kämpfen muß, sondern vom Thronsaal aus per Befehl »Weltordnung stiftet und erhält« [18] , als Motiv zu nennen. Charakteristisch ist hierbei, daß ältere Motive von jüngeren Wort-Berichten überlagert werden, in Jerusalem wie Memphis [19] , marginal die Frage literarischer Abhängigkeit angesichts allgemeiner Etablierung der Könige zu Schreibtisch-Tätern.

Wird die Frage nach dem Sitz im Leben und der Realkorrespondenz von mythologischen Motiven über rein kultische Funktionen ausgeweitet auf die, welche ein solcher Kultus und Mythos im gesamten, nicht nur isoliert religiösen, Lebenszusammenhang einer Gesellschaft einmal hatte, so finden wir verblüffende, weil unmittelbar einleuchtende Korrespondenzen von Mythos und Produktionsganzem. Sicherlich war nicht der Töpfergottmythos zuerst, bevor dann die Menschen auf die Idee zu töpfern kamen. Tatsächlich dürfte die Erkenntnisordnung sehr unplatonisch mit der gesellschaftlichen Arbeit, mit Zeugung, Kampf und Königsherrschaft begonnen haben und von dieser bekannten, vertrauten Lebenswelt her das Unvertraute, Fremde des Naturzyklus usw. metaphorisiert haben; im Mythos spiegelt sich gesellschaftlicher Lebenszusammenhang wieder als rettende Ordnung in einem ängstigenden Naturprozeß.

Je nach Diversifikationsgrad einer Gesellschaft gerät ihr Schöpfungsmythos dann eher anthropozentrisch (wie J) oder mit kosmologischer Dimension, worin sich erstes Interesse nach Natur-Wissen-Wollen zum Zwecke gesellschaftlicher Naturbeherrschung bekundet; der Objektivationsgrad elaborierter Kosmogonien ist höher und brutaler als der von Human-Ätiologien mit Naturpartnerschaftsmotiven. Schon mythologiegeschichtlich kann man fortschreitende Distanz des Menschen zur Natur eruieren.

1.2. Die pentateuchischen Schöpfung

Was J. Læssøe als Entwicklungsfolge des sumerisch-babylonischen Gottesbildes geltend macht, die Erfahrung der Götter

a) als Naturelemente/Kräfte, danach

b) als Spiegelbilder der Herrschergestalten, und schließlich

c) als Vorbilder eines guten Herrschers, eines Hirten von Volk und Land [20] , läßt sich ähnlich auch für die Evolution des Jahwismus aufzeigen, vom Vulkansprühen über den Stämmebundkriegsherrn bis zu Ps 23, den fürsorgenden Hirten.

Hier ist nicht der Ort zu einer eingehenden Exegese der beiden Schöpfungserzählungen von J und P. Ich beschränke mich auf grobe Grundzüge im Sinne der dargestellten soteriologischen Funktion.

Der jahwistische Mythos ist aufgezeichnet im davidisch-salomonischen Reich und schildert Gott bei der Schöpfung im Trockenland mit Grundwasserstrom, wie er den Menschen töpfert und ihm dann einen Garten pflanzt, zwei heilige Bäume mit Tabu als Mittelpunkt dieses Kosmos und eine vierarmigen Fluß mit Geographieätiologie. Dahinein setzt Gott den Mensch zum Bebauen und Bewahren. Zur Gesellschaft macht ihm Gott Tiere und überläßt ihm die Benennung als Herrschaftsakt. Weil aber Tiere unpassende Gehilfen sind, macht Gott im Tiefschlaf des Menschen aus dessen Rippe die Frau und gibt sie dem Menschen zur Gemeinschaft als ein Leib.

Die Kulturlandvorgabe, Gottes handwerklich-gärtnerisches Schöpfungshandeln spiegelt Schöpfung als Gabe des Kulturlandes wieder. [21] Bemerkenswert ist das anthropomorphe und höchst alltägliche Einsetzen des Erzählstücks. Ein kosmo1ogisches Interesse ist ganz ausgeblendet, im Mittelpunkt des schöpferischen Handelns steht die fürsorgliche Ausstattung des Menschen mit Nahrung, Lebensraum, Gemeinschaft und Orientierung (Bäume des Lebens und der Erkenntnis). Der Fürsorge Gott, entspricht der Bewahrungsauftrag an den Menschen. Das Naturverhältnis des Menschen wird als Fürsorge- und Schutzverhältnis menschlicherseits, als Hilfeverhältnis natürlicherseits beschrieben. Die Natur begegnet als Gesellschaft des Menschen, es herrscht - bis auf die Benennungsherrschaft - eine ausgewogene, geradezu partnerschaftliche Symbiose. Gottes Schöpferhandeln ist segenswirkendes Ermöglichen von Leben in sehr konkreter, hautnaher (Gen 2,24) Form. Gott ambuliert in der Abendkühle im Garten (3,8) noch ganz menschlich. Er verhört Adam, ermittelt detektivisch, nicht allwissend, daß die schlaue Schlange die Menschen zum Tabubruch der Selbstreflexion (3,7) verführt hatte. Die theologisch hochgespielte Freiheit des Menschen zur Sünde wäre besser beschrieben als Unfreiheit und Labilität des Menschen, der sich so höllisch leicht verführen läßt. Daß er nicht aus eigener Idee auf den Tabubruch kommt, gibt ihm, verglichen mit der Schlange, etwas reichlich dümmliches. [22] Dennoch wird er durch den Apfel etwas klüger, so daß Gott resigniert: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner (3,22). Gott bangt um seine Göttlichkeit, eine kaum allzu allmächtige Pose, die ihn zu Fluch und Exkommunikation des Menschen aus dem Garten nötigt. Gott ist hier so menschlich dargestellt, anthropomorph inkarniert, daß von Rad das Selbstverständnis, die Innenansicht dieses Mythos genau trifft mit dem Bewußtsein der Theomorphie des Menschen. [23] Gott ist quasi noch nicht der Ganz-Andere, sondern der zuhöchst Ganz-Derselbe. Die narrative Einfalt dieses Mythos weist jedes metaphysisch-kosmologische Protologieverständnis ab. [24] Der Jahwist erzählt die Geschichte der Eröffnung von Lebensmöglichkeit in solidarischer Symbiose mit Natur, die durch den Selbsterweiterungsdrang des Menschen, der Tabus bricht, zerbrochen wird zum Fluch harter Arbeit unter Leid und Entbehrung. Das Zerbrechen der Einheit von Mensch und Natur ist das kulturgeschichtliche Geheimthema dieses Mythos.

In der Emanzipation des Menschen wird Theomorphie und Fluch entdeckt. Genau dieses Janusgesicht fortschreitender gesellschaftlicher Naturbeherrschung ist heute aktueller noch als damals; Overkill und Ökokrise sind der Fluch der Freiheit.

Im Mythosmotivgehalt findet man den Spiegel ökonomischer Verhältnisse Kanaans. [25] Gen 14,18-20 berichtet die Begegnung Abrahams mit dem kanaanitischen EI-Aljon-Priester Melchisedek, also die Konfrontation des Vätergottes mit dem kanaanäischen Schöpfergott Himmels und der Erde El. Der jahwistische Mythos ist gewissermaßen die Antwort auf die kanaanäischen Mythen, die Israeliten bei der davidischen Konsolidierung allerspätestens kennengelernt haben werden und allererst dadurch zu einer expliziten Schöpfungsvorstellung herausgefordert wurden. [26]

Der Gott, der den Wonnegarten baut [27] , ist der, der das Milch-und-Honigland verheißen hat. Der Schöpfungsmythos hat a1s Unterton den Exodus. Gleich Ez 26 hat J in sehr bestimmter Auswahl von Mythenmotiven die ursprünglich eigenständigen Mundtraditionen Gen 2 (Gott töpfert den Menschen) und Gen 3 (Tabu, Verfehlung und Paradiesausschluß) ineinander verschränkt und daraus eine Geschichte von Schöpfung, Schuld und Strafe gewoben. [28] Die Feinsinnigkeit von J [29] zeigt sich in der Darstellung der Schöpfung als mißglückten Versuchen Gottes, die Gott zu neuen Eingriffen (Rippe!) bewegen. [30] Schöpfung ist ein Prozeß der allmählichen und experimentell eruierten Optimierung des Menschen als eines auf die »letzte und geheimnisvollste aller Wohltaten«, die Ver-ein-Fleischlichung von Mann und Frau angelegten Wesens. [31] Schöpfung ist experimentum mundi, am experimentum hominis exemplifiziert. Die hierin enthaltene Weisheit hat frappante Analogie zu Erkenntnissen der Physik und Biogenetik über Entropie. In diesem Welttheater überzeugen weder Mensch noch Gott; beide sind erst am Weganfang in eine Geschichte von Schuld und Strafe, d.h. eine Geschichte von Unvollkommenheit, die einen wirklich offenen Ausgang hat. Untergang (Sintflut), Weitergang (Noahbund) oder Neuschöpfung. Die Schlange [32] wird als kanaanäische Fruchtbarkeitsgottheit (Soggin) gedeutet und bestritten (Phallus). Ich schlage eine andere, faktisch aber gleiche Deutung vor, die mir bisher in der Literatur nicht begegnet ist.

Die Schlange ist der Chaosdrachen [33] und Symbol des Autochthonen (Eliade). Aus der Apokalyptik kennen wir die tierische Symbolik für politische Größen ein zweites Mal. Dann wäre die Schlange historisch Symbol für die Kanaanäer, die real listiger, kulturell entwickelter usw. als die invasorischen Israel-Nomaden waren und besonders in der beginnenden Königszeit und dem jahwistisch-baalistischen Synkretismus als Spiegel der Integration der Nomaden ins Kulturland für den Jahwismus eine beständige Verführung waren (Elia usw.). Theologisch heißt das: Auch die Kanaanäer sind Geschöpfe Gottes (Gen 3,1), aber Gott hat ihr einen untergeordneten Platz als Strafe für ihre Verführung angewiesen (3,14) und Feindschaft zum Weib gesetzt - eine deutliche Absage von J also gegen den Baalismus.

Der Schöpfungsmythos von P entstammt der Konfrontation der nach Babylon deportierten Oberschicht mit den babylonischen Schöpfungsepen, von denen Enuma eliš nur die Hauptstadtversion ist. In Motiven sumerisch-babylonischer Mythologie läßt sich eine strikte Absage an Astralkulte [34] erkennen. Die religionsgeschichtliche Beeinflussung wurde im Babel-Bibel-Streit für die Exegese als Wissenschaft ziemlich blamabel geklärt. [35] Vorläufiges Resümee zieht W. H. Schmidt: Sumerische [36] babylonische [37] , ägyptische [38] , phönizisch-kanaanäische [39] und griechische [40] Motive bilden das Material, an dem P sich abgearbeitet hat. Anders als J oder Enuma eliš liefert P aber keine dramaturgische Erzählung, sondern eine monotone Litanei, wie Westermann sagt. [41] Entfernt erinnerte Tagwerkstruktur und »Geburten«(Gen 2,4b) an Göttergenealogien [42] , ist aber entgöttert und im Kontext von Gen 5ff zu verstehen. In tehom, Urflut (1,2) klingt entfernt Tiamat aus Enuma eliš an, ist aber kampflos geworden. [43] Ein eigentlich achttägiges Schema von in der Reihenfolge nahezu mit der tatsächlichen Evolution des Kosmos übereinstimmenden Schöpfungswerken wird auf sechs Tage reduziert, damit am siebten Tag Gott Ruhen kann, worin eine Sabbat-Ätiologie zum Zug kommt. [44] Eine ältere Schicht der Tradition ist in Grundzügen, wenn auch nicht exakt, von sekundären und durchschematisierenden Wort-Schaffens-Einfügungen abzuheben. [45]

Wie die ältere memphitische Ptah-Tradition von einer omnipotenten Vorstellung der Wortmächtigkeit des Gottes als Spiegel politischen Machtzuwachses der Trägerschicht dieses Mythos überlagert ist, so auch Gen 1. [46] Ähnlich ist die nicht völlig konsequent durchgeführte Ablösung des alten עָשָׂה (= machen) durch das abstraktere und unhandwerkliche בָרַא (= schaffen) eine Steigerung des Schöpfungsgedankens vom konkret-handwerkerartigen Umgestalten vorgegebenen Stoffs (wie bei J) zum vorbedingungslosen und perfekten, mühelosen Ins-Sein-Bringen, wenn auch nicht wie 2 Makk 7,28 und im traditionellen Mißverständnis, als creatio ex nihilo. [47] Ist hier schon Bilderverbot als aufklärerisches Moment in aller mythischen Konkretheit am Werk? Ein Blick auf das Binnentagwerksschema (Einleitung-Befehl-Vollzug-Beurteilung-Einordnung [48] führt in eine Liturgie, in der Gott mangels Gemeinde quasi selbst das »Sehr gut« als hymnischen Lobpreis singen muß. Zusammen mit dem Plural in 1, 26 ergibt sich als Hintergrund der babylonische Götterrat, in dem thronend Gott herrscht und schafft. Herrschen in diesem Sinn ist Schaffen par excellance; allerdings fehlen monotheistisch die Götter. [49] Als Götter galten Sonne/Mond/Sterne und Erde im sumerischen, babylonischen und ägyptischen Mythos allemal» P behält ihnen, zu Geschöpfen Gottes degradiert, dennoch eine gewisse Selbständigkeit vor. [50] Zwar haben sie als Geschöpfe Gottes keine eigene Göttlichkeit mehr, dafür jedoch haben die Gestirne neben dem Leuchtauftrag den Herrschaftsauftrag Über Tag und Nacht [51] , die Erde den Auftrag, selbst Pflanzen hervorzubringen; in der nicht mehr funktional anthropozentrischen Folge der Gattungsklassifikation der Pflanzen ist dabei übrigens ein erstes naturwissenschaftliches Interesse bekundet, sowohl in der Reihenfolge als auch im Gedanken einer selbständigen Evolution der Vegetation. [52] Ähnliches gilt von Wasser-, Flug und Landtieren [53] , wobei hier sowie beim Menschen der Segen als Fruchtbarkeitsverheißung hinzutritt. [54] Der Segen verbindet Tier und Mensch. Als ein weiteres solidarisierendes und von der Tradition beständig unterdrücktes Moment kommt der »Tierfriede« oder der vegetarische Speisep1an Gottes in 1,29 dazu. [55] »Die Menschen der Schöpfung essen noch kein Fleisch. Der 'Tierfriede' besteht zwischen Mensch und Tier und zwischen den Tieren untereinander.« [56] Bei aller Freude unserer Steakfanatiker über dessen Aufhebung in Gen 9,3 wäre dennoch dieser »status integritatis« im Licht der Hoffnung auf den neuen Himmel und die neue Erde als Utopie festzuhalten. [57]

Eingeschränkt wird die Kreaturensolidarität durch den Unterdrückungsauftrag Gen 1, 28. [58] »Ohne Rücksicht auf die Unterschiede wird die Welt dem Menschen untertan... Das Erwachen des Subjekts wird erkauft durch die Anerkennung der Macht als des Prinzips aller Beziehungen... Die Gottesebenbildlichkeit des Menschen besteht in der Souveränität Übers Dasein, im Blick des Herrn, im Kommando.« [59] Der Terrorismus gegen die Natur wäre im Blick auf Rm 8,18ff und die Ökokrise heute aufs allerheftigste zu bestreiten! Hier schlägt in der sonst sehr entgötternden Haltung des P eine Omnipotenzphantasie der sozialen Oberschicht hindurch, die wohl eher aus exilischer Realohnmacht als aus tatsächlicher dominium-Erfahrung resultieren mag. Die viel umstrittene imago-dei-Lehre als theologischem Kernstück erfreut sich weniger eines sachlichen Anhalts am Text Gen 1, 26 als eher einer hohen Beliebtheit unter Gläubigen. [60] Indessen ist sie kaum mehr als Kopie ägyptischer Königsideologie. [61] Die Legitimationsformel von Pharao und Babylons König [62] als Gottes Sohn, Ebenbild und Stellvertreter [63] hebt die Menschen gegenüber dem Rest der Erde in Königsstatus. »Das Stellvertreteramt, das der Mensch als 'Bild Gottes' innehat, übt er auch in der Schöpfung aus. Als Gottes Stellvertreter auf Erden ist er auch Gottes Statthalter auf Erden. Das Verhältnis zu Gott zeigt sich in dem Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt.« [64] Es ist gestört. Die zerstörte Umwelt wird auch den Menschen zerstören; darin zeigt sich das gestörte Gottesverhältnis einer Kultur, die Gott je nur als Boß und nicht als Freund und Partner erleben konnte, weil ihr Kirche auf dieser Ideologie insistierte. [65] Weder Design noch Geist, weder Sein noch Tun des Menschen [66] machen seine Gottesebenbildlichkeit aus, sondern nur seine Möglichkeit zur Kommunikation mit Gott als ganzer Mensch. [67] imago dei als die kommunikative Kompetenz des Menschen bestimmt, erübrigt die Frage ihres postlapsarischen Verlustes, die immerhin in der 'Stellvertreter-Theorie' [68] problematisch wird und zur Frage der Theodizee massiv drängt, wo etwa W. H. Schmidt gegen die Intention von P folgert: »Der Mensch repräsentiert, bezeugt Gott auf Erden... so erscheint Gott dort, wo der Mensch erscheint.« [69]

Welcher Gott erschien da in Auschwitz? Sieht so seine Herrschaft aus, ist dies der Herrschaftsauftrag Gen 1, 28? Einzig theologisch verantwortbar zu deuten ist 1,26 von den vielen religionsgeschichtlichen Parallelen, in denen Götter Menschen ihnen entsprechend schaffen, wie der Sohn etwa Gen 5,3 Ebenbild des Vaters ist, oder wie ein Künstler Plastiken bis Kruzifixe menschengleich formt. [70] Die Exilserfahrung von P ließ als צֶלֶם als Götzenbild semantisch vertraut werden; von da ab dringt das Wort ins AT ein. [71] Dann bedeutet Gen 1,26 eine klare Absage an die Bilderkulte aller Religionen der Umwelt. Das Bilderverbot würde dann gegen die altorientalische Königsideologie auch die Sonderstellung des Königs bestreiten und universalisieren auf die Menschheit schlechthin. [72] Die kritische Spitze läge damit nicht in der für die theologische Anthropologie so wichtigen Analogie von Gott und Mensch, sondern in der Entzauberung der Könige und der anthropomorphen Götterkulte des Altorients. Positiv zu sagen bleibt nur, was die Konjunktion von Gen 1,26 mit 1,27f eh schon aussagt und was weder konditional noch final, sondern explikativ angefügt ist: »Als Abbild von Gottwesen hat der Mensch teil an der diesen gegebenen Machtfülle.« [73]

Durch das hebephrene Mißverständnis von Gen 1-3 im Sinne von kosmologisch-ontologisch-anthropologischen Protokollsätzen in der kirchlichen Tradition wurden Erzählstücke eines großangelegten Gesamtwerkes kontext-isoliert gelesen und ihrem ursprünglichen Sinn und Sitz im Leben entfremdet. Nur der religionsgeschichtliche Vergleich konnte die kritischen Spitzen der Entzauberung des Kosmos herausarbeiten, dessen Prozesse nicht mehr angstvoll gefürchtet werden mußten, sondern der Bearbeitung durch den Menschen freigesetzt wurden. Die Tradition kam durch Trennung von Gen 1-3 von 4-11 zu einem individualistischen Sündenverständnis, einem konservativ-agrarfixierten Arbeitsethos und der Reduktion des geschichtlich mitgehenden, erhaltenden und bewahrenden Gottes zu einer prima causa der Welt. [74] »Vom Schöpfer reden heißt vom Ganzen reden«, so lautet Westermanns Grund-Satz. [75]

Wird Gen 1-3 durch Darwin/Haeckel in Frage gestellt? Ja, dem mythischen Inhalt nach, positivistisch als Faktenbericht gelesen. Gen 1-3 »ist nach seiner naturwissenschaftlichen Seite hin schlechterdings veraltet«. [76] Aber eine »Reduktion des Mythos um des Glaubens willen« [77] bedeutet unweigerlich den Substanzverlust, die innere Zersetzung dessen, was die mythische Struktur und Semiotik transportieren konnte. »Ist für uns das 'Wie' nicht mehr nachvollziehbar und bleibt nur das 'Daß', so folgen wir damit aber gerade einer Intention des Textes selbst, der in einer langen Überlieferungsgeschichte das (mythische) Wissen immer stärker auf das dem Glauben wesentliche beschränkte« [78] , so W. H. Schmidt; aber wäre nicht analog zur Entstehung der Quantentheorie aus klassischer Mechanik die Reduktion aufs nackte Daß Bultmanns, auf das bilderlose בָרַא von P, auf die nackte Formel 'Gott schuf Welt und Mensch' eine derart unvorstellbare und durch Erfahrung nicht einholbare Abstraktion, daß sie informationslos und darum sinnlos wird, weil sie nicht, wie die Quantentheorie, die ja übrigens selbst deutungsbedürftig wegen ihrer Abstraktheit ist, durch experimentelle Erfahrung falsifizierbar ist. Wäre dann nicht letzte Konsequenz, die Rede von Schöpfung als nichtssagend, inhaltslos und darum soteriologisch funktionslos - bis auf Psychostabilisation durch vertrautes Wortmaterial - aufzugeben? Entmythologisierung ist selbstdestruktiv und endet in einer Eskalation von Sinnlosigkeit. Sinn aber will gerade der Schöpfungsmythos herstellen. [79]

Noch einmal: Mythos und Aufklärung. »Die entmythisierende Tendenz bei P bewirkt, daß Himmel und Erde radikal entgöttert werden. Himmel und Erde werden darin für das menschliche Forschen und Fragen zugänglich, daß ihnen jeder mythisch-göttliche Charakter abgesprochen wird. So zeigt sich denn bei P schon deutlich eine Richtung auf naturwissenschaftliche Denken hin.« [80] Das aber ist nicht Originalität von P, sondern Entwicklungsgesetz des Mythos. »Aber die Mythen, die der Aufklärung zum Opfer fallen, waren selbst schon deren eigenes Produkt... Der Mythos geht in die Aufklärung über und die Natur in bloße Objektivität. Die Menschen bezahlen die Vermehrung ihrer Macht mit der Entfremdung von dem, worüber sie die Macht ausüben.« [81] »Die Mythologie selbst hat den endlosen Prozeß der Aufklärung ins Spiel gesetzt, in dem mit unausweichlicher Notwendigkeit immer wieder jede bestimmte theoretische Ansicht der vernichtenden Kritik verfällt, nur ein Glaube zu sein, bis selbst noch die Begriffe des Geistes, der Wahrheit, ja der Aufklärung zum animistischen Zauber geworden sind... Wie die Mythen schon Aufklärung vollziehen, so verstrickt Aufklärung mit jedem ihrer Schritte tiefer sich in Mythologie. Allen Stoff empfängt sie von den Mythen, um sie zu zerstören, und als Richtende gerät sie in den mythischen Bann.« [82]

Nicht soll dem Mythos als der bewußten Unwahrheit hier Wort geredet werden, wohl aber die politischen (Auschwitz),ökonomischen (3.Welt) und ökologischen Folgen einer naturwissenschaftlichen Aufklärung kritisiert werden, deren Dialektik darin besteht, daß nach Wegfall des Tabu vorm Objekt die einst emanzipative Wirkung für die Menschen in ihr krassestes Gegenteil umschlug: nie zuvor in der Ära blutiger Menschenopfer wurde je so bestialisch millionenfach Menschenleben den partikularen Interessen einer mächtigen Minderheit geopfert wie im Zeitalter von Gaskammern, Massengräbern und Hiroshima/Nagasaki. Nicht daher scheint mir das aufklärende Element der Schöpfungsmythen das heilsgeschichtlich fortschrittliche zu sein, sondern gerade das, was P begann zu eskamotieren: die erlebte Fülle und Mannigfaltigkeit des Lebens, der sinnliche Reichtum der erfahrenen Welt. Wie P den alten Tatbericht ehrfürchtig stehen ließ und nur weiterspann nach seinem Wissen, so wäre unsere Aufgabe eher, die Schöpfungsgeschichte weiterzufabulieren nach dem Stand fortgeschrittensten Wissens sowohl als der sinnlichen Mannigfaltigkeit unseren Lebens heute.

1.3. Schöpfung als Befreiung: Deuterojesaja. Psalmen. Weisheit

G. von Rad hat 1936 einen entscheidenden Neuansatz zur Bedeutung des alttestamentlichen Schöpfungsdenkens vorgelegt. Er geht von dem Sprachspiel Dtjes (40,26ff. 42,5ff; 44,23ff; 45,7-13), Amos (4,13; 5,8f. 9,5f) und einiger Psalmen (136, 148, 33, 89, 74, 19, 104, 8) aus. [83] Dtjes will in der Endphase des Exils Mut und Hoffnung wecken auf einen Neubeginn, einen neuen Exodus. Aus Babylon kennt er Marduks Drachenkampf und Stadtplanung als Schöpfungsakte und Zeichen seiner Macht. Und nun überträgt er die mythischen Motive auf die konkrete geschichtliche Zukunftserwartung der Exulanten: Jahwe, Schöpfer, Drachentöter, Meeresteiler (Ex 14!) hat Schöpfung schon damals als Befreiung seiner Moseschaar (Drache Symbol der unterdrückerischen Feindesmacht Ägypten wie Babylon!) vollzogen und wird den Exulanten einen neuen Exodus schaffen. [84]

Der Synkretismus, zu dem die interkulturelle Exilslage wie auch die Konsolidierung in Kanaan zwang und die Israel mit der Identifikation Jahwes mit der Macht und dem Handeln der Ortsgötter beantwortete, führt bei Dtjes zu einer kreativen Metaphorisierung. Der babylonische Mythos wird als Gleichnis für die Macht Jahwes, des Erlösers der Exulanten, benutzt. Er bekommt eine soteriologische Funktion in einer anderen Religion. Schöpfungsdenken der Fremdkulte wird schöpferisch übertragen auf die Gegenwart. Es wird der Mythos der ewigen Wiederkehr (Eliade) historisiert; periodische Erneuerung des Kosmos wird umfunktioniert zur Beschreibung eines irreversiblen Befreiungsgeschehens, dem neuen Exodus, dem Wiederaufbau der Städte Israels. [85] Der Schöpfer ist der Erlöser. [86] Wird in Ps 74 und 89 Schöpfung als eine Heilstat vor anderen aufgelistet, additiv interpretiert als Schöpfung im Anfang, so entwickelt Dtjes 45,7 ein implikatives Schöpfungsdenken: Jahwe schafft in der Geschichte, schafft Heil und Unheil. [87]

Hat Enuma eliš Realhistorie ritualisiert, mythologisiert und enthistorisiert, so tut Dtjes das Gegenstück. Er betreibt mit dem Schöpfungsmythos eine kreative metaphorische Rehistorisierung. Genau dies Verhalten hätte heutige Rede von Schöpfung als historisch gebotene Aufgabe. Die Rede von Jahwe als Schöpfer betont die Macht Jahwes, die stärker als die Marduks den neuen Exodus schaffen wird. Sie ist Soteriologie im Kampf gegen die Resignation. [88]

Ps 8 entspricht Gen 1,26ff und verbindet Schöpfung mit dem Heilswillen Jahwes. [89] Ps 19, ein jahwisierter Sonnengotthymnus mit entzauberter Sonne, zeugt von Kontakten zur Nildynastie, ist »ägyptisches Anschauungsgut, das Israel durch weitgereiste Weisheitslehrer vermittelt wurde« [90] , ähnlich Ps 104. Drachenkampfmotive als Baalsübertragung finden sich in Ps 74 und 89. [91] Ps 139 begreift den Menschen als Wunderwerk Gottes. Ps 95f schließlich führen in den Bereich der Jahwe-ist-König-Psalmen. [92] Wenn auch Victor Maag Jahwe als geschichtlich Mitgehenden und nicht als Metropolenhauptgott pointiert [93] , setzt doch schon die Abgrenzungsaussage »Jahwe und kein anderer ist König« Wissen um Königsein und dessen Rituale voraus. Ist der König im Altorient Repräsentant Gottes, inkarnierte Gottheit, und spielt im Neujahrsritual die Schöpferrolle distanzlos, so ist schon in der Königsideologie die Verbindung von Schöpfer und König erfolgt [94] : der König ist der Schöpfer, läßt Städte bauen, kämpft gegen den Feindesdrachen, organisiert die Landbewirtschaftung nach der Jahresüberschwemmung, schafft Recht und zeugt neue Gottessöhne. [95] »Israel hat mit der Übernahme des Königstitels auf Jahwe diesem die Stelle zugewiesen, die im kan. Pantheon... der oberste Gott El einnahm.« [96] In dieser Übernahme liegt eine kritische Spitze gegen jede Königsideologie.

Schließlich reden Prov 8, Hi 28, 38 und Sir 24 von der Weisheit als Person, die Gott als erstes Schöpfungswerk geschaffen habe und die nach der Mustervorlage der ägyptischen Ordnungs- und Weisheitsgöttin Maat als Tochter vor den Augen des Schöpfers zu dessen Entzücken und als dessen 'Liebling'(??) ihr Spiel treibt. [97] Hat hier die kluge, wohlerzogene Pharaonentochter mit Öffentlichkeitsausschluß durch ihren Harem Pate gestanden? [98] Wie dem auch sei, die Weisheit missioniert »in der profansten Öffentlichkeit« [99] und liebt die Menschen heiß und innig. [100] Sie hat eine Menge zu bieten, genau wie die Paradiesschlange: Reichtum, Ehre, Führung und Geborgenheit. [101] Sie ist also, pointiert gesagt, bourgeoiser Geheimtip für gutbestallte Weisheitslehrer auf Hofe des Pharao, Herrschaftswissen ägyptischer Naturwissenschaftler, die genug Bildungsprivilegien hatten, um in der Naturschöpfung deren Selbstoffenbarung vernehmen zu können, die mit sonnenhaftem Auge die Sonne sehen und missionierend-lehrend die jerusalemer Halbnomaden mit Wissen versorgen.

Prophetische und weisheitliche Element verbinden sich in der Apokalyptik. Ez und Dtjes reden bereits vom neuen Exodus und von neuer Schöpfung. M.E. hängt die Entwicklung der Apokalyptik vom gleichen Prinzip ab wie die der Schöpfungsmythen. Der Kosmos von J besteht aus Wüste und Garten, der von P schon aus mesopothamischer Tiefebene. Es findet in der Entwicklung des Schöpfungsdenkens eine Entprovinzialisierung oder Horizontvergrößerung statt; räumlich vom Garten zum Kosmos mit Planetaraussicht, zeitlich vom unbestimmt »als Gott schuf« (J) zum »im Anfang«(P), technologisch vom »machen« zum »schaffen«. Ähnlich sensibilisiert die Weisheit von der Wahrnehmung Jahwes im Menschengeschick zum Schöpferlob des in seiner Mannigfaltigkeit wunderbaren Kosmos. Eben diese Dimensionserweiterung weg vom Anthropozentrismus motiviert auch die Apokalyptik. Ausstehende Verheißung wird als Determination der Zukunft aufgenommen und als Anbruch einer neuen Weltzeit terminiert. »In solcher langfristigen göttlichen Vorhersage erscheint Geschichte als schon von weit her im göttlichen Plan determiniert. Sie rollt nun nach festem Plan ab... Der Apokalyptiker denkt universalistisch.« [102] Prophetisches Wort vom Heil wird dabei immer weiter rückdatiert bis zum Weltanfang und schließlich mit dem Schöpfungswort identifiziert. [103] Gleichzeitig wird das Ausmaß des verheißenen Heils in kosmisch umwälzende Dimensionen gesteigert. Tritojesajas neuer Himmel und neue Erde [104] mit universalem Gericht und universaler Schöpfung von sozialer Gerechtigkeit [105] und Tierfrieden als kosmischer Heilsrealität [106] , ja sogar Totenbelebung als Zeichen der Schöpfermacht [107] fabulieren mit den Bildern der Schöpfung im Anfang und den Mythen des El-Pantheons [108] den kosmologischen Anbruch der Heilszeit - unter der Erfahrung aktuellen politischen Unheils, welches in dieser eschatologischen Hoffnung zu ertragen und auszuharren aufgerufen wird, ob unter Antiochus Epiphanes oder Diokletian. [109] Schöpfung der Endzeit im NT ist vorbereitet in der Apokalyptik des AT.

1.4. Schöpfungsdenken im Neuen Testament

Intention dieser exegetischen Untersuchung ist der Versuch einer (groblinigen) Darstellung eines Spannungsbogens der biblischen Glaubensgeschichte in Sachen Schöpfung. Weil das AT selbst geschichtlich denkt, ist dies angemessen. Tendenz dieser Glaubensgeschichte ist m.E. zunehmende Entprovinzialisierung, wachsende Komp1exität und vertieftes Interesse am natürlichen Kosmos als Schöpferzeugnis. Zeit wird irreversibel erfahren und Geschichte teleologisch mit Tendenz. In dieser Entwicklung ist soteriologisches Interesse treibende Kraft: dasselbe Interesse, unter dem einst Naturwissenschaften angetreten sind.

Von Schöpfung redet das NT fast nur implizit; Schöpfung bestimmt den Horizont des Wahrnehmens. [110] Die Lilien auf dem Feld, vom Schöpfer versorgt [111] , Legitimation der Ehemoral [112] , Allgegenwart Gottes [113] und Deismus [114] wurzeln in jüdischer Torafrömmigkeit. Stärkere Spuren hat die Weisheit hinterlassen. In die Larve der vor Gott während des Schöpfungswerkes spielenden Maat-Weisheit hat der Kol Christus eingesetzt [115] als Ursprung und Ziel der Schöpfung (Christogenese Teilhards!), der Eph das Evangelium [116] , die Apk Christus [117] . Sachlich gehört Joh 1 und Phil 2,5ff mit dem präexistenten Logos/Erlöser auch in diese Bildergruppe. Im weisheitlichen Rahmen der Schöpfungsselbstoffenbarung [118] steht Rm 1,20, die unzureichende Basis der scholastischen revelatio generalis.

Im Zeichen der Apokalyptik wird die Macht des Schöpfers betont, der als Kosmokrator im Stil des kanaanäischen Pantheons Herr ist [119] über Götzenbilder und Kaisergeschöpfe [120] . Seine Macht im Schöpfungsanfang ist Garantie für das Kommen des (verzögerten) Gerichts. [121] Neuschöpfung schließlich als apokalyptische Zukunftserwartung ist das beherrschende Thema der Rede von Schöpfung im NT. [122] Nicht grundlos redet das letzte Bibelkapitel in Schöpfungsdimensionen wie das erste auch. Neuer Himmel, neue Erde, das Wohnen Gottes unter uns und Abwischen aller Tränen ist die restitutio in integrum. [123] Die Apokalyptik sieht Schöpfung als geschlossenes System von Schöpfung im Anfang, Fall und berechenbar determinierter Endzeit mit Wiederherstellung des Anfangs, letztlich noch verhaftet im Mythos der ewigen Wiederkehr. Mit Christus ist die neue Schöpfung der Endzeit schon angebrochen und darum kann sie protologisiert (Kol 1,15) und teleologisiert (Kol 1,19f) werden, weil die soteriologische Überbietung der Machtsymbole Gottes Gegenwart als Vergangenheit, Zukunftshoffnung als in der Vergangenheit verheißene Ansage ausdrückt. Universalisierung ist soteriologische Überbietung leidvoller Gegenwart durch den Rahmen der Heilsgeschichte Gottes mit seiner gesamten Schöpfung. [124]

In Jesu Wundern und Sättigungen, Heilungen und seiner Auferstehung beginnt die neue Schöpfung, Neuschöpfung als Heilmachen des Unheils. [125] Daher kann er als neuer Adam sozusagen die neue Runde im Ring einleuten. [126] Darum kann Rm 4, 17ff den Schöpfer den Totenauferwecker nennen [127] und »den, der Jesus erweckt hat« zum neuen Gottesnamen propagieren. [128] Und darum schließlich kann das Anziehen des neuen Menschen ( Eph 4, 24) durch Hingabe der Leiber im neuen Gehorsam Partizipation an der eschatologischen Neuschöpfung sein: »Weil und sofern der Christusleib als Bereich eschatologisch verwirklichter Christusherrschaft auf Erden die neue Welt und Schöpfung ist, weil und sofern der Christus mit seiner Gabe jedes seiner Glieder zur nova oboedientia ruft, lebendig macht, und zum Dienst und Leiden in der geistlichen Waffenrüstung aktiviert..., darum und insofern kann tatsächlich verkündigt werden, daß er das All mit seiner Auferstehungsmacht erfülle.« [129]

War die schöpfungstheologische Ethik von P das dominium terrae, so ist es hier der neue Gehorsam in geistlicher Waffenrüstung statt Niedertrampe1n und Versklaven der Natur! Wie das konkret aussieht, zeigt, und hier kommen wir zum Höhepunkt der Schöpfungstheologie, zum kompetenten Gegenstück zu P, Paulus in Rm 8, 18ff. In der Beschreibung der eschatologischen Existenz der Christen im Geist spricht Paulus von Sohnschaft Gottes adoptianistisch (8, 14ff). Dahinter steht universalisierte Königsideologie, die schon zur Gottesebenbildlichkeit in Gen 1,26 gedient hatte und dort wie hier mit der Identität von Sohn- und Ebenbildsein die Partizipation an der väterlichen Machtfülle meinte. Von Offenbarenden der Sohnschaft, d.h. des imago dei des Menschen, kann Paulus nur als restitutio reden (19f). »Paulus führt also im Stile rabbinischer und apokalyptischer Theologie den Zustand, der Schöpfung auf die Schuld des Menschen zurück.« [130] »Weder Satan... noch Adam... haben die Schöpfung... in den menschlichen Fall verwickelt. Gott hat sie ohne ihr eigenes Zutun zugleich mit dem Menschen der Nichtigkeit unterworfen... Die Knechtschaft unter der Vergänglichkeit... ist... ihre Wirklichkeit.« [131] Dabei ist unter Schöpfung hier die »gesamte Kreatur unter Einschluß des Menschen (zu) verstehen, ohne scharfe Grenzen zu ziehen.« [132] Denn der »Mensch ist immer schon als Glied der Schöpfung, die in sein Geschick mit verstrickt ist, verstanden. [133]

Während Gen 9, 1-7 von der Angst der Kreaturen redet, überbietet Paulus diese Haltung durch Sehnsucht und Harren auf die restitutio der Gottesebenbildlichkeit. [134] »Wenn die gesamte Natur sich zum Menschen hindrängt, so gibt sie dadurch zu verstehen, daß er zu ihrer Erlösung vom Fluch des Tierlebens nötig ist... wo hört das Tier auf, wo fängt der Mensch an?... Wir kommen für gewöhnlich aus der Tierheit nicht heraus, wir selbst sind die Tiere, die sinnlos zu leiden scheinen.« [135] Paulus führt die Klimax des Leidens Über die Natur (19-22) zur Gemeinde (23-25) bis hin zum Leiden des die Gemeinde vertretenden Geistes (26f). [136] »Diese Leiden markieren den Zusammenprall der Heillosigkeit dieser Welt mit dem Heil Gottes und verweisen deshalb auf die kommende Herrlichkeit.« [137] »Erfuhr die Schöpfung aber selbst ihre Vergänglichkeit als Knechtung, so erfährt sie auch die Partizipation an der Herrlichkeit der Endgemeinde selbst als Befreiung«(Hervorheb. v.Vf.). [138]

Die Natur wird als Subjekt gesehen! Weil die Christen ihre innere Natur in all ihrem glossolalischen Schreien zulassen, haben sie auch ein Ohr für die Schreie der äußeren Natur und können ihr Seufzen als stellvertretendes für die Natur vor Gott bringen. »In gottesdienstlicher Glossolalie ertönt... der Schrei nach eschatologischer Freiheit, in welchem die Christen zu Repräsentanten aller gequälten Kreatur werden. Darin bekundet sich der Geist als Interzessor der Gemeinde vor Gott... Durch ihre ekstatischen Schreie wird Fürbitte für alle vergewaltigte Schöpfung eingelegt. Die Interzession des erhöhten Christus findet zur Rechten Gottes statt. Der Geist ist jedoch die irdische Präsenz des erhöhten Herrn und treibt dessen Werk im Raum und durch den Dienst der Gemeinde, also auch die Interzession.« [139] An die Stelle des dominium terrae als Ethik der Gottesebenbildlichkeit tritt bei Paulus die solidarische Fürbitte für die Natur, die der Christ kraft seiner eigenen inneren Natur zum schreienden Ausdruck bringt. »An der Art, wie wir mit dem Leiden umgehen, zeigt sich der Schöpfung, wie es um ihre Hoffnung bestellt ist... Wenn wir in Solidarität mit Natur und Mitmensch Leiden verringern, dann erwacht die Hoffnung der Schöpfung zu neuem Leben.« [140]

Für eine jede christliche Schöpfungslehre der Zukunft muß dies das Thema werden: Solidarität mit der Schöpfung im Konflikt.    

2. Die Geschichte der Naturwissenschaften und der Natur

2.1. Wissenschaftsgeschichtliche Skizze: Säkularisierung

Nur plakativ gerät in diesem Rahmen die Schilderung der langsamen und kirchlich restringierten Entwicklung der Naturwissenschaft aus ihren vorsokratisch-materialistischen und christlich-deistischen Vorgaben» Als Strukturgesetz dieser Entwicklung kann man mit Kuhn von der Konkurrenz neuer Paradigmen mit alten und der Durchsetzung des leistungsfähigeren Paradigmas sprechen, wobei unter Paradigma nicht nur einzelne Hypothesen, sondern ein gesamtes Weltbild zu verstehen ist. [141] Die Aufklärung der ionischen Naturphilosophie hat, speziell bei Empedokles, Anaxagoras, Leukipp und Demokrit, schon einen Materiebegriff ausgearbeitet, dem der Einheitsbegriff der Eleaten ungefähr korrespondiert. [142]

Auch Plato, sonst Ethiker und Logistiker, wendet sich im Timaios demiurgischer Kosmogonie zu. [143] Aristoteles Doppelheit von unbewegtem Beweger als prima causa und pantheistischer Teleologie komprimiert sich im Substanzbegriff (ουσία) als Subjekt-Objekt von Entwicklung, etwa eines Samens zum Apfelbaum. [144] Naturwissen ist für ihn Inbegriff bürgerlicher Freiheit. [145] Stoische Kosmosbewunderung weiß sich im Vertrauen auf die Gelöstheit aller lebenswichtigen Naturerkenntnisse getragen. [146] Epikur, Atomistenschüler, ging von einer ungeschaffenen Ordnung des Kosmos aus, deren naturwissenschaftliche Kenntnis Seelenruhe bewirke; Selbstbeschränkung der Erkenntnis ist Folge befriedigten Wissensdranges. [147]

Die Alexandrinische Schule hat eine recht hochentwickelte Astronomie, Medizin, Linguistik und Geometrie, verbunden mit den Namen Euklid und Ptolemäus; hier wurden Einsichten über den Kosmos gewonnen, die erst von Kopernikus und Kepler aufgegriffen wurden. [148] Mit Philos Verdikt über Naturwissenschaft als Einmischung ins Schöpfungsgeheimnis Gottes und Ablenkung von der wesentlichen Beziehung zu Gott selbst, durch Ambrosius von Mailand an Augustin vermittelt und dort in Aufnahme der jahwistischen Sündenfallgeschichte radikalisiert zum Tabu, begann sich der jüdisch-christliche Einfluß aufs Abendland geltend zu machen. [149] Tertullian [150] und Laktanz [151] sind bloße Exemplare einer Institution, die naturwissenschaftliche Neugier als Verführung, Laster und Geheimniseinmischung in demiurgische Sachen diskreditierte, obwohl sie Geometrie und Astronomie obligatorisch im Lehrplan der freien Künste mitzuführen begann. [152]

Erst die durch Boethius forcierte Wiedereinführung des Aristoteles via Averroes rehabilitierte den Status der Naturwissenschaft als möglicher revelatio generalis mit Rm 1,20ff. [153] Doch ist zugleich bei Thomas auch Neugier als Gottseinwollen verteufelt: das Faustmotiv entsteht. [154] Ockhams Diastase von Glaube und Vernunft leisten nominalistisch einer Trennung von Theologie und Naturforschung Vorschub. [155] Der Cusaner mit der Theorie möglicher unendlicher Approximation menschlicher Erkenntnis an Gottes unerreichbare begreift Welt als Selbstbeschränkung Gottes; eine Epochenschwelle nach Blumenberg. [156]

1543 erscheint »De revolutionibus orbium coelestium« von Kopernikus und leitet mit der Bestreitung der Erde als Weltmittelpunkt und der Annahme selbstrotierender Sonnenumkreisung der Erde eine kritische Destruktion des mittelalterliche Weltbildes ein. [157] Die elliptische Form der Umlaufbahnen hat an Marsstudien jedoch erst Kepler entdeckt, dessen künstlerische Mathematik einer harmonia mundi, in weisheitlicher Tradition des AT, Nachdenken der göttlichen Schöpfungsordnung sein wollte, also Schöpferlob, wenn auch naturwissenschaftlich nicht exakt gelungen. [158] Giordano Bruno übernahm die kopernikanische Theorie, erweiterte sie um die in Aufnahme von Epikurs Unendlichkeitsbegriff entwickelte Theorie der Fixsterne als je eigener Sonnensysteme und betrachtete die Welt als Materie, in deren Formgestaltung sich Gott selbst inkarniert als sich verwirklichende Möglichkeit und darin als Schöpfer sich »erschöpft«. Dabei greift er auf die Eigendynamik der Erde in Gen 1,11 zurück. [159] Er wird in Rom verbrannt.

Galilei, 1615 und 1633 unter Folterdrohung in der Inquisition, demonstriert mit dem gerade erfundenen Fernrohr Kirchenmännern Kopernikus' Erkenntnisse, bekommt deren Status als Hypothese, nicht Wahrheit bescheinigt und vertritt, wiederum weisheitlich, die Natur neben der Bibel als gleichwertige Erkenntnisquelle der Offenbarung des Schöpfers. [160] Gassendi [161] und Descartes [162] entwickelten unter diplomatischer Konzession der dogmatisierten Schöpfung im Anfang und 'hypothetischem' Status der kopernikanischen Theorie diese weiter.

Descartes nahm einen kontinuierlichen Materiegürtel in wirbelnder Umkreisung der Sonne an, in dem die Planeten wie im Strudel umhergeschleudert werden, womit er deren elliptische Bahn erklärt zu haben glaubte. Er entwickelte gleichfalls eine Vorform des thermodynamischen Energieerhaltungsgesetz geschlossener Systeme. Auf dem Hintergrund von Gen 1,28 sieht er den Menschen als »maître et possesseur de la nature« und die Natur als res extensa vom Schöpferzeugen degradiert zum bloßen Objekt der menschlichen Bedürfnisse, wobei die Naturwissenschaften Sinn als Theorie optimaler Ausbeutungspraxis gewinnen. [163] Sie treten in den Dienst der Technik, des technischen Fortschritts. [164]

Newton entwickelt mit dem Trägheits- und dem Gravitationsgesetz die Grundlage der klassischen Mechanik, die Descartes' Wirbeltheorie aufhob. Ungelöst blieb darin die Frage, wie die Gestirne in Bewegung gekommen sind. Newton machte in alter aristotelisch-thomistischer Tradition Gott dafür verantwortlich, woraus Bischof Benthley, in halb pannenbergscher Manier einen deistisch-kosmologischen Gottesbeweis erhärtete. [165] Überhaupt hat der Deismus allererst Naturgesetze denkbar gemacht. [166]

Leibnitz kritisierte Newtons Kategorien von absolutem Raum und absoluter Zeit als Basis mechanistischer Objektivität und begriff die vorfindliche Weltordnung als beste aller Gott im Schöpfungsakt möglich gewesenen Welten, mit Theodizeeeffekt zwar, aber immerhin: relativ beste. [167] Das Thema Möglichkeit und Notwendigkeit deutet sich im beginnenden Kausalitätsdenken an.

Kant übernimmt zunächst noch Newtons Deismus der göttlichen Institution von Kausalität zwecks Vermeidung der Konzession blinder Notwendigkeit. Seine Theorie der Himmelskörper erklärt die Entstehung der Sonnensysteme aus Spiralnebeln und deutet die Milchstraße als große Scheibe. Seine logische Destruktion der Gottesbeweise im Antinomienkapitel der Kritik der reinen Vernunft beendet jegliche Möglichkeit deistischer Hilfshypothesen, die bislang noch Schöpfungsglauben und Naturwissenschaften hatten verbinden können. [168]

War bislang Naturwissenschaft an Schöpfungsglauben als Lückenbüßer unzureichender Hypothesenbildung gebunden gewesen, so ist nun Gott weltlich nicht mehr notwendig [169] und die Möglichkeit eines atheistischen naturwissenschaftlichen Materialismus vorbereitet. Fortan war die deistische Diastase von Gott und Welt, die immerhin auch weisheitliches Erbe ist, verunmöglicht und lediglich noch im Residuum nicht-natürlicher Offenbarungstheologie glaubhaft. Naturwissenschaftlich vertretbar blieb lediglich, beim Cusaner, Nolaner, Spinoza ein pantheistischer Materialismus, den Hegel als Selbstentäußerungsprozeß Gottes in der Weltgeschichte in eine Dialektik von Geist und Materie bringt. [170] Kant überwies damit die Theologie aus der Wissenschaft in die Moralität und Innerlichkeit, die protestantische Theologie seither nicht mehr verlassen hat.

Bis auf wenige Ausnahmen (K. Heim, W. Pannenberg, J. Moltmann u.a.) hat sich unser Glaube an Gott den Schöpfer seitdem den Fragen der Naturwissenschaften nicht mehr stellen können: die historische Diastase war besiegelt. Schöpfungsglaube war besiegt durch den endgültig habilitierten Materialismus der säkularisierten Naturwissenschaft. Daß im christlich-marxistischen Dialog (bzw. Nicht-Dialog!) ausgerechnet dem Kommunismus der Materialismus vorgeworfen wird, der im Westen Basis aller exakten Forschung ist, bescheinigt nur die Betriebsblindheit westlichen Geschichtsbewußtseins.

2.2. Die Geschichte der Natur und des Menschen

Für Nichtphysiker sind spezielle und allgemeine Relativitätstheorie, Planksches Wirkungsquantum, Heisenbergsche Unschärferelation, Kopenhagener Quantentheoriedeutung, Theorie der Elementarteilchen, der Urobjekte und Bohrs Komplementarität im Korpuskel-Welle-Dualismus wahrscheinlich nur in einer für Physiker haarsträubenden Banalität zu verstehen. Die Erkenntnisse sind schwindelerregend [171] und lassen die Dimensionen, in denen Jahwe im Garten Eden wandelte oder den palästinischen Himmel ausspannte, zur Puppenstubenspielerei geraten angesichts der vermuteten 3 Milliarden Lichtjahre Kosmosradius. [172] Ob der Kosmosraum in sich gekrümmt ist, sodaß ein geradlinig, abgeschossener Pfeil theoretisch nach Jahrmilliarden von der Gegenrichtung aus wiederkäme - so vereinfacht Einsteins allgemeine Relativitätstheorie über die nichtmetrische Raumstruktur mit Gravitationszentren -, sei dahingestellt, weil noch nicht geklärt. [173] Was vor dem Urknall war, ob es da überhaupt Raum und Zeit und Materie gab, und wie sie sich bewegte, ist nur spekulativ phantasierbar, nicht empirisch und nach uns bekanntem Materieverhalten erschließbar. [174] Die Frage der Unendlichkeit des Kosmos ist umstritten. [175]

Dirac und Jordan vertreten die Theorie eines einzigen weltanfänglichen Neutronenzwillings, aus dem sich Materie (und damit Raumzeit) expansiv entwickelte. [176] In der Tat darf man aus der Rotverschiebung im Spiralnebelspektrum schließen, daß die uns einsehbare Metagalaxie in ständiger Explosion mit einer Geschwindigkeit bei den äußersten und schnellsten Galaxienebeln von ca. einem Lichtjahr begriffen ist. [177] Rechnet man diese Bewegung zurück, kommt man, von anderen Ergebnissen bestätigt, auf ein Alter des Kosmos seit dem Beginn der Expansion von etwa 5 Milliarden Jahren, nach den neuesten Zahl vielleicht auch 10 - 15 Milliarden. [178] Die Theorien über die Sternbildung gehen von Ambarzumjans »Protostern«-These (ein Stern mit kleinem Radius und großer Dichte schleudert in birnenhalsförmigen Fortsätzen gesammelt abfallende Materie ab, woraus sich Planeten bilden) [179] über die Bildung aus ständig neuentstehenden Atomen [180] bis zu Weizsäckers Verdichtungsthese (Abfolge von Wolkennebeln aus Gas und Staub, Verdichtung zu Rotationsfiguren durch Gravitation (Spiralnebel etc.) bis zur kompakten Kugel (Sonnen), die in ständiger Kernreation Energie abstrahlen und immer dichter werden (Weiße Zwerge) und quasi ausglühen). [181]

Es gibt die 'roten und gelben Riesen', so groß, daß in sie die Erde und Sonne hineinpassen und die Erde ihren Sonnenumlauf machen könnte, und es gibt Hauptreihensterne, innen glühend mit ca.20 Millionen Grad, die größten und hellsten 30 Mal schwerer als die Sonne, die kleinsten ein viertel Sonnenmasse, und eben die 'Weißen Zwerge', von denen 1 qcm schon mehr als ein Doppelzentner wiegt. [182] Unsere Milchstraße als eine von ca.100 Millionen anderen und oft viel größeren Galaxiesystemen besteht aus etwa 100 Milliarden Sternen von der Art der Sonne, die aus interstellarem Gas und Staub durch Gravitation verdichtet sind. [183]

Wir haben noch nicht gelernt, mit solchen Dimensionen geistige Vorstellungen zu verbinden, es ist uns so abstrakt wie 6 Millionen Juden. Eine angemessene Vorstellung des Kosmos dürfte im Gegensatz zum Abrahamsegenshinweis ein atemraubendes, rauschähnliches Transzendenzerlebnis hervorrufen. M.E. ist von daher die drogenhafte Attraktion unserer Science-Fiction-Filme zu verstehen. Nach dem 2. Thermodynamischen Hauptsatz ist die Expansion den Kosmos und alle übrigen Prozesse der Materie irreversibel und die Entropie wächst, also die Systemkomplexität. [184] Unwahrscheinlichere Zustände werden durch wahrscheinlichere, d.h. ungeordnetere, abgelöst. Nach dem 2. Hauptsatz der Nichtrückumsetzbarkeit von Wärme in Bewegung ohne Restenergie ist der Wärmetod des Kosmos das wahrscheinliche Ende der Galaxiefluchten. [185] Der Kosmos hat demnach eine einmalig ablaufende Geschichte mit einem Ende. Aus verdichtetem Sonnennebel (Kuiper) oder kondensiertem Staub des Nebels (Weizsäcker) haben sich unsere Planeten gebildet. [186] Durch Messung der Halbwertzeit des Uran ist man neben anderen Methoden auf ein Erdalter von ca. 4 Milliarden Jahren gekommen. [187]

Die Entstehung von hochkomplexen Formen der Materie ist durch Manfred Eigens Theorie der Selbstorganisation der Materie zu einem autokatalytischen System mit Stoffwechsel, Vermehrung und Mutation als grundsätzlich unabwendbares Ereignis [188] gegen die Auffassung seines Freundes J. Monod vom nichtnotwendigen, zufälligen und sinnlosen Versehen der Natur [189] erhärtet worden. Das, was wir Leben nennen, ist kein Sprung der Natur, sondern Produkt kontinuierlicher Entwicklung. [190]

Die jeweiligen Formen des Lebens sind aus einem Gemisch von Selektion, Mutation und Zufall in jeweils komplexere Formen übergegangen; Darwins Selektionstheorie und Haeckels Abstammungsmorphologie, beide mit pantheistischem Einschlag [191] , werden damit bestätigt. [192] Es bleibt bei alldem die Frage, ob die klassischen philosophischen Kategorien von Kausalität, Notwendigkeit, Kontingenz, Zufall als entscheidbare Alternativen überhaupt angemessen sind oder nicht vielmehr durch eine quantentheoretische Logik zeitlicher Aussagen [193] die Kategorie der Wahrscheinlichkeit als relativer Häufigkeit von Ereignisverläufen kompetenter wäre.

Wir Theologen hätten uns im Denken mit Wahrscheinlichkeit vermutlich erst zu schulen. Daß Kausalität deistisch zur Garantie Gottes (und umgekehrt!) gemacht wurde, Kontingenz in mieser Abwehr von Theodizeefragen zum Signum der Freiheit Gottes gemacht werden konnte, zeigt die Beliebigkeit von Modalaussagen für die prinzipielle Möglichkeit von Theologie. Im Übergangsfeld traditioneller Logik hätte einzig negative Dialektik noch Sinn in der Vernetzung beider Modi. [194]

3. Konsequenzen für christliche Theorie und Praxis

3.1. Möglichkeit von Schöpfungstheologie heute

Mittelalterliche Naturwissenschaft hat sich nahezu ausnahmslos als Schöpfungstheologie formuliert. Kaum anders zeigen heute Dirac, Jordan, Heisenberg, Bohr, Planck, Weizsäcker, Müller, Altner, Illies, Howe u.a. eine überraschende Offenheit für die prinzipielle Möglichkeit von Schöpfungstheologie. Gott als Lückenbüßer noch ungeklärter Hypothesen zuzulassen, ist von theologischer Seite - Bonhoeffer - aus bestritten worden um Gottes willen. [195] Demgegenüber hat sich die vermeintlich 'Dialektische' Theologie in agnostizistischer Weise mit dem Vorwand arbeitsteiliger Freigabe der Naturwissenschaften dem interdisziplinären Diskurs verweigert, zu dem Günther Howe mit seinen jahrzehntelangen Physiker-Theologen-Gesprächen eindringlich geworben hatte. [196]

So sehr dabei etwa Barths Ansatz gegenseitiger Bedingung von Schöpfung und Bund mit der Konsequenz einer Einheit von Schöpfung und Erlösung und dem nur glaubbaren Sinn von Schöpfung als Wohltat gegenüber der Brunnerschen Schöpfungsordnungstheologie befreiende Wirkung haben mag, so wenig verdient er Beachtung für interdisziplinär offene Diskussion, weil Barth selbst sich sowohl guten Willens wie auch nötiger Kompetenz entschlagen zu müssen glaubte. [197] Freilich kann eine der analogia fidei nachdenkende Christologisierung der Welt keinen Blick mehr haben für Naturwissenschaften, noch weniger für Natur selbst, und am wenigsten für das sog. Nichtige in ihr, welches dank Kreuz Christi seinen seinerseits nichtigen Sitz im System zugewiesen bekommt und - zumindest im supralapsarischen Höhenflug des Glaubens - erledigt wird. [198] Weil Barth sich von den Naturwissenschaften nicht in Frage stellen läßt, verdient er nicht, befragt zu werden! [199]

Als Vorreiter der Synthese von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und Theologie kann Karl Heim gelten, wenn auch bei ihm die Auswahl berücksichtigter Physik und Biogenetik recht eklektisch und weniger integrativ-konsequent durchgeführt wird und es oft den Anschein einer Garnierung von Theologie mit physikalischer Terminologie hat. [200]

Methodisch sauber hat als erster wohl Wolfhart Pannenberg anhand der Weizsäckerschen Geschichte der Natur Schöpfungstheologie reflektiert. Er geht aus von der Alternative: Weltgeschichte notwendig-kausal-determinierte oder kontingente Abfolge? und spricht auch Jahwe beide Momente zu. [201] Die Rettung der Kontingenz um Jahwes Schöpferspontanität will, läuft über den Griff in die metaphysische Trickkiste: Daß überhaupt Kausalität herrscht, ist reiner Zufall; auf theologisch: freie Schöpfertat Gottes. [202] Damit ist die physikalische Frage nach dem Gemisch von Zufall und Notwendigkeit eben doch verkannt und auf Heideggersch gemodelt: Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Der »Charakter der schaffenden Liebe gibt dem anfänglichen (!) kontingenten Akt Dauer und Verbindung mit Gesetzlichkeit. [203]

Ich halte es für fragwürdig, in der Explosion des All, den Jahrmilliarden unbelebter Glutmaterie nach Art der Atombombe Gottes schaffende Liebe zu entziffern. Dieser Teil der Naturgeschichte ist vom Menschen aus weder als Wohltat noch als Liebe, sondern eher als schauerlich und grauenvoll wahrzunehmen. Mit der Präsupposition von Kontingenz vor Kausalität postuliert aber Pannenberg implizit einen absoluten Anfang des Kosmos und die Berechtigung dazu gibt höchstens die strittige und dem Energie-Materie-Erhaltungsgesetz widersprechende Uratomhypothese mit der Annahme einer tatsächlichen creatio ex nihilo. [204] Eine etwaige, mit einem Expansions-Kontraktions-Modell (Bonnor) begründbare Unendlichkeit des Kosmos würde dennoch die Geschöpflichkeit gegenüber Gott nicht verlieren müssen, weil es zwei verschiedene Arten von Unendlichkeit geben könne, deren eine der anderen gegenüber noch einmal vergleichsweise endlich sein könnte. [205] So stellt Pannenberg Gottes Ewigkeit als eine Art Metazeit dar, als 5. Dimension einer weiterfabulierten Relativitätstheorie. [206] Aus Gottes ewiger Zeit als Summe aller Zeit in einem Zeitpunkt fließt schöpferisch die jeweilige Gegenwart. Emanation, nicht Relativitätstheorie, die über Metazeit gar keine Aussagen zuläßt, steht hier Pate. Partizipation der Wissenschaft an dieser Ewigkeit durch Wissen um Zuvor und Danach [207] verrät eher Weisheitstheologie des AT oder szientivischen Wunderglauben als nüchterne Sicht der Begrenztheit unseres Wissens. Pannenberg will also der Gefahr der Unendlichkeit der Welt und ihrer Bedrohung des Schöpfers entkommen durch ein übergeschichtliches, in Geschichte einwirkendes Sein Gottes. Solches einwirkende Sein wäre nur durch den Erweis einer Evolution und teleologischen Geschlossenheit des Systems Welt zu widerlegen. [208] Jede nur auffindbare Kontingenz wird für Pannenberg zum Gottesbeweis. Falls irgend die Rede von menschlicher Freiheit Sinn haben sollte, wären hier Kontingenzfaktoren notwendig; gerade sie müßten dann als Gottes geschichtliches Handeln aufgefaßt werden: Was dem Jahwisten Grundbedingung zur Sünde war, wird hier zur Gottesgarantie.

»Erst mit der Entstehung des Menschen und mit der Aneignung der Natur durch den Menschen erlangt der Weltprozeß als ganzer, rückwirkend vom Menschen her, seinen Zusammenhang in sich selbst. Das geschieht durch die menschliche Erkenntnis der Natur ebenso wie durch die damit zusammenhangende Herrschaft über sie. In diesem Sinne läßt sich... von einer Geschichte der Natur auf den Menschen hin sprechen.« [209] Sie ist erst vom Ende her vollständig zu erkennen. [210] Pannenbergs Programm einer Universalgeschichte auf den Menschen hin mag gute Hegelmanier des im Menschen zu sich selbst als Bewußtsein kommenden Weltgeistes sein, doch ist im Kosmos ein Planet, auf dem Leben entsteht, die große Ausnahme des Materieverhaltens, also zugegeben kontingenter als Sonnenevolutionen. Aber das berechtigt nicht dazu, Leben als den inneren Zusammenhang der Galaxien anthropozentristisch zu postulieren. Eine evolutionäre Ausnahme Planet kann nicht Ziel einer Regel sein, die die Ausnahme zwar duldet, aber auch nicht erkennbar auszeichnet. Naturwissenschaftlich kann der Mensch wohl als Produkt, eher Nebenprodukt des Kosmos (um Monods »Panne« zu umgehen) evolutionär hergeleitet werde, nicht aber als Hauptziel und Krönung. Es fragt sich weiter, wie jemals das dominium terrae auf das gesamte All übertragen werden kann und ob dies nicht unweigerlich die Katastrophe der Erdbevölkerung wäre, weil ja schon unsere jetzige bescheidene Mondfahrt soviel Ressourcen verschlingt, daß mit ihnen das hungernde Menschheitsdrittel gesättigt werden könnte.

Pannenberg verfällt, in Abwehr von Pantheismus, der crux hegelscher Geschichtstheodizee: »Dieser Weg hat seine Einheit erst recht nur unter der Voraussetzung Gottes, der die kontingente Abfolge der Gestalten auf den Menschen hin geordnet hat, sodaß sie von ihm her rückwärts als sinnvoller Geschehenszusammenhang erfaßbar wird und durch sein Erkennen und Handeln gestaltet und vollendet wird.« [211]

Pannenberg verschweigt Entropie und Wärmetod. Ist das die Vollendung? Der Begriff Vollendung und jegliche Apokalyptik dürften naturwissenschaftlich als sehr unwahrscheinliche Zustände gelten. »Die Behauptung eines in der Geschichte sich manifestierenden und sie zusammenfassenden Weltplans zum Besseren wäre nach den Katastrophen und im Angesicht der künftigen zynisch... Keine Universalgeschichte führt vom Wilden zur Humanität, sehr wohl eine von der Steinschleuder zur Megabombe.« [212]

Die Crux der Geschichte als bisher mißlungener Schalomgeschichte und äußerst labiler Schöpfungsbewahrung durch den erhaltenden Schöpfer sieht Ebeling auch sehr deutlich. Er bezweifelt die rechte soteriologische Wirkung einer progredierenden Offenbarung Gottes in der Geschichte als retrospektiver Erweis von auch anfänglicher Schöpfermacht und Erhalterfürsorge. Universalgeschichte stellt (als Geschichte universalen perennierenden Leidens) vor das Problem der »Eliminierung des Bösen«. »Sie wäre überdies ein recht fragwürdiger Trost für den, der sich über seine eigene Sünde und sein verfehltes Leben durch ein universalgeschichtliche Antizipation hinweghelfen lassen soll.« [213] Mit Bewahrung der Schöpfung durch den Schöpfer ist sicherlich mehr intendiert gewesen in den biblischen Bundesschlüssen Gottes mit seinem Volk als Schalomabsenz und auf Dauer gestellte Prolepse eines gerade nicht auf Dauer gestellten Heils der Endzeit - nicht auf Dauer, weil Endzeit das Nicht-Weitergehen von Geschichte bedeutet. Demgegenüber verdunkelt Welterfahrung, nicht nur das Beben von Lissabon, die allmächtige Schöpfergüte zum unheimlich geheimnisvollen Janusgesicht Jahwes: »Wenn Gott ernst genommen wird, so muß sein Zusammensein mit der Geschichte lückenlos als sein Wirken aufgefaßt werden. Man darf sich auch nicht scheuen, die schrecklichsten, schauderhaftesten Aspekte der Geschichte auf Gott zurückzuführen, wenn auch umso erschrockener.« [214] Biblischen Anhalt hat diese Integration der Theodizeefrage in die unheimliche Geheimnishaftigkeit Gottes an Israels Jahweerfahrung, die Amos zu der merkwürdig anmutenden Kombination »Unheil schaffen« [215] verdichtet.

Ebenso - soll man es als analogia entis auslegen? - ambivalent, als Lebensschützerin mit Segen und als Bedrohung, ist menschliche Naturerfahrung. [216] Die entzaubernde Wirkung des Herrschaftsauftrags von P (Gen 1,28), die dem Menschen Natur als bloße Materie zur Ausbeutung überantwortete, hat, in den krönenden Erfolgen der objektivierenden Naturwissenschaften, in letzter Konsequenz endlich zu einer Entzauberung der menschlichen Ausbeuterherrlichkeit geführt. »Und wenn sich der Mensch auch noch so sehr der Natur entfremdet und von ihr entfernt, entläßt sie ihn, den vermeintlichen Herrscher über sie, doch keinen Augenblick aus ihrer Gewalt und fügt ihn sich wieder ein als Staub zum Staube.« [217] Die nukleare Zer-Stäubung des Menschengeschlechts würde vielleicht alles Leben hier vernichten, im Gesamtkosmos jedoch völlig irrelevant sein. [218] Die atomare Vernichtung der höheren Lebewesen würde, nach Monods Diktum, eh nur eine Art Versehen der Natur rückgängig machen.

Soweit ich absehe, hat alle durch Gen 1 zur mittelalterlichen dominium-terrae-Ideologie inspirierte Entzauberung und Entmythologisierung der Natur, die sich heute bis in Unschärferelation und Komplementarität des widersprüchlichen, sich gegenseitig ausschließenden Korpuskel-Welle-Dualismus und der Entdeckung von Information in Molkularstrukturen fortsetzt, für eine Art Erkennbarkeit oder Ableitbarkeit des Schöpferseins Gottes aus der Natur bestenfalls die weltliche Nichtnotwendigkeit Gottes [219] oder schlechterenfalls die Schädlichkeit der Faktizität der Welt für die Glaubwürdigkeit der Schöpfergüte [220] Gottes erwiesen: »Eine Theologie der Natur, die Gott im unmittelbaren oder wissenschaftlich-technischen Umgang mit Natur zu erfahren und von dieser Erfahrung her Natur recht wahrzunehmen versucht, erfährt Entfremdung, Rätsel, Zwiespalt, Fraglichkeit und darin allenfalls den abwesenden, den verborgenen Gott.« [221]

Gott ist weltlich nicht notwendig, also kein Lückenbüßer, nicht einmal für das, was uns heute im begrenzten Stand unseres Wissens als kontingent erscheint; es käme darauf an, zu sehen, wie kontingent es ist und wie es kontingent ist, also: hin zu den Sachen, konkret zeigen, wo Kontingenzfaktoren liegen, vom Tier-Mensch-Übergang bis zum Erdbeben in Süditalien. Gott ist für die Geschichte nicht notwendig. Daß Naturgeschichte mit einer sowieso vermutlich nur relativ kurzen Eskapade einer Menschengeschichte auf dem Planeten Erde im Sonnensystem in der Milchstraße in der Metagalaxie irgendwo im 13,5milliardenjährigen Kosmos sehr gut auch ohne jede Sekunde Heilsgeschichte auskäme, darf man unbestritten hinnehmen. Gott ist weltlich nicht notwendig im Sinne der Verborgenheit als Geheimnis der Welt, also nicht Rätsel, was ja wissenschaftlich lösbar wäre. [222]

Gottes weltliche Nichtnotwendigkeit ist Zeichen seiner Freiheit gegenüber der Welt und ihren Bedingungen; aber schon Hegel nannte als Kehrseite absoluter Freiheit den Schrecken. Damit ist die von Physikotheologen wie Kepler adaptierte alttestamentliche Selbstoffenbarung der Schöpfung durch Weisheit ins rechte Licht eines dubiosen Herrschaftswissens gerückt, in welchem es für sehende Augen immer schon schien. Wie es Evolution nur als Vernetzung von Kausalität und Kontingenz gibt, die angemessen wohl am ehesten von einer informationstheoretischen Kybernetik der Wahrheit beschrieben wird, so ließe sich das erhaltende Schöpferhandeln Gottes in der Geschichte nur als Heil und Unheil wirkendes Tun (Jes 45,7) im Sinne von Dtjes und Amos beschreiben. [223]

Es dürfte deutlich geworden sein, daß Schöpfung »kein einmaliges Ereignis« [224] , sondern, in Einheit von Gen 1-3 mit Gen 4-11, nur die Ouvertüre, mit der »der Prospekt der Geschichte eröffnet« wird [225] , der äußere Grund des Bundes [226] einer Geschichte ist, in der Gott unablässig neu schafft, wie Luther sagt. [227] »Der Schöpfer behält die Welt in seinen Händen.« [228]

Erhaltung und Bewahrung ist die zeitliche Transformation des Schöpfungsbegriffs. [229] Die Geschichtlichkeit des Schöpfungsprozesses, naturwissenschaftlich durch den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik und die Rotverschiebung im Spiralnebelspektrum, biogenetisch durch Eigens Selbstorganisationstheorie makromolekularer Materie erhärtet, wird theologisch in der Lehre vom Fall begriffen. Man wird von der billigen Klischeebildung der Sünde als Verletzung einer objektiven göttlichen Ordnung abgehen müssen mit Tillichs dialektischem Hinweis, daß Sünde sich konsequent aus dieser Ordnung entwickelt hat: »Vollkommen entfaltete Geschöpflichkeit ist gefallene Geschöpflichkeit. Das Geschöpf hat seine Freiheit verwirklicht, insofern es außerhalb des schöpferischen Grundes göttlichen Lebens lebt.« [230] »Kreatürliche Freiheit ist der Punkt, an dem Schöpfung und Sündenfall zusammenfallen.« [231] Religionsgeschichtlich sind die Schöpfungsmythen selbst die entzaubernde Trennung vom paradiesischen Einssein mit der Natur. Ihre aufklärerische Objektivationstendenz der Natur gegenüber ist philosophiegeschichtlich Motor moderner Naturbeherrschung gewesen. Damit bildet die auf Gen 1,26ff basierende Schöpfungstheologie alter Zeit selbst ein Moment der Sünde als einem Entfremdungsprozeß innerhalb der Geschichte. Was Gen 3 und 4 exemplarisiert vereinmaligen, meint faktisch die dunkle Seite der Evolution des menschlichen Kulturbetriebs. Dialektik der Aufklärung schlägt um in Barbarei.

In noch so objektivierter Naturbeherrschung schlägt das Objekt - Natur - als beherrschen Macht auf der Subjektseite durch. Das Grauen, dem Technik und Wissenschaft als Ideologie heute meinen, beigekommen zu sein, reproduziert seine blinden Zwänge in der Eigendynamik von Wissenschaftsbetrieb, Technologiewettrüsten und frei (von wenigen gelenktem) marktwirtschaftlichem Verwertungsprozeß von Geld und zur Materie degradierten Waren der Spezifikation »Arbeitskraft«. »Aufklärung ist mehr als Aufklärung, Natur, die in ihrer Entfremdung vernehmbar wird... Naturverfallenheit besteht in der Naturbeherrschung, ohne die Geist nicht existiert.« [232] »Im Fortschritt der Industriegesellschaft, die doch das von ihr selbst gezeitigte Gesetz der Verelendung hinweggezaubert haben soll, wird nun der Begriff zuschanden, durch den das Ganze sich rechtfertigte: der Mensch als Person, als Träger der Vernunft. Die Dialektik der Aufklärung schlägt objektiv in der Wahnsinn um.« [233]

Der Jahwist ist entgegen der monotonen priesterlichen Leier des »Es war gut« realistisch: Er erzählt die Schöpfung, wenn auch in heute kunstgewerblich netter Kulisse, als Geschichte eines zunächst mißlungenen Versuchs Gottes, dem Menschen eine erfüllende Existenz zu geben, die, wo sie endlich mit der prachvollen Eva gelungen ist, sich gegen Gott kehrt. Hier ist Schöpfung als experimentum mundi et hominis in seiner ganzen Zweideutigkeit verstanden worden: Schöpfung kann mißlingen, prinzipiell gegens Princeps sich kehren. Naiver Fortschrittsoptimismus der priesterlichen Affirmation »Sehr gut« fällt hier völlig weg.

Eben diese optimistische Naivität kennzeichnet - bei aller Versiertheit eines Paläanthropologen - die sakramentalistische Evolutionstheologie des Jesuiten Pierre Teilhard de Chardin. So ausgemacht die Möglichkeit eines Punktes Alpha, Kosmogenese der Geosphäre, Biogenese der Biosphäre und Noogenese der Noosphäre sein mögen - die Konvergenz dieser Entwicklung hat eben keine auszumachende Notwendigkeit einer eschatologisch vergeschichtlichten Christogenese zum Punkt Omega in sich. So offen Teilhard gegenüber nicht individualistisch verengten Gesellschaftsformen marxistischer Prägung ist, so blind ist er für die totalitäre Allmacht folternder Kollektive, sei es dominikanische Inquisition oder amerikanischer Atombombenabwurf in Japan. [234]

Im Sinne der Vermeidung der Glorifikation einer in sich eben nicht eindeutig teleologischen Hominisierung und Humanisierung führt die amerikanische Prozeßtheologie, ähnlich wie Tillich, Gott als »letzte Begrenzung, für die kein Grund angegeben werden kann« [235] , also als kritisches Prinzip, in den Prozeß der Verwissenschaftlichung der modernen Welt ein. »Gott ist nicht konkret, aber er ist der Grund der konkreten Wirklichkeit.« [236] Als »Grundlage aller Vernunft« ist er zugleich »letzte Irrationalität«. [237] »Wird Gott aber als die höchste Ursache der Begrenzung aufgefaßt, so liegt es gerade in Seiner Natur, das Gute vom Bösen zu scheiden und die Vernunft als `Herrscherin im höchsten Reich' einzusetzen.« [238] So kann Whitehead Religion im Aufklärungsprozeß eine kritisch-avantgardistische Befreiungsfunktion zuerkennen, die das antiszientivistische Programm negativer Dialektik voll durchhält: »Die Religion ist in die menschliche Erfahrung eingedrungen, vermischt mit den rohesten Vorstellungen barbarischer Phantasien. Stufenweise, langsam, stetig kehrt die Vision im Lauf der Geschichte in edlerer Form und mit klarerem Ausdruck wieder.« [239]

So transzendieren Bloch und Moltmann mit dem Satz grundsätzlicher Vereitelbarkeit der Hoffnung sowohl den thomistischen bis Bultmannschen Ansatz kreisförmig verlaufender Geschichte, in der - analog dem Mythos ewiger Wiederkehr (Eliade) - das Ende Neuauflage des Anfangs, restitutio in integrum ist. [240] Schöpfung ist protologisierte, ist Eschatologie in Spiegelschrift: Als Anfang wird beschrieben, was vom Ende erhofft wird. Darin besteht die soteriologische Funktion der Schöpfungsmythen. Die Vision von Jahwe, der mit Adam im Garten spazieren geht (Gen 3), ist Symbol eschatologischer Symbiose von Gott und Mensch: im himmlischen Jerusalem, im neugeschaffenen Himmel und Erde wohnt Gott unter uns wie in Eden, ist alles in allem (Apk 21,3-28), werden Herrschaft, Obrigkeit, Gewalt, Tod und Tränen weggewischt, geht Gott mit uns Hand in Hand wie in der Mitte der Zeit, in Jesus, dem Freund der Kinder, Frauen, Armen und Beladenen. Bloch: »Die wirkliche Genesis ist nicht am Anfang, sondern am Ende... so entsteht in der Welt etwas, das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war: Heimat.« [241]

Moltmann greift die informationskybernetisch gefaßte Entropie [242] geschlossener Systeme auf: »Weil verschlossene Systeme aber nur durch erneute Kommunikation mit anderen (J.M.) geöffnet werden können, ohne zerstört zu werden, geschieht die Öffnung zu Gott durch das Leiden Gottes an der Verschlossenheit.« [243] Wie Jesu Tod als Leiden an der zur Inhumanität erstarrten jüdischen Gesellschaft in Form des provozierten und provozierenden Auferstehungskerygmas Grund legt für die Bildung eines neuen, kreativen Lebenszusammenhanges, den Lukas als urchristlichen Kommunismus beschreibt, so hat jeder schöpferische Prozeß die dialektische Kategorie aufgehobenen Leidens in sich bewahrt - Zentralnerv von Adornos Ästhetik.

Damit ist Schöpfung nun christologisch eingeholt (auch ohne Barth) in die Friedensutopien der eschatologischen Neuschöpfung in Dtjes und den Paulinen bis zu Apk 21. Das Leiden der Schöpfung beantwortet der Schöpfer mit seinem eigenen Leiden. Der Tod Jesu als Antwort auf das Leiden der Welt und das Leidenmachen der Menschen ist in alle Negativität Ausdruck von Gottes neuer Position: In seinem Leiden wird er solidarisch mit der leidenden Schöpfung. Man kann diese abstrakten Wortübungen mühelos darlegen an fast jeder Evangelienperikope.

Die Zentralstelle ist jedoch Rm 8, in der die pneumatologische Solidarität Gottes mit der unter der Entfremdung Adams vom Urgrund leidenden und gequälten Natur gottesdienstlich erfahren und vermittelt wird. Die Christen, und damit sind wir bei schöpfungsethischen Konsequenzen, sind beschrieben als Teilnehmer am Prozeß der Solidarität Gottes mit der leidenden Kreatur. Als Interzessoren haben sie ein doppeltes Stellvertreteramt, welches die neue Füllung des gottesebenbildlichen Herrschaftsauftrags von Gen 1,26ff bildet: Mit ihren glossolalischen Schreien bitten sie vor Gott für die Schöpfung, mit ihrem neuen Gehorsam treten sie vor der Schöpfung für die Solidarität Gottes mit dieser ein. [244]

Während diese Dimension eine kreative Gegenperspektive gegen die bisherige tatsächliche kulturelle Entwicklung des Systems Schöpfung ist, bringt Moltmann die biblischen Friedensbilder der erhofften Weltvollendung mit Entropiesatz und Futurologie in Korrelation: »Weil jede Realisierung von Möglichkeit durch offene Systeme neue Offenheit für Möglichkeit schafft und keineswegs nur Möglichkeiten verwirklicht und Zukunft in Vergangenheit überführt, kann man sich das Reich der Herrlichkeit, das den Schöpfungsprozeß durch die Einwohnung Gottes vollendet, nicht als endlich zum Abschluß gebrachtes und also geschlossenes System vorstellen, sondern als die Offenheit aller endlichen Lebenssysteme für die Unendlichkeit, Das schließt allerdings ein, daß man das Sein Gottes nicht mehr als die höchste Wirklichkeit für alle verwirklichten Möglichkeiten, sondern die die transzendente Ermöglichung aller möglichen Wirklichkeiten denkt.« [245]

In die Zukunft wachsende Entropie läßt also den informationstheoretisch-kybernetischen Schluß zu, daß die Vollendung, von der die Apokalyptik phantasiert in mächtigen Bildern, gerade keine Definition, sondern eine Infinition ist. Mit wachsender Fülle der Seinsmöglichkeiten nehmen aber auch die menschlichen Möglichkeiten zur Katastrophe zu. Darum ist die Zukunft, auch und gerade mit Schalom als optimal-optimistischer latenten Prozeßtendenz, grundsätzlich unausgemacht. Wo das Rettende wächst, gedeiht auch das Grauen. Darum kann mag an den Sieg des Friedens Gottes, ans Gelingen der neuen Schöpfung, nur glauben.

3.2. Notwendigkeit von schöpferischer Befreiungspraxis

Die Möglichkeit mehrfacher Vernichtung allen Lebens auf der Erde lauert in den bisher vorhandenen Nuklearwaffen. Es werden unentwegt mehr gebaut. Von dem dafür investierten Geld könnte man mühelos in kürzester Zeit den Hunger der größeren Welthälfte strukturell beseitigen. Dies geschieht nicht. Die satte Mehrheit der satten kleineren Welthälfte hat sich entschieden, vom Frieden und von Gerechtigkeit zu reden und für die egoistischen, familiären oder nationalen weltinnenpolitisch partikularen, Sicherheits-Interessen zu sorgen. Die natürliche Schöpfung ist gemäß Gen 1, 28 niedergetrampelt. Für die Herrentiere der Rasse Mensch beginnt sich die gegen sie selbst gerichtete Dialektik dieser Naturbeherrschung langsam auszuwirken. Es gehört zur inneren Logik der krampfhaft aus Gen 1,26 deduzierten Geringerschätzung des Tierreichs, daß sie kulturell imitiert wird: Dem Zerfall des profanen Schlachtetabus, der serienmäßigen Fleischproduktion entspricht die staatlich-bürokratisch verwaltete Betreibung von Menschenschlachthäusern der SS-Eliten. Die Christen haben dazu mehr gregorianisch gesungen als für die Juden geschrien.

Die Unterdrückung, die an den Tieren eingeübt wurden, haben die Herren an den Knechten ausgeübt. Darum sind solidarische Partnerschaften zwischen Mensch und Mitmensch nicht ohne die Solidarität mit der Natur möglich. Denn der Mensch ist Natur. Moltmann betont, daß nach biologischen Erkenntnissen Symbiosen eine größere Überlebenskraft haben. [246] Tillich stellt mit Paracelsius, Böhme und Schelling die Frage nach »gegenseitige(r) Partizipation von Mensch und Natur« [247] und fordert, »daß das Element der Partizipation in der Polarität von Individualität und Partizipation viel ernsthafter erörtert werden muß im Hinblick auf die gegenseitige Partizipation von Natur und Mensch.« [248]

Die cartesische Objektivation von Natur als res extensa, von der der Mensch mit Gen 1,26ff als »maître et possesseur de la nature« im Dienste eigener Bedürfnisse nutznießen soll mit Hilfe der Naturwissenschaften, zeigt noch einen »unaufgeklärte(n) Glaube(n) an den Nutzen der wissenschaftlichen Weltbeherrschung.« [249] »Der Bau der Atombombe hat deutlich gemacht, daß in der Welt, in der wir leben, die Laboratorien und Institute ihrem Selbstverständnis nach unpolitischer Wissenschaftler zu Zentren einer planetarischen Revolution geworden sind, deren Auswirkung und deren Tiefgang alles, was man bisher Revolution genannt hat, hinter sich lassen.« [250] Nach dem Fall Oppenheimer gilt es, »jene blinde Irrationalität, die heute die Evolution der Wissenschaft bestimmt, zu durchbrechen und menschlicher Verantwortung eine Sphäre zu öffnen, die sich bisher der Verantwortung entzogen hatte.« [251]

Opas Chemiestube ist tot. Moderne Großforschungsprojekte erfordern Milliarden Staatssummen. Darum fällt vor allem auf die Gremien, die solche Projekte vergeben, Verantwortung. [252] Howe hat unermüdlich die Kirche zur Verantwortung aufgerufen - ohne Erfolg [253] , denn sie »ist aus Mangel an gegründetem Sachverstand vollends nicht qualifiziert, sich zu Entscheidungen zu äußern, in denen über die Zukunft von ganzen Völkern verfügt wird.« [254] Das muß sioh ändern!

Überleben, A. M. K. Müllers Zentralthema [255] , ist die »durchaus adäquate Kennzeichnung der globalen Zielsetzung heutiger Wissenschaft.« [256] Trotz des Fortbestehens vom »Reich der Notwendigkeit«, mit seinem Zwang zur Naturausbeutung [257] äußert A. Schmidt die Hoffnung, »daß die Menschen, wenn sie einmal durch ihre Gesellschaftsform nicht länger dazu gehalten sind, einander primär unter dem Aspekt ökonomischer Nutznießung zu betrachten, auch den äußeren Dingen etwas von ihrer Eigenständigkeit, von ihrer Realität zu lassen vermögen.« [258]

N. Bohr hat den Gedanken cartesisch-kantischer Aseität des Objekts angesichts des unausrottbaren Subjektanteils mikrokosmischer Experimente (Korpuskel-Welle als Frage der Versuchsanordnung, d.h. des Beobachtersubjekts; Konsequenz komplementärer Aussagen) für überholt erklärt. [259] Dingliche Objektivation versagt. [260] In Erfahrung liegt immer eine (bestimmbare: Heisenberg) Unschärfe. Das involviert den Hegel-Schelling-Gedanken möglicher Subjektivität der Natur, den Bloch betont aufgreift [261] und in die marxsche Frühutopie von Resurrektion der Natur, Naturalisierung des Menschen, Humanisierung der Natur als möglicher Versöhnung einfügt. [262]

Erst diese neue Perspektive der Natur als Partner des Menschen über Schoßhund und Tierschutz bis zum möglichen Verzicht auf Fleischproduktion (Soja-Ersatz!) stellt die volle naturwissenschaftliche Wahrheit dar. Jes 11 war damit weiter als wir. Ist die Natur unser Partner, so verleitet ihr Leiden uns zur Sympathie, zum Mit-Leiden um der Aufhebung des Objekts [263] willen. Das ist in Rm 8, 18ff von Paulus reflektiert im Rahmen gottesdienstlicher Praxis. Pauli Erkenntnisfortschritt ist die Wahrnehmung der Natur als Leidender [264] , als Subjekt. Wir müssen heute über gottesdienstliche Glossolalie und reine Fürbitte hinauskommen zu einer antiszientivistischen und umweltfreundlichen Solidarität mit der Schöpfung. [265]

Sie findet Ausdruck im Verzicht auf Fleisch als biologisch nicht notwendiger Luxusnahrung, in sanfter Technologie (gerade für die 3. Welt optimal!) mit Sonnenkollektoren, Windrädern, Wärmepumpen, Wärmeisolierung der Häuser, Verzicht auf Tiefkühltruhen und energieaufwendige Geräte, Umsatteln auf öffentlichen Verkehr oder Fahrrad, Stopp der Rüstungsproduktion, Verzicht auf Kernkraftwerke, solange nicht mögliche Unfallquellen restlos bezeitigt sind.

Wenn es Zeichen des Glaubens gibt, dann gehört ein solches Verhalten als Ziel zum heutig sachgerechten Ausdruck des Glaubens an Gott den Schöpfer, der seine Gemeinde in den neuen Gehorsam berufen hat, und der nicht will, daß wir uns und unsere Mitgeschöpfe töten.

4. Konzeption des Gemeindevortrags

4.1. Methodische-didaktische Vorüberlegungen

Die Bielefelder Matthäusgemeinde ist es gewohnt, während ihrer Sozialseminare im Saal verteilt in Kleingruppen um Tische je für sich geschaart zu sitzen. Ich greife diese Form auf. Eine Schwierigkeit traditioneller Vorträge, besonders in nicht intellektuell geschulten Kreisen, ist die Konzentrationknappheit. Um eine Rede nicht nur duschregenartig über sich ergehen zu lassen, sondern sie produktiv und kreativ (gerade bei Rede über creatio!) zu apperzipieren, halte ich die von Stollberg erprobte Kombination von Vortrag und Themenzentrierter Interaktion für besonders geeignet, die lernpsychologische Vertiefung der Thematik zu erreichen. Ich werde darum in 4 Blöcken zu etwa je 10 min. die Sachlage aus meiner Sicht darstellen und mit einer zur Beantwortung vorgeschlagenen Frage abschließen, die den Kleinguppen als möglicher, nicht notwendiger Leitfaden dienen können. Ich werde den Gruppen empfehlen, in ihren auf je auch etwa 10-15 min. begrenzten Diskussionsgängen Verbindungen zwischen dem von mir Gehörten und ihrer Lebenssituation herzustellen, wo es möglich ist. Den Abschluß der Diskussionsteile sollte je ein etwa dreisätziger Kurzbericht aus jeder der Gruppen ans Plenum sein, in dem u.U. auch Fragen an mich gestellt werden können, wenn sie nicht schon während des Vortrags direkt kommen, wie bei uns üblich. Intention plenarer Diskussion, die nach der 4. Kleingruppenphase vorgeschlagen wird, ist eine Horizontalisierung der Gesprächsbeziehungen. Ich möchte vermeiden, die Diskussion auf mich zu konzentrieren. Ich kann voraussetzen, daß das religionsgeschichtliche und quellengeschichtliche Problem der Genesiserzählungen vertraut ist. Dr. Lenhardt hat vor nicht allzu langer Zeit einen Textvergleich mit Enuma eliš vorgelegt. Die Gemeinde ist durch ihre aktive Teilnahme am Sennetreffen 1979 mit dem Thema: Der Mensch - Geschöpf Gottes, für die ökologische Dimension der Schöpfungslehre sensibilisiert. Intention des Vortrages ist deren Vertiefung.

4.2. Stellt die Naturwissenschaft unseren Glauben an Gott den Schöpfer in Frage? Gemeindevortrag

Meine Damen und Herren, liebe Freunde!

Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, wie wir vielleicht sinnvoll vorgehen könnten. Ich habe meinen Vortrag in vier Teile gegliedert. Nach jedem Teil möchte ich Ihnen eine Frage stellen und Sie bitten, sich in Gruppen, wie sie am Tisch sitzen, darüber auszutauschen. Das könnte jeweils 10-15 min. dauern und mit einem Kurzbericht aus jeder Gruppe abrunden. Ich werde zuerst über Schöpfungsmythen in der Bibel und anderswo sprechen, in der zweiten Runde über Ergebnisse der Naturwissenschaft zur Entstehung der Welt und des Lebens, im dritten Durchgang dann etwas zur Möglichkeit sagen, angesichts dieser naturwissenschaftlichen Befunde noch von Gott als Schöpfer zu reden. In der letzten Runde möchte ich auf die praktischen Konsequenzen für unser Leben hinweisen.

Erste Runde

Im Jahre 1855 schreibt der rote Indianerhäuptling Seatl an den 'Weißen Vater' in Washington einen Brief [266] , in dem er sich zur Wehr setzt gegen die stetige Verdrängung der Indianerstämme aus ihren Lebensgebieten durch neue Einwanderer, die im Land der unbegrenzten Möglichkeiten möglichst unbegrenzt sich ausgebreitet haben. Die Indianer wurden von der weißen Regierung vor die Alternative gestellt: Entweder ihr verkauft freiwillig euer Land an uns, oder wir vertreiben euch mit Waffengewalt.

Seatl schreibt: »Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen wie die Wärme des Landes? Diese Idee scheint uns sehr merkwürdig. Wir besitzen auch die Frische der Luft und das Glitzern des Wasser nicht! Wie könnt ihr sie da von uns kaufen?

Jedes Stück dieses Bodens ist meinem Volk heilig. Jede schimmernde Kiefernnadel, jedes sonnige Ufer, der zarte Dunst in der Dunkelheit der Wälder. Jede Lichtung und jedes summende Insekt ist der Erinnerung und dem Erleben meines Volkes heilig. Wir wissen, daß der weiße Mann unsere Art und Weise nicht versteht. Das Schicksal seines Landes ist ihm egal wie das eines anderen, da er in der Nacht kommt und vom Lande nimmt, was immer er braucht. Die Erde ist nicht sein Bruder, sondern sein Feind. Wenn er den Grund erobert hat, zieht er weiter.

Er läßt die Gräber seiner Väter zurück und zerstört rücksichtslos den Boden für seine Kinder. Sein Appetit wird die Erde zerschlingen und nur eine Wüste zurücklassen. Der Anblick eurer Städte schmerzt die Augen der Rothäute, eben vielleicht nur deshalb, weil der Rote Mann nur ein Wilder ist und nicht versteht...«

Mich macht dieser Brief betroffen. Wir alle kennen von Karl May her die Geschichte des Sterbens der Indianerkultur - und selbst daraus hat der Weiße Mann noch ein Riesengeschäft gemacht, indem er die Winnetou-Filme zum großen Hit gemacht hat. Es sind zwei Dinge, die ich Ihnen an diesem Brief zeigen will:

Einmal: Auch die Indianer treiben Theologie. Sie verstehen ihre Welt als Gottes Schöpfung und darum gehen sie mit ihr liebevoll und behutsam um. Und sie haben diese Theologie nicht von christlichen Missionaren, sondern in ihrer eigenen Tradition. Ich lese, um dies zu verdeutlichen, noch eine Passage aus dem Brief: »Eines wissen wir, und der Weiße Mann wird es vielleicht eines Tages auch entdecken: Unser Gott ist derselbe Gott. Ihr mögt jetzt denken, daß ihr ihn so besitzt, wie ihr auch das Land besitzen wollt. Aber das könnt ihr nicht. Er ist Gott für alle Menschen. Und sein Mitleid für die weißen und die roten Menschen ist dasselbe. Ihm ist die Erde wertvoll, und die Erde zu verletzen heißt, Verachtung auf den  zu häufen. Macht weiter, euer Bett zu beschmutzen, und eines Nachts werdet ihr in eurem eigenen Müll ersticken..« Der Brief endet mit diesem Satz: »Eines wissen wir: Unser Gott ist derselbe Gott. Die Erde ist ihm wertvoll.«

Die Indianer verstehen daß Verhältnis des Schöpfers zu seiner Schöpfung als ein Schutzverhä1tnis. Der Schöpfer liebt die Erde, die Steine, daß Wasser, die Tiere und die Menschen. Er will sie behüten und bewahren. Und genau wie der Schöpfer handeln auch die Indianer selbst. Er ist ihr Vorbild, sie sein Abbild. Sie lieben die Schöpfung, lieben die Pferde, di e Büffel, das Präriegras und den Schmetterling mit derselben Zartheit und Wärme wie der, der sie gemacht hat, der Wunderwerke vollbracht hat. Die Indianer sehen in der Schöpfung die Wunder. Sie sind bezaubert vom Anblick des kleinen Singvogels und ihre Namen für die Tiere strahlen schon akustisch Wohlgefallen, Hingabe aus. Die Indianer lieben ihre natürliche Umwelt, weil sie vom Schöpfer gemacht ist. Daß zweite, was ich Ihnen an diesem Brief zeigen wollte, ist der Kontrast zu unserem christlichen Verhältnis zu Gottes Schöpfung. Die Indianer haben b1utig erfahren, wie die Weißen kamen und die Büffel vom Zug aus aus reiner Jägerfreude abgeknallt haben, ohne jeden Sinn.

Ohne jeden Sinn - damit habe ich zugleich etwas über den Sinn des Schöpfungsglaubens gesagt. Der Schöpfer ist Schützer, Schirmherr seiner Welt. Und beschützen soll auch der Glaube an den Schöpfer. Der Schöpfungsglaube beschützt die Menschen davor, ihre Umwelt als reines Material, als bloßes Objekt ohne Gefühle und Lebensrecht zu betrachten. Er beschützt davor, daß Menschen Natur wie Dreck behandeln und dadurch ihre Umwelt zerstören. Wir wissen, daß die zerstörte Umwelt sich rächt. Sie zerstört nämlich letztlich uns selbst, weil wir ein Teil der Natur sind und ohne Wasser, gesunde Luft und fruchtbares Land nicht leben können. In letzter Linie schützt darum der Schöpfungsglauben uns selbst. Er regelt unser Verhältnis zur Umwelt. Und da sehen wir ja krasseste Gegensätze zwischen der Behutsamkeit der Indianer zu ihrer Lebenswelt und dem ersten Kapitel unserer Bibel, wo es heißt: Macht euch die Erde untertan, trampelt sie nieder, macht sie zu eurem Sklaven. Sie wissen vielleicht noch von Herrn Lenhardt, daß es nach dem wuchtigen klobrigen ersten Schöpfungsbericht einen ganz anderen und sehr viel älteren zweiten Schöpfungsbericht - oder besser: eine Schöpfungserzählung, denn sie erzählt ja ähnlich wie im Märchen eine Geschichte und nicht wie im Polizeibericht den Hergang eines Verbrechens - also eine ganz anders geartete Erzählung von der Schöpfung gibt, wo Gott mit dem Töpfern eines Menschen anfängt, dann ihm einen schönen Garten macht und ihm Tiere als Gefährten dazugibt. Aber Adam scheint nicht so recht zufrieden, und so macht ihm Gott eine Eva, die sich gewaschen hat. In dieser Geschichte kommt ganz ähnlich wie in dem Indianerbrief etwas von der besorgten Liebe Gottes zum Ausdruck, der will, daß seine Geschöpfe glücklich sind, daß es ihnen gut geht, daß sie sich auch sexuell lieben dürfen zum Wohlgefallen Gottes an seiner Schöpfung. Ich habe aus den biblischen Geschichten einseitig eine Passage herausgeholt, die sie vielleicht wundern mag. Warum gerade diese? Warum nicht die Litanei der sieben Tage, in denen Gott Himmel, Erde, Licht, Wasser, Sterne, Pflanzen, Tiere und dann die Krone, den Menschen, schafft. Ich mache mich dafür stark zu sagen, daß unsere Tradition der Kirche den ersten, den Siebentage-Bericht einseitig hochgespielt hat und die andere Geschichte einfach totgeschwiegen hat. Was denken Sie darüber? Warum geschah das wohl, wenn ich richtig liegen sollte?

Zweite Runde

Ich darf vielleicht noch zum ersten Punkt hinzufügen, daß es auf dem gesamten Erdball, in jedem Winkel, wo Menschen ein Stückchen weit gemeinsam leben und sich ihrer Lebenszusammenhänge in ihrer Religion vergewissern, daß es überall Schöpfungsmythen gibt. Unsere biblischen Erzählungen, das hat Ihnen Dr. Lehnhardt ja schon genau an Textvergleichen gezeigt, sind sozusagen abgepinnt von einer ganzen Menge verschiedener Schöpfungsgeschichten.

Schöpfungsgeschichten verzaubern die Welt. Das ist meine eine wichtige These, die ich hier aufstellen will. Sie lassen, ähnlich wie in Andersens Märchen, die Welt als beseelt erscheinen, werfen ein Licht auf die Dinge der Welt, in dem man bezaubert ist vom Fließen des Flusses, dem Summen der Biene, dem zauberhaften Scheinen des Mondes. Schöpfungsmythen sind wie Poesie.

Wir haben das bewältigt. Die Zeiten sind vorbei, wo Goethe im Mondschein Liebesgedichte schrieb, oder gar, wo ein Wilder von der magischen Macht des Mondes gebannt in Extase fällt. Wir wissen es besser. Der Mond ist ein toter Steinhaufen.

Wir sehen ihn im Fernsehen, ab und zu, wenn wieder Amerikaner darauf herumlaufen und die halbe Welt ihnen von hier aus durchs Fernsehen zuguckt. Wir sind aufklärt. Der Mond ist auch schon langsam aufgeklärt, wir wissen Bescheid. Wir haben gelernt, die Bahn der Sterne zu beobachten und auf Karten festzuhalten. Das haben schon die Griechen zu der Zeit gemacht, bevor Jesus lebte. Die Kirche hat das dann lange Zeit nicht gerne gesehen, daß die Philosophen und Astronomen immer nach den Sternen schauten und Zahlen aufkritzelten und Theorien aufstellten. Der Kirchenvater Augustin und viele andere waren der Meinung, das lenke alles nur von der inneren seelišen Beziehung zu Gott ab. Als dann die ersten Universitäten in Europa entstanden, Paris und Köln etwa, lehrte man Astronomie als Paukfach im Bereich Kunst. Bis dann, und damit brach eine Welt zusammen, Nikolaus Kopernikus und nach ihm Kepler und Galilei die These aufgestellt haben, nicht etwa die Sonne und alle anderen Sterne drehten sich, gemäß 1. Mose 1 als Himmelsbeleuchtung unserer Erde um uns, sondern umgekehrt: die Erde dreht sich um die Sonne! Wir sind nicht mehr Mittelpunkt der Welt, nicht mehr Krone der Schöpfung, sondern sitzen lediglich im Zug, in einer Umlaufbahn um die Sonne. Da hat es dann schon mal etwas Folterdrohung für den Galilei gegeben, damit er nicht den Leute den Kopf verdreht mit seinen neuartigen Ansichten.

Nun, er hatte wirklich eine neue Ansicht, nämlich durch das Fernrohr. Und dieses Gerät ist dann immer feiner und mit immer größerer Reichweite entwickelt worden bis heute und jedesmal entdecken wir neuen, weiteren Raum, neue Galaxien in dem riesigen Weltraum. Seit Newton wissen wir, weshalb sich die Sterne umeinander drehen: Massen ziehen sich gegenseitig an. Man hat sich dann natürlich immer gefragt, wie kommt denn das alles ins Kreisen oder genauer, in die elliptischen Bahnen. Und Kant, der nicht nur ein guter Philosoph war, sondern auch ein guter Astronom, kam auf die Idee, daß sich die Planeten vielleicht aus einer Gaswolke gebildet haben könnten, die sich anfangs um die Sonne gedreht hat und dann sozusagen klumpig geworden ist und diese Klumpen sind dann unsere Planeten geworden.

Es gibt eine ganze Menge von Sternsystemen im Weltraum, die ungeheuer weit von uns weg sind und fast genauso eine Gestalt haben, wie Kant es sich von unserem Sonnensystem vorgestellt hat. Riesige Gasmassen, vermischt mit Staub verschiedenster chemischer Zusammensetzung, wirbeln mehr oder weniger ordentlich umeinander herum, drehen sich ineinander, kugeln sich zusammen, bilden einen sozusagen harten Kern und das Gas-Staubgemisch außen herum wird flockig, wird wie Schokoladensträußel und rund und fester und fester. Die Temperatur dieser Sonnen ist oft bis zu 20 Millionen Grad - unvorstellbar. Und innendrin herrscht ein riesiger Druck, weil sich da die Gasmassen zusammenballen. Und die chemische Reaktion, die dabei passiert, ist ganz ähnlich wie eine Atombombenexplosion, nur ständig und in noch viel größerem Ausmaß, als wir es uns vorstellen können. Sie glühen also und strahlen Wärme ab, und Wärme ist ja Energie. Und mit dieser Energie werden wiederum Bewegungen ausgelöst - eine fortwährende Kettenreaktion.

Man kann dann Spektralanalysen von dem Licht machen, was uns diese Spiralnebel, so nennt man solche sonnenhaft brennenden Galaxien, was uns die Spiralnebel zustrahlen. Und hat dabei durch eine Rotverschiebung festgestellt, daß diese Nebel teilweise mit Lichtgeschwindigkeit von uns wegrasen. Das heißt: das Weltall explodiert ständig. Und wenn man diese Bewegung in die Vergangenheit zurückrechnet, kommt man zu dem Schluß, daß es vor etwa 5-10 Milliarden Jahren eine Explosion gegeben haben muß, durch die jetzt und für Milliarden Jahre nach uns das Weltall immer weiter auseinanderfliegt, sich sozusagen von innen her aufpustet wie ein Luftballon. Einstein hat in seiner allgemeinen Relativitätstheorie ausgerechnet, daß der Raum gekrümmt ist, daß also ein kerzengerade hochgeschossener Pfeil, wenn er milliardenfach schneller als Licht fliegen könnte, um die Kurve fliegen müßte und, obwohl er nie seine Geradeausrichtung ändert, vom andern Ende der Welt wieder auf uns zufliegen müßte. Die Theorien hierüber und über den sogenannten Urknall sind zum Teil noch in Arbeit, werden ständig verfeinert, neu überprüft, weil wir eben längst noch nicht alles erkannt haben, was es im Weltall sozusagen zu sehen gibt, wenn man nur das entsprechende Superriesenteleskop und wer weiß was für technische Geräte dazu noch hätte.

Nun aber wieder auf die Erde herunter, die vermutlich aus dem Staub entstanden ist, der im Gasnebel um die Sonne flog. Auf Erden ist es vergleichsweise kühl, oder besser: gerade richtig, damit unter bestimmten Klimaschwankungen aus ganz bestimmten Elementen, die es hier gibt, sehr große Moleküle entstehen konnten. Und der Schritt war dann bald auch nicht mehr allzuweit, daß sich aus diesen Molekülriesen kleine Zellen, amöbenartige, gebildet haben und die haben sich dann irgendwann geteilt zu mehrzelligen Gebilden und die haben dann irgendwann statt einem Innensack zur Nahrungsaufnahme einen Tunnel gekriegt, vorn rein, hinten raus und so weiter und so weiter.

Bis schließlich aus einem Mittelding zwischen Mensch und Affe sich einerseits die Affen, andererseits die Menschen entwickelt haben. Wo liegt der Übergang vom Mensch zum Tier, besser, richtiger natürlich umgekehrt gefragt? Er ist doppelt fließend. Einerseits betrachten die Verhaltensforscher den Menschen in einer Linie mit den Tieren, um Unterschiede und Ähnlichkeiten herauszustellen. Andererseits behandeln sich die Menschen untereinander ja auch wie Tiere. Sie lieben sich, sie haben ein Sprachsystem, wie primitiv auch immer, und sie nennen sich Schweine, Ungeziefer und wer weiß was noch, bevor sie gegeneinander kämpfen und sich umbringen. Sind Menschen noch eine Idee grausamer als Tiere? Was trägt das schon aus, wenn es so wäre! Wir sind enttäuscht, daß wir im Licht der Wissenschaften nur noch Tiere sind, hochentwickelte, mit Kultur statt Instinkt, immerhin, aber wir benehmen uns ja wirklich nicht wie Menschen. Oder finden Sie die Menschenschlachthäuser von Auschwitz human?

Gong zur dritten Runde

Wir haben also durch die Naturwissenschaften gelernt: Der Mensch ist nicht getöpfert und mit Gottes Atem in die Nase gepustet worden, die Welt ist nicht in sieben Tagen entstanden und außerdem etwas größer als es sich die Menschen der Bibel vorstellen können. Wir sind also nicht im Unterschied zum Tier geschaffen worden, um über die gesamte Natur zu herrschen, sondern die Tiere haben uns sozusagen in einer millionenjährigen Evolution, in der sich immer kompliziertere Formen gebildet haben und immer noch bilden, aus ihren langen Stammbaumreihen hervorgebracht. Das macht uns nichts, wir fressen sie trotzdem, wir fressen sie sogar, obwohl in der ersten Schöpfungsgeschichte steht, die Menschen sollen Getreide essen und die Tiere Gras. Wir halten uns also sozusagen an das »Macht euch die Erde zum Sklaven«, aber nicht an das »Eßt Getreide«.

Wir sind eben Tiere und da frißt eins das andere, da wirft eins der Stein auf die Schädeldecke des anderen, daß es richtig kracht, da erfindet eines, kaum hat man Metall entdeckt, ein Schwert und hält seinen Gott für einen Krieger, der die Feinde besiegen kann. Und da entdeckt ein Tier namens Otto Hahn die Kernspaltung und ein anderes Tier namens Robert Oppenheimer baut fix eine Bombe und die schmeißen die Tiere, die sich Amerikaner nennen, den Tieren, die sich Japaner nennen, auf den Kopf. Und das knallt und glüht und die Tiere glühen und ihre radioaktiven Moleküle fegen durch die Luft.

Verstehen Sie, was ich Ihnen hiermit sagen will? Unbestreitbar hat die Evolutionstheorie recht mit ihrer Herleitung der Welt, des Lebens und der Entstehung des Menschen. Aber die derart begriffene Welt läßt uns mit einem leeren Gefühl, einer grenzenlosen Verlassenheit und Trostlosigkeit zurück, sodaß Camus, der französische Existentialist, als einzig logisches Verhalten den Selbstmord ansieht. Auch der wäre nicht ungewöhnlich für Tiere: Arabische Jungen setzen gern zum Spaß einen Skorpion in einen Flammenkreis: er wird sich selbst in der Kopf stechen, ehe er verbrennt.

Die Evolutionstheorie hat recht, und um nichts in der Welt ließe sich mit denselben stringenten und exakten Methoden, deren sich die Wissenschaft bedient, die Existenz Gottes beweisen. Ich sehe zur Zeit nur eine Lösung, und ich weiß nicht, ob sie zufriedenstellend sein wird. Man braucht Gott nicht zur Erklärung der Welt. Und man kann nicht Gott nur aus lauter Trostlosigkeit postulieren, damit man irgend etwas hat, an was man sich ha1ten kann.

Es gibt - und darauf lege ich Wert - keinen plausiblen Grund, aus dem Gott notwendig für die Welt wäre. Ich sage das um Gottes willen. Kein Mensch würde allemale allen Ernstes behaupten, ohne Jesus wäre die Welt nicht weitergelaufen oder ohne Jesus wären wir heute nicht so schön zivilisiert. Der Tod Jesu war nicht der letzte, wie viele damals hofften, sondern nach ihm ging das Morden und Foltern und Leiden genauso oder schlimmer oder ganz schlimm - nämlich ausgerechnet in seinem Namen - weiter. Gott ist wie Jesus also nicht notwendig. Was kann er dann sein? Ich würde sagen: eine Zutat.

Niels Bohr hat bei Laborversuchen, in denen er an seinem Atommodell forschte, sie wissen es vielleicht, es kann wie eine Sonne mit Planeten auf den Umlaufbahnen beschrieben werden und im Kern sind Protonen und Neutronen, außen herum sausen die Elektronen als kleinste Teilchen, die die Materie überhaupt haben kann. Bohr hat also untersucht, ob diese Elektronen feste Materieteilchen sind, vorstellbar wie winzige Sandkörnchen, oder ob es eher Kraftfelder ähnlich wie die Strahlen einer Infrarotlampe sind, die doch keine erkennbaren Sandkörnchen auf uns abschießt. Und es kam raus: ein Elektron ist beides, sowohl Festkörper als auch Welle.

Und doch schließen beide Möglichkeiten sich logisch aus. Bohr nennt das Komplementarität: eine Sache ist nur vollständig zu beschreiben durch zwei Definitionen, die sich aber gegenseitig ausschließen. Man könnte ebensogut mit einer einzigen Definition auskommen und damit befriedigende Ergebnisse der Forschung erzielen. Aber erst beides zusammen ergibt die ganze, gegenwärtig erkennbare Wahrheit. Ähnlich denke ich, kommt man sehr gut aus mit der Evolutionstheorie und dem Menschen als etwas unzivilisiertem Tier - und es gehört zum Mut und zur Zivilcourage dazu, mit dieser Trostlosigkeit durchzukommen.

Aber vielleicht ist ja die Idee Gottes des Schöpfers die komplementäre Wahrheit, also die mit der Evolution in Klinsch liegende andere Hälfte der vollen Wahrheit. Und Wahrheit wird euch freimachen, sagt Johannes. Ich kann mir vorstellen, daß Schöpfungsgeschichten als phantasievolle, poetische Verzauberungen der tristen Welt der entzaubernden Evolution bei den Menschen Saiten zu klingen bringen können, mit denen allein sie erst fähig werden, ein ganz bestimmtes Stück zu spielen. Und dieses Stück hat den Titel - ja, wie würden Sie es nennen?

Einläutung der letzten Runde

Ich gebrauchte in der dritten Runde das Bild von der neu hinzutretenden Saite, die für ein bestimmtes Musikstück nötig ist. Und wir haben uns gemeinsam bemüht, den Titel dieses Stückes zu finden. Ich möchte auf der Suche nach dem Titel noch etwas verweilen. Im Klartext meint das ja: was würde sich ändern, wenn wir glauben würden, daß Gott Schöpfer ist, daß er Macht ist und hat, den Menschen Atem in die Nase zu blasen, den Menschen Garten, Gefährten und die Wonne gegenseitiger Hingabe in der Liebe zu bereiten. Was würde sich ändern, wenn wir glauben würden, daß Gott es uns schön machen will, daß er, wie Jesus ihn zärtlich nennt, Abba, ein liebender Vater ist. Oder lassen wir ruhig das Vater weg, weil wir nicht gezwungen sind, Gott menschengestaltig zu denken, wir sollen uns ja gar kein Bild von ihm machen, weil wir selbst sein Bild sind! - sagen wir recht abstrakt und einfach: Gott ist Liebe.

Ich wiederhole also meine Anfangsfrage dieser Runde mit neuer Substanz: Was würde sich ändern an dem Stück, welches wir auf der harten wissenschaftlichen Saite, nach der wir eine im Weltall völlig nebensächliche Form von Materie mit komplexem Aufbau sind, spielen, was würde sich ändern, wenn wir eine Saite zum Klingen bekommen, die singen würde: Gott ist Liebe?

Ich bin skeptisch, ob dieser Ansatz fruchtbar ist. Es haben schon zuviele im Namen der Liebe gefoltert. Und viele Christen halten Aufrüstung, ja selbst Todesstrafe, für unabdingbar. Das heißt: es gibt keine Garantiekarte dafür, daß sich irgend etwas in der Welt ändert, wenn wir einmal probeweise annehmen würden, es gebe Gott den Schöpfer. Das war jetzt gewissermaßen die Nagelprobe auf den Satz, daß Gott nicht notwendig ist.

Bloch, der Tübinger Philosoph sagte dazu immer: Hoffnung ist grundsätzlich vereitelbar, ist ohne Erfolgsnotwendigkeit. Aber - und jetzt kommt die Trickkiste, wenn sie so wollen - not-wendig im Sinne von einziger Möglichkeit, die Not unseres vergifteten, verhungernden Bombenerdballs zur Wendung zu bringen. Ohne Hoffnung keine Möglichkeit der Verwirklichung - unserer Hoffnungen.

Die Schöpfungsgeschichten erzählen - nicht alle, aber die guten - uns die Geschichte von einem Gott, der uns liebt, der uns Lebensmöglichkeiten eröffnet, die über reine Materie hinausgehen, der uns frei macht von Knechtschaft - und ich denke dabei daran, wie Deuterojesaja, der Prophet in der babylonischen Gefangenschaft, die Schöpfertätigkeit Gottes ausmahlt als Befreiung von der Gefangenschaft, als neue Wüstenwanderung heim ins Land, in dem so noch nie einer war, als Umkehr in ein - neues Land.

Mit dieser Paradoxie habe ich eine Beobachtung festgehalten, die die Zeit der Schöpfung betrifft. Wir müssen uns freimachen von der alten Priesterleier, daß Schöpfung nur etwas am Anfang der Zeit sei. Die Schöpfung, von der Deuterojesaja, einige Psalmen und vor allem Paulus in Römer 8 reden, meint die Schöpfung von neuer Zukunft. Der Schöpfer kommt erst noch auf uns zu. Und damit bin ich beim letzten Kapitel der Bibel, welches in ganz bewußtem Bezug aufs erste Kapitel weiter und schöpferisch neu erzählt, wie Gott der Schöpfer zu erleben sei.

»Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde sind verschwunden, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommend, gerüstet wie eine Braut... Und ich hörte eine laute Stimme vom Thron her sagen: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen; und er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und Gott selbst wird bei ihnen sein. Und er wird alle Tränen abwischen von ihren Augen...«

Ich breche hier ab. Ich interpretiere in Bildern: die erste, vergehende Welt, ist die Welt der fortschreitenden Aufklärung, der radikalen Entgötterung und Entzauberung der Welt. Die neue Welt ist die Zutat des Zaubers, den die Hoffnung auf eine endlich einmal tränenlose Welt in uns bewirkt. Es geht mir um eine erneute Verzauberung der Welt, ich möchte heraus aus dem babylonischen Gefängnis einer Wissenschaftlichkeit, die die Liebe zweier Menschen nur als Hormonangelegenheit fassen will, die den Bombenabwurf über Hiroshima als technischen Fortschritt gefeiert hat, die sich anschickt, nach Frankensteinmanier künstlich Leben zu erzeugen und die vor allem - und dies am allerbesten - versteht, künstlich Leben zu vernichtet, ja sie hat es darin zu großer Kunst gebracht. Entzaubertes Leben ist tödlich.

Leben ist der Inbegriff des Zaubers. Und Gottes zauberhafte Zutat, genauer: seine Zukunft mit der Fülle neuer zauberhafter und schöpferischer Möglichkeiten für uns, halte ich für glaubwürdig in dem Sinne, daß Glaube an Gottes Zukunft als Schöpfer allererst unsere Würde als Menschen verbürgt, die mehr sind als bloße Materie, die mehr sind als quälende und gequälte Tiere, und die, weil ihnen im Glauben verbürgt ist, daß sie mehr sind, die darum eben auch ertragen können, daß sie wirklich Materie sind und nicht aus Götterblut fabriziert sind.

Ich kehre zum Anfang zurück. Der Zauber, in dem die Indianer ihre Umwelt sehen, tut mir gut, ist genau der Ton, der neben der harten Saite der Wissenschaft bisheriger Prägung für meine Würde sorgt, weil es der Ton der Fürsorge überhaupt ist. Die Indianer haben ein fürsorgliches Verhältnis zur Natur, genauer: eines gegenseitiger Fürsorge. Man könnte auch von Symbiose reden.

Fürsorge ist auch Thema von Römer 8. Die Kreatur harrt auf Erlösung von ihrer Unterdrückung. Auch die Christen erleben, wie sie, in einer Linie mit aller Kreatur, auf die Herrlichkeit Gottes, auf die neue Fülle der Friedensmög1ichkeiten Gottes warten und vor Gott mit Schreien ohne Worte nach der Friedensfülle rufen. Natur und Gemeinde sind hier solidarisch. Die Gemeinde bittet für die unerlöste Schöpfung vor Gott. Ich denke mir, daß dies die Konsequenz eines wirklich die Bibel ausschöpfenden Glaubens an Gott den Schöpfer sein dürfte, nämlich: aus diesem Glauben für die Erlösung der Natur von der Unterdrückung zu sorgen, die Adams Fall oder der Mensch als neugieriger Wissenschaftler, als Apfelpflücker von den diversen Bäumen der Erkenntnis, ausgelöst hat.

Fürsorge und Solidarität mit der Schöpfung ist also etwas sehr konkretes. Es geht los mit Umweltschutz, Tierschutz, ja es fragt sich überhaupt, ob man nicht auf Fleisch verzichten sollte - daß man es vom biologischen her kann, ist da keine Frage. Solidarität mit der Schöpfung heißt ferner, die Atomenergie sieben mal siebzig Mal zu überdenken, ehe man sich Bomben ins Nest legt, die auf Jahrtausende Umwelt zerstören. Das heißt dann also, alternative Energiequellen, Sonne, Wind, Erdwärme, Methangas aus Kuhmist und so weiter zu erschließen.

Solche Forschungsprogramme müßte der Staat ganz andere fördern als bisher. Dazu müßten ihn die Christen ermahnen, wollen sie Solidarität nicht nur als fromme Phrase benutzen. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bitte machen Sie jetzt diese Liste in ihren Gruppen weiter. Ich danke Ihnen fürs geduldige Zuhören.

5. Literaturverzeichnis / Siglenverzeichnis

Die Anmerkungen zitieren nach den hier unterstrichenen Teilen des Titels. Abkürzungen nach RGG3

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Whitehead, Alfred North, Wissenschaft und moderne Welt, Zürich 1949

Wildberger, Hans, Art. צֶלֶם Abbild, in: THAT II, Sp. 556-563.

Zimmerli, Walter, Grundriß der alttestamentlichen Theologie, Stuttgart/ Berlin/ Köln/Mainz2 1975



[1]   Westermann Genesis 240; Westermann Schöpfung 14: »Niemals wird im Alten Testament vom Glauben an den Schöpfer gesprochen.« (Ich zitiere nach den im Literaturverzeichnis unterstrichenen Titelkürzeln ohne Kommatrennung, folgend die Seitenzahl.)

[2] Levi-Strauss Anthropologie 226-264, bes. 254: »Vielleicht werden wir eines Tages entdecken, daß im mythischen und im wissenschaftlichen Denken dieselbe Logik am Werke ist und daß der Mensch allezeit gleich gut gedacht hat.« Levi-Strauss stellte unmittelbare Korrelationen zwischen Verwandtschaftsverhältnissen eines Stammes und der Struktur seiner Mythen fest, vgl. 68ff. Mythen strukturieren Erfahrung und Verhalten: »Es wird also dort der Anfang einer Ordnung eingeführt, wo vorher Chaos herrschte.«(246) Mythen funktionieren als lokutionärer Teil im Sprechakt des Rituals, sind quasi Liturgie in einem Sprachspiel Kultus. Strukturierendes Wort (Mythos) und ordnende Tat (Ritual: illokutionär-performativer Aspekt) ermöglichen, »Erfahrung in geordneter und verständlicher Form zu erleben«.(217) Vgl. dazu Austin Sprechakte. Der Schamane etwa versucht »mit Hilfe des Mythos einen Platz in einem Ganzen..., in dem alles sinnvoll aufeinander abgestimmt ist« (217), den Schmerzen des Kranken zuzuweisen. Vgl. Malinowski Kultur 26ff,102ff,160ff

[3] Luhmann Sinn 75ff; Luhmann Dogmatik 21: »Auf der letzten Funktionsebene sozialer Systeme muß deshalb unbestimmte in bestimmte oder doch bestimmbare Komplexität transformiert werden... Kulturelle Strukturen mit genau diesem Funktionsbezug sind Religionen. Die Funktion der Religion bezieht sich auf die Bestimmbarkeit der Welt.«

[4] Schmidt Mythos und Glaube; Ebeling Dogmatik 1 297 unterscheidet ebenfalls Schöpfungsmythos und -glauben

[5] Westermann Schöpfung 14

[6] Schmid 15

[7] Westermann Schöpfung 17ff; vgl. ausführliche Literaturauflistung in Westermann Genesis 97-101. M. Eliade, Gefüge und Funktion der Schöpfungsmythen, in: Schöpfungsmythen 9-34 zeigt, wie lebenswichtig die rituell-mythische Strukturierung des Lebensraums eines Stammes war; Himmelrichtung, kosmische Weltachsen durch sakrale Bäume/Pfähle stellen eine wahrhafte »Schöpfung der Welt« dar(15). »Der Mythos hilft..., sich in neuen Situationen zurechtzufinden, indem er... eine beispielhafte Lösung anbietet, die in jeder Sachlage gültig ist«(17). Jedes Dorf ist mikrokosmisches imago mundi(18). Sich »in einem Land niederlassen, bedeutet soviel wie eine Welt gründen... der Mensch besetzt allmählich immer weitere Zonen des Planeten und 'kosmisiert' sie nach dem Musterbeispiel, das der kosmogonische Mythos geoffenbart hat. Dank diesem Mythos wird auch der Mensch zu einem Schöpfer.«(19) In vielen Urflutmythen meint Schöpfung die »Rettung der Welt vor einem Unheil (Überschwemmung, Dürre), durch das sie ins Chaos zurückzufallen droht«(25). Chaos als unkosmisiertes, unstrukturiertes Weltganzes wird als Weltei, Meerungeheuer, Urriesenmensch, Urflut symbo1isiert (20f); Schöpfung als Strukturierung von Lebensraum geschieht durch Zerstückelung des Urwesens in Himmel und Erde (21). »Als Symbol des Präformalen wird der Drache als der wahre 'Meister des Ortes' betrachtet, als der Autochtone par excellence, gegen den die Eroberer kämpfen müssen, bevor sie ein Gebiet besetzen«.(27) »Indem man ein Land erobert, 'erschafft' man es wieder, da man ihm eine neue 'Form' gibt.«(27) Hinter vielen Mythen von Schöpfung durch Kampf (mit Chaosdrachen) stehen reale historische Erfahrungen Eroberung von Lebensraum ist ein Schöpfungsakt. Dies ist der innere Grund für G. von Rads Verknüpfung von Exodus und Schöpfung, vgl. von Rad Problem 142ff. - »Daß Himmel und Erde von einem Gott geschaffen sind, ist insofern auch eine allgemeinmenschliche Betrachtung und international bezeugt«(Religionsgeschichte II 141). Schöpfungsmythen werden u.a. dargestellt in: Religionsgeschichte I 192 finnisch-ugrisch, 294 altiranisch 328 zoroastrisch, II 311f, 407f, 414, 421, 423, 459 indisch, III 32, 34, 38 Tao, 58 Neokonfuzianismus, 265, 267, 273, 277 Gnostizismus/Mysterien, 312, 321-23 Mandäer, 342ff Manichäer, 374, 380f, 404, 431 Islam. Vgl. weiter Lit. unter Anm. 8-19.

[8] Westermann Schöpfung 22

[9] Westermann Schöpfung 25; vgl. Westermann Genesis 28ff, Religionsgeschichte 1 67 nordaustralischer Narakult, 109 Regenkult der Zuni-Indianer, 399f Schöpfungsreaktualisierung im ägyptischen Tempelmorgenritual, II 312 Indischer Kultus

[10] Schmid 8 Anm. 21; vgl. Westermann Genesis 30; Westermann Schöpfungsbericht 17; von Rad Problem 138, 142

[11] Schmid 3; Westermann Schöpfung 21f, 58; Westermann Genesis 39-46, von Rad Problem 146; von Rad Theologie I 164; Zimmerli 30; Religionsgeschichte I 33ff Indianischer Kosmos, 308ff Germanischer Riese Ymir wird zerstückelt, 442f, 449f, 502-521 sumerisch-babylonisch: Marduk spaltet Tiamat, II 294, 306-312, 407ff, 414, 421, 423, 459 indisch (altiranisch): Deva Indra tötet die Schlange Vritra und spaltet den Berg auf der Urflut, III 207f orphisches Weltenei.

[12] von Rad Theologie I 149f; Westermann Schöpfung 21f:Töpfergott, 58 ; Westermann Genesis 46-52. Religionsgeschichte 1 395 Ägyptens Ptah töpfert, 454 Gilgamesch verschreinert den Weltenbaum, 487 sumerischer Enki macht Menschen aus Lehm

[13] Westermann Genesis 51f. Religionsgeschichte I 395 Ptah hat Menschengestalt, 400 Menschen als Vieh, Abbilder und Kinder der Gottheit, 488 Menschen als Sklaven der Götter

[14] Schmidt Priesterschrift 29: Der ganze alte Orient glaubt, damals an ein Urmeer, das die Erde bedeckte, und an eine Trennung von Himmel und Erde, die ja durch den Regen verbunden sind. Schöpfung als Naturerwachen vollzieht sich nach Abfluß des Regenwassers. Vgl. Westermann Schöpfung 21f; Religionsgeschichte I 398 Ägypten, 452ff sumerische Urflut

[15] Westermann Schöpfung 58f; Westermann Genesis 36-39, besonders in Ägypten und griechischer Theogonie. Schmidt Priesterschrift 139: »Der Pharao heißt 'Ebenbild' als Stellvertreter des Gottes auf Erden.« Vgl. 137-140; Religionsgeschichte I 395, 400 Pharao, 520 Babylonischer König wird rituell mit Marduk identifiziert. - Zur Geburtenfolge: Religionsgeschichte I 109 Zuni-Regenkult mit Sonne-Meer-'Ehe', 398 Heliopolitanischer Neungötterkreis, 456 sumerische Himmel-Erde-Hochzeit, I 466 Quellwasser als Sperma, III 79 japanisch, 207f griechisch

[16] Westermann Schöpfung 21, 58; Westermann Genesis 52-57, bes. 54 afrikanisches Hervorrufen eines Menschen aus dem Schilf

[17] Westermann Schöpfung 21, 58; Westermann Genesis 52-57; Religionsgeschichte 1 396 memphitische Theologie, 489 sumerische Wissenschaft als Partizipation am Gotteslogos

[18] vgl. Schmid 4: Naturordnung, Staats- und Rechtsordnung sind nur verschiedene Aspekte der Schöpfungsordnung. Religionsgeschichte I 502-521: Beim babylonischen Neujahrsfest spielt der König im Ritual den Marduk, der Karriere vom kleinen Stadtgott zum Weltschöpfer mit der politischen Konsolidierung Babylons zugleich machte.

[19] Westermann Genesis 55; Schmidt Priesterschrift 173-177; von Rad Theologie I 156f; Religionsgeschichte I 397; Koch Wort

[20] Religionsgeschichte I 508

[21] Zimmerli 25; von Rad Theo1ogie I 162f. vgl. Anm. 7

[22] Bloch Atheismus 38, 80; Bloch Subjekt-0bjekt 331-335; Westermann Schöpfung 130-134

[23] von Rad Theologie I 159f. Westermann Genesis 368-372

[24] von Rad Theologie I 165

[25] Zimmerli 25; von Rad Theologie 162f. Westermann Genesis 272: »Eine Welt also, die der des Bauern in Palästina entspricht.«

[26] Zimmerli 25; von Rad Problem 146 ; von Rad Theologie I 149

[27] von Rad Theologie I 162; Zimmerli 25

[28] Westermann Genesis 255-267. Westermann Schöpfung 95ff

[29] von Rad Theologie I 154

[30] Westermann Genesis 261

[31] von Rad Theologie I 163; Westermann Schöpfung 123-126

[32] Westermann Genesis 322-325. Westermann Schöpfung 131f

[33] siehe Anm. 7 und 11

[34] Westermann Schöpfung 64. Westermann Genesis 176-179, 243; Zimmerli 26

[35] Westermann Genesis 112; Westermann Schöpfung 19

[36] Schmidt Priesterschrift 21; vgl. Religionsgeschichte I 452-458: Urmeer zeugt Himmel und Erde, Himmelvater und Erdmutter, Sturmgott überm Wasser. Schöpfungsmythen 103f

[37] Schmidt Priesterschrift 22ff; vgl. Religionsgeschiehte I 502-521; Westermann Schöpfungsbericht 17-20: Enuma eliš: Marduk spaltet Meer-Drachen Tiamat, Obere Hälfte Himmel, Untere Erde. Dann schafft er Gestirne und Zeit, Mond, Sonne, Getreide und Pflanzen. Ea schafft aus Götterblut Menschen als Göttersklaven. von Rad Theo1ogie I 156:Marduk schafft durchs Wort; Zimmerli 26-28:Laßt uns Menschen machen = babylonischer Götterrat; Schöpfungsmythen 121-150. Liegt dem Neujahrsritual beim Menschenschaffen aus dem geschlachteten Aufruhrgott Kingu ein Menschenopfer zugrunde? Schöpfungsmythen 140. Eindeutig ist Marduk Kopie des Königs am babylonischen Hofe, anthropomorphe Projektion

[38] Schmidt Priesterschrift 24ff, 139ff; Religionsgeschichte I 395-400; von Rad Theologie I 156f. Atum, der Schöpfer, trennt Himmel und Erde, Urgewässer (= Nilüberschwemmung), Amun schwebende Luft überm Urwasser. Schöpfungsmythen 37ff

[39] Schmidt Priesterschrift 27f; Religionsgeschichte II 39ff,44,47f,571; Zimmerli 26: Sanchunjatons Chaosschilderung; Baal kämpft mit dem Chaosdrachen Lotan bzw. dem Meer Jam. Schöpfergott El. Im Jahwismus verschmelzen Baal und El zu einer Größe. Schöpfungsmythen 175-181

[40] Schmidt Priesterschrift 28f; Religionsgeschichte III 207f: Homer: Okeanos als Götterzeuger, Hesiods Theogonie

[41] Westermann Schöpfungsbericht 10 ; Westermann Genesis 111f;Westermann Schöpfung 61

[42] vgl. Anm. 15; Westermann Genesis 112f

[43] Westermann Genesis 145f; Westermann Schöpfungsbericht 17

[44] Zimmerli 26 ; Westermann Genesis 119ff. Westermann Schöpfung 60ff; von Rad Theologie I 161. - Auch das Ruhen Gottes ist nicht neu von P: Westermann Genesis 57f, 230-237

[45] Schmidt Priesterschrift 161 rechnet zum alten Tat-Bericht 1, 2.4b.7.9LXX.12.16.21.25.26-27a; 2, 2f. Westermann Schöpfungsbericht 16; Westermann Genesis 54f. Koch Wort; Schöpfungsmythen 85ff; Schmidt Priesterschrift 173-177; bestritten von Steck, Schöpfungsgeschichte 4

[46] Westermann Genesis 115f; Zimmerli 27

[47] Westermann Genesis 120f, 136-139; Schmidt 130f, 164-167. Zimmerli 27; Schmidt Art. בָרַא schaffen; Gegen von Rad Theologie I 156

[48] Westermann Genesis 117. Westermann Schöpfungsbericht 10; Westermann Schöpfung 61

[49] Zimmerli 28 ; Schmidt Priesterschrift 127ff: Verständniswandel A) Polytheismus B) Hofstaat C) plural deliberationis; von Rad Theologie I 158 ; Westermann Genesis 200 ebenfalls für plural deliberationis, räumt gleichwohl aber ein (201): »Die Vorstellung eines himmlischen Hofstaates mag im Hintergrund stehen.« vgl. I Kön 22,11; Hi 1,6; 2,lff; Jes 6,1

[50] Religionsgeschichte I 109, 398-400, 416, 452ff u.ö.; Zimmerli 27

[51] Westermann Genesis 175-186; Westermann Schöpfung 63-65; Westermann Schöpfungsbericht 20f

[52] Westermann Genesis 170-175; Westermann Schöpfungsbericht 19f; Westermann Schöpfung 65f. Vegetation »gegliedertes Ganzes«. Anders Schmidt Priesterschrift 190

[53] Westermann Genesis 186-197; Westermann Schöpfungsbericht 22; Westermann Schöpfung 66f. Von naturwissenschaftlicher Seite dazu: Illies Mensch 19ff. Liedke Bauch 126-130; Steck Schöpfungsgeschichte 199-222, bes. 206 und 211 rekonstruiert folgende Ordnung nach Lebensbereichen und Lebewesen:

1. Himmel (6-8)                                  Gestirne als Lebewesen! (14-16)

2. Meer (9f)                            Wassertiere (20-22)

3. Luftraum (9f)                                 Flugtiere (20-22)

4. Erdvegetation (11f)                        Landtiere (24f) und Mensch (26-28)

[54] Westermann Genesis 192f

[55] Westermann Genesis 223-228; Von Rad Theologie I 160;Liedke Bauch 130-146, bes. 144f weist auf die Achtung des Lebens noch bei der Schächtung als möglichst sanfter Tötung hin, verglichen mit Erwürgen

[56] Schmidt Priesterschrift 150ff. Barth KD 111/1, 235: »Die dem Menschen übertragene Hoheit über das Tier ist keine Herrschaft über Leben und Tod.«

[57] Benz Endzeiterwartung 206ff; Gen 2,16-31; Jes 11,1-9; Jes 65,25; Hos 2,20; Ez 34,25; Lev 26,3f

[58] Schmidt Priesterschrift 189: »Dem Menschen wird tatsächlich eine uneingeschränkte Herrschaft über die Erde verliehen.« (כָבֵשׁ = niedertreten, Gewalt antun, versklaven, רָדַה = hartes schonungsloses Unterjochen.(Schmidt aa0) Westermann Genesis 218-222. Zimmerli 29; von Rad Theologie 1, 160; Barth KD 111/1, 231; Liedke Bauch 130ff

[59] Horkheimer/Adorno Aufklärung 11f

[60] Westermann Genesis 214 spricht von Denkzwang!, vgl. 203ff

[61] Schmidt Priesterschrift 132-144; kritisch dazu Westermann Genesis 209ff

[62] So H. Wildberger, dargestellt in Westermann Genesis 209ff, vgl. Wildberger Art. צֶלֶם

[63] Schmidt Priesterschrift 137-139

[64] Schmidt Priesterschrift 142

[65] Barth KD 111/1, 204-233 redet von Partnerschaft und analogia relationis (219) zwischen Mensch und Gott, ebenso auch Jüngel Geheimnis 526 und Moltmann Mensch 157 zur Stelle. Zur traditionellen Dogmatik vgl. Augustin, De corr. 12,33: »potuit non peccare primus homo«, dazu Dinkler Augustin; Luther, Predigt vom 12.4.1523 über Gen 1,27 (WA 14,110ff) gegen Augustin(?): »Aus Gottes Ebenbild ist des Teufels Ebenbild geworden.« Brunner Lehre 67ff; Tillich Systematische Theologie I 297ff:Vernunft ist analog zu Gottes Logos. Er reduziert imago auf Eigenschaft. Ebeling Dogmatik I 376-414, bes. 392: Entsprechung, 404ff Darstellung der Tradition, gute Zusammenfassung.

[66] Westermann Genesis 205-208 stellt die Positionen da

[67] Westermann Genesis 208, 217f. Barth KD 111/1, 222f; auch J.J. Stamm, F. Horst u.a., zit. bei Westermann aaO

[68] Westermann Genesis 209ff. Schmidt Priesterschrift 142-144. von Rad und H. Wildberger zit. in Westermann aaO

[69] Schmidt Priesterschrift 144; Ebeling Dogmatik I 364 redet von Präsenz Gottes im Menschen; kritisch Westermann Genesis 211ff

[70] Maag in Westermann Genesis 212ff; Zimmerli 28; Schmidt Priesterschrift 132; Wildberger Art. צֶלֶם 556

[71] Wildberger Art. צֶלֶם 556; vgl. Ebeling Dogmatik I 382

[72] Moltmann Mensch 159

[73] Wildberger Art. צֶלֶם 562

[74] Westermann Schöpfung 32-37, 171; Westermann Genesis 798ff. Zur Sünde gehören Gen 3 und 4, zur Arbeit 2, 15 und 4,17-26, zur Schöpfung im Anfang der gesamte Pentateuch.

[75] Westermann Schöpfung 37 = Westermann Genesis 601 u.ö.

[76] von Rad Schöpfungsglaube 36

[77] Schmidt Priesterschrift 181

[78] Schmidt Priesterschrift 182, vgl. 180: »Der Glaube findet das mythische Weltverständnis vor; wo er es aufnimmt, um sich auszusprechen, sucht er es zu überwinden... Der Mythos weiß zu viel, der Glaube streicht die mythischen Erzählungen auf das ihm Notwendige zusammen.« Wohl weniger 'der Glaube', als eher Prof. W.H. Schmidt, vgl. Schmidt Mythos und Glaube

[79] Habermas Legitimationgprobleme 99f; Westermann Schöpfung 12 und 24f

[80] Westermann Genesis 243, vgl. 801f

[81] Horkheimer/Adorno Aufklärung 11f

[82] Horkheimer/Adorno Aufklärung 14

[83] von Rad Problem 138, 141, 143, 146

[84] Jes 51,9f. dazu Zimmerli 29f, 188 (zu Ez 20), 192, 194f.Dtjes ist Ezechiel-Erbe

[85] Eliade, in: Schöpfungsmythen 33; Jes 44,23ff; 45,12f; 51,9f; Zimmerli 30; Rendtorff Stellung 7,9, 13

[86] Jes 54,5; 44,24; 45,8; 41,20. 48,7. von Rad Problem 141; Zimmerli 30, 194f. Westermann Umstrittene Bibel 84: »Es ist derselbe Gott, der seinen Sohn zum Heil der Menschheit gesandt hat und der die Lilien auf dem Felde kleidet.« Rendtorff Stellung 13

[87] Besonders Amos führt die Schöpfermacht Jahwes als Macht zum Gerichtmachen an. Dieser Traditionsstrom setzt sich in der Apokalyptik fort.

[88] von Rad Problem 138: »Vom Protologischen zum Soteriologischen.« 142 »Und dieses soteriologische Verständnis des Schöpfungswerkes... halten wir für die ursprünglichste Äußerung des Jahweglaubens über Jahwe, den Schöpfer der Welt.« Vgl. von Rad Theologie I 151. Der Schöpfungsglaube hat eine »dienende« Funktion für den Heilsglauben (Problem 139). Schmid 11f hat von Rad nicht verstanden, wo er daraus eine zeitliche Abfolge stipuliert, gegen die er (mit von Rad) zu Recht Einwände vorbringt. Rendtorff Stellung 13 stimmt von Rad völlig zu.

[89] von Rad Prob1em 146. Zimmerli 30

[90] von Rad Problem 145. Zimmerli 30

[91] von Rad Prob1em 146 ; von Rad Theologie I 164; Zimmerli 30

[92] Zimmerli 31f; ~SS 29, 47, 93, 95, 96, 99

[93] so dargestellt bei Zimmerli 32

[94] vgl. Anm. 68-70

[95] Schmid 3-5

[96] Zimmerli 33

[97] Prov 8,22ff; Hi 28, 25-28; 38,4ff; Sir 24,7-11; von Rad Weisheit 189ff, bes. 196,199,204f. Zimmerli 30,140f

[98] von Rad Weisheit 194: Weisheit als Schöpfungsgeheimnis nur Gott, nicht den Menschen bekannt. Zimmerli 141

[99] von Rad Weisheit 206: Prov 1,20f

[100] von Rad Weisheit 217: Prov 9,1-5; 1,20ff. 8,lff; Zimmerli 140; dazu auch Luther WA 18, 164 Zeile 24f: „Hynfurder leret er uns, was fraw hulde, die natürliche vernunfft, zu diesen sachen sagt, gerabe alls wüsten wyr nicht, das die vernunfft des teuffels hure ist und nichts kan denn Iestern und schenden alles, was Gott redt und tut.“

[101] Prov 8,15-18-21; 1,33f; 2,9ff. 4,6; 6,22. 7,4f. von Rad Weisheit 215: Weisheit als Herrschaftswissen

[102] Zimmerli 203; Liedke Bauch 153ff

[103] Zimmerli 207. Der Mechanismus der 'Proto1ogisierung' könnte u.U. Schlüssel zum Verständnis der gesamten Schöpfungstheologie sein! so Köhler Theologie 71: Die »Schöpfung Gen 1,1 - 2,4a ist nicht eine Aussage, sondern eine Ansage.« 72:»Schöpfung ist in der Theologie des Alten Testaments ein eschatologischer Begriff.«(Hervorh. v.Vf.)

[104] Jes 65,17. 66,22; siehe dann im NT: 2 Pt 3,13; Apk 21

[105] Jes 66,15ff; 65,18ff

[106] Jes 65,25 nimmt Jes 11,6-9 auf. Vgl. Anm. 57

[107] Dan 12. Ez 37. Jes 66,14a

[108] Dan 7. Zimmerli 205ff

[109] Zimmerli 210f; l Pt 2,13; 4,19. 2 Pt 3,4ff. Apk 4,11; 5,13

[110] Schmid 13f

[111] Mt 6,25ff. Westermann Umstrittene Bibel 79; Schöpferlobpreisung auch I Tim 4,3-4

[112] Mt 19,4 par. Mk l0,6; I Kor 11,9. Jesus frauenfreundlich, Pau1us chauvinistisch in der Gen-Rezeption!

[113] Heb 4,13

[114] Jak 1,18

[115] Kol 1,15-23, 26f. Schweizer Kolosser 44ff, l00-l04, 215ff; Liedke Bauch 158-161. Gegenwart der Versöhnung des All in Christus als Leitgedanke von Kol 1

[116] Eph 3,9. Der Eph entwickelt (2,l0ff) eine Prädestinationslehre, nimmt das Ein-Fleisch-Motiv von Gen 2,24 als Bild interkultureller Ökumene durch Christus. Diesen 'neuen Menschen' gilt es anzuziehen (4,24).

[117] Apk 3,14

[118] von Rad Weisheit 210ff. vgl. Psalmen 19,2; 97,6; 145,l0; 148; Hi 12,7-9: Himmel und Erde preisen Jahwe.

[119] Apk 4,11 und 5,13

[120] Rm 1,25 und 1 Pt 2,13; 4,19

[121] Apk l0,6; 2 Pt 3,4ff; Mk 13,19

[122] Schmid 18 meint, »daß im Laufe der biblischen Glaubensgeschichte die Gerechtigkeit immer konsequenter eschatologisch gefaßt wird, allmählich aus der Verbindung mit der Weltschöpfung am Anfang der Zeit losge1öst und immer enger mit dem Thema der eschatologischen Neuschöpfung verbunden wurde.« Das ist die eine Seite! Sie würde konsequent bei Marcions Demiurg-Verwerfung enden. Dagegen gilt: »Von 'neuer Schöpfung' kann im NT nur geredet werden, weil Gott der Schöpfer bleibt.« (Westermann Genesis 243)

[123] Apk 21: restitutio ist Leitbegriff thomistischer Eschatologie, bis hin zu Bultmann (siehe unten). Das Ende ist der wiederhergestellte Anfang. Gott kommt von Gott.

[124] Luz Geschichtsverständnis 369ff zu Rm 8, 18ff

[125] Westermann Umstrittene Bibel 77; Liedke Bauch 157f

[126] Rm 5, 12ff Adam als Weltspielverderber, Christus als Erneuerer der prälapsarischen Gottesnähe. Käsemann Römer 137: Christi Schöpfungsmittlerschaft Weisheitserbe. Im Denken von schicksalwirkender Tatsphäre und restitutio sieht Schmid 13 »Jesu Sühnetod als Wiederherstellung der verletzten Ordnung« und findet es »alles andere als Zufall, daß er [Paulus; M.L.] das Rechtfertigungsgeschehen u.a. auch als neues Schöpfungsgeschehen beschreiben kann (2 Kor 5,17. Gal 6,15 u5.).«

[127] Schwantes 56; Käsemann Römer 115ff, bes. 117 urteilt, »daß hier Schöpfung, Auferweckung und Rechtfertigung faktisch dasselbe göttliche Handeln bekunden.« Und »daß Rechtfertigung als Restitution der Schöpfung und als im Stande der Anfechtung vorweggenommene Auferweckung das entscheidende Motiv paulinischer Soteriologie« ist.

[128] Käsemann Amt und Gemeinde 116

[129] Käsemann Amt und Gemeinde 116

[130] Balz Heilsvertrauen 44; vgl. 4.Esra 7,11f; ApkBar 15,32f

[131] Käsemann Römer 227

[132] Käsemann Römer 225

[133] Luz Geschichtsverständnis 379

[134] Liedke Bauch 162

[135] Barth Römerbrief 291 zitiert einen seiner bemühtesten Gewährsmänner. Die Reduktion von Natur auf die innere Natur des Menschen ist das typisch bürgerliche Mißverständnis, unter dem die gesamte Tradition kt…sij verstanden hat, vgl. Käsemann Römer 225. Auch Jüngel Thesen 487 (6./7.) verfällt dem.

[136] Liedke Bauch l62

[137] Liedke Bauch 162

[138] Balz Heilsvertrauen 50

[139] Käsemann Römer 233

[140] Liedke Bauch 163

[141] Kuhn Struktur 151ff. Blumenberg Säkularisierung 240ff; Blumenberg Epochenschwelle 7ff benutzt den Begriff 'Epochenschwelle'. Pannenberg Wissenschaftstheorie 74ff, 185-224. Die Erlanger Schule (Lorenzen, Kambartel, Mittelstraß und Kamlah) leiten wissenschaftliche Rede als Prädikation in einem zeitoffenen Dialog im Blick auf gesellschaftliches Handeln als Wissenschaftspolitik ab.

[142] Weizsäcker Schöpfung 53ff; Weizsäcker Einheit 466ff; Blumenberg Neugierde 23ff; Lange Materialismus 7ff

[143] Weizsäcker Schöpfung 62-73. Blumenberg Neugierde 29ff ;Lange Materialismus 42-73

[144] Weizsäcker Schöpfung 139ff. Weizsäcker Einheit 428ff;Lange Materialismus 64ff

[145] Blumenberg Neugierde 38ff

[146] Blumenberg Neugierde 42ff; Lange Materialismus 75ff

[147] Blumenberg Neugierde 49ff Lange Materialismus 76ff

[148] Lange Materialismus 80ff

[149] Blumenberg Neugierde 71ff, 103ff, bes. 113ff; Lange Materialismus l51ff

[150] Blumenberg Neugierde 91ff

[151] Blumenberg Neugierde 96ff

[152] Blumenberg Neugierde 123

[153] Blumenberg Neugierde 123ff. Lange Materialismus 167ff

[154] Blumenberg Neugierde 135ff; Lange Materialismus 163ff

[155] Blumenberg Neugierde 150ff; Lange Materialismus 163ff; Howe Gott 54

[156] Blumenberg Neugierde 160ff; Blumenberg Epochenschwelle 34-106; Howe Gott 55

[157] Weizsäcker Schöpfung 96-104; Blumenberg Neugierde 166ff; Lange Materialismus 188ff, bes. 199ff

[158] Weizsäcker Schöpfung 104ff; Blumenberg Neugierde 201ff; Howe Gott 55

[159] Blumenberg Epochenschwelle l09ff; Lange Materialismus 200ff

[160] Blumenberg Neugierde 180ff; 203ff; Weizsäcker Schöpfung 111ff; Howe Gott 56

[161] Lange Materialismus 235ff

[162] Weizsäcker Schöpfung 119ff, 201ff; Blumenberg Neugierde 210ff; Lange Materialismus 207ff; Howe Gott 60f; Blumenberg, Säkularisierung 240ff; Jüngel Geheimnis 146ff

[163] Moltmann Schöpfung 135; Picht Gott 62

[164] Howe Gott 62ff

[165] Weizsäcker Schöpfung 123ff; Lange Materialismus 272ff; Howe Gott 56

[166] Weizsäcker Schöpfung 126

[167] Weizsäcker Schöpfung 126ff; Lange Materialismus 406ff

[168] Weizsäcker Schöpfung 131ff. Lange Materialismus 453ff; Blumenberg Neugierde 247ff; Weizsäcker Einheit 169ff, 363ff, 405ff

[169] Jüngel Geheimnis 1ff

[170] Jüngel Geheimnis 63ff. Bloch Subjekt-Objekt; Adorno, Negative Dialektik 293ff; Weizsäcker Einheit 312ff

[171] Weizsäcker Einheit 226; Müller Zeit 296

[172] Weizsäcker Geschichte 31

[173] Klaus/Buhr Wörterbuch 936-939 (Art. Relativitätstheorie) ;Weizsäcker Schöpfung 156, 161; Weizsäcker Geschichte 31; Weizsäcker Einheit 147ff, 237ff; Müller Zeit 344ff; Bavink Weltschöpfung 63

[174] Weizsäcker Geschichte 31-52; Weizsäcker Schöpfung 163-172; Klaus/Buhr Wörterbuch 606f (Art. Kosmogonie), 607ff (Art. Kosmologie)

[175] Weizsäcker Geschichte 43ff; Weizsäcker Schöpfung 163ff; Klaus/Buhr Wörterbuch 606-610; Pannenberg Kontingenz 52ff

[176] Bavink Weltschöpfung 102ff; Weizsäcker Einheit 275ff, 342ff; Weizsäcker Geschichte 54ff; Klaus/Buhr Wörterbuch 611f (Art. kosmologischer Postulat); Pannenberg Kontingenz 52ff. Die Vertreter dieser Entstehung von Materie aus Nichts sind Lemaîre, Bondi (steady state), Gold und Eddington.

[177] Weizsäcker Geschichte 29ff,34f,53; Schöpfung 161; Weizsäcker Einheit 237ff; Klaus/Buhr Wörterbuch 964f (Art. Rotverschiebung)

[178] Weizsäcker Schöpfung 160; Weizsäcker Geschichte 32f; Bavink Weltschöpfung 59; Ebeling Dogmatik I 296

[179] Klaus/Buhr Wörterbuch 606f (Art. Kosmogonie)

[180] Bondi, Gold, Hoyle; vgl. Weizsäcker Geschichte 54

[181] Weizsäcker Geschichte 55-71; Weizsäcker Schöpfung 157

[182] Weizsäcker Geschichte 55-72

[183] Weizsäcker Schöpfung 156

[184] Weizsäcker Geschichte 37ff; Weizsäcker Einheit 172-166, 241-249; Müller Zeit 266ff, 312ff

[185] Weizsäcker Geschichte 37ff, 65

[186] Weizsäcker Geschichte 75ff; Weizsäcker Schöpfung 154

[187] Weizsäcker Geschichte 20ff, 33; Weizsäcker Schöpfung 155; Ebeling Dogmatik I 298

[188] Eigen 520ff. Müller Zeit 349ff, 406, 494f, 636ff; Hirsch 21ff; Weizsäcker Schöpfung 135-146; Weizsäcker Einheit 312-366 ; Weizsäcker Geschichte 79-91

[189] Monod Zufall, bes. 211; Müller Zeit 394,493, 637; Hirsch 21; Altner Natur 33ff

[190] Gegen Klaus/Buhr Wörterbuch 646f (Art. Leben), 399ff (Art. Genetik) und 346f (Art. Evolutionismus); vgl. auch Ebeling Dogmatik I 298f

[191] Altner Darwin und Haeckel 26ff und 86ff

[192] Weizsäcker Schöpfung 143; Weizsäcker Geschichte 63ff; Weizsäcker Einheit 265f, 312ff; Müller Zeit 202, 349, 394, 412, 607; Altner Natur 33ff; Hirsch 21ff

[193] Weizsäcker Einheit 223-275, bes. 241ff; Müller Zeit 291-316, 322f, 390, 493ff, 636ff; Howe Mensch 64-74; Howe Gott 76-66; Ebeling Dogmatik 296f. Altner Natur 43ff; Altner Darwin und Haeckel 76f

[194] Adorno Negative Dialektik 261ff u.ö. Mir ist bewußt, daß hier phrasenhaft ein Programm formuliert ist, welches keine Aufgabe eines Gemeindevortrags sein kann, sondern eine kategoriale Aufgabe für Jahrzehnte theologischen Wissenschaftsbetriebs. Auch bei Pannenberg Kontingenz (s.u.) wird sich das Versagen qualitativ-intensionaler theologischer Begriffe bei nur quantitativ faßlichen Phänomenen erweisen. Soweit ich sehe, hat bisher lediglich Altner (Natur 33ff u.ö.) als Theologe den quantifizierenden Gebrauch durchgehalten. Es scheint mir nicht stichhaltig, Theologie von Naturwissenschaften gerade durch die ihr angeblich wesentliche Form der Qualifikation quantitativer Prozesse zu unterscheiden, wie Jüngel 1973 im persönlichen Gespräch noch meinte.

[195] Bonhoeffer Widerstand 155, 159, 177, 191

[196] Howe Christenheit 16ff,45ff,110ff,323ff, bes. 342ff; W. Häfele, Vorwort in: Müller Zeit 9ff. Howe Gott 197ff; Howe Mensch76ff, 97ff, 117ff; Pannenberg Kontingenz 34-37; Müller Zeit 488ff. - Theologischer Agnostizismus z.B. bei: Bultmann GuV II 77 und III 165 ; Gogarten Mensch 319; Barth KD 111/1 Vorwort

[197] Barth KD 111/1 261f (Bund-Schöpfung), 378ff (Wohltat), 207ff (analogia fidei), Vorwort (Naturwissenschaft irrelevant) vgl. auch Barth Römerbrief 290 (Naturwissenschaftskritik, sehr unsachlich). Dazu weiter: Prenter Einheit 21: »Von einem gewissen Schöpfungsdoketismus kann man auch die Schöpfungslehre Barths kaum freisprechen.« Vgl. auch Moltmann Schöpfung 137 Anm. 3. - Dennoch hat Howe (Christenheit 75ff) unentwegt versucht, an Barth anzuknüpfen. - Zu Brunners Naturkonstanten siehe Brunner Lehre 31ff

[198] Barth KD 111/1 430f, vgl. Prenter Einheit 21-23

[199] Gegen Howe Christenheit 75ff, den Barths Verhalten auf seine Einladungen zutiefst gekränkt hatte! Vgl. Howe Christenheit 342ff.

[200] Heim Gottesglaube 136 etwa reduziert das Raumproblem zur Subjektanschauung mit Hilfe unzulässiger Überverallgemeinerung von Heisenbergs Unschärferelation auf mittlere und makrokosmische Räume. Vgl. auch Pannenberg Kontingenz 37, dort weitere Heim-Literatur...

[201] Pannenberg Kontingenz 58

[202] Pannenberg Kontingenz 58; auch Ebeling Dogmatik I 300 glaubt in Kontingenz Analogien zu Gen 1 zu sehen.

[203] Pannenberg Kontingenz 58

[204] Vgl. Anm. 175. Pannenberg Kontingenz 52ff adaptiert gerade besonders Bondi, Jordan und Dirac und weitet S. 50 Weizsäckers Urknall zum »absoluten Wunder« aus.

[205] Pannenberg Kontingenz 60, vgl. 55, 59f; auch Anm. 174

[206] aa0 60f

[207] aa0 61

[208] aa0 62

[209] aa0 71

[210] ebd

[211] ebd

[212] Adorno Negative Dialektik 312. Von katholischer Seite hat Edward Schillebeeckx, Glaubensinterpretation. Beiträge zu einer hermeneutischen und kritischen Theologie, Mainz (Grünewald) 1971 erstmals eine 'negative Dialektik' entwickelt, vgl. Pannenberg Wissenschaftstheorie 267-291. Zur Universalgeschichte vgl. Moltmanns Kritik (Theologie der Hoffnung 31-64) und Tillich: »Die falsche Auffassung von der geschichtlichen Vorsehung, die der Erfüllung der Geschichte innerhalb der Geschichte selbst erwartet, ist utopisch.« (Systematische Theologie I 309) Wo aber soll Erfüllung sonst zu erwarten sein!?

[213] Ebeling Dogmatik I 26

[214] Ebeling Dogmatik I 293

[215] Amos 4,13; 5,6f; 9,5f

[216] Ebeling Dogmatik I 276

[217] aa0 277; vgl. Liedke Bauch 35-64; Altner Schöpfung 35-85

[218] Ebeling Dogmatik I 271 ; von hier aus wäre Jüngels Zusammendenken Gottes mit der Vergänglichkeit in erschreckend neuem Licht zu verstehen, vgl. Geheimnis 246-306

[219] Jüngel Geheimnis 19-24, 26, 29, 37, 63, 206; Moltmann Freigelassenen 22 zitiert E. Fink, Spiel als Weltsymbol, Stuttgart 1960, 237: »Die Welt ist grundlos.« Moltmann aa0 23f: »Wäre die Schöpfung für Gott selbst notwendig, so wäre Gott nicht ihr 'freier Schöpfer'. Wäre sie hingegen nur ein Zufall oder ein Unfall aus der Ewigkeit, so wäre der freie Schöpfer nicht Gott, sondern ein launischer Dämon.« Moltmann führt dies weiter unter einer Abblendung realer Leidensgeschichte, die gleich nah an Doxologie wie Zynismus liegt: »Darum ist die Schöpfung ein Spiel Gottes... Sie ist selbst der Spielraum für Gottes Machtentfaltung.«(24) Hoffentlich heißt das Spiel nicht Katz und Maus: "Der freien Schöpfung aus dem Wohlgefallen Gottes als Weltsymbol entspricht die Gotteskindschaft als Menschensymbol.« - Tillich Systematische Theologie I 291 vermeidet Pannenbergs Panne der Identifikation der Macht Gottes mit der Geschehenskontingenz durch ein 'weder notwendig noch zufällig' als Ausdruck der Aseität Gottes. Teilhard de Chardin fällt ins andere Extrem: Er leitet Gottes Macht gerade aus vermeintlichen Kausalitäten der Evolution ab. s.u.

[220] Luther, Predigt über Mk 7,31-37: Die fröhliche Erkenntnis der Fürsorge Gottes, WA 46, 493ff

[221] Dembowski Umrisse 37

[222] Jüngel Geheimnis 334ff, 514ff

[223] Moltmann Schöpfung 127 bezeichnet ebenfalls die Schöpfung im Anfang als creatio mutabilis, offen für Heil und Unheil. Besonders Amos führt die Schöpfermacht Jahwes als Macht zum Gerichtmachen an. Dieser Traditionsstrom setzt sich in der Apokalyptik fort.

[224] Tillich Systematische Theologie I 291

[225] von Rad Theologie I (1. Aufl. 1956, S. 143), zit. bei Moltmann Schöpfung 125

[226] Barth KD 11/1 Leitsätze, ausgeführt u.a. etwa 261f

[227] Luther, Predigt über Gen 1,14ff, WA 24, 37-40; Vgl. Löfgren Schöpfung bei Luther 25ff, 37ff

[228] Westermann Genesis 603 und 606 stellt diesen Leitsatz der Einheit von Schöpfung und Bewahrung auf. Schmidt Priesterschrift 167: »Heißt von der Schöpfung zu sprechen nicht, von der Natur, der Welt als Geschichte zu sprechen?«

[229] Tillich Systematische Theologie I 296f redet von Schöpfung mit der Zeit: »Zeit zugleich mit der Welt geschaffen.« »Das göttliche Leben schließt Zeitlichkeit ein, ist ihr aber nicht unterworfen.« Und 302: »Der Glaube an Gottes erhaltende Schöpfermacht ist der Glaube an die ununterbrochene Dauer der Wirklichkeitsstruktur als der Basis für Sein und Handeln... Gott ist wesensmäßig schöpferisch, und darum ist er schöpferisch in jedem Augenblick zeitlicher Existenz.« Ähnlich Ebeling Dogmatik I 325f (creatio continua), der aber 327 das Recht einer Unterscheidung von Schöpfung und Erhaltung aus der gestörten Beziehung zwischen Mensch, Gott und Natur ableitet. Ähnlich unterscheidet auch Moltmann Schöpfung 126f:Die Schöpfungen der Geschichte sind heilsame Aufsprengung der geschlossenen Systeme 'homo incurvatus in se' und 'societas incurvata in se'.

[230] Tillich Systematische Theologie I 294

[231] aa0 295

[232] Horkheimer/ Adorno Aufklärung 39

[233] aa0 163

[234] Benz Endzeiterwartung 250ff erwähnt Teilhards Freude über Hiroshima als Demonstration des 'wissenschaftlichen Fortschritts', der nun einmal auch seine 'unvermeidlichen Opfer' erfordere. Hier ist die Henkermentalität dessen, der für die Evolution über Leichen geht. Welche tiefenpsycho1ogischen Analogien mag sie haben zu Teilhards Urbild von Christifizierung, der sakramentalen priesterlichen Opferung des Herrn in der Eucharistie? Weil die Opferung Christi in der katholischen Abendmahlslehre perenniert, ist die psychologische Hemmschwelle zur Opferung des Mitmenschen und der Natur als 'heilsgeschichtlicher Notwendigkeit' sehr niedrig; bezeichnend auch das Eintreten vieler Katholiken für Todesstrafe.

[235] Whitehead Wissenschaft 232. Whitehead hat die Quantentheorie als Verfeinerung wissenschaftlicher Erkenntnis rezipiert.

[236] ebd

[237] ebd

[238] aa0 233

[239] aa0 249

[240] Bloch Prinzip Hoffnung 356-364, 1616ff; Moltmann Theologie der Hoffnung 120ff, 243ff, 299ff, 331ff; Moltmann Schöpfung 123ff; Thomas summa theologiae I 90, 3 ad 2: «Finis verum respondet principio. Deus enim principium et fini s verum.« I. Sent. d. 14 q2 a2: »In exitu creaturam a primo principio attenditur quaedam circulatio vel regiratio, eo quod omnia revertuntur sicut in finem in id, a quo sicut principio prodierunt. Et ideo oportet, ut per eadem quibus est exitus in principio, et reditus in finem attendatur.« Bultmann GuV III 26: Gottes Gerechtigkeit, die Vergebung der Sünden »besteht darin, daß das ursprüngliche Schöpfungsverhä1tnis wiederhergestellt wird«.

[241] Bloch Prinzip Hoffnung 1624

[242] Weizsäcker Einheit 39-60, 346ff; Müller Zeit 333-374

[243] Moltmann Schöpfung 130; vgl. Moltmann Neuer Lebensstil 100-114

[244] siehe Seite 16f. Damit sind nun alle relevanten Grundzüge des 1. Teils dieser Arbeit in den 3. Teil aufgenommen.

[245] Moltmann Schöpfung 134

[246] Moltmann Schöpfung 136; Käsemann Römer 225: unlösliche Einheit von Mensch und Natur

[247] Tillich Systematische Theologie I 300; Stock Partizipation 26-29

[248] Tillich aa0 301

[249] Picht Gott 82 zu Decartes' Discours de la méthode VI

[250] Picht Gott 85

[251] Picht Gott 73

[252] Picht Gott 87-103; Müller Zeit 550-604; Howe Gott 114ff

[253] Howe Gott 160ff, 170ff, 197ff, 221ff; Howe Mensch 7ff, 54ff, 76ff, 97ff, 117ff; Howe Christenheit 61ff, 124ff, 144ff, 236ff, 270ff; Westermann Genesis 804: Kain, wo bist du?

[254] Picht Gott 103

[255] Müller Zeit 25-178

[256] Picht Gott 98

[257] Marx, Das Kapital III, MEW 25,888; A. Schmidt Natur 136

[258] Schmidt Natur 162

[259] Müller Zeit 294-305; Howe Gott 77

[260] Weizsäckers Formulierung, vgl. Howe Gott 77; Müller Zeit 302

[261] Bloch Prinzip Hoffnung 259,264,786,802ff; Müller Zeit 392-402,642ff. Liedke Bauch 101ff; Hübner Schöpfungsglaube 63ff

[262] Bloch aa0 1602ff

[263] Bloch Subjekt-Objekt 99 u.ö.

[264] Das Leiden der Schöpfung aktualisieren: Altner Natur 161f; Altner Schöpfung 35ff, 55ff, 120ff, 154ff; Moltmann Neuer Lebensstil 96ff, bes. 110ff!

[265] Liedke Bauch 101-108, 176-208; Moltmann Neuer Lebensstil 9-19, 32-50, 110-113, 130-136; Altner Schöpfung 154-181; Altner Trennung 82; Hübner Schöpfungsglaube 66ff; Dembowski Umrisse 46f; Meyer-Abich Begriff 5-11, 16f, 19f; Müller Zeit 420f; R. Junk (149-158) und H.E. Bahr in: Bahr/Gronemeyer Anders leben 27-52

[266] Abgedruckt auf einer Beilage zur Schallplatte »Keine Macht für Niemand« von Ton, Steine, Scherben, April-Records 000007