Functional Genomics-Analysen der Morphogenese bei Pilzen: Projekte

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Diese Seite gibt eine kurze Einführung in die verschiedenen Forschungsprojekte der Projektgruppe "Functional Genomics-Analysen der Morphogenese von Pilzen". Detaillierte Informationen hierzu gibt es in mehreren Veröffentlichungen. Interessierte Studierende können im Rahmen von S-Modulen am Lehrstuhl für Molekulare und Zelluläre Botanik an aktuellen Forschungsthemen mitarbeiten. Diese vier- oder sechs-wöchigen Laborpraktika können zu Bachelor- oder Masterarbeitsprojekten hinführen.

Vielzellige Entwicklung, wie z.B. die Entwicklung von Pilzfruchtkörpern, kann nur korrekt ablaufen, wenn viele Gene koordiniert exprimiert werden. Die Gene müssen zur richtigen Zeit und am richtigen Ort (d.h. in den richtigen Zellen des Organismus) aktiviert oder deaktiviert werden, um einen funktionellen Fruchtkörper zu ergeben. Auch Signale von Außen, wie z.B. Temperatur, Feuchtigkeit, Nährstoffangebot und viele andere müssen berücksichtigt werden. Während der letzten Jahre wurden Methoden wie Mikroarrays und RNA-Seq entwickelt, mit denen die Expression von hunderten oder tausenden von Genen gleichzeitig untersucht werden kann. Im Moment arbeiten wir an Projekten zur Analyse der differentiellen Genexpression bei verschiedenen Hyphenpilzen sowie an "comparative genomics"-Projekten. Untersuchungen wie diese liefern Informationen darüber, wie ein Pilzgenom vielzellige Entwicklung kontrolliert. In einem zweiten Bereich unserer Forschung untersuchen wir die Evolution der Kreuzungstyp-Loci in Basidiomyceten. Kreuzungstyp-Loci entscheiden, welche Stämme miteinander kompatibel für die sexuelle Entwicklung sind.



1. "Functional genomics"-Analysen der Fruchtkörperentwicklung bei dem Hyphenpilz Sordaria macrospora

Sordaria life cycle

Sordaria macrospora ist ein Hyphenpilz, der sehr nahe mit Neurospora crassa verwandt ist. Aber im Gegensatz zu Neurospora ist Sordaria homothallisch, was bedeutet, dass ein einzelner Stamm Fruchtkörper (Perithezien) bilden kann, ohne dafür einen Partner von entgegengesetztem Kreuzungstyp zu benötigen. Der Entwicklungszyklus von S. macrospora ist links abgebildet. Er beginnt mit einer Ascospore, die auskeimt und zu einem Myzel auswächst. Innerhalb von einer Woche werden Perithezien gebildet, in denen Asci produziert werden, die jeweils acht Ascosporen enthalten. Die Ascosporen werden aus dem Fruchtkörper ausgeschleudert und der Zyklus beginnt von Neuem.



localization of PRO44

Die Abbildung zeigt die Lokalisation des PRO44-Proteins in sich entwickelnden Fruchtkörpern. PRO44 wurde mit dem grün-fluoreszierenden Protein (GFP) fusioniert, um die Lokalisation mit Fluoreszenzmikroskopie zu analysieren. Das Fusionskonstrukt wurde unter Kontrolle der pro44-Promotor- und -Terminator-Region exprimiert (links). Als Kontrolle wurde ein Konstrukt verwendet, das nur GFP exprimiert (Mitte), sowie ein Fusionsprotein aus einem blau-fluoreszierenden Protein und dem Histon H2A, das im Zellkern lokalisiert (rechts). PRO44 befindet sich im Zellkern, in sich entwickelnden Fruchtkörpern allerdings vorwiegend in den äusseren Schichten und nicht im Inneren des Fruchtkörpers.



MA plots developmental mutants vs. wild type

Als Teil dieser Untersuchungen haben wir eine Kombination aus Laser-Mikrodissektion (LM) und RNA-seq verwendet. LM ermöglicht es, junge Fruchtkörper getrennt vom umgebenden vegeativen Myzel zu isolieren. Wir können RNA aus diesen Fruchtkörpern extrahieren und für RNA-seq verwenden. Die Abbildung zeigt einen MA-plot, bei dem die Expression für alle Gene die Expression des Gens in einem bestimmten Vergleich (z.B. Mutante gegen Wildtyp) gegen die durchschnittliche Expression des Gens in allen untersuchten Bedingungen aufgetragen ist. Gene, die in rot dargestellt sind, sind im analysierten Vergleich signifikant hoch- oder herunterreguliert.



phenotype of delta-asm2 mutant

Eines der Gene, das in der pro44-Mutante anders reguliert ist als im Wildtyp, ist asm2. Das Gen kodiert für einen putativen Transkriptionsfaktor, und seine Deletion führt zu Defekten in der Ascosporenreifung, die in der linkz gezeigten Abbildung zu sehen sind. Die Mutante und der Wildtyp wurden für ein bis zwei Wochen auf verschiedenen Medien (BMM und SWG) angezogen. Ein komplementierter Stamm (dritte Zeile für beide Zeitpunkte) hat wieder den Wildtyp-Phänotyp.





2. Vergleichende Genexpressionsanalysen ("comparative functional genomics") mit Sordaria macrospora, Neurospora crassa und Pyronema confluens

comparative expression analysis

Dieses Bild zeigt das Ergebnis eines ersten Vergleichs der Genexpression für neun Gene (gekennzeichnet durch die jeweilige Nummer in jeder Zeile) von P. confluens (P.c.) und S. macrospora (S.m.). Für jedes Gen wurde das Verhältnis der Expression während der Fruchtkörperdifferenzierung im Vergleich zum vegetativen Wachstum mit Hilfe der quantitativen Real-Time-PCR ermittelt. Die Ergebnisse sind als logarithmische Werte angegeben, d.h. positive Werte (rot) zeigen an, dass ein Gen während der Entwicklung heraufreguliert ist, negative Werte (grün), dass es herunterreguliert ist. Werte zwischen -1 und +1 (grau) zeigen an, dass das Gen nicht differentiell exprimiert ist. Von den neun Genen sind drei in beiden Arten heraufreguliert und drei in beiden Arten nicht differentiell exprimiert. Dies zeigt an, dass die Genexpression während der Fruchtkörperentwicklung sogar in diesen beiden nicht sehr nah verwandten Pilzen zu einem hohen Grad konserviert ist.

Links ist das Ergebnis eines ähnlichen Vergleichs gezeigt, diesmal wurden allerdings alle orthologen Gene untersucht, die in den beiden Organismen unter verschiedenen Bedingungen exprimiert werden (mehrere tausend Gene). Auf Grund der großen Zahl der untersuchten Gene sind die Gene nicht mehr einzeln gekennzeichnet. Weiterhin zeigt dieser Vergleich keine Expressionsverhältnisse wie die Abbildung oben, sondern die Zahl der Sequenz-Reads aus RNA-seq-Experimenten. Dieser Vergleich wurde im Rahmen des Pyronema-Genom- und Transkriptom-Projekts durchgeführt, das weiter oben beschrieben wurde. Mehr Details gibt es in der entsprechenden Publikation.

Polyketide biosynthesis cluster

Das Bild zeigt einen solchen Cluster mit der Genomorganisation in S. macrospora (S.m.) und N. crassa (N.c.). Die Gene sind durch Pfeile repräsentiert, die Farbe zeigt an, ob das Gen während der sexuellen Entwicklung hochreguliert ist (rot) oder nicht (schwarz oder grau). Genregionen, die durch graue Schattierung zwischen den beiden Spezies markiert sind, sind ähnlich. Dies zeigt, dass nicht nur die Genexpressionsmuster, sondern auch die Anordnung der Gene im Genom zum größten Teil konserviert ist. Es konnte in einer genaueren Analyse gezeigt werden, dass eines der Gene (2925) an der Fruchtkörperbildung beteiligt ist, da die Deletion dieses Gen zu verzögerter Fruchtkörperreifung führt.

app expression

Dieses Bild zeigt, dass das APP-Protein sowohl in S. macrospora als auch in N. crassa nur in Fruchtkörpern und nicht im umgebenden Myzel angereichert wird. Der obere Teil zeigt die mikroskopische Analyse eines Fusionsproteins, das aus APP und dem grün-fluoreszierenden Protein (GFP) besteht. Das Fusionskonstrukt wurde unter der Kontrolle der regulatorischen Regionen von app exprimiert. Das linke Bild zeigt ein einen jungen Fruchtkörper (Protoperithezium) mit umgebenden Hyphen im differentiellen Interferenzkontrast (DIC). Die grüne GFP-Fluoreszenz kann im jungen Fruchtkörper beobachtet werden, nicht aber in den umgebenden Hyphen. Im unteren Teil ist die Analyse des nativen APP aus N. crassa zu sehen. Proteinextrakte aus Fruchtkörpern und dem umgebenden Myzel (total) sowie aus Fruchtkörpern allein (perithecia) bzw. dem umgebenden Myzel allein (mycelium) wurden nach 10, 12 oder 14 Tagen extrahiert und auf einem denaturierenden Proteingel aufgetrennt. Die APP-Bande ist durch einen Pfeil markiert. APP ist im Gesamtextrakt (total) und in den Fruchtkörpern zu sehen, aber nicht im umgebenden Myzel. Diese und andere Analysen zeigen, dass die Expression von app in S. macrospora und N. crassa sowohl zeitlich als auch räumlich konserviert ist. Eines unserer weiteren Ziele ist es herauszufinden, in welchem Grad die Genexpression während der pilzlichen Entwicklung auf verschiedenen regulatorischen Ebenen konserviert ist.





3. Analyse der Evolution der sexuellen Entwicklung in Tremellomyceten

model for mating type evolution

Die Abbildung zeigt ein Modell für die Evolution der Kreuzungstyp-Loci in Tremellomyceten, das auf Basis der vergleichenden Analyse der Genome von 24 Trichosporonales-Arten entwickelt wurde. Gene in den Kreuzungstyploci, die zu den Homöodomänen-Transkriptionsfaktoren (HD-Locus) oder den Pheromon- oder Rezeptorgenen (P/R-Locus) gehören, sind in rot/rosa bzw. blau dargestellt. Gene, die an der sexuellen Entwicklung beteiligt sind, aber nicht ursprünglich Teil des MAT-Locus waren, sind in grün dargestellt, andere Gene in grau. Es werden nur Gene gezeigt, die in C. neoformans und in den Trichosporonales mit den MAT-Genen (STE3, HD) gekoppelt sind (STE11, STE12, STE20, IKS1, MYO2, RPL22), andere Gene sind der Übersichtlichkeit halber nicht dargestellt. In pathogenen Cryptococcus-Arten und in den Trichosporonales kam es unabhängig zu einer Fusion der beiden Kreuzungstyp-Loci. Ebenso geschah der Verlust eines HD-Gens geschah zweimal unabhängig voneinander in Cryptococcus und den Trichosporonales. Weitere Details sind in der entsprechenden Veröffentlichung in PLoS Genetics zu finden (Sun et al. 2019, PLoS Genet 15: e1008365).