RAD im Pott, Ausgabe Frühjahr 1996:

Streitthema in Oberhausen-Styrum:

Radweg auf der Lothringer Straße abschaffen?

Radfahrer, die die Lothringer Straße nutzen, kennen dies: An ein Fortkommen auf dem Radweg ist nicht zu denken. Auf viel zu knappem Raum sind Fußgänger und Radfahrer zu sammengepfercht. Unzählige Falschparker machen eine durchgängige Benutzung des Radwegs nahezu unmöglich. Zahlreiche Schilder und Laternenpfosten stehen auf der Radwegbegrenzung. Hinzu kommen Auslagen und Werbetafeln der anliegenden Geschäfte, die den knappen Gehweg zusätzlich einengen. Neben den Radfahrern sind insbesondere Fußgänger die Leidtragenden der heutigen Situation. Für sie bleibt fast kein Platz mehr übrig. Obwohl die Probleme auf der Lothringer Straße bereits seit langem bekannt sind, traute sich jahrelang niemand, diese anzugehen. Zwar wurde häufig der Zustand kritisiert, eine Lösung wurde aber nicht aufgezeigt. Ausgelöst durch ein Schreiben des ADFC, das sich unter an derem mit der Verkehrssituation auf der Lothringer Straße auseinandersetzte, sowie einer Anfrage eines SPD-Stadtverordneten und ein Antrag der CDU-Fraktion, die sich kurze Zeit später ebenfalls mit den unbefriedigenden Verkehrsverhältnissen auf der Lothringer Straße beschäftigten, empfahl die Stadtverwaltung Ende Januar, die auf beiden Seiten vorhandenen Radwege vollständig aufzugeben. Der so gewonnene Platz sollte dazu genutzt werden, die Gehwege auf zwei Meter zu verbreitern und das Falschparken zu legalisieren. Dieser Vorschlag fand ein geteiltes Echo: Die SPD zeigte sich hiervon überrascht und bat sich Bedenkzeit aus. Die CDU kritisierte, daß nicht auch die Quer- und Seitenstraßen untersucht wurden. Teilweise wurde die Schaffung von zu sätzlichen Autoparkplätzen begrüßt, teilweise als Unterwerfung der Radfahrerinteressen angesehen. Der ADFC schlägt vor, die Benutzungspflicht des heutigen Radwegs aufzuheben, indem die Schilderkombination "Gehweg - Radfahrer frei" aufgestellt wird. Dies wird zur Folge haben, daß die meisten Radfahrer auf der Straße fahren werden. Zusätzlich ist eine Temporeduzierung auf der Fahrbahn zwar sinnvoll, aber nicht unbedingt notwendig - schließlich kann man schon heute meist nicht schneller als dreißig Stundenkilometer fahren, wie auch die Stadtverwaltung bestätigt.

Bei diesem Vorschlag wird - rein rechtlich gesehen - der heutige Radweg aufgehoben. Der Gehweg wird um die gewonnene Fläche verbreitert. Durch die vorgeschlagene Beschilderung "Gehweg - Radfahrer frei" darf dann aber der Gehweg durch Radfahrer mit Schrittgeschwindigkeit mit benutzt werden. Bundesweite Untersuchungen haben aber gezeigt, daß sich die Radfahrer, die nicht auf die Straße ausweichen, weiterhin auf der Fläche des ehemaligen Radwegs fortbewegen werden. Insgesamt stellt sich also ein deutlicher Gewinn für Radfahrer und vor allem für Fußgänger ein. Diese Lösung kommt bundesweit immer häufiger zum Einsatz: So ist sie in z.B. Bonn, Erlangen, Karlsruhe, Düsseldorf, Hilden und Erfurt anzutreffen. In Troisdorf wurde sogar entlang der B 8 so ausgeschildert. Selbst in Oberhausen wurde sie auf der südlichen Seite der Poststraße zwischen Willy-Brandt- und Friedensplatz eingesetzt. Auch die im Herbst vergangenen Jahres erschienenen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 95) von der Forschungsgesell schaft für Straßen- und Verkehrswesen sehen diese Lösung in bestimmten Fällen vor. Wie die Erfahrungen der letzten zehn Jahre zeigen, wird es der Stadtverwaltung auch in Zukunft aufgrund des hohen Parkdrucks auf der Lothringer Straße nicht gelingen, das Falschparken effektiv zu verhindern. Dazu müßten dort zwei Personen ständig eingesetzt werden.

Um nicht nur die Anwohner, sondern auch die anderen Nutzer der Lothringer Straße zu informieren, wird der ADFC erstmals eine Bürgerversammlung veranstalten: Diese wird voraussichtlich am Donnerstag, den 18. April, im Oberhausener Süden stattfinden. Der Ort und die Anfangszeit können der Tagespresse entnommen werden. Eingeladen werden natürlich auch Vertreter der Politik und Verwaltung, so daß es zu einem Meinungsaustausch kommen kann.

Edwin Süselbeck


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