RAD im Pott, Ausgabe Winter 1996/97:

Leitantrag "Fahrradfreundliche Stadt"

Mülheims "Bewerbungsschreiben" für die Aufnahme in das Landesprogramm

Ein (in Sachen Radverkehrsplanung) renommiertes Bonner Planungsbüro erstellt derzeit in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung den Leitantrag zur Aufnahme Mülheims in das Landesprogramm "Fahrradfreundliche Stadt". Dies ist weniger ein Anmeldeformular, sondern eher ein detailliertes Handlungsprogramm: Hiermit zeigt die Stadt Mülheim an der Ruhr auf, mit welchen verkehrsplanerischen Maßnahmen sie in den nächsten Jahren fahrradfreundlich werden möchte. Es ist somit nur logisch, daß die Politik den Inhalt des Leitantrages als verbindlichen Handlungsleitfaden beschließen muß, bevor er auf den Schreibtisch der zu ständigen Ministerin Brusis landet (siehe auch den Kommentar dazu). Wenn sich Mülheim bis zum Herbst 1997 mit deutlichen Signalen auf den Weg zu einer "Fahrradfreundlichen Stadt" begeben haben wird, stünde dem "Ja" der Bereisungskommission bezüglich der Aufnahme der Stadt hoffentlich nichts mehr entgegen. Übrigens ist der ADFC- Landesverband NRW ein Mitglied dieser Fachjury. Der ADFC Oberhausen/Mülheim e.V. wird das Vorhaben fördernd und kritisch begleiten, kann er doch auf die guten (und schlechten) Erfahrungen anderer Kreisverbände, z. B. in der Nachbarstadt Essen, aufbauen.

Kommentar:

Mülheim fahrradfreundlich? Die große Chance

Radfahren mangelhaft: Mit der Note 4,99 wurde das Radeln in Mülheim beim Fahrradklimatest 1991 bewertet. In den letzten fünf Jahren ist natürlich etwas geschehen, aber als durchgreifende Verbesserung erinnert man sich nur an die deutlich besseren Abstellmöglichkeiten in der Innenstadt. Mülheim ist nach wie vor keine fahrradfreundliche Stadt. Das kann sich jedoch ändern. Bereits vor zwei Jahren waren sich CDU und Grüne einig, ein fahrradfreundliches Mülheim zu schaffen (siehe RAD im Pott, Ausgabe Winter 1994), und die SPD hat sich dem angeschlossen und sogar im Rat die entsprechenden Anträge gestellt. Wie kann Mülheim nun eine "fahrradfreundliche Stadt" werden? Politik und Verwaltung müssen überzeugend darlegen können, daß sie an einer wirklichen Stärkung des Radverkehrs interessiert sind - und bereit sind, Geld dafür zur Verfügung zu stellen, wenn auch der größte Teil (80 bis 90%) vom Land kommt. Schließlich müssen auch "moderne" Planungsinstrumente wie Fahrradstraßen, Angebotsstreifen usw. eingesetzt werden, denn wer in Zukunft nur 80 cm breite, beampelte und verschwenkte Bordsteinradwege bauen will, wird nicht ins Föderprogramm aufgenommen. Die Möglichkeit, fahrradfreundlich zu werden, ist für Mülheim eine große Chance. Die Nachbarstadt Essen zeigt, wie viele Verbesserungen innerhalb kürzester Zeit umsetzbar sind. In Mülheim sollte man keine Zeit verlieren und den Leitantrag bald abschicken. Die Politik ist gefordert.

Oliver Mayer


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