RAD im Pott, Ausgabe Frühling 1997:

Neues Verkehrskonzept für die Innenstadt liegt vor:

Alt-Oberhausen wird noch autofreundlicher

Am 3. Februar 1997 beschloß der Oberhausener Stadtrat die neue/alte Verkehrsführung in der Oberhausener Innenstadt. Die im letztem Jahr eingeführten Verkehrsregelungen werden nun wieder weitgehend zurückgenommen. Zuvor mußte die Stadtverwaltung einräumen, daß die damals beschlossenen Änderungen in der Verkehrsführung nur stümperhaft umgesetzt wurden. Darunter hatte auch der Radverkehr zu leiden: Die Einbahnregelungen auf der Hermann-Albertz-, der Grenzstraße sowie auf einem Teil der Lothringer und der Wörthstraße sollten nach dem übereinstimmenden Willen der SPD, der CDU, der Grünen und der Verwaltung nicht für Radfahrer gelten (die RAD im Pott berichtete). Die Verwaltung führte diese nicht umgesetzten Maßnahmen nun unter anderem als Begründung an, warum die Einbahnregelungen auf der Hermann-Albertz- und auf der Grenzstraße auch für den Autoverkehr für 0,83 Mio DM wieder rückgängig gemacht werden müßten. Zugleich sieht sie nun "keine Lösungsmöglichkeiten" mehr, in diesen beiden Straßen Radverkehrsanlagen zu schaffen. Dafür soll mittelfristig Tempo 30 angestrebt werden. Die Lothringer Straße wird im Bereich des Südbads für den Radverkehr - wie im vergangenen Sommer versprochen - wieder in Richtung Marktstraße geöffnet, wobei die angedeutete Detailplanung noch verbessert werden muß. Südlich der Grenzstraße wird die im letztem Jahr beschlossene Planung umgesetzt (die RAD im Pott berichtete).

Während die Wörthstraße zwischen der Hermann-Albertz- und der Grenzstraße entgegen der letztjährigen Aussage nun doch nicht für Radfahrer in Gegenrichtung geöffnet werden soll, werden auf der restliche Wörth- und auf der Havensteinstraße "kurzfristig" (das heißt "bis zur Fahrplanänderung im Juni 1997") Radverkehrsanlagen geschaffen. Die Kosten hierfür sind je doch noch nicht bekannt. Die Helmholtzstraße wird zwischen der Friedrich-Karl- und der Paul-Reusch-Straße für den Autoverkehr wieder in beiden Richtungen zu befahren sein. Der Zweirichtungsradweg entlang dieser Straße wird hierbei jedoch noch gefährlicher, weshalb der Stadtrat auf Antrag der SPD- Fraktion ein "Verkehrssicherungskonzept" für diesen Bereich von der Verwaltung fordert. Für die Helmholtzstraße zwischen der Havenstein- und der Mülheimer Straße bietet das beschlossene Konzept jedoch keine Lösungen an. Die Poststraße wird genauso wie die Christian-Steger-Straße auch langfristig nicht für den motorisierten Individualverkehr (MIV) gesperrt. Während der Rat die Verwaltung beauftragte, auf der Christian-Steger-Straße die Schaffung einer Radverkehrsanlage zu prüfen, wird der Radverkehr auf der Poststraße sich selbst überlassen. Mit einer Änderung kann nach Ansicht der Verwaltung scheinbar erst gerechnet werden, wenn der Vorschlag, mit einem neuen Tunnel den Bahnhofsvorplatz zu unterqueren, umgesetzt wird. Auch die Situation auf der Friedrich-Karl-Straße wird nicht verbessert. Dies betrifft ebenfalls die gefährliche Kreuzung mit der Concordiastraße, wo Radfahrer und Fußgänger an den freien Rechtsabbieger ständig auf ihr Vorfahrtsrecht verzichten, um sich nicht in Gefahr zu bringen. Auf der anderen Seite der Bahnstrecke wird ein neuer Unfallschwerpunkt geschaffen: An der Kreuzung Concordia-/Hansastraße/Am Förderturm soll ein riesiger Kreisverkehr entstehen. Mit einem Durchmesser von fünfzig Metern überschreitet er eindeutig die Einsatzgrenzen von Kreisverkehren. Hinzu kommt, daß er zweispurig geführt und mit mehreren zweispurigen Zu- und Abfahrten ausgestattet werden soll. Wie Radfahrer hier fahren sollen, ist dabei ohne Belang; der Radverkehr kann nicht sicher durch solche Kreisverkehre geführt werden, wie man aus leider viel zu vielen Beispielen in anderen Städten weiß. Mit den Stimmen der SPD- und der CDU-Fraktion beschloß der Stadtrat, "auf der Grundlage der beschlossenen Konzeptionen" für den Autoverkehr eine Radverkehrskonzeption für die Innenstadt Alt-Oberhausen vorzulegen. Einen weitergehenden Antrag der Grünen-Fraktion, den Radverkehr hierbei gleichberechtigt zu behandeln, fand bei den beiden großen Parteien keine Zustimmung.

Der Kommentar: Rückschritt = Fortschritt?

Nun ist die Entscheidung gefallen: Nicht nur die mit dem Verkehrsentwicklungsplan beschlossenen Maßnahmen werden rückgängig gemacht, auch die damaligen, vage gehaltenen Ziele wurden aufgegeben. Die in Oberhausen seit langem überfällige Förderung des Fuß- und Radverkehrs wird noch nicht einmal ansatzweise stattfinden. Das noch zu erarbeitende Radverkehrskonzept für Alt-Oberhausen darf sich nach dem mehrheitlichen Willen des Stadtrates nicht auf den Autoverkehr auswirken. Als zumindest gleichwertiges Verkehrs mittel, das im Verbund mit dem Fuß- und Öffentlichen Personennahverkehr viele Verkehrsprobleme lösen könnte, ist das Rad bisher bei der SPD und CDU nicht anerkannt. Und dabei hat die Alt-Oberhausener Innenstadt bezüglich des Radverkehrs noch genügend aufzuholen. Die (unvollständige) Liste der Straßen, die für den Radverkehr sicherer werden müssen, ist lang: Christian-Steger-, Concordia-, Danziger, Friedrich-Karl-, Gericht-, Grenz-, Havenstein-, Helmholtz-, Hermann-Albertz-, Lothringer-, Mülheimer, Post-, Schwartz-, Tannenberg-, Wörthstraße... Doch auch wir vom ADFC müssen uns Kritik gefallen lassen: In unserer Stellungnahme zum Verkehrskonzept in der Oberhausener Presse verdeutlichten wir nicht unsere grundsätzliche Ablehnung gegenüber diesem Rückschritt in der Verkehrspolitik.

Edwin Süselbeck


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