15.-19. August 2011 RUB

Interdisziplinäre Summerschool
„Lacanian Summer 2011“
(15. – 20.08.2011)

Institut für Theaterwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum
Jurgita Imbrasaite / Sebastian Kirsch



EIN SOMMER MIT LACAN

Auch wer sich schon länger mit dem Denken und den Texten Jacques Lacans beschäftigt, weiß, dass man dabei immer wieder auf neue Rätsel stößt, dass es immer etwas gibt, das nun gerade nicht zu dem „passt“, was man sich erarbeitet hatte, dass irgendetwas immer nicht aufgeht.

Nicht anders als beim Prozess einer Psychoanalyse selbst, wirft jedes „gelöste“ Problem an anderer Stelle wieder ein neues auf; gleichzeitig bemerkt man nachträglich aber auch immer wieder, dass man eine Schwierigkeit insgeheim (im Unbewussten) bereits entwirrt hatte, obwohl – oder weil? – man sie noch nicht einmal klar bewusst) formulieren konnte.

In dieser Spezifik der Lacan’schen Texte liegt der Grund dafür, dass sie sich besonders gut der gemeinsamen Lektüre und Diskussion anbieten und natürlich auch wieder entziehen).


Der „Lacanian Summer 2011“, eine interdisziplinäre Summerschool, die vom Institut für Theaterwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum veranstaltet wird, setzt genau an dieser Stelle an und möchte speziell Studierenden und Doktoranden aller Fächer die Möglichkeit geben, sich fünf volle Arbeitstage lang mit anderen Lacan-Interessierten und ausgewiesenen Lacan-SpezialistInnen intensiv auszutauschen. Es geht dabei nicht zuletzt um eine Antwort auf die Tatsache, dass zwar erfahrungsgemäß gerade unter NachwuchsforscherInnen ein großes Interesse an der Lacan’schen Psychoanalyse herrscht, der übliche Seminarbetrieb im Semester jedoch kaum Gelegenheit dazu bietet, in Details dieses hochkomplexen Denkens einzutreten.



WAS WIRD ES GEWESEN SEIN?

Von allen Rätseln der Lacan’schen Psychoanalyse stellt speziell das Spätwerk Lacans eines dar, bei dem noch in besonderem Maße unklar ist, was es „gewesen sein wird“. Obwohl Lacans Psychoanalyse schon seit Jahrzehnten zu den zentralen Referenzfeldern der Medien- und Kulturwissenschaften gehört (aber auch der neueren politischen Philosophie), setzt erst in jüngerer Zeit eine breitere Rezeption des späteren und späten Lacan ein, deren theoretische und politische Potentiale und Konsequenzen noch weitgehend unausgeschöpft, wenn nicht unabsehbar sind. Zudem wird gerade im deutschsprachigen Raum diese Denkbewegung, die nicht zuletzt mit der Lacan-Schule von Ljubljana verbunden ist, mit einiger Verspätung wahrgenommen (wenn ü berhaupt). Der Grund dafür liegt, abgesehen von der berühmten Komplexität des Lacan’schen Denkens, in der Tatsache, dass nach wie vor erst ein Teil des Lacan’schen Werkes auf deutsch vorliegt und, abgesehen von Seminar XX, der spätere Lacan noch komplett unübersetzt ist.

Der „Lacanian Summer 2011“ konzentriert sich darum auf und um Lacans Seminar XVII („L’envers de psychoanalyse“/„Die andere Seite der Psychoanalyse“), das für den Workshop in unterschiedlichen Sprachen zu Verfügung gestellt wird.
In diesem Seminar, das aus den späten sechziger Jahren stammt, stellt Lacan nicht nur sein berühmtes Konzept der „Vier Diskurse“ vor, sondern differenziert auch seinen Begriff des Genießens („Jouissance“) gegen Lust und Begehren, womit unter anderem der später detailliert ausgearbeitete Begriff des „Sinthome“ vorbereitet wird. Die Gesamtveranstaltung setzt sich dabei aus zwei Teilen zusammen: aus einem fünftägigen Lektüreworkshop mit begrenzter Teilnahmekapazität und einer öffentlichen Vortragsreihe mit anschließenden Diskussionen.



ReadingLateLacan MIT FELIX ENSSLIN. LEKTÜREWORKSHOP

Der fünftägige Lektüreworkshop „ReadingLateLacan“ bietet insgesamt 25 TeilnehmerInnen die Gelegenheit, sich gemeinsam mit einem der profiliertesten deutschsprachigen Kenner des Lacan’schen Werkes mit Lacans Seminar XVII zu beschäftigen: mit Felix Ensslin, Ästhetikprofessor (Stuttgart), Kurator, Regisseur und Mitherausgeber der „subjektile“-Reihe bei „diaphanes“, in der einige der wichtigsten jüngeren Veröffentlichungen zur Psychoanalyse erschienen sind.

Textgrundlage des Lektüreworkshops ist Seminar XVII, das allen TeilnehmerInnen zu Beginn in verschiedenen Sprachen zur Verfügung gestellt wird.

Für „ReadingLateLacan“ kann man sich bis zum 15. Juni bewerben; die Plätze sind, um einen intensiven Austausch zu ermöglichen, auf 25 beschränkt.



LACAN HÖREN. ÖFFENTLICHE VORTRAGSREIHE

Während des „Lacanian Summer 2011“ wird es insgesamt drei öffentliche Abendvorträge mit anschließender Diskussion geben, an einem vierten Abend wird ein öffentliches Screening von Slavoj Zizeks Film „The Pervert’s Guide to Cinema“ angeboten.

Die Vortragenden sind Felix Ensslin, Frank Ruda (Berlin) und Peter Widmer. Frank Ruda hat über den „Pöbel bei Hegel“ promoviert, ist Übersetzer von Alain Badiou und wissenschaftlicher Mitarbeiter des SFB 626 der FU Berlin sowie Gastdozent in Ljubljana.
Peter Widmer ist Initiant, Mitbegründer und Herausgeber der psychoanalytischen Fachzeitschrift RISS (ab 1986 bis 1997); er ist Gründungsmitglied der «Assoziation für die Freudsche Psychoanalyse (AFP)» und des «Lacan Seminar Zürich».

© 2011