Typenfrage

 
Die Typen innerhalb des Standards 
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Bei vielen Rassen kann man den idealen Standardvertreter recht detailliert beschreiben. 
Je detaillierter der Standard verfasst ist, desto grösser der Konsens unter den Züchtern und Richtern 
über den idealen Rassetyp.

Zum Ideal des Afghanen nur Folgendes:
Der Standardtext ist sehr knapp gehalten und läßt sehr vieles offen. Die lückenhaften und 
vagen Formulierungen ermöglichen ein sehr breites Spektrum an zulässigen Interpretationen.
Dementsprechend weit ist das Feld der anerkannt rassetypischen Erscheinungsformen gesteckt. 

Und daher gehört der Afghane sicherlich zu den Rassen mit der größten Typenvielfalt überhaupt. 

Zur Demonstration dieser Behauptung präsentiere ich die Umrißzeichnungen (Silhouetten)
von einigen Afghanen, die in verschiedensten Teilen der Welt (Europa, USA, Australien, aber auch Südamerika, Japan u.a.) zu den Tophunden ihres Landes zählen. 
Schaut man sich allein die Silhouette innerhalb dieser erlesen Qualitätsebene an, driftet die Variationsbreite dieser "nahezu idealen Rassevertreter" mit ihrer beispielhaft "vorzüglichen Gesamterscheinung" sehr weit auseinander:
z.B. 

vom tendentiell kompakteren Substanzhund  bis zu hochgeschossenen Eleganz, 
von gedrungenen  zu weiten Proportionen, 
vom langgestreckteren  zum hocheckigen Format, 
von relativ kräftigen Köpfen mit breiter Stirnfront zu sehr langen, schlanken, schmalen Köpfen

Speziell die Auslegung der idealen Rückenlinie (siehe dazu auch die Seite über Rückenlinien)
und der richtigen Winkelungen wird äußerst kontrovers diskutiert und schwankt demzufolge 
in der lebenden Afghanenpopulation zwischen zwei deutlichen Extremen. Und das Signifikante 
daran ist: beide Extreme begründen ihre Ansichten mit dem Standard!!

Urteilen Sie selbst anhand der folgenden Umrißzeichnungen:
Achten Sie hier bei den folgenden Silhouetten speziell auf die Proportion des Halses (relative Halslänge im Verhältnis zur Widerristhöhe bzw. zur Rumpflänge): Die Spanne reicht von einem extrem langen Hals,
bei dem der Widerrist (ein Teil des Rückens) zur optischen "Halslänge" scheinbar dazu gehört...

...über einen deutlich abgegrenztem Widerrist ("dreigeteilte" Oberlinie aus Hals-Widerrist-Rücken)...

... über eine sanft geschwungene Oberlinie ...

...bis zu einem optisch verhältnismässig kurz erscheinenden Halses aufgrund eines flachen Widerrists.

Als Fortsetzung von Top-Afghanen mit "geradem Rücken ab den Schulterblättern" noch einige Silhouetten: 

Hier haben wir ein Auswahl etwas langgestreckt erscheinender Formate (oder "kurzbeinig")...

...über allmählich quadratisch werdende Formate...

...bis hin zum hochläufigen Gesamteindruck (oder kurzrückig):

Auch dies sind nationale Tophunde (vielleicht etwas unvorteilhaft fotografiert?), ohne Kommantar:

Und zuletzt verschiedene extreme Präsentationsformen (vorne vorgezogen und/oder hinten herausgezogen):

Last but not least (da schließlich alle Umrisse von nationalen oder sogar internationalen Tophunden stammen!) eine Auswahl von ein paar einfach schönen Silhouetten bis hin zu wahren lebenden Kunstwerken - für die einen die Inkarnation des Afghanen-Ideals, für die anderen eine übertriebene Karikatur: 


Und da man es nicht genug betonen kann, noch einmal: alles sind große Gewinner und Vorbilder für 
den rassetypischen Afghanen in ihren jeweiligen Ländern, nicht nur "gerade noch" Champions.

Eine ähnliche Sammlung von Silhouetten gibt es von einer amerikanischen Züchterin, die neben aktuellen  auch historische Rassevetreter mit aufgenommen hat:  http://www.hosanna1.com/Hounds/Outlines/


 
Verschiedenen Stellungen von Gene
Manche Fotos (und deren Umrissskizzen) erwecken den Eindruck einer Demonstration der Kunst, 
zu welchen extremen Posen die Hunde körperlich in der Lage sind - statt dass die natürliche Haltung  dokumentiert würde. Wie sehr ein Foto täuschen kann, will ich an verschiedenen Stellungen ein und desselben Hundes, meiner eigenen Hündin Gene, aufzeigen. Sehen Sie selbst, wie wenig aussagekräftig 
Fotos (und Silhoetten) im Grunde sind (daher macht es auch wenig Sinn herausbekommen zu wollen, 
welche Hunde für die obigen Silhouetten Modell gestanden haben).

Die Umrisse von Gene im Alter von exakt 12 Monaten, nur unterschiedlich gebürstet und gestellt:

Tipp für Nutzer des Internet Explorer: Wenn Sie mit dem Cursor (Mauszeiger) über die Silhouetten fahren, sehen Sie das zugrundeliegende Foto. Leider sind die beiden Bilder nicht genau deckungsgleich. Daher die leichte Verschiebung.

Bei diesen Silhouetten wurde Gene von mir "aufgebaut", Alter zwischen 17 und 23 Monaten:
              "skandinavisch"                       "amerikanisch"                   zu übertrieben
Auch hier sind die Silhouetten mit dem zugrundeliegenden Bild unterlegt (nur Internet Explorer).
Die meisten Bilder finden sich noch einmal vergrößert in Genes Kategorien "Junghund", "My Gene" "Show".
Bei den letzten Silhouetten steht Gene frei, Alter 2 und 2 1/2 Jahre:
frei stehend im Garten         frei stehend bei einem Spaziergang

Was nun? Welche Silhouette kommt der "echten" Gene wohl am nächsten? 
Idealerweise die natürlich frei stehende, aufmerksame Haltung? Leider bietet 
der Ring wenig, was den Hund in aufmerksame Spannung versetzen könnte.

Soviel zur Aussagekraft von Fotos und Silhouetten.


 
Silhouetten aus Monographien über den Afghanen
Wer meint, in Rassemonographien einen einheitliches Idealtyp präsentiert zu bekommen, der irrt! 
Schaut man sich nämlich die Vorstellungen dieser Autoren an, die als ausgewiesene Experten und Rassespezialisten wissen sollten, wie der ideale Afghane auszusehen habe, stößt man auf geradezu dramatisch unterschiedliche Ansichten (und ich meine nicht nur das Haarkleid!):

Der Standard läßt dem Afghanen eben einen sehr weiten Spielraum, der unterschiedlich 
ausgefüllt werden kann. Dass sich deswegen kein einheitlicher Idealafghane zeichnen 
lässt, hoffe ich mit Hilfe der Umrisszeichnungen deutlich gemacht zu haben.

Wenn man sich fragt, warum die Erscheinungsformen so weit auseinander driften, muss man die Erklärung in der Historik des Afghanen suchen. Eine Autorin stellte sehr anschaulich die beiden wichtigsten Rassevarietäten nebeneinander, aus deren Vermischung die "Mischrasse" Afghane hervorgegangen ist:
Der sogenannte "Bergafghane" aus dem gebirgigen Norden Afghanistans: ein hervorragender Kletterer, der trittsicher dem Bergwild nachstellte. Sein dichtes Fell bekam er wahrscheinlich durch eine Einkreuzung einer Gebirgshunderasse (eines langhaarigen Hirten- oder Hütehundes). Der sogenannte "Steppenafghane" aus den Ebenen: gezüchtet auf Geschwindigkeit zwecks Verfolgungsjagden über offenes Gelände. 
Andere jagdliche Anforderungen begünstigen eine anderen Typ, daher optisch eine deutliche Annäherung an die persischen Nachbarrasse "Saluki".
Mehr zu der historischen Entstehung der "Rasse" Afghanischer Windhund auf dieser Seite:
"Die Geschichte der beiden Typen des Afghanischen Windhundes"

Die unterschiedlichen Merkmale dieser Varietäten (und seiner Zwischenstufen und Regionalschläge) 
lassen sich züchterisch nicht in einem einzelnen Hund verwirklichen. Der Standard mischt die Merkmale 
der unterschiedlichen Typen. Daher kann jeder Hund nur versuchen, möglichst viele der vom Standard geforderten Merkmale auf sich zu vereinen und dem Standardgerüst möglichst nahe zu kommen. 
Welche Merkmalsausprägungen ein Betrachter besonders schätzt, toleriert oder abwertet, ist seine persönliche Auslegungs- und Geschmackssache. 

Einen kleinen Versuch, diejenigen rassetypischen Merkmale, die den Afghanen zum Afghanen 
machen und von anderen orientalischen Windhunderassen unterscheidbar machen sollten,
zusammen zu stellen, habe ich auf meiner Internetseite "Der Rassetyp des Afghanen" unternommen. 


 
Projekt 'Standard' anhand eines Afghanenbeispiels
Wozu diese lange Einleitung über die unterschiedlichen Erscheinungstypen des Afghanen?

Den Anlass lieferte meine Idee, den Standard anhand eines einzelnen Rassevertreters illustrieren zu wollen.
 
Generell würde ich sagen, daß wenn man sich ein Bild über den korrekten Afghanen machen will, es sicherlich nicht dumm ist, beim Studium des Standards ein visuelles Anschauungsobjekt vor Augen zu haben. Denn die im Standard verbal beschriebenen Merkmale optisch vorliegen zu haben, erleichtert es, die Forderungen des Standardtextes zu verstehen und an originalen Hunden anzuwenden. Daher stelle ich meine Shira zur Verfügung, um anhand ihrer individuellen Merkmale die Forderungen des Standards zu illustrieren. Zusätzlich sollen die entsprechenden Passagen aus den Richterbereichten dazu beitragen, die Qualität von Shiras Rassekennzeichen abzuschätzen und so ein über den lebenden Hund hinausgehendes Idealbild vom Standardafghen zu generieren.
Was mich persönlich angeht: Da Shira mein erster Afghane ist, noch dazu eine wunderschöne Rassevertreterin, wurde sie für mich zu dem Maßstab, an dem sich alle anderen Hunde innerhalb und außerhalb des Ausstellungsrings messen müssen.  Daher liegt es nahe, daß ich mein Material über sie zur Darstellung des Standards nutze. Ich verstehe meine Shira ausdrücklich nur als Illustration EINES vom Standard akzeptierten Typs. 
Sie ist eine sogenannter 'van de Oranje Manege'-Afghane (VDOM).

Ich wähle meine Shira aus ganz pragmatischen Gründen: 

  • weil ich als relativer Neuling nur diesen einen Hund besitze, 
  • sie dank des jahrelangen Ausstellens mein Bild vom Idealafghanen entscheidend geprägt hat, 
  • ich meine, sie inzwischen beurteilen zu können, und 
  • den Vergleich Shira-Standard mit dem umfangreichsten Material belegen und illustrieren kann.
Leider bin ich kein Züchter, dem Fotos vieler verschiedener Hunde zur Verfügung stehen, so dass jeder Standardpunkt mit möglichst idealen Beispielen illustriert werden könnte.
Allerdings hat dies auch einen Vorteil: Ich lege mich nicht fest, in welcher Ausprägung ein Merkmal nach meiner subjektiven Meinung als ideal gelte! Es folgt also auf den folgenden beiden Seiten keine Sammlung von Fotos, die eine (nach meinem individuellen Geschmack) idealen Merkmalsausprägungen zeigen, sondern die Analyse eines einzelnen Hundes ... meiner Shira.

 
Hier geht es zu Shiras Präsentation 
anhand des Standards: