Lehrstuhl für Ästhetik und
Literarische Medien
Neugermanistik II
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Manfred Schneider (Hg.)

DIE ORDNUNG DES VERSPRECHENS
NATURRECHT - INSTITUTION - SPRECHAKT
In Zusammenarbeit mit Peter Friedrich, Michael Niehaus und Wim Peeters

2003, ca. 400 Seiten, kart.,
ca. € 34,90
ISBN 3-7705-3835-8
Reihe: Literatur und Recht; 1


Ist das Versprechen ein Vertrag, ein Satz, eine Verpflichtung oder eine Handlung? Seit zweitausend Jahren analysieren Priester, Juristen, Philosophen, Sprachwissenschaftler die Verbindlichkeiten, die das Versprechen stiftet, seinen Ursprung und seine Form, sein Gelingen und Misslingen, seine Macht und seine Ohnmacht. Große Namen des Naturrechts haben sich der Analyse des Versprechens gewidmet: Cicero, Grotius, Hobbes, Pufendorf, Thomasius. Im 19. Jahrhundert bricht diese Tradition plötzlich ab und verzeichnet nur noch Nietzsches Genealogie zum Versprechenstier Mensch. Doch im 20. Jahrhundert nehmen Sprach- und Diskurstheoretiker die alte Frage der Juristen wieder auf: Wie lässt sich die Kraft einer Äußerung erfassen, die sich Versprechen nennt? Zu ihnen zählen Austin, Searle, Habermas, Apel, Derrida. Während im Naturrecht das Versprechen Rechtsverbindlichkeit ohne Hilfe von Anwälten herbeiführen sollte, wollen Kommunikationstheoretiker heute durch die Versprechensanalyse die Sprache als ein vorinstitutionelles, vernünftiges Korrektiv im demokratischen Rechtswesen erweisen. Über dieser gebrochenen und unterbrochenen Geschichte theoretischer Sprachreflexion wölbt sich als unabgelöster Rest der christlichen Metaphysik das Versprechen der Erlösung. Dagegen steuert die Literatur viele Einzelgeschichten von Fällen gebrochener Versprechen bei: Für sie alle brennt Don Juan in der Hölle.


Einleitung: Manfred Schneider

I. Versprechen und Illokution

Rüdiger Campe:
Making it Explicit, oder: eine Vorgeschichte des Sprechakts bei Austin

Eckard Rolf:
Das Versprechen der Sprechakttheorie

Peter Friedrich:
„Die sogenannte Institution des Versprechens.“ Zur transzendentalpragmatischen Sprachpolitik

II. Naturrecht

Karl Schuhmann:
Die Theorie des Versprechens bei Thomas Hobbes

Martin Annen:
Die Idee des „stillschweigenden Vertrages“ und die Wahrhaftigkeitsfrage

Friedrich Vollhardt:
Von Thomasius bis Höpfner. Aspekte der naturrechtlichen Vertragslehre im 18. Jahrhundert

Werner Hamacher:
Wilde Versprechen

III. Abgrenzungen vom Naturrecht

Bernd Lahno:
Treue als künstliche Tugend: Humes Theorie der Institution des Versprechens

Michael Niehaus:
Recht der Sprache. Über die Stellung des Versprechens bei Jakob Friedrich Fries und Leonard Nelson mit Rückgriff auf Kant

Armin Burkhardt:
Ein Vergleich zwischen der Versprechensanalyse Austin / Searles und derjenigen Adolf Reinachs

IV. Genealogien des Versprechens

Gerald Hartung:
Zur Genealogie des Versprechens. Ein Versuch über die begriffsgeschichtlichen und anthropologischen Voraussetzungen der modernen Vertragstheorie

Norbert Brieskorn:
Das Versprechen in „De legibus“ des Francisco Suárez (1613)

Joseph Vogl:
1797. Geld als Versprechen

V. Fälle und Ausfälle

Wim Peeters:
Wie die Ordnungsworte vergessen. Ein Angebot

Peter Risthaus:
Wotans Fall - oder der traurige Gott als Rechtssubjekt

Clemens Pornschlegel:
Prinzipiell unverbindlich. Zu Robert Walsers Don-Juan-Glossen

Manfred Schneider:
Dem Versprechen entsprechen. Kontraktuelle Sprachmanöver