Trans-World-Railway

Trans World Railway - was soll das jetzt wieder sein ??? Auf die Idee kam ich in der 8. Klasse, als wir im Fach Erdkunde lernten, dass die Indianer einst durch die Bering-Strasse von der eurasischen auf die amerikanische Kontinentalplatte während der Eiszeit kamen. So wurde ich auf die Bering-Strasse aufmerksam, die sich hoch im Norden zwischen Russland und Alaska "auf der anderen Seite des Planeten" befindet. Da zum gleichen Zeitpunkt am Eurotunnel zwischen Calais und Folkstone gebastelt wurde, kam ich auf die Idee, auch unter der Beringstrasse einen Tunnel für den Eisenbahnverkehr zwischen Europa, Asien und Amerika zu bauen. Trotz des anfänglichen Spotts von Mitschülern hielt ich an dieser Idee fest. Dieser Spott verlor sich jedoch nach etwa 3 Jahren, als im Spiegel der folgenden Bericht zu lesen war:

V e r k e h r

Gigantischer
Gewinn

Ein Eisenbahn-Tunnel unter der Beringstraße soll Asien mit Amerika verbinden.
Das Hinterteil dieser Welt hat zwei Hälften: links Sibirien, rechts Alaska. Dazwischen liegt die Beringstraße, eine Meeresenge, in der im Winter Störme peitschen und im Sommer Eisberge schmelzen. Ein wirklich wichtiges Ereignis hat hier nicht mehr stattgefunden, seit vor über 12 000 Jahren jener Übergang geflutet wurde, auf dem zuvor Mammuts und Menschen nach Amerika liefen.
Mit diesem entlegenen Stückchen Erde hat ein Ingenieur aus Tucson im US-Bundesstaat Arizona Großes vor: George Koumal, 53, Amerikaner tschechischer Herkunft, möchte unter der Beringstraße einen Eisenbahn-Tunnel bohren und Ost und West, Rußland und die USA mit Schienen aneinanderschweißen. In den Augen des Visionärs wird sich die vergessene Beringstraße damit in "eine Hauptarterie der Warenströme" verwandeln.
Demnächst wird Koumal seine Pläne vor internationalem Publikum zu Gehör bringen. Ins Londoner Savoy-Hotel wurde die "Internationale Beringstraßen-Tunnel und Eisenbahn Konferenz" einberufen. Interessenten aus aller Welt haben sich angesagt, darunter Walter Hickel, der bis letztes Jahr als Gouverneur von Alaska amtierte, ferner hochrangige Gesandte aus Sibirien und Repräsentanten von Entwicklungsbanken und Großkonzernen sowie russischen und amerikanischen Eisenbahngesellschaften. Weil die Teilnehmerzahl von erwarteten 200 auf 500 schwoll, wurde letzte Woche beschlossen, die Konferenz von September auf kommenden Februar zu verlegen.
Der Tunnel unter der Beringstraße, so Koumal, brächte der Welt "gigantischen Gewinn", denn er verbände einige der wichtigsten Volkswirtschaften miteinander: Nordamerika, China und die boomenden asiatischen Tigerstaaten. Schneller und billiger als auf dem Seeweg könnte ein ungeheurer Güterstrom zwischen den Kontinenten hin- und hersausen. "Der Transportweg beispielsweise für Getreide von Kansas nach Delhi", so hat Koumal berechnet, "wird auf die Hälfte verkürzt."
Ein Wirtschaftswunder prophezeit der Tunnelpionier auch den weithin unerschlossenen Riesenreichen Sibirien und Alaska. Ihre Rohstoffreserven - Öl, Gas, Erze, Holz - könnten endlich ausgebeutet und in den Kreislauf der Weltwirtschaft eingeschleust werden.
Der Tunnelerfinder brütet seit 1986 über seiner Idee. Bei der Lektüre vergilbter Werke stellte er beruhigt fest, "daß ich kein Spinner bin": Russische und amerikanische Ingenieure hatten bereits 1905 zum gleichen Zweck die Firma "Trans Alaska Sibirian Railroad" gegründet. Die ging allerdings in den Wirren der Oktoberrevolution 1917 noch vor dem ersten Spatenstich zugrunde.
Technisch sei der Tunnel nur eine mäßige Herausforderung, versichert der Bergwerksingenieur. Die Beringstraße mißt an ihrer schmalsten Stelle 85 Kilometer. Eine russische und eine amerikanische Insel liegen mittendrin. Hier würden die in 60 Meter Tiefe plazierten Tunnelröhren (in denen der Reisende beiläufig die Internationale Datumsgrenze passiert) mit Frischluft versorgt werden.
Alle Tunnelstücke zusammen erreichten zwar fast die doppelte Länge des Eurotunnels zwischen Frankreich und Großbritannien, aber das schreckt Koumal nicht ab. Schließlich liege fester Granit unter der Beringstraße, kein brüchiges Kalk- und Lehmgemisch wie unter dem Ärmelkanal.
Schwieriger ist da schon die Frage, wie die Züge von den Tunnelausfahrten weiterrollen sollen. Von der sibirischen Küste bis zur Industriestadt Yakutsk, in der die Transsibirische Eisenbahn hält, fehlt ein Gleisstück von 3300 Kilometern Länge - eine Strecke, so weit wie von Lissabon nach Istanbul. In Alaska hingegen muß Koumal nur 1800 Kilometer Schienen über den steinharten Dauerfrost-Boden verlegen, um in den Bahnhof von Fairbanks einzurollen.
Die Bauzeit für das "großartigste Projekt der Geschichte" veranschlagt der Visionär auf bis zu 20 Jahre, die Kosten auf 50 Milliarden Dollar. Die Summe hält er für finanzierbar, wenn die Regierungen von Moskau und Washington mitspielten. Trotz jahrelanger Lobbyarbeit ist Koumal der Durchbruch noch nicht gelungen. Die erste Bering-Tunnel-Konferenz hat er 1992 in Washington abgehalten, die zweite ein Jahr später in Moskau. Höchste russische Kreise sollen ihn ermutigt haben, die Clinton-Administration weniger. Jeder Pionier erlebt Rückschläge: "Auch ein Schneeball", tröstet sich der Tunnelbauer, "braucht Zeit, bis er zur unauflhaltsamen Lawine wird."
Auf der Londoner Konferenz sucht Koumal Geldgeber, die ihm eine sieben Millionen Dollar teure Projektstudie finanzieren. Dabei hofft er auch auf die Überzeugungskraft des Eurotunnels, an dessen Machbarkeit ebenfalls lange gezweifelt wurde.
Einen Schönheitsfehler der 50 Kilometer langen Doppelröhre zwischen Dover und Calais wird der US-Ingenieur verschweigen müssen: Ein Jahr nach der Eröffnung ist die Betreibergesellschaft nahezu pleite.

Der Artikel stammt aus dem Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL, Ausgabe 36/1995

Ein weiterer Artikel war in der Zeitung "Die Welt" vom 25. September 1995 zu lesen.

Diese Bericht brachte mich erst recht auf den Weg. Doch während George Koumal in erster Linie den Güterverkehr auf der besagten Strecke fördern will, würde ich sogar noch einen Schritt weiter gehen und hier einen Personenverkehr einrichten. Um aber auch eine tatsächliche Konkurrenz zum Flugzeug zu sein, sind hohe Geschwindigkeiten von etwa 1000 km/h nötig - und somit scheidet ein herkömliches Schienenfahrzeug wie der ICE oder der TGV aus. Stattdessen sollte sich hier der Transrapid zum Einsatz kommen, der jedoch auch noch etwas weiterentwickelt werden müsste. Da sowieso im Nord-Osten Russlands und Alaska ca. 8000 km neue Gleise verlegt werden müssten, kann man auch gleich auf ein neues Schienensystem umsteigen.

Der Streckenverlauf würde die Züge vom Ruhrgebiet aus immer in östlicher Richtung führen. Ein möglicher Streckenverlauf könnte etwa so aussehen:
Streckenverlauf an der Beringstraße

Dazwischen würden noch weitere Bahnhöfe liegen; der Streckenverlauf wäre hiermit jedoch eindeutig.
Als Option könnte man non Krasnojarsk aus noch einen Arm Richtung Hong Kong via China bauen sowie von Edmonton aus einen Ast an die Westküste der USA. Auch in Europa sollte dann ein lokales Transrapid-Netz aufgebaut werden, mit dem man Bahnhöfe entalng der TWR erreichen könnte. So wären Nord-Süd-Strecken auf der Linie Stockholm-Neapel und Lissabon-Ankara denkbar. Ebenso könnte man auch in den USA mit einem transkontinentalem Netz die Mitte Amerikas erreichen.

Die Züge auf diesen Strecken müssen weitaus mehr bieten als Flugzeuge, denn die Fahrzeit zwischen Amerika und Eurasien wird sicher immer noch länger sein als mit dem Flugzeug. Der höheren Fahrzeit kann man jedoch einen weitaus höheren Komfort entgegensetzen.

Abendstimmung beim TransrapidWährend man im Flugzeug auch in der Buisness-Class nahezu an seinen Ledersitz gefesselt ist, sollen die Hotelzüge auf den Fernstrecken auch Einzel- und Doppelzimmer mit Bad/Dusche, WC, Fernsehen, Telefon- und Computeranschluß bieten. Hier kann man in einem Zimmer sicher auch besser schlafen als in einem Grossraumflugzeug. Desweiteren verfügen die Doppelstockzüge neben dem Restaurant auch über Freizeiteinrichtungen wie Sauna, Solarium, Fitnessraum und Pool oder auch ein Kasino, eine Bar und ein Kino - hier wird einem bestimmt nicht langweilig. Für Buisness-People stehen auch Konferenzräume mit Telefon und Faxgerät zur verfügung; ein Handy kann man im gesamten Zug gefahrlos benutzen. Entsprechende Systeme sorgen dafür, dass man sich in die lokalen Mobilfunknetzte einwählen kann.

Bisher berücksichtigte für die Angabe von Reisezeiten immer nur die reine Flugzeit, also die Zeit vom einem Flughafen zum anderen. Dazu liess man die An- und Abreise zum Flughafen bisher immer ausser acht. Auch langwieriges Warten auf Anschlussflüge wurden kaum berücksichtigt, denn meistens gibt es vom Start- zum Zielort keine Direktverbindung. Wenn man zum Beispiel von Bochum nach Anchorage/Alaska möchte, musste man zuvor erstmal von Bochum aus einen IC nach Frankfurt/Main nehmen, um hier nach langen Wartezeiten und Check-in das Flugzeug zu betreten. Von der Mainmetropole aus führt einen dann der Flug zu einem Knotenpunkt in den USA, wo man erst mal stundenlang auf den Anschlussflug nach Anchorage warten muss. Nach dem Check-out hat man dann endlich sein Ziel erreicht.
Da die TWR-Bahnhöfe durch ihre grössere Anzahl geringer frequentiert sind als die Flughäfen, kann man sich hier über geringere Check-in und out-Zeiten freuen. Zudem befinden sich die Bahnhöfe in jeder grösseren Stadt. So könnte man also direkt in Bochum in den Zug einsteigen und auch direkt am Zielort in Alaska wieder aussteigen. Die Fahrzeit ist zwar wesentlich grösser, doch dafür erspart man sich die stressigen An- und Abreisen zum Flughafen sowie lästiges Umsteigen. Insgesamt ist man dann doch nicht viel länger mit dem Zug unterwegs als mit dem Flugzeug.

Doch diese Strecke soll nicht nur für den Personenverkehr bestimmt sein. Um die Strecke auszulasten, ist auch ein startker Güterverkehr zwischen den USA und Europa möglich. Somit würde die Weltwirtschaft sowie der Im- und Export zwischen den Kontinenten sicherlich angekurbelt werden; desweiteren würden die Preise für importierte Produkte sicherlich fallen, da die Überführungskosten wesentlich geringer sein werden als mit dem Schiff. Da durch Modulsysteme die Standzeiten des gesamten Zuges in den Güterbahnhöfen nicht länger sein würde als die von Personenzügen, könnte ein Produkt auch binnen 24 Stunden von Amerika nach Europa transportiert werden.

Sowohl bei den Güter- als auch bei den Personenzügen wäre ein 60-Minutentakt denkbar. Dann würden nämlich Wartezeiten in den Bahnhöfen wegvallen, und auch kurzfritige Fahrten wären mglich.

Das damalige Bundesverkehrsministerium unter der CDU-Regierung war von meiner Idee nicht so angetan und schickte mir auf den Vorschlag hin den folgenden Brief:


Bundesministerium für Verkehr ° Postfach 20 01 00 ° 53170 Bonn

Herrn18. Mai 1998
Sven Keßler

Magnetschnellbahn Transrapid
Sehr geehrter Herr Keßler,

im Auftrag von Herrn Bundesminister Wissmann danke ich für Ihre Zuschrift vom 5. Mai 1998, die mir vom Online-Dienst des Deutschen Bundestages übersandt wurde.

Zunächst möchte ich ganz allgemein darauf hinweisen, daß die Bundesregierung in der von namhaften deutschen Firmen entwickelten Magnetbahntechnologle ein ökonomisch, ökologisch und verkehrspolitisch zukunftsweisendes Konzept sieht, mit dem das Ziel, Verkehr von Straße und Luft auf spurgebundene Verkehrsmittel zu verlagern, erreicht werden kann. Alle Beteiligten sind sich darüber hinaus einig, daß dem Bau einer ersten Transrapid-Anwendungsstrecke vor allem auch unter industrie- und exportpolitischen Gesichtspunkten eine herausragende Bedeutung zukommt.

Die Aktivitäten der Bundesregierung und der systementwickelnden Industrie konzentrieren sich deshalb derzeit voll und ganz auf die zügige Realisierung der ersten Anwendungsstrecke zwischen den beiden größten deutschen Städten.

Zu Ihrem Vorschlag, andere Länder für den Einsatz des Transrapid zu gewinnen um beispielsweise Europa und Asien mit Amerika zu verbinden, möchte ich folgendes anmerken:

Weltweit ist die in Deutschland entwickelte Magnetschwebetechnik mit dem Transrapid derzeit führend, obwohl auch in anderen Ländern -vor allem in Japan- mit Hochdruck an solchen Systemen gearbeitet wird. Zahlreiche Länder -so auch die USA und Rußland- haben Interesse an dem neuen Verkehrssystem bekundet. Konkrete Exportchancen werden sich indes nach übereinstimmender Einschätzungen aller Fachleute verstärkt erst dann einstellen, wenn sich das System im eigenen Land im praktischen Verkehrsalltag und nicht nur auf einer Versuchsanlage bewährt hat. Mit der Strecke Berlin-Hamburg wird deshalb unter Exportgesichtspunkten der notwendige erste Schritt getan, um den erreichten Technologievorsprung auch in Marktenfolge umzusetzen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die an der Systementwicklung beteiligten Unternehmen Siemens, Thyssen und ADtranz zur weltweiten Exportvermarktung der Magnetbahntechnologie eigens eine gemeinsame Gesellschaft -Transrapid International- gegründet haben. Sie entwickelt in Form von Anwendungs- und Durchführbarkeitsstudien Konzepte und komplette Systemplanungen für den Einsatz der Magnetschnellbahn Transrapid. Konkrete Planungen für eine transkontinentale Anwendung sind allerdings derzeit nicht bekannt.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Förster

Dieser Brief aus alten Zeiten zeigt, dass die Bundesregierung bzw. deren Vertreter meine Idee gar nicht erkannt haben, sondern nur Ihren Transrapid in den höchsten Tönen loben. Und auch unter unserer neuen rot/grünen Regierung, die den Transrapid-Bau erst recht nicht unterstützt, wird meine Idee wohl für immer ein Traum bleiben...

Weitere Links zum Themen:

Bering Strait Tunnel Project - auch George Koumal ist mit dem Bering-Straßen-Tunnel im Internet
Die offizielle Transrapid Homepage der MVP - alles über den Transrapid

Whiskey Schwimmen


sven.kessler@ruhr-uni-bochum.de

Diese WebSite wurde von © Sven Keßler am 07. Februar 1999 erstellt und am 24. September 1999 aktualisiert.