Interkulturelle Kompetenz modellieren und trainieren:

Standards fÜr die Fremdsprachenlehrerausbildung

 

Jürgen Straub (Bochum)

Das Selbst als ‚interkulturelles Kompetenzzentrum‘ 
Anmerkungen zur Theorie und Praxis einer ‚Schlüsselqualifikation‘

 

Auf „interkulturelle Kompetenz“ werden seit langem Lobgesänge angestimmt. Der florierende Kompetenzmarkt hat auch den gelungenen Umgang mit kulturellen Unterschieden im Angebot. Der Forderung nach sowie der Förderung von interkultureller Kompetenz liegt eine weithin anerkannte Gegenwartsdiagnose zugrunde. Diese sieht ein wesentliches Prinzip der Strukturierung und Dynamisierung moderner Gesellschaften in kultureller Pluralisierung und kulturellem Austausch, kurz: in konflikt- und krisenanfälliger interkultureller Kommunikation, Kooperation, Koexistenz.

Was aber ist eigentlich „interkulturelle Kompetenz“? Interkulturelle Kompetenz ist die (pädagogische, therapeutische, politische) Losung unserer Zeit. Sie ist, nach verbreiteter Meinung, die allgemeine Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts, eine durch und durch notwendige sowie angemessene Antwort auf eine Anamnese, Diagnose und Prognose, in denen potentielle Probleme menschlichen Zusammenlebens als zentrales Signum interkultureller Konstellationen gelten.

Im Vortrag wird gefragt: ist das pädagogisch-therapeutisch-politische Programm – wenigstens in seinen begrifflichen, konzeptuellen Grundlagen – so klar und vielversprechend, wie es zu sein vorgibt? Wissen wir denn (auf der Grundlage auch empirischer Untersuchungen) überhaupt, was wir fordern und fördern, wenn wir nach interkultureller Kompetenz rufen und sie zu stärken meinen? Und wissen wir, was wir tun, wenn wir in diesem diskursiven und praktischen Feld mitmischen?

Nach der Diskussion eines typischen „theoretischen Modells“ und seiner für die wissenschaftliche Forschung ebenso wie für die didaktisch angeleitete praktische Arbeit (zum Beispiel in der Weiter- und Fortbildung von LehrerInnen sowie anderen Berufsgruppen) bedenkenswerten Probleme werden Grundzüge einer Diskursanalyse skizziert, deren Resultate uns skeptisch und vorsichtig machen sollten gegenüber allen allzu vollmundigen Rufen nach „interkultureller Kompetenz“ – als wüssten wir bereits, worum es sich bei diesem ziemlich unübersichtlichen Bündel an Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten in verschiedenen Domänen denn eigentlich handelt (oder handeln sollte).

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