Totale
Institutionen
setzen Grenzen von Innen und Außen. Wer drinnen ist, etwa im
Knast, in der
Klapse (Goffman), der kommt so leicht nicht mehr heraus. Die Grenzen
werden
markiert durch Stacheldraht, Todesstreifen und Mauern. Sie haben eine
Doppelfunktion: Schutz vor Angriffen und Eindringlingen von
Außen (Burgen,
Chinesische Mauer), Schutz vor Ausbrüchen der Internierten,
Weggesperrten
(Zonengrenze, Gefängnismauern).
Natürliche
Grenzen
sind Hautsack, Zellmembrane, Flüsse, Gebirge als geographische
Grenzen. Im Bau
sind alle Materialien auch immer Grenzen, durch die etwas nicht
hindurchdringen
soll, Licht, Luft, Wärme, Kälte, Wasser, Tiere,
Einbrecher. Dafür dienen
Wandungen, Schalen, Glas, Folien. Diffusionseigenschaften werden
bauphysikalisch genau bestimmt und berechnet. Das Niedrigenergiehaus
läßt keine
Kälte hinein, damit das Innenraumklima für Mensch und
Tier möglichst optimal
bleibt, warm und trocken.
Jede
Grenze hat
Öffnungen: Türen, semipermeable Membrane, Mund, Nase
und Arschloch, Ohren,
Augen. Das Lebewesen stürbe, wenn kein Austausch, keine Osmose
zwischen Innen
und Außen stattfindet. Die Grenzen, Filtersysteme wie Lunge
und
Verdauungskanal, entziehen der Umwelt Substanzen, die der Organismus
zum Leben
und zur Regeneration benötigt. Die biologischen Zellgrenzen
und Organgrenzen
brauchen die ständige gezielte Öffnung der Grenzen.
Kinder
brauchen
Grenzen. So setzt die klassische Pädagogik und Psychologie an.
Freuds Ödipuskomplex
lebt vom Sexualtabu des eingeschränkten Inzests. Psychische
Strukturbildung,
Über-Ich-Bildung und Ich-Bildung leben von der
Übertragung von Praxisfiguren
des Vaters, der Grenzen setzt durch das Verbot und den Befehl, durch
Inhibition
und Förderung. Er vermittelt die gesellschaftliche
Moralität und das allgemeine
Sprach- und Wertesystem. In der jüdischen Tradition war er der
eigentliche
Lehrer der Kinder, während im Fabrik- und
Bürozeitalter die Erziehung in
Frauenhand und Schulen übergegangen ist und künftig
mehr und mehr durch Medien
übernommen wird. Das Streben der Kinder nach Erweiterung der
Grenzen, nach
Überschreitung, nach Aushandeln neuer Grenzen, ist das
Herantasten an die Möglichkeiten
der Welt, ist ein Experiment, was für ihr Leben
möglich ist und was nicht geht.
Die Fantasiewelten stehen für die Grenzenlosigkeit, das
Interesse gilt stets
der Grenze, der Ausdehnung der Grenzverläufe, der Expansion,
so wie sie
biologisch beständig wachsen und ihre Körperform
erweitern.
Hegel
beschreibt im
Herr-und-Knecht-Kapitel der Phänomenologie unterm Eindruck der
französischen
Revolution dieses Phänomen des Anwachsens einer Zellformation,
einer sozialen
Klasse, mit den Metaphern des Feudalismus und auf der Folie der
Bauernkriege:
Der Knecht muß arbeiten und erwirbt so die Kompetenzen, die
der Herr, der
Arbeiten delegiert, der bauen und kämpfen
läßt statt selbst zu bauen und zu
kämpfen, allmählich verlernt und verloren hat. Mit
dem Übergang der Kompetenzen
auf den Knecht verliert der Herr seine Legitimation, die moralische
Basis
seiner Macht. Er ist nun hilflos der Macht des Knechts ausgeliefert.
Die
Guillotine setzt seiner Macht, seiner Klasse und seiner Ausbeutung das
Ende,
welches der Brutalität seiner eigenen Gewaltausübung
entspricht und ihr
nachgebildet ist. Die Revolution läßt bei einem
bestimmten Pegel von
Quantitäten einen Prozeß umschlagen in eine neue
Qualität: Ist die Armut der
Mehrheit auf ein bestimmtes Niveau angestiegen, bleibt ihr zum
Überleben nur
eins: der Angriff auf die Minderheit, die ihr die Partizipation an den
Ressourcen
verwehrt.
Ähnliches
passiert im
Aushandeln der Grenzen zwischen Erwachsenen und Kindern. Der Vatermord
der
Brüderhorde Freuds ist ein Ringen um Partizipation an den
verfügbaren
Ressourcen. Taschengeld, Ausgehzeiten, Musiklautstärke und
I-Pod, I-Mac,
I-Phone sind neben den vielen anderen Spielzeugen und
Bekleidungsutensilien,
die in den Peergroups der Jugendsubkulturen die Statusratings
konsolidieren und
die Selbstattribution des Heranwachsenden steigern, die neuerdings in
den reicheren
Kreisen der westlichen Industriegesellschaften unverzichtbar
scheinenden
Symbole der Selbstwertschätzung geworden. Früher
machten Kleider Leute. Heute
machen nur noch die Marken der Hersteller Leute. Die
Qualitäten treten in den
Hintergrund. Eine Kindheit im Slum ist nicht mehr Thema für
das Telespiel oder
die Wi. Wenn Imperialismus als Ausbeutung der Weltdörfer durch
die Metropolen beschrieben
werden kann, ist Kindheit in unseren Breiten imperialistische Kindheit.
Die
Handys und Notebooks, die möglichst im Zweijahres-Takt
erneuert die Spielzeuge
unserer Jugend bilden, werden aus Erzen gefertigt, die im Kongo und
anderen
afrikanischen Ländern unter den bestialischsten Bedingungen
von afrikanischen
Kindern abgebaut werden für Hungerlöhne. An unserem
neuesten Spielzeug klebt
das Blut der afrikanischen Kinder. Das ist Imperialismus im Spielzeug.
Dafür
baut Krauss-Maffai-Wegemann die Panzer und Rheinmetall das
Maschinengewehr MG3
oder Heckler und Koch das Sturmgewehr G3 und die Maschinenpistole MP5,
mit
denen in 126 Exportländern weltweit die meisten Menschen
getötet werden, in
Burma, Kolumbien und im Sudan vornehmlich durch Kindersoldaten. Der
Vorwand des
Kampfes gegen Terrorismus hat die Rüstungsproduktion zu
sensationellen
Gewinnmargen geführt und Deutschland zum
drittgrößten Rüstungsexporteur
gemacht.
Die
Rolle der
Philosophie als Instanz des abstandnehmenden Betrachtens, der ideellen
Schau,
der Theoriebildung, der Kartographie der Welt, war von Beginn an das
staunende
Begreifen dessen, was zu sehen und zu fühlen war,
Phänomenologie. Man machte
Bauzeichnungen, stellte Naturgesetze heraus, Regelhaftigkeiten im
Sternlauf und
sezierte den menschlichen Körper. Man löste komplexe
Organismen in ihre
Einzelteile auf, um ihre Funktion als Gesamt zu erkunden. Analyse war
die
Voraussetzung für eine wirkungsvolle Veränderung,
etwa einer Krankheit, eines
Leidens. Heute nutzen wir dazu bildgebende Verfahren wie MRT, die durch
die
Dreidimensionalität die Komplexität besser erfassen
können. Vielleicht wird es
eines Tages vierdimensionale Verfahren geben, die die zeitlichen
Verläufe in
den räumlichen Gefilden zusätzlich erfassen. Dies
bedeutet eine exponentiale
Vervielfachung des Informationsmaterials, mehr
Rechnerkapazität, mehr
Hirnkapazität möglicherweise. Vielleicht bereitet
sich unsere Jugend auf diese
mentale Aufgabe vor, wenn man einmal die harzenden Unterschichten
außer Acht
läßt.
Hegel
versuchte eine
Analyse eines sozialen Prozesses. Er will den Bauplan für die
Revolution in
Frankreich herausfinden, den Mechanismus, der zu dieser
Erschütterung des
Feudalismus geführt hatte. Marx hat diesen Mechanismus der
geschichtlichen
Dialektik als eine sozialhistorische Abfolge von
Klassenkämpfen verstanden, in
der immer wieder Gruppen Macht ergreifen und andere
unterdrücken und ausbeuten.
Gegen diese triste Erkenntnis eines ewig blutigen Sozialdarwinismus
steht nun
seit Jahrtausenden die Religion und Philosophie mit den Bildern einer
nicht von
Kampf und Macht bestimmten friedlichen Weltgesellschaft.
Wenn
Marx den
Philosophen das Schauen vorwirft, so muß man heute
wiedersprechen: Nur die präzise
Analyse und Phänomenologie befähigt zu einer
Veränderung der Welt ohne Schaden.
AKWs waren nicht genug durchdacht und nur deshalb kommt es zu diesen
Katastrophen. Man hat das System als Modul gesehen und die
Effektivität des
Moduls optimiert, aber nicht die globalhistorische Perspektive des
ökologischen
Bewußtseins eingenommen. Man hat nicht genug
nachgedacht und die
Konsequenzen des Moduls AKW durch Planspiele im ökologischen
Kontext ausgelotet.
Die Folgen dieser Gedankenlosigkeit bekommen nun tausende Menschen und
Tiere
tödlich zu spüren. Für das Kapital hat sich
auf lange Sicht diese Investition
in Atomtechnik nicht gerechnet. Es ist und bleibt eine technologische
Sackgasse. Nur Katastrophen konnten die partikulare technische
Intelligenz über
diese Folgen belehren. Es ist das Thema des Faust: Was die Welt im
Innersten
zusammenhält, zu ergründen, schafft den Teufelspakt,
der Faust schließlich das
Glück und die Integrität kostet. Erst im Nachherein
kann er die wirkliche Höhe
des Preises des Teufelspakts erkennen. Die Entsorgung der atomaren
Müllberge
läßt Atomkraft als unwirtschaftlich erscheinen.
Seitdem ist die Kategorie der
Nachhaltigkeit in das wirtschaftliche Denken eingezogen. Eine wahrhaft
teuflische Nuance nimmt die Rede von Nachhaltigkeit im Denken eines
Manfred
Bode als General des weltb(ös)esten Panzerbaus ein, der nun
vom schweren
Leopard zum afghanistantauglichen Dingo übergeht und das
ideale Gerät für
Kriege in Schwellenländern feilbietet, damit die
Tötungen von morgen nicht
weniger werden. EADS baut die saudische High-Tech-Grenze, in deren
Kommandozentralen saudische Religionspolizei (salafistische
Mutawwa’in) wirkt,
die von deutscher Bundespolizei geschult wird. Bei den Hinrichtungen,
die gemäß
der Scharia von Religionspolizisten in Riad präsentiert
werden, gastieren
interessehalber unauffällig die Kollegen aus Deutschland,
bezahlt von EADS, die
ihren Milliarden-Auftrag im saudischen Terrorstaat gewissenlos
betreiben. Die
250 deutschen Leopardpanzer helfen, mögliche
Aufstände des arabischen Frühlings
im Keim zu ersticken.
Platons
Kosmologie
kennt den Baumeister der Welt, der die göttliche Idee, den
Bauplan umsetzt in
materielle Wirklichkeit. Er baut das Welthaus nach himmlischem Plan.
Diese
Metapher ist zugleich Paradigma des Philosophenstaats, in dem nur die
bauen
dürfen, die den himmlischen Plan für die friedliche
und gerechte Ordnung der
Welt kennen und gelernt haben, ihn umzusetzen. Die Philosophenschule
ist eine
Ausbildung für Staatsmänner, für politische
Verantwortungsträger.
Heute
geht das
Herrschaftswissen über an die Kompetenzgemeinschaft denkender
Bürger, die mit
ihren Initiativen von unten Fehlentscheidungen der Politiker verhindern
oder
korrigieren müssen. Die Medien und Wissenschaften haben darin
als 4. Gewalt im
Staat die Aufgabe, Schwachstellen einer Konzeption aufzuspüren
und zu
verändern. Heute kann nur noch Denken die Welt
verändern. Dies ist ein Umschlag
der Realverhältnisse von Theorie und Praxis. Waren beim
Aufkommen der neuzeitlichen
Naturwissenschaften die Philosophen wegen ihrer krassen Terminologie
für die
Entwicklung der gesellschaftlichen Praxis immer mehr irrelevant, ist
heute
offensichtlich, daß nur noch Denken hilft und gerade nicht
das schnelle und unbedachte
Handeln aufgrund partikularer naturwissenschaftlicher
Forschungsergebnisse. Die
Planung von Praxis darf künftig nicht mehr nur den angeblichen
Experten und
verwaltungsrechtlich Zuständigen überlassen werden,
sondern ist eine kollektive
Aufgabe eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses auf vielen und
verschiedensten
Ebenen, der immer mehr auch über Volksabstimmungen, Wahlen und
Konsumentscheidungen bis hin zu Investitionsentscheidungen zur
Veränderung der
Praxis führt.
Die
wirtschaftliche
Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse ist weitgehend am Profit der
fördernden
Unternehmen orientiert. Es wird verstärkt nur das gesponsort,
was Aussicht auf
Rentabilität hat. Dabei wird die Frage der Folgekosten kaum
bedacht. Allein die
Preisgabe der Kernforschung an die Militärs hat weltweit eine
Aufrüstungsspirale in Gang gebracht, die allein für
die Drohung mit Atomkrieg
eine unvorstellbare Menge an Finanzen verschleudert hat, die in soziale
und
agrarische Projekte gesteckt die Hungersnöte der Welt auf ein
Minimum hätte
reduzieren können. Im Grunde ist diese Form von Nutzung der
Wissenschaft
verbrecherisch und ein größeres Unrecht als ein
einzelner privater Mord, der
gerade in den USA als größter Waffenschmiede des
Globus mit dem Tod bestraft
wird. Die Legitimität der Aufrüstung basiert auf
Propaganda von Feindbildern
und Angstmache, und das Ende des kalten Krieges zeigt, wie
lächerlich diese
gegenseitige Verteufelung in all den Jahren nach 1945 gewesen ist. Es
sind
negative Attributionen des Nachbarstaates, die die Legitimation der
Aufrüstung
liefern. Inzwischen ist der Kampf gegen den internationalen Terrorismus
die
Zauberformel zur Verdopplung der Rüstungsproduktion. So
wachsen die deutschen
Terrorzellen, die schon im Hitlerreich Mordwerkzeug gebaut haben, von
der
Öffentlichkeit unbehelligt heran, deren Blick von den Medien stets aufs neue
ostwärts gerichtet wird, ob
Sowjets, Iran, Irak, Al Kaida, Afghanistan, Jemen, Somalia, Pakistan.
Die
Philosophie als
ein interdisziplinär alle Fortschritte wissenschaftlicher
Erkenntnis
aufgreifendes Vernetzungsdenken kann die Möglichkeiten der
Entgrenzung
überprüfen und ihre Langzeitfolgen ausloten. Dann
kann sie zu Konsequenzen
führen und drängen, die gerade nicht auf eine
hemmungslose Entgrenzung zielen.
Atomenergie ist in jeder denkbaren Form mit so gravierenden
Langzeitfolgen
behaftet, daß selbst ohne GAU und Super-GAU die
Endlagerungsprobleme nicht mehr
beherrschbar sind. Das bedeutet, die Philosophie entscheidet hier zu
einem
Abschied von der Atomenergie. Nicht zufällig sind gerade die
intellektuellen
Mittelschichten durch ihre Option für die Grünen hier
mehrheitlich zu einem
Ausstieg aus der Atomenergie bereit.
Philosophie
ist nicht
nur ein Schulfach der Universität. Sie beginnt
überall da, wo ein Mensch sich
wundert, das Vorfindliche nicht für etwas
unabänderlich gegebenes hinnimmt,
sondern nach Gründen, nach Entstehung fragt. „Warum
ist das so?“ Das ist die
nervtötende Kinderfrage. Sie markiert den Beginn der
Philosophie, des
menschlichen Neugierverhaltens und des forschenden Geistes der
Wissenschaft.
Und
diese, durch
Bildungsprogramme, Schulen, Universitäten, Medien und Internet
geförderte Form
des Fragens und Suchens ist Philosophie des Volkes, der
Völker. Sie wird ein
Diskurs über die Freiheit und Gerechtigkeit, der in der
arabischen Welt derzeit
zu massenhaften Protesten und Revolutionen von unten führt.
Sie wird ein
Diskurs über die Abschaffung von Atomkraft, über die
Abrüstung, über die
Aufrüstung mit Windrädern und Solarkraftwerken. Sie
wird ein Diskurs über Hilfen
zur Selbsthilfe und Dezentralisation und Demokratisierung alter
diktatorischer
Staatsformen.
Die
Bürgerphilosophen
begreifen immer mehr ihre politische Verantwortung und Macht. Sie
dürfen nicht
nur Politiker wählen. Ihr Wahlrecht gilt auch dem, was sie
essen und kaufen, wo
sie Geld anlegen und wo sie sich ehrenamtlich engagieren. Sie haben die
Macht,
ihre Meinung zu sagen und zu veröffentlichen. Sie verstehen
sich als Tropfen
auf den heißen Stein, der in seiner Summe zu gewaltigen
Veränderungen im Bau
der Welt führt. Sie nehmen Abschied von der fatalistischen
Illusion, daß man ja
doch nichts machen könne und aufgrund seiner fehlenden
Machtbefugnisse nichts
in der Welt ändern könne. Sie haben immer mehr
positive Erfahrungen, was sie
alles in den letzten Jahrzehnten verändert haben und wie
dieser neue
demokratische und ökologische Geist zu einer tiefgreifenden
Erneuerung der
gesamten Gesellschaft geführt hat. Darum begreifen sie immer
mehr, daß ihre
Initiative und ihr gemeinsames Nachdenken, daß ihre
Philosophie tatsächlich die
Welt verändert hat.
Die
Wahlergebnisse
zeigen aber zugleich die Gegentendenz, daß sozial Schwache
nicht zur Wahl gehen
und kein Interesse haben an der politischen Einflußnahme. Sie
haben zugleich
den niedrigsten Bildungsstand. Darum ist eine weitere Aufgabe der
Politik,
diese Not und diesen Regelkreis von Bildungsarmut, beruflicher
Chancenlosigkeit
und sozialem Tiefniveau und die hier besonders virulente
Faschismusanfälligkeit
durch eine Doppelstrategie von Bildungsangeboten und Arbeitsangeboten
aufzufangen.
Der
Ort der
Philosophie verlagert sich. Das Gerede von Firmenphilosophie sollte die
Profitinteressen der Manager euphemisieren. Wenn Firmenphilosophie
reflektieren
würde, was die jeweiligen Produkte in der Welt alles
zerstört haben und noch
zerstören können, würde es zu unabsehbaren
Verwerfungen in der Rüstungsbranche
kommen. Der Ort der Philosophie wechselt vom Seminar in die Foren der
Fernsehsender, in denen Moral produziert wird, in denen
Parteifunktionäre ihre
Rhetorik darbieten, in denen Menschen aus Problemfamilien
vorgeführt werden,
aber auch Sendungen, in denen Philosophen selbst zu Wort gelassen
werden in
ihrer kritischen Überprüfung gesellschaftlicher
Entwicklungen. Der Ort der
Philosophie könnte eingeschränkt auch jede
Kirchengemeinde oder Sekte sein, die
sich dem Nachdenken über die göttliche Gegenwart in
der Welt widmet. Und im
Sinne der Jugendverhetzung des Sokrates ist jeder Lehrer an Schulen,
der die
jungen Menschen durch Fragen zum Denken anregt, ein Philosophielehrer.
Was die
Welt verändern kann, ist nicht der Panzer, sondern das Wort,
das Nachdenken,
das Erkennen von Zusammenhängen, das Erlernen des Aufschreis
gegenüber Unrecht,
das Formulierung von Forderungen gegenüber Diktatoren, das
Aushandeln von
Bedürfnissen und Wünschen zwischen den Liebenden und
Hassenden, das
Artikulieren des Konfliktes und die Suche nach den
Möglichkeiten der Lösung.
Philosophie ist Problemlösungshandeln.