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Predigt über Lukas 3,1 - 14

am 14.12. 1980 Matthäusgemeinde Bielefeld

I. die geistige Herkunft Jesu: Deuterojesaja -> Johannes -> Jesus

II. die Predigt des Johannes

III. die messianische Erwartung des Volkes

 

Zu I:

Johannes-Tradition hier in Evangelium aufgenommen. Form wie Bergpredigt: Logiensammlung -> Schülerkreis. Form wie Prophetenbuch: Logiensammlung. Johannes als Prophet verstanden in Lukas 3,2: „das Wort erging an Johannes“. Mischung von Berufung und Tradition. Johannes hat Deuterojesaja gelesen und redet mit seiner Theologie ähnlich wie wir heute auch theologische Lehre haben. Johannes ist ein Wanderradikaler, versorgt nach Lukas 8,3 wie Jesus und seine Schar von Gönnern. Markus 1 verlesen: Johannes ist Nasiräer, Mitschülerkreis, Taufe als Zeichen der Vergebung der Sünden, Täuferkulte damals häufig. Von daher ist bei uns die Taufe üblich. Jesus ist bei Johannes in die Taufpraxis eingeweiht worden. Taufe als Zeichen der Umkehr, Buße, als Zeichen des Willens zu einer gerechten Welt, als Zeichen angesichts des Gerichts gute Frucht zu bringen. Taufe und Gericht gehören zusammen. Taufe ist ein Gericht: Freispruch von begangene Unrecht. Taufe ist Zeichen der kommenden Gerechtigkeit.

Jesaja 40: Freudenbotschaft im Exil: die Schuld ist bezahlt, die Zeit des Heils angebrochen.

Johannes spricht von Vergebung der Sünden: das Gericht und Heil Gottes ist nah. Jesus sagt: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe.“ Weil der Umbruch der zeitnah ist, ist die Umkehr geboten. Gilt das noch heute? In der Dritten Welt ist der Umbruch nur eine Zeitfrage. Unsere Möglichkeit, dem zu entsprechen: später nicht auf der Seite der Mörder zu stehen. Wer zwei Röcke hat, gebe einen dem der keinen hat. Speise ebenso.

 

Zu II: Messianische Erwartung, Jesus als Messias? Lukas 3, 15: da aber das Volk in Erwartung stand... ob Johannes der Messias sei. Situation: römische Oberherrschaft, Ausbeutung, Leidensdruck, wie die Deutschen in Frankreich im Zweiten Weltkrieg. Widerstandsgruppen suchen einen Führer für die nationale Erhebung. Das ist politisch aussichtslos, führt zur Zerstörung Jerusalems, zum Ende des Staates Juda. Die Zeloten und sozial Entwurzelte wollen eigenen Staat. Johannes predigt Umbruch der Zeit: Gericht über die Römer: Jesus wird auch, beim Einzug in Jerusalem, als Messias begrüßt. Er verweigert sich den partikularen Interessen der fanatisch nationalistischen Bewegung. Wie Davids Guerilla-Terrorbande einen Staat gründete, so will es Jesus nicht wieder! Lieber rot als tot! Lieber abhängig als gewalttätig.

Politisch sein heißt gar nichts. Auch Hitler war politisch. Jesus verweigert sich der Politik, wird keiner von denen der oben. Auch die Auferstehungserwartung ist nicht erst bei Jesus da. Lukas 9,7f zeigt, wie Jesus als auferstandener Johannes geglaubt wird. Damaliger Wunderglaube war groß. Heute ist er ja nicht verschwunden. Mariengeschichten, Altötting, Aberglaube, Wunderheiler, Telepathie und so weiter. Kein Wunder, dass auch nach Jesu Tod die Erwartung seiner Auferstehung fast fällig war. Dass er einfach getötet sei, wäre das größere Wunder gewesen, weil es Zweifel an Gottes Gerechtigkeit geweckt hätte.

Zu III. Johannes Predigt: 1. Die sinnliche Erlebbarkeit des Handelns Gottes, das in dem Autobahnbau ausgedrückt wird.

2. Gegen falsche Heilssicherheit aufgrund des Abrahamsegens keine endlose Segenszeit als Verpflichtung Gottes, sondern das Gericht naht. Wer Unrecht tut gegenüber seinen Mitmenschen, wird umgehauen.

3. Umkehr ist noch möglich: Taufe, Freispruch, neue Gerechtigkeit: Lukas 3,10ff soziale Gerechtigkeit, Zöllner nicht in eigene Tasche wirtschaften. Soldaten: keine Gewalt, keine Erpressung. Soldaten sind römische Besatzungsmacht. Also ökonomisch abhängig vom Sold. Darum kann Johannes Ihnen nur raten, Soldat zu bleiben, also versorgt zu sein, aber einen praktischen Boykott innerhalb ihres Berufs zu machen, also sozusagen Streik.

Viertens. Unsere Ethik

1. Miteinander und mit der Dritten Welt teilen.

2. Nicht in die eigene Tasche wirtschaften.

3. Das System der Gewalt bestreiten.

Der objektive Umbruch der Befreiung der Dritten Welt steht bevor. Es ist das Gericht, welches wir Natterngezücht tunlichst zu befürchten haben. Von daher gilt es, schon jetzt so zu handeln, dass wir unsere historisch gewachsene Schuld am Elend der zwei Drittel Weltbevölkerung abbüßen: Buße, Umkehr. Alles Fleisch soll das Heil Gottes sehen: die gerechte Verteilung der Nahrung, der Energie und des Luxus ist allem Fleisch sichtbar, doch bisher ist die Pracht unserer Silberdome, Barockkirchen usw. nur der reichen Minderheit sichtbar. Das Heil Gottes ist nur gemeinsam, von allen sichtbar, oder es ist das partikulare Glück der Reichen, Weisen und Frommen. Die Universalität des Heils Gottes ist darum gebunden an unsere Bereitschaft, gemeinsam mit den Armen dieser Welt zu werden. Gottes Heil ist nur solidarischer erfahrbar oder gar nicht. Das ist Gericht, harte Gesetzlichkeit und Verheißung, Grund zur Freude. In dieser Spannung erwarten wir das kommende Gottesreich. Amen.