Gegen
die schlechten Hirten, die nur für sich selbst sorgen:
damals im Königshaus, dass Israel ins Exil katapultierte,
Priester die ihren
Reibach machten. Heute: Politiker, die ihre Pfründe sichern,
Konzernherren, die
ihre Arbeiter vernachlässigen, Kirche, die sich reproduziert,
im eigenen Saft
schmort.
Gott
der gute Hirte richtet unter fetten und mageren Schafen
Gerechtigkeit auf. Dritte Welt. Gott führt seine Schafe auf
fette, gute Weide
aus dem Exil. Jesus als guter Hirte, der sein Leben lässt
für die Schafe. EKG
60, 1 - 5
1.
Hirtenleben in Israel, Gleichnis
2.
Gott der Schäfer der Gerechtigkeit: Gericht über die
Erste Welt
3.
Christus das Lamm Gottes
4.
Die Nachfolge Jesu als Schäfertum der Gerechtigkeit
Ez
34, 1 - 22 + 30f
Gnade
sei mit uns von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus
Christus. Amen. Liebe Krankenhausgemeinde, liebe Leute hier in der
Kapelle und
ringsumher in den Betten! Liebe Gemeinde!
Würde
ich zu euch sagen: Liebe Schafe, dann wärt ihr
bestimmt ein bisschen beleidigt, weil Schafe sind ja dämlich
und wer will sich
oder anderen schon gerne zugestehen, dämlich zu sein. Ich
denke bei Schaf und
Hirte zuerst an Kirche. Der Pastor ist das lateinische Wort
für Hirte und die
Gemeindeglieder sind die Schafe. Dieser Name Pastor, ist heute noch
geblieben,
obwohl doch eigentlich keiner von uns mehr so ein dämliches
Schaf sein will.
Oder? Der Pastor, heute noch Schäfer seiner Gemeinde? Stimmt
das Bild? Sind wir
alle nicht in gleicher Weise uns gegenseitig Priester und Pastoren, wie
Martin
Luther vor über 450 Jahren es ausgedrückt hat? Alle
sollten und könnten wir uns
gegenseitig Hirten, Pastoren und Seelsorger sein. Jeder und jede von
uns hat
Ohren, um dem anderen zuzuhören bei seinen Problemen, hat
Hände, um dem anderen
tatkräftig zu helfen, die mageren Schafe gegen die dicken,
fetten und starken
Schafe in Schutz zu nehmen. Wir können immer und
überall beides sein: Hirten
mit Verantwortung oder Schafe mit einem immer hungrigen Magen und einem
etwas
dämlichen Blöken auf den Lippen.
Ich
möchte mit euch noch ein wenig tiefer in das Bild hinein
wandern, was uns im vorgelesenen Text der Prophet Ezechiel im Alten
Testament
ausmalt. Es wimmelt im Alten Testament von Schafen und Hirten. Wer
schon mal mit
Frau Meier durch die Wüste gefahren ist, weiß,
warum. Stellt euch vor, ihr
sitzt bei Härte 10 oder nach einer Tour zu den Pyramiden in
der Wüste und sollt
euch am Leben erhalten. Ackerbau? Im Wüstensand Kartoffeln
züchten? Ist absolut
nicht drin! Hier entdeckt am Rand der Wüste in der nassen
Jahreszeit Gras. Was
tun? Selber essen? Oder lieber die Tiere fangen, die man dort weiden
sieht?
Also, die Menschen, die am Rande der Wüste gelebt haben, in
biblischer Zeit und
auch heute noch, die fingen die wilden Schafe, machten sie zahm und
lebten von
ihrer Milch, machten sich Zelte und Kleider und Teppiche aus ihrer
Wolle und
ihrem Fell, aßen von dem Fleisch der Schafe. Und so zogen sie
in Großfamilien
mit ihren Zelten und mit ihrer Schafherde, die sie zum
Überleben zusammen
hielten und auch gegen Wölfe, Löwen und andere wilden
Tiere beschützten, so
zogen sie am Rande der Wüste von einer Grasfläche zur
anderen, blieben, bis
alles Gras aufgefressen war und zogen dann weiter. Und je
stärker die Sonne
brannte und alles Gras verdorrte, desto mehr mussten die Hirten, die
Kleinviehnomaden mit ihren Schafen zu den fruchtbaren Gegenden, wo es
Wasser
gab, wo noch frisches Gras zum Weiden war, und so kamen sie in die
Berge des
heutigen Israel, wo im Tal die Kanaaniter ihren Ackerbau trieben, und
oben auf
den Bergen, zwischen den Tälern, da wohnten im Sommer die
Nomaden, die Hirten
mit ihren Schafen. Und die taten sich in einem lange dauernden
Prozeß zusammen
und wurden das Volk Israel, von dem das Alte Testament die
große und lange
Geschichte erzählt.
Das
war also deren Leben: Schafe hüten. So wie wir heute
vielleicht bei Krupp oder Opel arbeiten, im Krankenhaus, in der Schule
oder im
Kaufhaus arbeiten gehen. Deshalb soviel Geschichten von Schafen und
Hirten in
der Bibel: die Leute damals waren ja fast alle Schäfer von
Beruf. Und zuerst
gab es darum bei Ihnen auch kein Eigentum an Land. Man konnte nur die
Herde
besitzen, das Land gehörte allen gemeinsam. Ich finde das eine
ganz tolle
Einstellung, ähnlich wie die Indianer es sehen: das Land
gehört uns allen und
darum ist es Unrecht, wenn einer einen Zaun um ein Stück Land
macht und anderen
den Zutritt verbietet.
Der
Prophet Ezechiel redet im Auftrag Gottes zu den Leuten,
zu verschiedenen Leuten. Er redet im Bild von Hirten und Schafen. Er
redet zu
den Hirten und Schafen. Das Bild haben damals alle verstanden: die
Hirten, das
sind die Führer des Volkes Israel, sind die Könige,
die Leute am Hof: Minister,
Beamte, Sekretäre, Richter, Parlamentarier des Jerusalemer
Königshofes. Sie alle
die im Staate Israel die politische Verantwortung über die
kleinen Leute, die
Bauern, Fischer, Schäfer und Marktfrauen trugen, sie haben
ihre Aufgabe, ihr
Hirtenamt, ihren Schäferberuf einzig und allein dazu benutzt,
um in die eigene
Tasche zu wirtschaften, um Feste bei Hof zu machen, um sich
Grundstücke zu
kaufen. Sie haben aus Steuergeldern ihre Pfründe gezogen, sind
dabei reich und
fett geworden, sind Topmanager geworden, haben sich von Hotel zu Hotel
im
dicken Mercedes chauffieren lassen, kassieren ihre 18000 D-Mark Gehalt
pro
Monat, während die dämlichen Schafe mit 1500 D-Mark
ihre Familie über die
Runden bringen müssen. So ist es heute und so war es schon
damals und das Wort
Gottes ruft in all diese falsche Schäferei, das ungerechte
Hirtenleben damals
und heute hinein: Wehe diesen Hirten! Wehe den Königen die
sich aus
Steuergeldern ein schönes Leben machen und das Volk politisch
an den Rand des
Krieges treiben, damals die babylonische Gefangenschaft, wo Israel
durch eine
nationalistische Politik seines Königs in den aussichtslosen
Krieg gegen die
Großmacht Babylon getrieben wurde und wo alle gehobenen
Leute, Priester,
Minister und Handwerker, ins Exil nach Babylon mitgeschleppt wurden. In
dieser
Situation, im Exil an den Wasserflüssen Babylons, da sitzt
unser Prophet
Ezechiel und predigt diese große Anklage gegen die falschen
Hirten. Und diese Gerichtsrede
gilt heute noch immer: Wehe den Politikern, die unter dem Vorwand
nationaler
Sicherheit die Atomraketen hier bei uns aufbauen, auf die die Russen
unweigerlich
zuerst ihre Bomben richten müssen, wenn sie überleben
wollen. Wehe den
Sicherheitsstrategien, die uns machtlose Herde von
Bundesbürgern die Atombomben
als Ostereier ins Nest setzen, mit denen der dritte Weltkrieg
geführt wird. Ich
könnte die Liste mit Weherufen fortsetzen, gegen alle, die
Führungspositionen
innehaben und die mehr Geld und Besitz haben als ein einfacher
Opel-Arbeiter
oder eine Krankenschwester. Obwohl doch beide gleich viel arbeiten,
beide
Verantwortung tragen über Leben und Tod ihrer Leute. Ich will
aber jetzt von
der Verheißung reden, die der Prophet Ezechiel im Auftrag
Gottes an seine Leute
und auch an uns richtet.
Gott
selbst will der Hirte seiner Schafe werden. Er setzt
alle anderen Hirten ab. Keiner kann von jetzt ab mehr daherkommen und
sagen:
Ich will euer Führer, euer Hirte sein im Namen Gottes. Nein,
diese Sorte Führer
von Gottes Gnaden kennen wir gut genug. Wir haben einen Führer
gehabt, der hieß
Adolf und hat uns ins Verderben geführt. Wir brauchen keinen
neuen Führer, keinen
von diesen schlechten Hirten, gegen die Ezechiel seine Weherufe
richtet. Gott
selbst ist unser Hirte. Und darum braucht kein Mensch mehr sich das
Hirtenamt
über andere Menschen anzumassen. Erst recht nicht, wenn er
sich christlich
nennt und seine Partei noch dazu sich christdemokratisch oder
christlich-sozial
nennt. Solange Gott unser Hirte ist, brauchen wir keinen anderen
Hirten, sei er
christlich oder was auch immer. Auch geistliche Hirten brauchen wir
nicht, wenn
Gott unser Hirte ist. Ich fürchte, überall, wo es
solche Hirten gibt, zeugt das
von der Abwesenheit Gottes. Und wo Gott seine Herde weidet auf
saftiger, fetter
Weide, dort ist so viel Leben in seiner Herde, sind Hammel und Schafe
so sehr
zusammen als eine Herde ohne Zerstreuung, ohne einsame, verwundete,
schwache
und unterdrückte Schafe, dass sich alle Schafe gegenseitig
helfen und
zusammenhalten.
Gott
selbst will die mageren, schwachen, verletzten Schafe
in Schutz nehmen und ihnen wieder hoch helfen und ihnen Recht
verschaffen gegen
die fetten, reichen Hammel. Wo wir Spuren von dieser Gerechtigkeit
finden, da
ist Gott am Werk, da ist Gott der Hirte. Gott als guter Hirte ist
überall da
erkennbar, wo Gerechtigkeit geschieht, wo keiner mehr hungern muss,
während
andere Porsche fahren. Wo keiner mehr gefoltert wird, während
andere Feste
feiern. Wo keiner mehr an der Front kämpft, während
im Pentagon die Generäle sich
die Hände reiben. "Dann werden Sie erkennen, dass ich, der
HERR, ihr Gott
bin und sie mein Volk sind." Da und nur da, wo wir heute in unserer
verwilderten und ungerechten Hammelherde Spuren der Gerechtigkeit
erkennen, die
dem Verirrten den Weg weist, dem Hungernden Brot gibt, dem Gestrandeten
Hoffnung
gibt, dem Verzweifelten Mut zum Leben schafft, dort erkennen wir schon
den Vorschein
der Macht Gottes, des guten Hirten seiner Herde. Die noch einen langen
Weg
durch die Wüste vor sich hat, ehe sie in der Heimat ankommt,
ehe auf dieser
Welt die Gerechtigkeit den Sieg davonträgt, wo keiner mehr
hungert und keiner
mehr im Krieg fällt und keiner mehr unschuldig und ungerecht
leiden muss. Auf
diese Heimat hoffen wir, die verstreute Herde der fetten und mageren
Schafe, zu
ihr sind wir unterwegs. Ein Schaf ist unser Leithammel auf diesem
langen
Marsch: das Lamm Gottes, Jesus Christus. Seiner Demut wollen wir
folgen, seinen
Protest gegen die Reichen uns anschließen, seinem Einsatz
für die Kranken und Verachteten,
die Mühseligen und Beladenen folgen und seinen Weg in den Tod
die Kraft sein
lassen, mit der wir unseren Weg gehen, damit wir mit der Kraft seiner
Auferstehung Aufstand machen gegen das Unrecht und für den
Frieden Gottes. In
der Nachfolge Jesu gehen wir als Gottes Herde und suchen den Weg der
Gerechtigkeit. Ihn zu finden, das wünsche ich uns allen, jeden
in seiner Lage,
und auf diesen schweren Weg liegt die Hoffnung auf Gott, unserem guten
Hirten.
Amen.