Zum Impressum

Predigtdiskussion am 31.5.1981 Christus Bochum

Psalm 34,11-22

11 Kommt her, Kinder, höret mir zu; ich will euch die Furcht des HERRN lehren: 12 Wer ist, der Leben begehrt und gerne gute Tage hätte? 13 Behüte deine Zunge vor Bösem und deine Lippen, daß sie nicht Trug reden. 14 Laß vom Bösen und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach. 15 Die Augen des HERRN merken auf die Gerechten und seine Ohren auf ihr Schreien; 16 das Antlitz aber des HERRN steht gegen die, so Böses tun, daß er ihr Gedächtnis ausrotte von der Erde. 17 Wenn die Gerechten schreien, so hört der HERR und errettet sie aus all ihrer Not. 18 Der HERR ist nahe bei denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagen Gemüt haben. 19 Der Gerechte muß viel Leiden; aber der HERR hilft ihm aus dem allem. 20 Er bewahrt ihm alle seine Gebeine, daß deren nicht eins zerbrochen wird. 21 Den Gottlosen wird das Unglück töten; und die den Gerechten hassen, werden Schuld haben. 22 Der HERR erlöst die Seele seiner Knechte; und alle, die auf ihn trauen, werden keine Schuld haben.

Kaffeekränzchen

oder: Was gehen uns die mittelamerikanischen Kaffeepflücker an'

Wir verkaufen in diesem Gottesdienst Kaffee, und den haben wir von einem anderen Handelsnetz gekauft als den großen Kaffeekonzernen. Denn die Kaffeekonzerne lassen den Landarbeitern, die von morgens bis abends ackern, zuwenig Lohn.

Da sind die doch selber schuld.

Die sind doch selber schuld, wenn die sich übers Ohr hauen lassen.

Die können ja sagen, wenn ihnen der Lohn zuwenig ist.

Die können ja auch mal streiken.

Aber wenn die streiken, dann sind die da doch gleich ihren Job los.

Hier kannst du ja wenigstens noch streiken, wie neulich bei Krupp wieder.

Wenn die da in El Salvador streiken würden, dann könnten sie ja jeden Tag nur noch Kaffee trinken, weil sie ihn nicht mehr loswerden an uns.

Wenn die Bauern den Kaffee mal teurer verkaufen würden, dann würden wir döfer gucken. Die müssen dann aber alle teuer verkaufen.

Wenn einer anfängt, teurer zu verkaufen, müssen die anderen aber auch teurer verkaufen. Sonst gehen die Tschiboexperten doch zum anderen Bauern hin, der noch billig verkauft.

Wenn schon teurer verkaufen, dann müssen das auch alle machen.

Aber dann verkaufen die Konzerne den Kaffee auch hier teurer.

Und wir müssen wieder mehr Geld für unseren Morgenkaffee zahlen.

Oder die sollen ihren Kaffee einfach gar nicht mehr an uns verkaufen. Dann kriegen wir keinen Kaffee mehr.

Aber wenn die den Kaffee nicht an uns verkaufen, wovon sollen die denn dann leben?

Wenn die Bauern den Kaffee an die Konzerne teurer verkaufen, dann verkaufen die den doch auch wieder teurer an uns.

Die Konzerne verkaufen den ja dreimal, zehnmal so teuer weiter, wie sie ihn gekriegt haben. Die kaufen sagen wr mal einen Sack für 10 Mark und hier verkaufen sie ihn für 1OO Mark oder so. Aber die Kaffeek&nzerne müssen doch auch was verdienen!

Aber die betrügen ja sozusagen.

Wieso? Da leben doch die ganzen Händler von, und die Schiffe zum Rüberfahren müssen die ja auch bezahlen, rsd die Geschäfte hier bei uns, die müssen ja auch noch drqn verdienen.

Aber wenn das zu teuer wird, dann kauft das doch sowieso keiner mehr, da müssen die den Kaffee doch dann billiger machen. Sonst werden die den hier doch nicht los.

Aber wir brauchen doch den Kaffee, egal wie teuer.

Können die das denn überhaupt, den Kaffee billiger verkaufen hier? Die müssen ja ihre Arbeiter im Konzern auch bezahlen.

Die Landarbeiter oder Bauern können sich ja mal eine Gitarre kaufen.

Das glaube ich nicht. Guck mal, ein Landarbeiter verdient da im Durchschnitt nur 1000 Mark im Jahr, das sind um die 80 Mark im Monat. Und das ist noch sehr hoch gerechnet. Davon kannst du dir keine Gitarre mehr kaufen, wenn du noch eine Krau und fünf Kinder mit durchbringen mußt.

Die Plantagenbesitzer verdienen aber bestimmt das zwanzigfache oder noch viel mehr.

Da muß man als einfacher Landarbeiter schon 10 Jahre sparen, bis man sich eine Gitarre leisten kann.

Zehn Jahre sparen.

Ja, sicher.

Ja, mir geht es anders. Ich kann mir eine Gitarre so eben mal kaufen.

Wir können eben mehr Geld zurücklegen. Und die brauchen alles Geld fürs Leben.

Die könnten ja alle mal hierher kommen. Denn hier kriegen sie doch noch besser Arbeit wie da drüben.

Und wie sollen sich die hier unterhalten?

Stell dir mal vor, wir haben doch jetzt schon mit den Türken und den Jugoslawen und Griechen und Spaniern genug Arbeiter. Die sitzen doch hier auch schon auf unseren Arbeitsplätzen. Dann hätten wir ja gar keine Arbeit mehr für uns selbst.

Wir haben ja sowieso zu wenig Arbeit schon.

. Soll\die doch nach England gehen.

In England gibt es aber noch mehr Arbeitslose, da kommen die erst recht doch nicht mehr unter. Die würden doch sagen: Tschüss, Leute, geht mal gleich wieder übern Ozean, woher ihr gekommen seid.

Übern Ozean gehen, geht aber nicht. Höchstens fliegen oder fahren.

Wie würden die denn sonst Arbeit finden?

»Die müßte man überhaupt erst mal arbeiten lassen!

-Die wollen doch gar nicht arbeiten.

Wer will nicht arbeiten?

Die Landarbeiter in El Salvador, Guatemala und so. Gibt´s denn da eigentlich Arbeitslosenunterstützung? Nein, gibt es nicht.

Wäre ja noch schöner, denen den Rachen mit unseren Steuergeldern vollzustopfen, Entwicklungshilfe und so.

Arbeiten wollen tun die schon, aber es ist doch keine Arbeit da. Da gibt es doch nur während der Kaffeeernte Arbeit, vier Monate im Jahr höchstens.

Was könnte man denn machen, daß Arbeit da ist?

Vielleicht sollten die ihr eigenes Land einmal aufbauen und bestellen.

Die haben doch gar kein eigenes Land. Das Land gehört doch alles den Plantagebesitzern.

Die Landarbeiter könnten es denen vielleicht abkaufen.

Aber die verdienen doch kaum 50 - 80 Mark im Monat, das ist soviel, daß sie weder leben noch sterben können. Davon können die doch kein Land kaufen.

Aber vielleicht können sie das Land ja abarbeiten und sich zuerst so einen ganz kleinen Acker kaufen und den dann bearbeiten.

Dann müßtest du aber mehr Geld verdienen, als du zum Leben brauchst Soviel wie ich zum Beispiel. Ich kann mir bequem meine Gitarre kaufen. Oder eure Eltern haben auch soviel, um sich, sagen wir mal eine Stereoanlage oder ein Farbfernseher oder ein neues Sofa zu kaufen. Aber die Campesinos haben eben nicht soviel geld. Was kann man denn da machen?

Geld spenden.

Die kriegen doch schon soviel, oder etwa nicht?

Ja, die kriegen ja soviel. Wir buttern doch dauernd da Entwicklungshilfe rein.

Die könnten doch vielleicht mal so eine Gemeinschaft aufbauen, die da handelt.

Ja, so eine Art Genossenschaft mit gemeinsamen Landmaschinen und dann auch direkt einen Handel aufmachen mit uns hier.

Oder irgendwie gegen die Konzerne ankämpfen.

Ankämpfen, etwa mit Gewalt, oder wie oder was? Das wäre ja noch schöner! Hier, Terrorismus und so.

Nein, so meine ich das nicht.

Ja, wie meinst du es denn dann?

Sich irgendwie dagegen stellen.

So wie die Arbeiter hier bei Krupp, wenn die Zusammenkommen vor der Chefetage an der Alleestraße und sagen, hier, wir wollen mehr Lohn haben?

Dann sitzen die erst mal da rum und sagen: Wir wollen mehr Lohn.

Da können die aber lange sitzen. Die Plantagenbesitzer geben denen ja doch nicht mehr. Die holen sich gleich neue Arbeiter, weil die vorher arbeitslos sind und dann dankbar wären, überhaupt eine Arbeit zu kriegen.

Die können ja mal einen Hungerstreik machen.

Hungerstreik, das machen die ja sowieso schon die ganze Zeit. Außerdem würden die Plantagenbesitzer die Leute auch einfach sitzen lassen und dann verhungern die glatt.

Und wenn die verhungert sind, würden sich die Plantagenbesitzer einfach die nächste Landarbeiterriege holen, weil davon gibt es ja genug.

Wenn man friedlich protestiert, passiert da gar nichts.

Und wenn die einen nichts tun, tun die anderen auch nichts.

Nur satt wird davon keiner.

Und wenn man da etwas mehr macht, kommen die doch dann gleich mit der Armee anmarschiert.

Wozu haben die überhaupt eine Armee? Um gegen die USA zu kämpfen oder gegen Nachbarländer?

Gegen sich selber kämpfen die. Die kämpfen mit ihrer Armee gegen das eigene Volk.

Wenn die Plantagenbesitzer nicht so durchkommen bei den Landarbeitern, dann kommen die gleich mit der Armee an. Und die macht dann Terror.

Die bringt die Landarbeiter wieder zur Vernunft.

Ist denn das vernünftig, vier Monate im Jahr auf fremden Feldern zu arbeiten und zuhause Kinder zu haben, die verhungern? Ist es denn nicht viel vernünftiger, das Land gehörte allen, und sie würden statt Kaffee Sojabohnen und Getreide und Gemüse anpflanzen, damit sie vernünftig zu futtern haben? Sie können heute ja nicht einmal selbst den Kaffee bezahlen und trinken, den sie für die Plantagenbesitzer und für uns hier in Bochum ernten.

Ist es nicht wirklich vernünftig, die paar reichen, superreichen Großgrundbesitzer zu vertreiben und ihre Spitzel und Gestapoleute aus dem Land zu verjagen, und endlich selbst das Land zu bebauen mit Grundnahrungsmitteln. Ist nicht der Aufstand in Nicaragua das einzige Vernünftige gewesen in dieser Situation: Sich dünken und kuschen, während daheim der kleine Fernando oder die kleine Violetta an Hunger stirbt. Sich kuschen heißt: seine Kinder verhungern lassen, während die reichen Kinder Golf spielen. Ist nicht das einzig vernünftige, da einen Aufstand zu machen gegen die Herren? Damit noch vor unserem Tod, noch vor ihrem Tod Gerechtigkeit passiert.