Gehalten am 16.9.1981 in der Frauenhilfe
Christuskirchengemeinde
Zuerst
Brainstorming: Liste durch Zuruf: typisch Mann - typisch Frau.
Hinterher:
Rollentausch spielen! Davor abspielen von den Bots: „Ich bin
ein Mann…“
Vorbemerkungen:
Zuerst hieß es: der Mann, dann: Mann und Frau. Der Mann
wird erst zum Mann gegenüber der Frau. Die Reihenfolge:
Familie-Kirche-Gesellschaft ist eine umkehrbare. Die Gesellschaft wirkt
über
Gesetze, Fernsehen und Berufsleben bis in die intimsten Bereiche des
Familienlebens. Der verärgert von der Arbeit kommende Mann
kann, völlig kaputt,
gar nicht der liebende geduldige Vater sein, kann nicht mehr der starke
und
einfühlsame Ehepartner sein. Der Ablauf des Familienlebens
wird ungeheuer von
der Gesellschaft prädestiniert. Umgekehrt läuft ein
Großteil der Sozialisation,
jedenfalls die wichtigen ersten drei Jahre, in der Familie und
prägt
wesentliche Charakterzüge der Kinder, bevor sie noch mit
Fernsehen, Schule und
Spielplatz in Kontakt kommen.
Es
gibt typischeMännerberufe und Frauenberufe. Sozialgeschichte
der
Arbeitsteilung. Leitende Positionen in den Händen der
Männer. Leichtlohngruppen
mit minderwertiger Arbeit und Qualifikation für Frauen.
Höhere Arbeitslosenquote
bei Frauen. Doppel und dreifach Belastung: Arbeit-Kinder-Haushalt.
Können
Männer härtere Arbeit machen? Im Sport haben sie
bessere Leistungen errungen
als Frauen. 10 Sekunden oder Zentimeter besser. Ist die Frau das
schwache
Geschlecht? Trümmerfrauen hatten stahlharte Muskeln.
Männer fallen in Ohnmacht,
wenn sie Blut sehen. Stark oder schwach ist Trainingssachen. Hart oder
weich
ist Erziehungssache. Letztlich bestimmt die Anforderung des Berufs den
Charakter des Menschen. Ich als Pastor darf ausnahmsweise weiblich
sein,
nachgiebig, hilfsbereit, sanft, fürsorglich, Mädchen
für alles. Dafür werde ich
als Mann zugleich unter Männern nicht so ganz ernst genommen.
Der Beruf prägt
die Seele und den Charakter.
Die
Familie ist erstmal der zentrale Arbeitsplatz der Frau. Bei 4000
D-Mark Gehalt hat der verheiratete Mann 960 D-Mark Steuerersparnis.
Seine Frau
bringt ihm also fast 1000 D-Mark ein. Eine unverheiratete Mutter
bekommt
dagegen vom Sozialamt nur 417 DM Sozialhilfe. Immer noch ist eine Frau
an die
Ehe gebunden, wenn sie überleben will als Mutter.
In
der Dritten Welt gibt es den Machismo: Männer sind wie
Drohnen, die
keine Verantwortung tragen und von Frau zu Frau tingeln. Die ganze Last
der
Ernährung und Erziehung der Kinder liegt auf den Schultern der
Frauen. In
anderen Gesellschaften gibt es das Matriarchat: die Frau ist die
eigentlich
Lebensspendende. In Sparta waren die Frauen die politisch Bestimmenden.
Die
Rolle der Kirche in diesem Wechselspiel von Familie und Gesellschaft,
Privatheit und Öffentlichkeit ist entsprechend differenziert.
Einerseits ist
die Kirche durch die Kinder und Jugendarbeit, Gottesdienst und
Elterngruppen
selbst gesellschaftliche Sozialisationsagentur, die als Teil der
Gesellschaft
der Familie begegnet. Andererseits ist gerade die Kirche Anwalt der
Familie als
der grundlegenden Keimzelle der Gesellschaft. Die Kirche steht also
zwischen
den Stühlen und sitzt zugleich auf beiden ein
Stückchen mit drauf: sie ist
Gesellschaft, Gesellschaft der in die Nachfolge Christi Berufenen, aber
sie ist
in der Gesellschaft nur noch Randgruppe, kognitive Minderheit. So steht
sie der
Familie gegenüber. Zugleich aber besteht die Kirche aus
Familienmitgliedern,
die meist als ganze Familien am kirchlichen Leben teilnehmen, und sie
tritt in
der Politik, in der Gesetzgebung massiv für die Familie ein.
Aber
zugleich ruft die Kirche aus der Familie heraus in die Nachfolge
(Matthäus 10, 34 - 39), wobei die Familie zerstört
wird. „Da ist nicht mehr
Jude und Grieche, Mann und Frau, sondern alle sind eins in
Christus.“ (Gal 3,
28) der alte Gegensatz, die alte Verteilung von Rollen, Aufgaben,
Funktionen
ist in Christus aufgehoben. Damit ist der Weg zu einer nicht mehr von
Unterschied, auch nicht von gesellschaftlichen Unterschieden
geprägten,
partnerschaftlichen Beziehung zwischen Mann und Frau angetreten. Wir
sehen, die
Kirche lässt sich weder in Familie noch Gesellschaft so
einfach unterbringen.
Sie ruft aus beiden heraus zur Nachfolge.
Das
Naheliegende zuerst, Anspruch und Wirklichkeit. Im letzten Jahr
waren 82% der Arbeitnehmer im Diakonischen Werk Frauen. Wir leben in
einer
Frauenkirche, die von Männern geleitet wird, schreibt die
Vorsitzende der
evangelischen Frauenhilfe, Dr Christel Meyer Herbert, in den
Arbeitshilfen zu
diesem Thema. In unserem Teil Presbyterien sind 5 Männer und
zwei Frauen. Im
Mai hatte unsere Gemeinde fünf männliche und einen
weiblichen Geistlichen Punkt
bis auf Herrn Meier ist die gesamte Mitarbeiterschaft weiblich. Die
Abendmahls Statistik
zeigt ungefähr ein Drittel Männer gegenüber
zwei Drittel Frauen, auch hier im
Gottesdienst sind mehr Frauen in der Kirche und kaum einer in leitender
Position. Wann werden wir den ersten weiblichen Preises
wählen? Warum mutet uns
dieser Gedanke so komisch an? Ist nicht in unseren Köpfen die
alte, ungleiche
Rollenverteilung so intensiv noch drin das wird zwar von
Brüdern und Schwestern
reden, aber entsetzt sind, wenn wirklich ernst gemacht wird mit
Bruderschaft,
wenn Männer und Frauen gleiches Recht und gleiche
Verantwortung bekommen?! Auch
darin ist Kirche Teil der Gesellschaft, dass sich in ihr der alte
Patriarchalismus
verewigt hat. Die Arbeiten machen die Frauen, die Leitung machen die
Männer,
aufs große Ganze gesehen. Warum kocht nicht mal der
Männerdienst den Kaffee für
die Adventsfeier der Frauenhilfe, warum kochen die Frauen des zweiten
Bezirks
Kaffee für die Adventsfeier des Männerdienstes? Wer
dient wem? Dienet einander
heißt es. Wo Männer in unserer Kirche den Frauen
dienen, habe ich bisher nicht
gesehen. Warum gehen die Frauen sammeln, kein einziger Mann? Warum geht
die
alte Frau Vogt, über und über mit Krankheit bedeckt,
noch sammeln, während die
rüstigen Männer des Presbyteriums die Sessel
drücken bei den Sitzungen? Gilt
bei uns immer noch Paulus: „Die Frau schweige in der
Gemeinde“ - und nicht die
Vorliebe Jesu für Frauen (Maria und Magda und die
Auferstehungszeugen)?
Genesis
1, 27: Als Mann und Frau schuf er sie. Keine Ehe, nur
Geschlechtlichkeit angesprochen.
Genesis
1, 28 Seid fruchtbar und mehret euch! Keine Ehe, auch Polygamie!
Die Menschheit vergrößern. Einer großen
Menschheit ist die Weltverantwortung
anvertraut. Keine patriarchalische Überordnung des Mannes
über der Frau.
Jesaja
66, 13 Wie einen seine Mutter tröstet, so will Jahwe
trösten.
Weibliche Züge im Bild Gottes. Barmherzigkeit ist im
Hebräischen synonym mit Mutterschoß.
Geist Gottes ist weiblich: hebr. Ruach.
Jesu
Abba und guter Hirte der umkehrt und das verlorene sucht und
annimmt: Sind das nicht mütterliche Züge?
Väterliche Gnade ist Gottes neue
Qualität. Auf dem Weg zu einer neuen Väterlichkeit!
Jesus
und die Frauen: Auferstehungszeugen, Jüngerinnen, damals
revolutionär.
Gal
3, 28: weder Mann noch Frau. Aufhebung der sozialen Relevanz des
Geschlechtsunterschieds. Für die Beziehung zu Christus ist das
Geschlecht nicht
entscheidend.
Stellen
wir uns vor: ein Pastor hat sich beurlauben lassen,
Vaterschaftsurlaub. Er ist Hausmann, wickelt das Baby, gibt ihm die
Flasche und
macht alles vom Strümpfe stopfen überbügeln,
Windeln waschen bis zum eiapopeia
und Liedchen singen. Seine Frau kommt abends nach Hause und
fällt k.o. in den
Sessel vorm Fernseher. Er bringt ihr einen Tee und richtet das
Abendbrot her.
Sie erzählt vom Tag im Chemiewerk, von den Rangeleien
während der
Aufsichtsratssitzung, die sie geleitet hat, von der Rüge, die
sie einem ihrer
Untergebenen erteilt hat, weil er schlampig arbeitet, beklagt sich
über die
Tippfehler ihres Sekretärs und die störrischen
Laborassistenten, lobt die
Prokuristin die gerade in München einen neuen Auftrag
ergattert hat. Der
Hausmann hört geduldig zu.
Wollen
wir uns einmal in kleinen Gruppen aufteilen und diese oder eine
ähnliche Situation spielen? Wir können uns aufteilen
und diese oder eine ähnliche
Situation spielen: Was könnten wir anders machen in unserer
Gesellschaft, in
unseren Familien, in unserer Kirche, um Männer und Frauen
wirklich gleich zu
behandeln? Arbeitsgruppen?
Frauen
wünschen sich von den Männern....
Männer
wünschen sich von den Frauen mehr....
Zwei
Gruppen sitzen sich gegenüber. Material: Stifte und Papier,
Kassettendeck mit einer Musikkassette von den Bots.