Erntedank
- und wir haben wirklich allen Grund zum Danken:
Noch nie haben wir so viel und in so großen Auswahl zu essen
gehabt und noch nie
mußten wir dafür so wenig arbeiten wie heute, Mit
einem Fünftel unseres
Einkommens nur kaufen wir Essen. Erntedank — wofür
sollen die danken, die keine
gute Ernte hatten, die nichts als Undank geerntet haben, als man sie
nach
Jahrzehnten Fabrikarbeit nun plötzlich wegen ihres Alters von
die Tür setzt;
wofür sollen die Arbeitslosen danken?
Erntedank
- wofür sollen 700 Millionen Menschen, über das
Zehnfache unseres Volkes, 700
Millionen Menschen in Armut, Elend und Hunger, wofür sollen
die Danken? Die
Landarbeiten aus EL Salvador, mit deutschen Gewehren abgeschossen und
wir
trinken ihren Kaffee zu Billig-Preisen. Die Farmarbeiter in
Südafrika, in ihrem
eigenen Land in Ghettos mit Stacheldraht gesperrt, und wir essen ihre
Apfelsinen, Bananen, Weintrauben und Spargel aus dem Supermarkt,
schenken die Krügen-Rand-Goldmünzen
aus den unmenschlichen Bergwerken Johannesburgs zur Konfirmation. Erntedank - wir haben
allen Grund zum Danken,
2/3 den Menschen hat dazu keinen Grund. Weil wir prassen,
müssen sie darben. Wir
alle wissen irgendwo und irgendwie, so
geht es nicht weiter. Aber wie geht es anders, geht es besser, ohne
Hunger,
ohne Armut des größten Teils der Menschheit? Wir
brauchen einen Weg, den wir gehen
können, wo wir selbst etwas mittun können zu dem
Wachsen den Gerechtigkeit und
des Friedens, von dem die Engel Gottes singen. Gott will, daß
allen Menschen
geholfen werde und Gott hat keine anderen Hände als unsere.
Wir haben jahrelang
vom Hunger gepredigt. Ich weiß selbst, wie langweilig dieser
Dauerton von den
Kanzel geworden ist, gerade bei einem Pfarrer, den satt ist und eine
Villa
bewohnt. Wir sind alle gegen Hunger. Ganz klar. Ähnlich, wie
wir gegen Krieg
sind. Wer will das schon. Aber die Zahl der Panzern, Raketen, U-Boote
und Flugzeuge
wächst mit der Zahl den Hungernden. Die Frauen vom 2. Bezirk
und die
Konfirmanden haben das diese Woche in einem Diavortrag sehr deutlich
gesehen.
Ein Großteil des Elends in vielen armen Ländern
rührt daher, daß die Regierung,
oft eine Militärjunta oder eine Diktatorenherrschaft,
üben die Hälfte ihres
Staatshaushaltes in den Kauf von Waffen steckt. Den Hunger auf der
ganzen Welt liesse
sich mühelos und nachhaltig beseitigen, wenn man die
Rüstungskosten eines einzigen
Jahres auf der ganzen Welt in Sozialreformen und Bodenreformen
investieren
würde. Nicht etwa eine zu geringe Nährkraft der Erde
sorgt für Hunger, nein,
die Erde kann alle Menschen satt machen, wenn man sie nur gut und
liebevoll bebauen
würde. Nein, der Hunger kommt durch die ungerechte Verteilung
des Bodens, des
Geldes und den Macht.
Früher
haben wir geglaubt, die Entwicklungsländer müssen all
das nur nachholen, was wir an Entwicklung durchgemacht haben:
Merkantilismus,
Industrialisierung, soziale Frage und nach einigen deftigen Kriegen
kommt dann
das Wirtschaftswunder. Wir haben uns dann etwas gewundert, dass die
armen Länder
nicht reicher wurden, als bei ihnen Industrie entstand. Sie werden
stündlich
ärmer, ihre Staatsschulden steigen immens, die
Entwicklungshilfe ist dagegen
ein Trostpflästerchen, mit dem obendrein oft noch derartig
Unfug geschieht wie
etwa Krankenhausbauten für die ohnehin gut versorgte
Oberschicht in den armen
Ländern. Die wirklich armen Leute sehen von unserer
staatlichen
Entwicklungshilfe so gut wie nichts. Wie immer. Sachzwänge und
Korruption in
fröhlichem Wechsel. Wir haben angesichts des
Ärmerwerdens der armen Länder
trotz Industrialisierung dann untersucht, woran dies liegt, und
können das auch
recht klar und einfach sagen: die Firmen unserer westlichen
Industrienationen
sind bei wirtschaftlichen Verhandlungen mächtiger als die
Verhandlungspartner aus
der Dritten Welt und diktieren daher die Handelsbedingungen zu unseren
Gunsten.
Rohstoffe aus Indien, Chile, Brasilien und all den anderen armen
Ländern werden
für einen Bruchteil dessen aufgekauft, was ihre Produktion bei
uns kosten
würde. Umgekehrt werden unsere industriellen Güter zu
sehr hohen Preisen
verkauft. Es findet ein ungleicher Tausch statt. Manche sagen dazu auch
Ausbeutung. Wie empfindlich es uns trifft, wenn Länder der
Dritten Welt durch
die internationale Marktlage mit einem Mal als Verhandlungspartner
ebenso
mächtig werden wie unsere Auslandskaufleute und Konzernherren,
sehen wir an den
Ölpreisen. Hier findet ausnahmsweise einmal gleicher,
gerechter Tausch statt
und schon geht bei uns das Gejammer über Benzinpreisanstieg
los und schon bilden
die USA Truppen aus, die speziell für
Überfälle auf ein Öl produzierendes Land
getrimmt sind. Und den Hauptgewinn machen immer noch die
Ölgesellschaften
unserer Länder. Und wir sind wie immer machtlos, wir, die wir
hier sitzen und
uns über die steigenden Benzinpreise ärgern. Und die,
auf die man eigentlich
schimpfen müsste, lassen sich in der Kirche sowieso kaum sehen
und wenn, dann
würden sie spätestens jetzt unter Protest austreten,
und der Kirche wären
wieder einige tausend Mark Steuereinnahmen durch die Lappen gegangen.
Brich
mit den Hungrigen dein Brot, sagt uns Gott durch den
Propheten Jesaja. Nun, die Hungrigen wohnen weit weg. Sicher, wir haben
auch
unter uns noch einige, denen es schlecht geht. Aber gegen das Elend in
Bangladesch lebt bei uns auch der letzte Penner noch wie im Luxus. Wie
können
wir einfachen Leuten aus Bochum den Hungrigen in Indien, in Bangladesch
und
Chile unser Brot brechen? Der Weg ist weit und wir haben selbst oft nur
wenig
mehr als unser Auskommen.
Von
heute auf morgen können wir nichts ändern. Und
zugleich
läuft die Zeit, die Hungernden können nicht warten,
bis wir so nett sind und
ein Care-Paket rüberschicken. Sie erleben täglich,
wie ihre Freunde, Verwandten
und Dorfmitglieder am Hunger sterben. Und sind entweder völlig
apathisch und
stumm geworden und warten auf den Tod, weil sie zu schwach geworden
sind, um
gegen ihn zu kämpfen. Oder Sie haben durchschaut, wer das Geld
kassiert, was
Ihnen zum Überleben fehlt, und sie kämpfen
verzweifelt, wirklich verzweifelt
und mit oft lächerlichen Gewehren gegen die modernen
Gefechtswaffen ihrer
Regierungen um gerechte Verteilung des Bodens, um eigene
Ländereien, auf den
sie das anbauen wollen, was sie zum Leben brauchen und nicht das, was
ein
Grossgrundbesitzer, oft der Staatschef selbst, angebaut wissen will
für den
Export an uns. Versuchen wir doch als erstes, über diese
Bewegungen, die im
Namen der Gerechtigkeit in ihrem Land kämpfen, nicht sogleich
unser Urteil zu
fällen, als sei das alles nur Ungehorsam,
Verantwortungslosigkeit, reine Lust
am Terror.
Das
zweite: wir haben Gesundheitsprobleme wegen Überfettung.
Wir lieben inzwischen das schiere Fleisch und entfernen das Fett vom
Braten.
Von dem, was man an ein Schwein verfüttert und dadurch Fleisch
bekommt, um
einen Mensch satt zu machen, könnte man, wenn man es als
Gemüse für Menschen
anbaute, 10 Menschen satt machen. Ein Fleischesser verbraucht also von
dem, was
wir ernten, so viel wie 10 Gemüseesser. Wir wissen, wie unsere
Fleischabteilungen
sich in den letzten Jahren vergrößert haben und wie
selbstverständlich wir
immer kräftiger zulangen. Würden wir weniger Fleisch
essen, könnten die
Fleischproduzenten weniger verkaufen, müssten also die
Viehzucht
zurückschrauben und dann wird notwendigerweise wieder mehr
Land nutzbar zum
Anbau von Gemüse, Reis, Sojabohnen und all den Dingen, die in
den armen Ländern
die Menschen wirklich satt machen könnten. Versuchen wir das
doch einmal: Brich
mit den Hungrigen dein Brot, iß weniger Fleisch, damit mehr
Gemüse wachsen
kann. Iß nicht so viel, sondern kaue gut, dann wird deine
Nahrung dich besser
satt machen und dir mehr Nährstoffe geben. Brich mit den
Hungrigen dein Brot,
das heißt für uns heute: macht dem Kaffeebauern, der
dir seinen Kaffee
verkauft, um von dir einen Traktor zu erwerben, einen guten Preis.
Tausche
gerecht. Teile den Gewinn so, dass du genug hast und das auch er leben
kann,
überleben kann. Entwickele eine neue Weltwirtschaftsordnung.
Die Kirche hat ja
ein Modell entwickelt. Die Dritte-Welt-Läden kaufen mit
minimalsten eigenen
Gewinn ohne den riesigen Zwischenhandel, der das meiste Geld
verschlingt,
möglichst direkt von den kleinen Fabriken oder
Ländereien in den armen Ländern.
Das ist ein erster Schritt zum gerechten Teilen.
Wir
feiern nun das Abendmahl. Wir essen und trinken, was uns
gegeben wird, was wir nicht selbst gemacht haben. Wir leben von dem,
was uns
gegeben wird. Was uns zugute kommt, kann uns nicht allein
gehören. Die Liebe
zum anderen wird uns bewegen. Sie kann durch schauen, was zwischen uns
steht, und
gibt nicht auf abzubauen, was uns trennt. So werden wir wie Jesus mit
anderen
Leben, auch wenn wir uns unterscheiden und Unterschiede nicht aufgeben.
Wir
wollen uns nicht täuschen: die Liebe, die uns bewegt,
scheitert an uns. Aus unserer Eigenart entsteht immer neue Schuld-in
Ehe,
Familien, Freundschaften, im Beruf und im Zusammenleben der
Völker. Gerade
darum bleiben wir angewiesen auf das Wort, dass uns von Tag zu Tag neue
Anfänger schenkt, Anfänger, die wir auch mit anderen
suchen. So geschieht Vergebung.
Wir brauchen Vergebung wie unser tägliches Brot. Wenn uns
vergeben wird, können
auch wir vergeben. Wenn wir Brot und Wein die Fülle haben,
können wir teilen.
Wenn jeder genug hat weil alle teilen, gibt es Frieden. Dafür
lasst uns
einander stärken mit dem Brot und Wein, dass uns Leib und
Leben Christi in
unsere Gegenwart bringt. Herr, wir suchen erfülltes Leben.
Lass uns das
Besondere im alltäglichen finden-wenn wir reden und
zuhören, arbeiten und
feiern, essen und trinken. Wir hoffen, dass uns zuteil wird, was uns
fehlt.
Über
300.000 Schulbutterbrote wandern in der Bundesrepublik
täglich in die Abfalltonnen. Davon könnte man 10.000
Menschen in der Dritten
Welt satt machen. Es wandern sozusagen das Leben von 10.000 Menschen in
die
Mülltonnen unseres Überfluss ist. Ein Viertel unserer
Bevölkerung muss sich von
Diät- und Schonkost ernähren. Ursache sind Gallen-,
Leber-, Magen- und
Darmerkrankungen und Zucker. Der Trend zur allgemeinen
Überernährung hält an.
Die Nahrung ist vor allem zu fetthaltig. Auch der Anstieg des
alkoholverbrauch
ist eine der Hauptursachen für Innere Organerkrankungen. So
sagen es die
Zeitungen. Herr, unser Gott, wir wissen es im Kopf, aber nicht mit dem
Herzen,
wie leichtsinnig und verschwenderisch wir mit dem Brot, deiner Gabe,
umgehen.
Wir ruinieren mit unserer Gefräßigkeit unseren Leib,
den Du uns geschenkt hast.
Durch unsere Selbstsucht müssen viele Menschen hungern. Wir
schämen uns vor
dir. Wir schämen uns vor den Menschen, die nicht genug zum
Essen haben. Wir bitten
dich um Vergebung. Gib uns, Herr, eine Chance, unseren Glauben neu zu
bewähren.
Mache uns bereit, mit deinen Gaben verantwortlich umzugehen, deine
Gaben mit
anderen zu teilen, für deine Gaben täglich zu danken.
Wir verseuchen deine
Schöpfung mit Kunstdünger und
Schädlingsmittel, machen die Flüsse zu Gift
Gräben und die Luft zu qualmen. Unser Verhältnis zu
deiner Schöpfung, von der
wir leben, ist gestört, ist verdeckt von unserem Drang, alles
bis zur
Erschöpfung auszunutzen und auszunehmen, ist so verdeckt wie
unser Erntealtar
durch die Plastikplane. Herr, mach uns bereit zu einem neuen Nachdenken
und zu
neuen Schritten im Umgang mit deiner Schöpfung, damit wir
nicht eines Tages
unsere Ernte ganz vergiftet haben. Lass uns Wege suchen und finden,
statt Raubbau
Fürsorge walten zu lassen im Umgang mit der Natur und mit
unseren Mitmenschen
in der Dritten Welt. Dazu hilf uns, Herr. Amen.
Kollektengebet
Jeden
Morgen wundere und freue ich mich, dass ich da bin und
lebe und denken kann und dein Mensch bin, dass ich reden und lachen,
schaffen
und Werken kann und die Tage sind immer zu kurz. So schön das
Schlafen ist, oft
macht es mir Mühe, ins Bett zu gehen, weil ich noch so viel zu
tun und das
Leben auskosten möchte. Aber noch schöner als
schlafen ist nichts tun und einfach
da sein und sich freuen am Leben wie die Lilien auf dem Feld und die
Vögel
unter dem Himmel. Sich freuen und all den Reichtum genießen,
den du uns gegeben
hast: die Zeit und das Denken, den Sonnenschein und die Sterne, Wind
und Regen
und Regenbögen und die schöne Erde mit all ihrer
Herrlichkeit, ihren Wundern
und guten Sachen. Oh Gott ich danke dir, dass ich lebe. Amen.
Wir
denken vor dir, himmlischer Vater und Freund, an die
Menschen, die uns lieb sind, und an die fehlen, die wir nicht kennen,
und die
doch deiner und unserer Hilfe bedürfen: an die Hungernden auf
unserer Erde und
an die Armen, an alle, die von der Gedankenlosigkeit der satten
übersehen oder
von dem Hochmut der mächtigen gedemütigt werden.
Wir
bitten dich: Herr, erbarme dich.
Wir
denken an alle, die allein sind, an alle, die sich an
Entscheidungen quälen, die von Sorgen zermürbt sind
und vor Arbeit nicht
wissen, wohin. An alle die jungen Menschen, die der Hunger nach Leben
quält,
die an den Überlieferungen der alten zu ersticken meinen, und
an die alten, die
von der Sorge um betrieben werden, ihre überlieferte Ordnung
könne zerstört
werden, an die Kranken und Sterbenden und an die Gefangenen.
Wir
bitten: Herr, erbarme dich.
Wir
bitten für alle, denen vor der Zukunft graut, die die
Schuld Ihrer und unserer gemeinsamen Vergangenheit drückt, die
verbittert sind,
weil ihr Rufen nicht gehört wird und darum zu Pflastersteinen
greifen, für die
Politiker in den entscheidenden Positionen, die zu oft unter dem Druck
der
angeblichen Sachzwänge ihres Amtes die Augen und Ohren vor den
großen Problemen
unserer Zeit verschließen.
Wir
bitten dich: Herr, erbarme dich.
Wir
bitten für alle die unter unseren Mitmenschen, die dir
nicht glauben können oder wollen, für die
hochmütigen unter ihnen und für die
ehrlichen, die gleichgültigen und die verzweifelten, die
Atheisten und
Materialisten in den kommunistischen Ländern, die Atheisten
und Materialisten
in den kapitalistischen Ländern.
Wir
bitten dich: Herr, erbarme dich.
Lass
uns nie vergessen, dass du auf der Seite der leidenden
und der von dir getrennten stehst, in Jesus Christus, dem Gekreuzigten,
unserem
Herrn, der uns jeden Menschen zum Bruder und nächsten gegeben
hat, damit wir
ihn wichtiger nehmen als uns. Amen.