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Predigt über Jesaja 9,2-7

Heiligabend 24.12.1981 in der Christuskirche Bochum

Begrüßung. Ich ziehe den Pennermantel von Opa über meinen Talar vor dem Altar. Zwei Kleider, zwei Welten. Die Penner draußen vor der Tür. Die Arbeitslosigkeit steigt, die draußen vor der Tür werden mehr. Die Kirchen werden Lehrer. Dennnoch: wer noch das Gefühl hat, die Festgans und der Schachcomputer unterm Weihnachtsbaum seien nicht alles, was diesen Tag ausmacht, der hat auch noch ein Stückchen Sehnsucht nach Mehr. Der ist nicht völlig in dem Materialismus erstickt, den wir immer gerne am Osten beklagen. Darum sind uns alle herzlich willkommen, die noch offen sind für die Nachrichten aus armen Ländern, in diesem Fall das Land Galiläa und das kleine Dorf Bethlehem, indem in einem Futtertrog in Lumpen gewickelt ein Kind namens Jesus geboren wurde.

Penner Mantel- darin war ich 1980 in einer Kirche und hörte mir, vom Küster mißbilligend angesehen, einen Weihnachtsgottesdienst an. Und dachte, der Pastor mit seinen salbungsvoll in Worten, der hat gut reden. Jetzt habe ich's selbst. Ich dachte, wie kann denn der von Frieden und eiapopeia reden, wo die größere Hälfte der Menschen hungert und schlichtweg gar nichts davon hat, daß Christus geboren ist. Das macht auch nicht satt. Und ich dachte: wie können wir Christi Geburt mit Weihnachtsbraten feiern, während wir genau wissen, da werden jetzt tausende von Kindern geboren, die braucht kein Herodes ermorden zu lassen, die sterben in ein, zwei Tagen von selbst vor Hunger. Dürfen Christen überhaupt noch Weihnachten feiern?

Ich möchte sagen: ja. Ich möchte gerne mit Ihnen, mit euch Weihnachten feiern als die Geburt Gottes bei den Armen, als eindeutigen Schritt Gottes an die Seite der Armen, für die Jesus lebte, predigte, heilte, Wunder tat und starb-den Tod eines Sklaven. Und mir macht Jesus, der eindeutige Schrift Gottes an die Seite der armen Leute, Mut, es nachzumachen, ebenso zu leben zu versuchen. Ich möchte mit ihnen, mit euch, Weihnachten feiern als Fest der Hoffnung auf die Erfüllung der Botschaft Gottes von der Gerechtigkeit, vom Ende des Sommers, der Kriege, der Grausamkeiten, als Fest der Vorfreude auf das Wiederkommen Christi, auf den letzten Advent, wo Gott dazwischen wird alle Tränen der Opfer unserer ungerechten Lebensverhältnisse.

Weihnachten-Fest der Hoffnung auf den Tag Christi, fest der Vorfreude auf Gerechtigkeit und Frieden, voraus Feier des Endes von Hunger und Krieg mitten in der Nacht, in der Finsternis, in der Traurigkeit. Wer so Weihnachten feiert, weiß, daß er selbst etwas tun muß für Gott, für Gerechtigkeit und Frieden. Denn hoffen heißt nicht: die Hände in den Schoß legen und den lieben Gott einen schlechten Mann sein lassen, der in 2000 Jahren noch kein Stück weiter gekommen ist mit seinem Versprechen von Frieden und Gerechtigkeit. Weihnachten feiern heißt: ich, der ich reich beschenkt bin und gut gegessen habe, überlege mir bei der Erinnerung an Gottes Geburt in Bethlehem, was ich heute, hier, jetzt und morgen und im nächsten Jahr dafür tun kann und will das nicht mehr gehungert werden muß, daß keine Kriege mehr vorbereitet werden und stattfinden.

Dann, eines Tages, des Tages Christi, werden wir Weihnachten vielleicht feiern ohne das schlechte Gewissen, mit wirklich vollen Chören und großem, ungebrochenem Jubel: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

Chor 1 Stadtkantorei, dann Chor 2 Christuskirche

Vorlesen Lukas 1 und 2

Mulak-Konfi-Gruppe liest ein Krippenspiel vor

Das Evangelium der Bauern von Solentiname

Es singen Christian und Cornelia Otte

Kurz Predigt über Jesaja 9,2 - 7

Das Volk im Finstern, ohne Licht, ohne Straßenlaterne, man traut sich nachts nicht mehr auf die Straße. Völker auf der Flucht, nachts, im Schutz der Dunkelheit, von den Soldaten der Regierung unbemerkt, voller Angst um ihr Überleben, hinter der nächsten Wegbiegung vielleicht der Soldat mit der MP, der alle niedermäht.

Ein großes Licht, eine Sonne, die Astrologie Ägyptens steht Patin. Licht gibt Leben, macht das Dunkel hell, leuchtet die Ecken aus, man sieht endlich klar, die triste Dunkelheit verklärt sich, man merkt, wo man ist, wird erleuchtet, bekommt Orientierung, weiß wieder, wo es langgeht.

Kein Leben ohne Licht. Die Blumen verkümmern, die Menschen werden traurig und depressiv. Wo überall Stromkabel liegen, ist der Jubel über Licht ganz unverständlich geworden. Die Hirten nachts hatten kein Licht, sahen die Wölfe nicht kommen. Der Stern von Bethlehem gibt Orientierung in einem kleinen Dörfchen in der Provinz, in größter Armut. Da, und nicht bei Herodes, nicht bei Soraya oder Fara Diba ist der König aller Menschen geboren.

Ein Kind, wir sind kinderlieb. Wie schön. Aber würden wir einen Säugling Politik machen lassen? Ihm zu Ehren einen diplomatischen Empfang mit Wissenschaftlern aus dem Morgenland und aller Welt, mit großen Ehrungen machen? Würden wir einem Säugling die Macht übergeben? Und voller Jubel alle Waffen, alle Gesetze, die das einfache Volk unterdrücken, wegschmeißen? Es ist also ein Traum, eine Vision, ein Märchen: das Kind –paradox - bekommt alle Macht der Erde: Wunderrat, starker König (ein Kind als starker Gott?), ewig Vater, Friedefürst.

Der Thron Davids, des Rebellen, der seine Guerilla der armen Leute zur Macht brachte. Hirten - Bethlehem - Schafe: wie David wird Jesus neuer König von unten. Jesus heute käme zur Welt als Sohn Che Guevaras, nicht der Reagens. Als Sohn der Armen, die Gerechtigkeit auf ihre Fahnen geschrieben haben. Und erst, wenn alle satt sind, wird es Frieden geben, wo nicht unsere Freiheit auf der Unterdrückung der Mehrheit der Menschen in Lateinamerika, Afrika und Indien aufbaut.