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Predigt über Jesaja 26,4

Gehalten am 1. 1. 1982 in der Christuskirche Bochum

Die sogenannte Jesaja Apokalypse 24 - 27 stammt aus dem 5 Jahrhundert vor Christus und besteht aus drei liturgischen Texten. 24,1 - 20 und 24, 25 - 26 und schließlich 27. Erdbeben: Jahwe auf dem Zion ist der Weltenrichter. Er wird den bösen Drachen Leviathan töten. Er ist der Weltenretter und wird das Volk Israel aus der babylonischen Gefangenschaft heimführen. Dies ist die erste Stelle in der Bibel in der von Auferstehung die Rede ist.

Gott der ewige Fels (Vers 4) hat niedergeworfen die Bewohner der Höhe, die Stadt der Reichen (Vers 5), daß sie im Staube liegt vor den Füßen der Armen und Elenden. Die Armen, die den Luxus, die Geldgeschäfte nicht mitgemacht haben, das sind die Gerechten, das gerechte Volk, das in die Stadt einzieht und Gott darin die Treue bewahrt. Nicht auf den König Vertrauen und nicht auf Hiskias Bündnispolitik mit Ägypten gegen Assyrien, sondern auf den Gott Israels, der sein Volk schützt. Die Stärke Gottes erweist sich in seiner Gerechtigkeit, niederzuwerfen die Reichen und Mächtigen und zu Recht zu verhelfen den Elenden. An jenem Tage (Vers 1) wird sich die Stärke Gottes zeigen. Jetzt kann man sie nur glauben. Vers 3: Ein bewährter Sinn bewahrt Gott in Frieden: dem der ihm glaubt, gibt er Frieden. Und den Frieden, der aus Gottvertrauen kommt, braucht unsere Welt. Dieser Friede Gottes, der aus dem völligen Vertrauen in seine Macht kommt, ist zugleich tiefes Mißtrauen gegen alle politischen „Friedensbewegungen“, die meinen, aus einer Politik der Stärke heraus Frieden zu machen, die meinen, daß erst dann Frieden ist, wenn die eigene Armee stärker ist als der Gegner. So daß der Westen dem Osten dann von oben Friedensbedingungen diktieren kann. Wer so handelt, hat nicht ernst damit gemacht, daß unser Gott die Stärke der Friedensbewegung ist, der Fels, von dem sich die Städte der Reichen hier halten können, der Fels, der Gerechtigkeit schafft.

Weil Gott unsere Macht und unser Fels ist, weil das Gebet unsere stärkste Waffe ist, brauchen wir Christen keine anderen Mächte und Gewalten neben dieser Macht. Weil Gott unsere sicherste Wehr ist, unser schützender Fels, brauchen wir uns und anderen nicht immer wieder unsere Stärke vorzuspielen. Wir dürfen schwach sein, weil Gott stark ist. Da brauchen wir weder in der Familie unsere Stärke zu beweisen mit harten Strafen der Kinder, noch in der Kirche mit unseren Machtdemonstrationen, noch in der Politik mit Aufrüstung als Verhandlungsbasis. Die Stärke Gottes wird sich erweisen im Gericht. Da werden die Machthaber vor den einfachen Leuten im Staube kriechen. Da werden König, Minister und Hausdrachen kleinlaut. Das ist die Stärke Gottes: Gerechtigkeit. Diese Stärke Gottes zeigt sich für uns paradox: am Kreuz. Wir sehen Gottes Stärke als die Fähigkeit, sich für uns foltern und töten zu lassen. Gibt es größere Stärke? Als die des Verzichts auf Machtausübung?

Auf Gott können wir uns verlassen, weil er für uns den Weg in die Gottverlassenheit gegangen ist. Weil Christus am Kreuz von allen, selbst von Gott verlassen war, darum verlassen wir uns auf den Gott, der unser Fels ist, ohne daß er Politik der Stärke macht, - und das ist allemal die Politik der Starken. Gottes Allmacht erfahren wir in der Ohnmacht, im Leiden Christi. Weil wir Gott, unseren Fels, am Kreuz erfahren haben, vertrauen wir nicht mehr auf die, die Kreuze aufrichten, die Galgen bauen, Gefängnisse bauen und füllen, die Konzentrationslager errichten. Die Allmacht Gottes kommt ohne all dieses aus. Amen.