Gehalten
in Bochum Christuskirche am Sonntag Laetare, 21.3. 1982
Paulus
ist im Gefängnis in Ephesus im Jahre 55 unserer Zeitrechnung.
(Deichmann,
Licht vom Osten) Der Philipperbrief kann gegliedert werden in 3
Schwerpunkt-Teile:
einen Dankbrief, danach einen Freudenbrief, später eine
Polemik. Die Gemeinde
in Philippi hat Paulus auf der zweiten Missionsreise 49 nach Christus
gegründet. Es ist nach Apostelgeschichte 16 die erste
Gemeinde, die Paulus
gegründet hat. Der Prozeß gegen Paulus in Ephesus
kann mit dem Todesurteil
enden. Als Christ sitzt er im Gefängnis. Christsein ist
kriminell in dieser
Welt. Das Leiden der Christen überzeugt die anderen. Das
Leiden der Christen
für die Sache Christi ist ihre Verkündigung. Wie
verkündigen wir die frohe
Botschaft von der Liebe Gottes zu uns, vom Tod Gottes um unseres Lebens
Willen,
von der Befreiung zum richtigen Leben, das mehr ist als Arbeit und Geld
verdienen, und die frohe Botschaft für die Trostlosen, die
Hungrigen, die Traurigen,
die Gefolterten, die Kargen: daß ihr Elend nicht ewig ist,
daß die
Gerechtigkeit durch Gott in die Welt kommt, daß Gott am Ende
abwischen wird
alle Tränen. Wie verkündigen wir das Evangelium?
Durch unser Leiden? Was leiden
wir denn? Müssen wir wegen unserer Verkündigung
leiden? Warum verkündigen wir
die frohe Botschaft? Weil wir gerne anders sein wollen als der
Bundesdurchschnitt? Um uns zu profilieren? Aus Streitsucht? Aus Liebe
zu
Christus? Aus Liebe zu den Menschen, die traurig sind? Um Geld zu
verdienen? Um
unsere eigene tiefe Traurigkeit zu verdrängen, indem wir sie
anderen Menschen
auszureden versuchen? Warum verkündigen wir Christus als
unsere Freiheit, unser
Lebensziel? Es gibt eine Ansteckung, eine Berufung, es treibt uns,
Freude zu
machen. Egal, warum und wie Christus verkündigt wird:
Hauptsache ist, die
Botschaft von der Befreiung zum Leben durch Christus geht durch die
Welt.
Gerade
durch die Schande des Gerichtsverfahrens, wo Paulus auf den Geist
Christi angewiesen ist, der ihm sagt, was er sagen soll vor den
Richtern, wird
die Botschaft öffentlich gemacht. Christus wird durch die
Leiden des Paulus
verdeutlicht. Der Gott, der ans Kreuz sich schlagen ließ von
Menschen, der
nichts tat, um sich zu wehren, der Gott, der ohnmächtig und
gottverlassen
starb, der für uns, für die Heilung der Kranken, die
Sättigung der Hungrigen,
den Trost der Mühseligen und Beladenen starb, dieser Gott wird
sichtbar in den
Leiden Christi, diesen Gott verkündigt unser Leiden, wo es um
der Liebe und
Gerechtigkeit willen entsteht.
Die
Macht Gottes zeigt sich für uns nur in dieser Ohnmacht des
Gekreuzigten, in der Verkanntheit des Apostels, in der Unkenntlichkeit.
Die
Herrlichkeit dieses Gottes ist für uns nur inkognito,
verborgen erkennbar.
Die
Herrlichkeit Gottes wird glaubhaft und erkennbar an der
Ärmlichkeit
der Kirche. Wenn die Macht, das Geld der Kirche am Ende ist,
fängt die Macht
Gottes an zu wirken: so war es bei der Bekennenden Kirche. Die
realisierte
Schwäche, die realisierte Gewaltlosigkeit der Christen ist
für alle Welt
sichtbares Zeichen der Macht, der realen Macht Gottes. Wo wir
versuchen, so zu
sein wie Gott, vernebeln wir, wie Gott ist, vernebeln das Paradox des
Glaubens.
Nur wer bereit ist, Reichtum abzugeben, Liebe weiterzugeben,
verkündigt den
Reichtum Gottes und die Weite seiner Liebe. Nur wer bereit ist,
für die frohe
Botschaft Christi von der Gerechtigkeit sein Leben einzusetzen, zeigt
und
verkündigt, wie wichtig jedes Leben unserem Gott ist. Weil
Gott das Leben
liebt, hat er sein Leben gegeben. Wenn wir unseres geben, empfangen wir
es
erst. Amen.