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Konfirmationspredigt über Galater 4,1-7

Bochum Christuskirche am 2. Mai 1982

  1. Bild vom Erben, der noch unmündig ist, aber einmal Herr wird.
  2. Unmündigkeit gleich Sklaverei unter den Naturrecht in dieser Welt.
  3. Bild vom Sklavenmarkt, auf dem Gottessohn uns los kauft.
  4. Die neue Freiheit: der Geist Jesu in uns als die Liebe Gottes. Aus unmündigen werden Herren, Erben der Herrschaft Gottes.
  5. Das Erbe Gottes: die Liebe überwindet Angst und Unterdrückung. Das Wissen um die Liebe Gottes zu uns macht uns unabhängig von den vielen Tricks und versuchen, uns Liebe zu erkaufen.

Konfirmation, Liebe Konfirmanden, liebe Eltern!

confirmatio heißt: zusammen fest werden. Unsere Sehnsucht ist und bleibt das: etwas Festes haben, und daß wir uns halten können. In der Unsicherheit unserer Gefühle, in der Zerstrittenheit zwischen Liebe und verletzt sein, in der Ungewißheit, ob wir unsere Arbeit behalten, ob wir die Schule gut schaffen und dann eine Lehrstelle oder einen Studienplatz bekommen. In der Ungewißheit, ob wir uns für Verkäuferin, Kindergärtnerin, Sekretärin, für Maschinenbauer, Ingenieur oder Krankenpfleger entscheiden sollen, welcher Beruf uns Lebenssicherheit und vielleicht auch ein bißchen Spaß bringen könnte. In der Ungewißheit, mit welchem Freund, mit welcher Freundin wir ein gemeinsames Leben anfangen wollen und ob es uns glücklich macht.

Wir suchen etwas Festes, etwas, was uns Rat gibt bei unseren Entscheidungen, uns tröstet in unserer Angst, alleine zu sein, uns Mut gibt, in eine Zukunft zu gehen, von der wir nicht viel Gutes erwarten, im besten Fall die Verhinderung des schlimmsten: das es nicht zum dritten Weltkrieg kommt, daß wir uns nicht in unsere Ehen gegenseitig zerfleischen, daß wir nicht auf der Straße stehen ohne Arbeit, daß wir nicht langsam vergiftet werden von einer Natur, die wir inzwischen fast unheilbar zerstört haben.

Konfirmation: gemeinsam fest werden, gemeinsam suchen und finden nach dem, woran wir uns halten können, um zu leben, um gemeinsam zu leben, zu lieben, um glücklich zu werden und zu bleiben. Und um zu überleben. Gemeinsam suchen und kämpfen wir für eine Welt, in der wir keine Sklaven mehr sind. Keine Sklaven des Arbeitsmarktes, des mächtigen Apparates Schule, der mächtigen Magnaten der Industrie, des Militärapparat gegenseitiger Abschreckung, der uns immer mehr aus der Hand gleitet, Eigengesetzlichkeiten entwickelt, denen wir immer hilfloser ausgeliefert sind.

Und zu diesen „Naturmächten der Welt“ gehören auch die Moral und die Mode, die uns vorschreiben, wie wir uns verhalten müssen, was wir anziehen müssen, wie wir lächeln müssen, um von den anderen gut gefunden zu werden, um von denen, die wir lieben, geliebt zu werden. Bravo und Brigitte, Bild-Zeitung und WAZ sind solche Mächte, die uns die Meinung sagen und damit auch das Aussehen, das Verhalten, die Ängste und Hoffnungen aufpressen, mit denen wir dann tauglich sein sollen zum Überleben in dem grausamen und harten Konkurrenzkampf, den man Leben, den man Karriere nennt. Das sind die Naturmächte, die Gesetze, die uns klein und  unmündig halten, die uns gar nicht erst erlauben, eine eigene Meinung, eine eigene Mode, eine eigene Verwirklichung von unseren Wünschen und Träumen zu entwickeln. Die uns versklaven.

Der Apostel Paulus erklärt den Menschen aus Galatien, den Vorfahren der Türken, die wir neuerdings um so mehr verachten, je weniger wir sie wirklich kennen - Paulus erklärt den Galatern die neue Freiheit der Christen am Beispiel des Sohnes, der erwachsen wird, und dann am Bild des Sklaven, der losgekauft und freigelassen wird. Wie der kleine Junior auf dem Gutshof noch nichts zu sagen hat und vom Verwalter des Gutes oder sogar von den Knechten und Märkten herumkommandiert werden kann, so ohne Macht und Rechte, so unmündig sind wir alle im Grunde den Gesetzen und Mächten auf dieser Welt ausgeliefert. Und wie der Sohn später, wenn er erwachsen ist, die ganze Macht über das Gut seines Vaters hat, dann eben selbst den Knechten und Mägden befehlen darf, so ist die Freiheit der Christen. Christen sind erwachsen. Sie haben einen Mund und sie sind mündig. Sie tun ihren Mund auf gegen die Natur Mächte, wie Paulus sie nennt. Sie protestieren gegen die scheinbar ewige Ausbeutung der Armen durch Reiche. Sie protestieren gegen den Krieg und das Geschäft mit dem Schrecken. Sie reden von Gottes Liebe und geben sie denen, die Sie brauchen. Und schließlich haben die Christen ihren Mund noch für etwas ganz Spezielles: sie singen damit Lieder von ihrer Liebe zu Gott und preisen Gott als ihren Vater, als den, der die Liebe selbst ist. Wie ein Vater seinen Sohn los schickt- damals natürlich-auf den Sklavenmarkt, um Sklaven zu kaufen und sie dann zu Hause freiläßt und sagt: so, ihr seid jetzt meine Söhne, ihr habt alles das auch, was ich habe, wir teilen miteinander! - So ist Jesus in die Welt gekommen und hat uns zu Söhnen Gottes gemacht, zu Brüdern und zu Schwestern. Unser Verhältnis zu Gott ist keine sklavenartige Abhängigkeiten mehr, sondern Teilhabe an seiner Herrschaft der Liebe.

Wir sind eingeladen, Prokuristen zu werden im großen Versandhaus der Liebe Gottes. Die Artikel die wir anbieten, sind Freundlichkeit, Geduld, Barmherzigkeit, Aufrichtigkeit, Zeit füreinander, offene Hände, offene Ohren, offene Herzen. Unser Versandhaus, daß wir von Gott geerbt haben, ist groß. In jeder Stadt haben wir Filialen. Das Geschäft geht zur Zeit nicht so gut. Es sind immer weniger, die mitarbeiten. Viele zweifeln an der Qualität unserer Angebote. Es geht scheinbar bergab mit dem Versand der Liebe Gottes. Es wird viel geklagt über die Kirche, die von der Liebe Gottes redet und dabei so wenig Liebe zu bieten hat. Und die meisten von euch schimpfen auch jede Menge über dieses auf den Hund gekommen Versandhaus der Liebe Gottes. Das sind Söhne, die Aussteiger-Generation: die schimpfen über das ständige zu wenig an Liebe, die nur die Schnäbel aufsperren, um gefüttert zu werden, aber die sich davor drücken, das Erbe anzutreten, ins Geschäft einzusteigen, Verantwortung zu übernehmen bei den Handelsgeschäften der Freundlichkeit Gottes. Das Erbe Gottes liegt brach. Gesucht sind Leute die keine Angst haben vor der Freiheit der Christen. Die keine Angst haben vor geliebt werden und Liebe schenken. Die keine Angst haben vor Freundlichkeit und Zärtlichkeit unter uns allen. Die keine Angst haben vor Enttäuschungen, wenn ihre Freundlichkeit einmal nicht erwidert wird. Die keine Angst haben, zu protestieren, wo Unrecht geschieht, die keine Angst haben, zu weinen, wenn sie verzweifelt sind. Die keine Angst haben, zu lachen und zu tanzen, wenn sie fröhlich sind. Die keine Angst haben vor Russen, Amerikanern und Türken, vor schwarzen, roten, gelben, vor Polizisten, Politikern und Pastoren, die keine Angst haben vor Gott.

Gesucht sind Leute, die keine Angst haben, Gott vertrauensvoll Papa zu nennen und im Glauben an diese Liebe Gottes zur Rettung für die Welt werden. Amen.

Fürbitten

Herr, du hast uns von Sklaven zu freien Menschen gemacht. Du hast uns das Angebot der Freiheit gemacht. Du hast uns gezeigt, durch Jesus, unserem Bruder, deinen Sohn, wie man menschlich und frei leben kann. Du hast uns durch den Tod Jesu, der für unsere Freiheit sein Leben riskierte und verlor, stark und mutig gemacht, das Risiko der Freiheit und des neuen Lebens einzugehen, jeden Tag aufs Neue.

Wir bitten dich für unsere Konfirmanden, daß sie ihr Leben im Geiste Jesu versuchen zu gestalten, daß sie ihn, unseren Freund, nicht vergessen in all dem Trubel und den Zweifeln ihres jungen Lebens. Laß sie zu kämpfen für eine bessere Welt werden, für ihre Welt, für deine Welt. Wir bitten dich, Herr erbarme dich.

Wir bitten dich für die Eltern, daß sie den Schmerz und die Trauer ertragen, die kommen, wenn die Kinder ihre eigenen Wege gehen und immer weniger die lieben Kleinen sind, die sie nie waren. Laß sie lernen, loszulassen von den Besitzern Sprüchen auf ihre Kinder. Gib ihnen die Kraft, zu geduldigen Begleitern und Freunden ihre Kinder zu werden, die zur Seite stehen bei all den Wegen, ihr Wegen und Umwegen ihrer Kinder. Wir bitten dich: Herr, erbarme dich.

Herr, wir bitten für diese Gemeinde: daß sie junge Menschen Willich aufnimmt und auch bereit ist, den Lärm und die Unruhe junge Leute im Gottesdienst zu ertragen. Denn das ist auch leben und du läßt die Kinder zu dir kommen, so wie sie sind. Wir bitten dich: Laß zwischen den alten und den jungen Freundschaft entstehen im Gottesdienst. Dann wird unsere Gemeinde lebendig bleiben und aus ihrer Erstarrung zu neuem Leben finden. Wir bitten dich: Herr, erbarme dich. Abseits du, Herr, bist unsere Zukunft und Zuversicht, du hältst uns fest, wenn wir fallen, du bist unser Wegweiser, wenn wir ihre Wege gehen. Laß uns das nicht vergessen, Laß uns von dir liebe lernen und weitergeben. Mach uns zu deinen erben. Amen.

 

 

Ablauf der Konfirmation 1982 in der Christuskirche zu Bochum

Einleitung durch Chorgesang der Kantorei

Pastor: Begrüßung und Informationen

Alle: Eingangslied EKG 218, 1-7

Pastor: Im Namen des Vaters... Unsere Hilfe... Christus spricht: Ich bin die Tür. Wenn jemand durch mich hineinkommt, wird er gerettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden. (Joh 10,9) Kommt, laß uns anbeten.

Alle: Ehr sei dem Vater und dem Sohn

Pastor: Herr, wir kommen zu dir, kribbelig und aufgeregt, voller Erwartung und Spannung, was heute passiert. Wir denken daran, ob wohl alles klappt, nichts schiefgeht, ob wir rechtzeitig zum Mittagessen kommen und wünschen uns alles besonders schön feierlich. Wir feiern hier und freuen uns schon auf die Geschenke. Und wir wissen, daß jetzt zu dieser Stunde Menschen verhungern, Menschen zu Tode gefoltert werden - überall auf der Welt. Und wir hören das nicht gern, schon gar nicht, wenn wir ein Fest feiern wollen. Herr, vergib uns, daß wir so sind, daß wir noch nicht einmal hören wollen von der Unmenschlichkeit, die wir mindestens durch unser Nichtstun auch mit verschulden, die wir geschehen lassen ohne mit der Wimper zu zucken. Vergib uns Herr. Herre Gott, erbarme dich.

Alle: Herre Gott, erbarme dich.

Pastor: Der Herr sagt durch den Propheten Jesaja: (49,70) Wenn die Zeit kommt, daß ich mich dir wieder zuwende, erhöre ich dich und helfe dir. Ich schütze dich vor dem Untergang, denn durch dich will ich mit allen Völkern einen Bund schließen. Ich werde dich wieder in deinem Land wohnen lassen und alles Land neu verteilen. Zu den Gefangenen werde ich sagen: Kommt heraus! und zu denen, die im Dunkel leben: Kommt ans Licht! Sie werden wie Schafe sein, die auf allen Bergen Weide finden. Sie werden niemals Hunger oder Durst leiden.

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen, die nach Gottes Wohlgefallen lebenl

Alle: Allein Gott in der Höh sei Ehr...

Pastor: Der Herr sei mit euch. Gemeinde: Und mit deinem Geist.

Pastor: Wir wollen beten. Herr Jesus Christus, Bruder und Freund. Konfirmation haben wir heute. Befestigung im Glauben. Wir wollen uns und dir nichts vormachen. Für die meisten ist es das letzte Mal, daß sie die Kirche von innen sehen, diese erbärmliche Kirche, auf die wir alle, drinnen und draußen, so gerne schimpfen. Befestigt ist bei uns wenig. Wir feiern Konfirmation, weil man es so tut, nicht, weil wir fest im Glauben sind. Wir feiern die Zulassung zum Abendmahl, obwohl wir sie kaum je in Anspruch nehmen werden. Wir wollen dir das eingestehen. Wir sind nicht fest im Glauben. Weder die Frommen unter uns noch die Kirchenfernen. Wir sind lediglich fest in unserer Meinung, wie gut oder schlecht gebildet sie auch sei. Laß uns darum Konfirmation heute verstehen lernen als die Zusage deiner Festigkeit: der Festigkeit deiner Liebe und Treue, mit der du zu uns hältst, auch wenn wir von dir nichts wissen wollen. Wir brauchen in unserer wackeligen Welt etwas Festes, an das wir uns halten können. Das laß nicht Prestige oder Geld sein, sondern die Gewißheit, daß wir dir willkommen sind, wann immer wir uns an dich erinnern. Du liebst uns. So festgefahren wie wir sind. Das soll uns Grund genug sein für ein Fest. Amen.

Alle: Lied EKG 514

Pastor: Konfirmationspredigt über Galater 4,1-7

Chor:

Pastor: Liebe Konfirmanden. Ihr seid durch die Taufe in den Gnadenbund Gottes aufgenommen, habt einiges über unseren Glauben an Gott erfahren und habt einen Horizont bekommen, auf dem ihr die Bibel verstehen könnt. Jetzt sollt ihr zum Abendmahl zugelassen werden. So sprecht nun das Glaubensbekenntnis, auf das hin eure Eltern und Paten bei eurer Taufe Ja zu Gott gesagt haben.

Konfirmanden: Credo

Pastor: Wollt ihr durch Gottes Gnade bei diesem Glauben bleiben und Jesus nachfolgen, so bezeugt das, indem ihr sprecht: Ja, mit Gottes Hilfe.

Konfirmanden: Ja, mit Gottes Hilfe.

Pastor: Wollt ihr auch, damit ihr solches vermöget, euch an der Bibel orientieren, am Abendmahl teilnehmen und euer Leben als Gebet vor Gott leben? So antwortet: Ja, mit Gottes Hilfe. Konfirmanden: Ja, mit Gottes Hilfe.

Pastor: Dazu helfe euch Gott, der allmächtige Vater, um Jesu Christi willen durch seinen Heiligen Geist. Er gebe euch das Wollen und das Vollbringen nach seinem Wohlgefallen.

Einsegnung

Alle: Der Himmel geht über allen auf

Pastor: Erhebet eure Herzen.

Gemeinde: Wir erheben sie zum Herren.

Pastor: Lasset uns danksagen dem Herren, unserem Gotte. Gemeinde: Das ist würdig und recht.

Pastor: Wahrhaft würdig und recht....

Alle: Heilig, heilig, heilig ist Gott...

Pastor: Einsetzung des Abendmahls

Alle: Christe du Lamm Gottes...

Austeilung

Pastor: Dankgebet und Fürbitten

Alle: Vater-Unser-Lied

Pastor: Segen

Alle: Lied EKG 159, 1-3

Orgelnachspiel