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Predigt über 1. Korinther 14, 1 - 3. 20 - 25

Bochum Christuskirche und Pauluskirche am 2. Sonntag nach Trinitatis 20.06. 1982

Gliederung der Predigt:

A)    Das Wehen des Heiligen Geistes: urchristliches Chaos im Gottesdienst. Glossolalie, Prophetie, Rede aus Eingebung. Die Unterscheidung des Paulus führt als Kriterium die Liebe ein.

B)    Das Leben des Heiligen Geistes bei uns: Windstille. Liturgie und Gotteslob als Zungenrede: Bewunderung des mystisch Fremden. Die Liebe drängt zur Verständlichkeit, zum Außenstehenden. Mission mit Verstand.

C)    Der Heilige Geist als Liebe und die Erneuerung des Gottesdienstes. Mit Römer 12 gehört zu einem vernünftigen Gottesdienst im Alltag der Welt das Hören auf die draußen Stehenden. Es ist ein Dialog mit und in der Welt.

SKOPOS: 1 Kor,1-3: Trachtet nach Liebe – Geistesgaben - Glossolalie ist unverständlich und deutungsbedürftig für mich und Gott. Der Geist betet für Gott.

Rede aus Eingebung ist verständlich und deutlich, sie ist Trost, Erbauung und für andere bestimmt. Der Verstand betet.

Korinth: Der Geistbesitz war ein Gottesbeweis. Die Erfahrbarkeit Gottes im Lob und in der Rede aus Eingebung gehört zu den Gnadengaben, den Charismen. In Griechenland war durch die Mysterien und Weihe-Kulte eine ganz besondere Aufmerksamkeit für Ekstase vorhanden. Alle extatischen rauschhaften Äußerungen wurden hoch bewertet.

Vers 20-25: Nicht im Denken unterentwickelt sondern in der Bosheit. Lob der Vernunft! Jesaja 28,11: Am liebsten hören wir auf die fremde Sprache, weil wir sie nicht verstehen. Darum hat die Predigt, die wir nicht verstehen, auch keinen Einfluss.

Zungenrede ist ein fulminantes Zeichen für Kirchenferne. Denen imponiert der Glanz, weil sie nichts verstehen.

Rede aus Eingebung ist ein sinnstiftendes Zeichen für die Treuen: denen geht das Wort Gottes als Trost zu Herzen.

Wenn im Gottesdienst (damals nicht selbstverständlich) alle in Zungen reden, werden die Kirchenfernen sagen: die sind verrückt! Aber sie finden es auch irgendwie faszinierend wie eine ausgefallene Zirkusnummer. Die baptistischen Gottesdienste haben ein wenig von dieser extatischen ausgeflippten emotional ungeheuer aufgeladenen Atmosphäre und die Prediger und Akteure dort würden wir als charismatische Figuren bezeichnen.

Wenn im Gottesdienst aus Eingebung vernünftig geredet wird, wie etwa beim Evangelium der Bauern von Solentiname in Nicaragua, wo der Gottesdienst ein Gespräch und Appell an die Vernunft und das Denken ist, kann viel bewegt werden in der Gemeinde. Da ist Mission: die Kirchenfernen werden zum Glauben geführt, überzeugt, gewonnen. Ernesto Cardenal als Priester hört aufmerksam zu auf die Reden seiner Bauern. Sie dürfen sich öffnen, ihre Meinung sagen, ihre Ängste, ihre Skepsis. Jeder ist wichtig. Das Verborgene seines Herzens wird offenbar, er wird von den anderen erforscht, sie zeigen Interesse an ihm und seinem Herzen. Wo gibt es das noch? In eine Therapiegruppe? Das im Gespräch bekundete Interesse am Herzen der Neuen offenbart diesen den Geist Gottes, den Geist der Liebe in den Gläubigen. Das ist eine bessere Reklame für die Erfahrung Gottes als die Zungenrede, das unverständliche Gotteslob, die Liturgie. Nicht mehr das, was wir als Christen sagen und proklamieren, behaupten und demonstrieren, ist Mission, sondern das, was wir hören können, wie wir zuhören können und teilnehmen am Leben der Kirchenfernen. Darin zeigt sich Gottes Geist, der Geist der Liebe, der Geist Jesu, der teilnimmt am Geschick der Menschen da draußen. Amen.