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Predigt über Jakobus 2, 1 - 13

Bochum Christuskirche am 10.10.1982

Lieder: 226, 1 - 3;     226, 4, 6, 8;      218, 1 - 4;    5 - 7;      139

Der Jakobusbrief entstand Ende des ersten Jahrhunderts als Büchlein über das richtige Leben der Christen in der Anfechtung. Vollkommenheit, Geduld und Ausharren sind die Leitmotive. Ein unbekannter christlicher Lehrer legt die Worte dem Jesus Jünger Jakobus in den Mund.

Liebe Gemeinde!

Unser Predigttext ist klar und eindeutig er bedarf schon fast keines Kommentars mehr. Es geht um Wahrhaftigkeit unseres Glaubens. Und gegen die berühmten Mißverständnisse des Apostel Paulus, es komme allein auf den Glauben, überhaupt nicht auf die Taten an, sagt nun der Lehrer, der den Jakobusbrief unter dem Namen des geachteten Jesusjüngers Jakobus geschrieben hat, daß der rechte Glaube sich bewährt und zeigt im Tun des Richtigen, des Gerechten.

Und das wichtigste, das entscheidende Tun des Glaubens, des Glaubenden ist die Liebe. Denn das Gesetz, die Zehn Gebote, zielen alle auf dies eine hin: Liebe zu gestalten. Für jedes Gesetz, für jedes Tun ist die entscheidende Frage: Verwirkliche ich damit Liebe? Aber wer kann schon darauf antworten: Ja!? Darum sucht der Briefschreiber nach einem genaueren Kriterium, nach einem klareren Urteil über die Wahrhaftigkeit unseres Handelns. Und das findet er in der goldenen Regel: In Matthäus 7,2 sagt Jesus: "Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun, das sollt auch ihr ihnen tun, denn darin besteht das Gesetz und die Propheten." Das, was ich tue, wird auch mit mir getan. Und das gilt auch für die Barmherzigkeit. Wir erinnern uns an die Weltgerichtsszene in Matthäus 25, wo Christus richtet unter dem Vorsatz: "Was ihr getan habt einem meiner geringsten Brüder, das habt Ihr mir getan." Und das Gericht über die Erbarmungslosen ist selbst erbarmungslos. Das ist die Härte der menschlichen Freiheit: Daß unsere Werke auf uns zurückfallen, wir so behandelt werden, wie wir handeln.

Und unter diesem Wissen der Gegenseitigkeit und Gleichheit des menschlichen Tuns und göttlichen Zutuns kann unser Briefschreiber nun harte Kritik üben an allem menschlichen Tun, was nicht aus dieser Gegenseitigkeit entspringt.

Glaube an Jesus Christus kennt keine Herren und Knechte. Dieser Glaube kennt Brüder und Schwestern, mehr nicht. Und wo dieser Glaube der gottungewollten Aufspaltung in Herren und Knechte gegenübertritt, da kehrt er die Rangfolge um: wer klein ist, der ist vor Christus eine Größe, die Mächtigen und Reichen sind in den Augen Christi nichts mehr als Marionetten.

Darum geht es nicht an, daß dort, wo die Herrschaft Christi wirkt, Edelherren verehrt werden. Das Kirche die dabei mitmacht und Oberkirchenräte im Mercedes vorfahren, und sie solche in die Extralogen einläßt, hat den Schuß nicht gehört. Nach oben Buckeln, nach unten treten, die alte Radfahrermentalität kleiner Angestellter, ist nichts für Christen. "Hat nicht Gott die erwählt, welche vor der Welt arm sind?" Sie sollen Erben der Gottesherrschaft sein. Was hat man Gutes von den Reichen zu erwarten in der christlichen Gemeinde? Es ist nicht viel. Weder geben Sie Ihren Mitgenossen in der Kirche von ihrem Reichtum ab, damals so wenig wie heute, noch fügen Sie sich als Gleiche unter Gleichen dieser Gemeinschaft ein. Das einzige, was die Ehrerbietung vor den Reichen bringt, ist, daß diese die unter ihnen Stehenden in Ruhe lassen und nicht ärgern. Wieviel mehr hätte die Gemeinde von den Geringen an Brüderlichkeit zu erfahren, wenn den Armen Recht widerfährt und Anerkennung. Wie weit sind wir noch weg vom  Achten der Armen. Wie stark gilt unser Interesse, sei es in den Zeitungen oder Reportagen, den oberen Zehntausend. Wenn Armut auf dem Bildschirm auftaucht, dann als Sensation, als Schreckbild. Zu einer Achtung, Hochachtung vor den Armen bringen es nur wenige Reportagen. Meist bleibt es beim Mitleid, was nicht weit entfernt ist von Abscheu, von Verachtung, vom Wegblicken, weil wir es nicht ertragen, auf die Folgen der ungottgewollten Teilung in Arm und Reich zu blicken. Gottes Vorliebe gilt den Armen. Sie hat er besonders lieb. Darum ist Jesus im Stall geboren, in einer armen Gegend, darum preist er die Armen selig, daß ihnen der Himmel aufsteht. Und darum hat die christliche Liebe einen Zug nach unten, ist Sand im Getriebe der Radfahrer die nach oben buckeln und nach unten treten.

Es ist nicht einfach, Arme zu achten. Oft machen sie es einem schwer. Sie haben aufgrund ihrer Armut oft einen anderen Lebensstil, andere Sauberkeitssitten und so weiter. Aber ich habe eines seit meiner Zeit hier in Bochum gelernt: auf einfache Menschen ist hundertprozentig Verlaß. Wer ihnen traut, wird nicht enttäuscht. Das kann ich von den Reichen in unserer Kirche weniger sagen. Auf die Leitungen der Kirche ist weniger Verlaß als auf die Basis der Gemeinden. (Meine Versetzung) (Abendmahl als Erntedankfest mit Pennern .)

Es ist nicht einfach, ohne zu achten. Aber es steht unter der Verheißung, daß dieser Liebe zu den geringsten Brüdern die ganze große Barmherzigkeit Gottes zuteil wird. Amen.