Bochum
Christuskirche am 10.10.1982
Lieder:
226, 1 - 3; 226, 4, 6, 8; 218,
1 - 4; 5
- 7; 139
Der
Jakobusbrief entstand Ende des ersten Jahrhunderts als
Büchlein über
das richtige Leben der Christen in der Anfechtung. Vollkommenheit,
Geduld und Ausharren sind die Leitmotive. Ein unbekannter christlicher
Lehrer legt die
Worte dem Jesus Jünger Jakobus in den Mund.
Liebe
Gemeinde!
Unser
Predigttext ist klar und eindeutig er bedarf schon fast keines
Kommentars mehr. Es geht um Wahrhaftigkeit unseres Glaubens. Und gegen
die
berühmten Mißverständnisse des Apostel
Paulus, es komme allein auf den Glauben,
überhaupt nicht auf die Taten an, sagt nun der Lehrer, der den
Jakobusbrief
unter dem Namen des geachteten Jesusjüngers Jakobus
geschrieben hat, daß der
rechte Glaube sich bewährt und zeigt im Tun des Richtigen, des
Gerechten.
Und
das wichtigste, das entscheidende Tun des Glaubens, des Glaubenden
ist die Liebe. Denn das Gesetz, die Zehn Gebote, zielen alle auf dies
eine hin:
Liebe zu gestalten. Für jedes Gesetz, für jedes Tun
ist die entscheidende
Frage: Verwirkliche ich damit Liebe? Aber wer kann schon darauf
antworten: Ja!?
Darum sucht der Briefschreiber nach einem genaueren Kriterium, nach
einem
klareren Urteil über die Wahrhaftigkeit unseres Handelns. Und
das findet er in
der goldenen Regel: In Matthäus 7,2 sagt Jesus: "Alles nun,
was ihr wollt,
daß euch die Leute tun, das sollt auch ihr ihnen tun, denn
darin besteht das
Gesetz und die Propheten." Das, was ich tue, wird auch mit mir getan.
Und
das gilt auch für die Barmherzigkeit. Wir erinnern uns an die
Weltgerichtsszene
in Matthäus 25, wo Christus richtet unter dem Vorsatz: "Was
ihr getan habt
einem meiner geringsten Brüder, das habt Ihr mir getan." Und
das Gericht
über die Erbarmungslosen ist selbst erbarmungslos. Das ist die
Härte der
menschlichen Freiheit: Daß unsere Werke auf uns
zurückfallen, wir so behandelt
werden, wie wir handeln.
Und
unter diesem Wissen der Gegenseitigkeit und Gleichheit des
menschlichen Tuns und göttlichen Zutuns kann unser
Briefschreiber nun harte
Kritik üben an allem menschlichen Tun, was nicht aus dieser
Gegenseitigkeit
entspringt.
Glaube
an Jesus Christus kennt keine Herren und Knechte. Dieser Glaube
kennt Brüder und Schwestern, mehr nicht. Und wo dieser Glaube
der gottungewollten
Aufspaltung in Herren und Knechte gegenübertritt, da kehrt er
die Rangfolge um:
wer klein ist, der ist vor Christus eine Größe, die
Mächtigen und Reichen sind
in den Augen Christi nichts mehr als Marionetten.
Darum
geht es nicht an, daß dort, wo die Herrschaft Christi wirkt,
Edelherren verehrt werden. Das Kirche die dabei mitmacht und
Oberkirchenräte im
Mercedes vorfahren, und sie solche in die Extralogen
einläßt, hat den Schuß
nicht gehört. Nach oben Buckeln, nach unten treten, die alte
Radfahrermentalität
kleiner Angestellter, ist nichts für Christen. "Hat nicht Gott
die
erwählt, welche vor der Welt arm sind?" Sie sollen Erben der
Gottesherrschaft sein. Was hat man Gutes von den Reichen zu erwarten in
der
christlichen Gemeinde? Es ist nicht viel. Weder geben Sie Ihren
Mitgenossen in
der Kirche von ihrem Reichtum ab, damals so wenig wie heute, noch
fügen Sie
sich als Gleiche unter Gleichen dieser Gemeinschaft ein. Das einzige,
was die
Ehrerbietung vor den Reichen bringt, ist, daß diese die unter
ihnen Stehenden
in Ruhe lassen und nicht ärgern. Wieviel mehr hätte
die Gemeinde von den Geringen
an Brüderlichkeit zu erfahren, wenn den Armen Recht
widerfährt und Anerkennung.
Wie weit sind wir noch weg vom Achten der Armen. Wie stark
gilt unser
Interesse, sei es in den Zeitungen oder Reportagen, den oberen
Zehntausend.
Wenn Armut auf dem Bildschirm auftaucht, dann als Sensation, als
Schreckbild.
Zu einer Achtung, Hochachtung vor den Armen bringen es nur wenige
Reportagen.
Meist bleibt es beim Mitleid, was nicht weit entfernt ist von Abscheu,
von
Verachtung, vom Wegblicken, weil wir es nicht ertragen, auf die Folgen
der ungottgewollten
Teilung in Arm und Reich zu blicken. Gottes Vorliebe gilt den Armen.
Sie hat er
besonders lieb. Darum ist Jesus im Stall geboren, in einer armen
Gegend, darum preist
er die Armen selig, daß ihnen der Himmel aufsteht. Und darum
hat die
christliche Liebe einen Zug nach unten, ist Sand im Getriebe der
Radfahrer die
nach oben buckeln und nach unten treten.
Es
ist nicht einfach, Arme zu achten. Oft machen sie es einem schwer.
Sie haben aufgrund ihrer Armut oft einen anderen Lebensstil, andere
Sauberkeitssitten
und so weiter. Aber ich habe eines seit meiner Zeit hier in Bochum
gelernt: auf
einfache Menschen ist hundertprozentig Verlaß. Wer ihnen
traut, wird nicht
enttäuscht. Das kann ich von den Reichen in unserer Kirche
weniger sagen. Auf
die Leitungen der Kirche ist weniger Verlaß als auf die Basis
der Gemeinden.
(Meine Versetzung) (Abendmahl als Erntedankfest mit Pennern .)
Es
ist nicht einfach, ohne zu achten. Aber es steht unter der
Verheißung, daß dieser Liebe zu den geringsten
Brüdern die ganze große
Barmherzigkeit Gottes zuteil wird. Amen.