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Predigt über Jesaja 55,1 - 5

Friedenskirche Bergkamen 12.6. 1983 Einführung und Ordination

Der erneuerte Davidsbund

2. Samuel 7,8 ff Nathan-Weissagung: Davidsbund als Vorbild der Treue Gottes. Welt Theophanie: Jahwes Bund wird allen Völkern erscheinen. Neue Bewegung in der Weltgeschichte durch den Perserkönig Kyros: Hilfe und Arm Jahwes. Hier seien 49, ohne Durst Hunger und beschweren es wird der neue Exodus aus dem Exil von Babylon in die Heimat.

Der Davidsbund wird auf ganz Israel ausgeweitet. Bundes-Problem: Auf wen ist Verlaß? Mit wem kann man paktieren, gemeinsame Sache machen, ohne kaputt zu gehen? Ein alter Bund wird erneuert: siehe ich mache alles neu. Wie man von Vergangenem für die Zukunft profitiert: Treue. Produktiver Traditionsprozess, indem Deuterojesaja die Nathan-Weissagung adaptiert und gültig macht für das ganze Volk Israel. Demokratisierung der Davids Verheißung (Gerhard von Rad). „Chashé David“: die verläßliche Gnadenverheißung Davids. Vers 55,3. Freiheit der Interpretation alter Verheißungen bei Deuterojesaja. Zeichen der Predigtfreiheit biblischer Prediger.

Wie die Macht Davids (auch über andere Völker) die Macht Jahwes bezeugt hat, der Fürst und Gebieter über Nationen den Herrn aller Völker, so wird Israel einst im Mittelpunkt der Welt stehen, als Metropole der Gegenwart Gottes. Johannes 17, 37: Jesus am letzten Tage des Laubhüttenfestes: Wenn jemand dürstet, komme er zu mir und trinke. Jesus als Wasserverkäufer. Hunger und Durst nach Gerechtigkeit.

1. Ägyptische Königs Novelle

2. Nathan Weissagung: David

3. Demokratisierung Deuterojesaja: Israel

4. Internationalisierung: alle Völker tragen die kabod Jahwe, die Herrlichkeit Gottes.

 


Gottes Bündnisse in den Fesseln der Welt, oder: wie man die guten alten Wein in neue Schläuche füllt.

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,

Auf, ihr dürstenden, kommt zum Wasser, Wein und Milch ohne einen Pfennig zu zahlen. Heute ist alles kostenlos. Ihr bekommt kostenlos Gutes zu essen und eure Seele labt sich an Fetten. Ja, das hört sich so an, als wäre dies der Startschuß fürs kalte Buffet, was im Anschluß an unseren Gottesdienst stattfinden soll und woran wahrscheinlich auch diesmal wieder eher die teilnehmen und sich Teile nehmen, die es sowieso gewohnt sind, gepflegt zu dinieren. Auch die Kirche schafft es nicht, die wahrhaft Bedürftigen zu den großen Gastmahlen einzuladen. Hier wie dort wird gefeiert. Wir feiern heute, und ich bin von den Mühen der Vorbereitung ganz beschämt, einen Bund zwischen der Friedenskirchengemeinde und Michael Lütge, meinen Dienstanfang als Pastor in Bergkamen. Ein Tag mit vielen Hoffnungen, die mit mir und meiner Neuerscheinung verbunden sind, mag sein für viele auch ein Tag mit Befürchtungen, was dieser Pimpf auf der Kanzel noch alles treibt. Damals wurde auch ein Fest angesagt. Der zweite Prophet des Jesaja-Buches, wir nennen ihn Deuterojesaja, ruft ein großes Fest aus, bei dem alle satt werden sollen. Anlaß ist ein neuer Bund, ein ewiger Bund zwischen Gott und Israel. Die waren ja schon lange zusammen. Aber es gab ständig Krisen. Zweifel an der Treue des anderen auf beiden Seiten. Gott ärgert sich, daß er nur Alibi-Schirmherr für eine bornierte nationalistische Politik ist. Diese Politik endet dann im Zusammenbruch des Großreiches Israel. Und dann kommen die Fragen nach Gott: warum hat Gott das zugelassen, warum muß das Volk Gottes in das Exil wandern an die Wasserflüssen Babylons? Was ist geblieben von der Treue Gottes? Auf wen kann man sich überhaupt verlassen, wenn man im Exil sitzt, in Gefängnissen, in Folterkeller und Irrenhäuser? Wenn man von allen guten Geistern und guten Menschen verlassen ist? Merkwürdigerweise werden die religiösen Fragen, die Frage nach dem, worauf Verlaß ist, immer erst in Situationen gestellt, wo auf nichts und keinen wirklich Verlaß ist, wo die Menschen verlassen sind. Dann interessieren sie sich plötzlich wieder sehr rege an Partnern für mögliche Verbindungen und Bündnisse. Aber jedes Bündnis und jedes Abkommen enthält Leistungen und Gegenleistungen. Ein Bündnis kostet auch etwas. Auch religio, Rück-Bindung; das, was wir in der Kirche treiben, kostet seinen Preis. Kein Prediger ohne Kirchensteuer. Aber unser Predigttext macht da verlockende Sonderangebote wie gleich unser kaltes Buffet. Der neue Bund Gottes mit Israel soll nichts kosten. Gestillter Durst, gesättigter Hunger, Jerusalem als Metropole größer als Babylon, wo Diplomaten aller Nationen verkehren. Ein häßliches Entlein auf der Weltkarte soll stolzer Schwan werden. -- Na sowas! Wir fragen doch gleich: wo ist da der Pferdefuß, das Kleingedruckte? Denn von jedem Sonderangebot profitiert doch der Händler. Was profitiert Gott von diesem Bündnis mit Israel? Warum will Gott soviel in dieses Volk investieren? Was springt dabei für Gott heraus? So frage ich, weil wir unsere Bündnisse immer danach abschließen, was für uns dabei herauskommt. Wir würden doch keinen Vertrag ratifizieren, wo wir nur draufzahlen müssen. Eigentlich verrückt, wie sehr Bündnisse, also zwischenmenschliche Verhältnisse, geprägt sind von Denken aus der Geschäftswelt; wie sehr menschliche Beziehungen in unserem Denken schon geprägt sind vom Warencharakter. Wir denken schon nicht mehr, wie gut, daß wir im Bund leben mit anderen, sondern wir wollen, daß der Bund noch zusätzlichen Profit abwirft. Man hat Beziehungen, Vitamin B, sagt man. Und man meint nicht damit, daß man liebe Freunde hat, sondern Kontaktpersonen, über die man dies und das billiger oder überhaupt bekommen kann.

Und das funktioniert alles nicht bei Gott. Durch Gott kriegt man es nicht billiger. Gott ist kein Zwischenhändler. Der Bund, den Gott will, ist kein Vertrag zum gegenseitigen Interessenausgleich. Ich glaube, daß es das gibt: Geben ohne Gegenleistung. Schenken ohne Revanche. Wer Leute beschenkt, die gar nichts haben zum wiederschenken, wird betroffen sein von der Fülle dessen was er empfängt. Wer Leute mit leeren Händen beschenkt, weiß, wie glücklich man davon werden kann. Schenken macht beide froh. Wer hingibt, empfängt hundertfältig zurück, aus einem Lächeln, aus der Freude an der Freude des Beschenkten. Vielleicht ist es die Freude, im Schenken, im Geben, in der Hingabe für einen Menschen ganz wichtig geworden zu sein. Vielleicht ist es das ganze Glück Gottes, für uns wichtig zu sein, wenn wir von ihm empfangen ohne Revanche. Vielleicht ist es das ganze Glück der Liebenden, wenn der/die Geliebte ihn empfängt, wehrlos und mit leeren Händen, aber aus leeren Händen werden eben schneller offene Arme. Ich glaube, daß in der Liebe ein Bund, eine Verbindung entsteht, wo nicht mehr das Nehmen wichtig ist, sondern das Geben. In der Liebe empfängt der am meisten, der am meisten gibt, der sich selbst am meisten hingibt. Das Geben dürfen ist der größte Lohn. Wir sagen: Gott ist Liebe und wenn diese Gleichung stimmt, dann gibt es in Gott tatsächlich Verbindungen und Bündnisse, wo ein Geschenk gemacht wird ohne Bedingungen und ohne weitere Erwartungen. Menschliche Bündnisse sind fast immer von Angst und Mißtrauen geprägt. Siehe NATO, Warschauer Pakt und Kirchenordnung. Der Bund, den Gott Menschen anbietet, ist von Liebe geprägt, von der Lust am Schenken, von der Lust an der Hingabe. Ich möchte, daß wir daran mehr Freude bekommen als an der Taschenrechnerfrömmigkeit einer Ideologie, daß jeder Zuspruch auch Ansprüche stellt.

2. Ich muß aber doch noch etwas stärker auf unseren Text zurückkommen. Dieser Text ist Glied in einer Kette von verschiedenen Texten. Lassen Sie mich ganz früh anfangen, damit wir in der Geschichte dieses Textes etwas vom Wirken Gottes in seinem Wort und an seinem Wort mitbekommen. Wie ein guter Dichter ist Gott unzufrieden mit dem, was er gesagt hat und sagt es immer noch mal etwas besser, treffender. Am Anfang war die ägyptische Königsnovelle, sozusagen die Einführungsansprache für den neuen Pharao, in der die Rede war von all dem Glück, der Sicherheit und dem Ansehen, daß der neue Mann für sein Volk bringen sollte. Und der wurde als Sohn Gottes mit der ganzen Machtfülle Gottes ausgestattet. Er konnte befehlen. Irgendwie muß ein ägyptischer Weisheitslehrer diese Ansprache mit nach Jerusalem gebracht haben. Erstaunlich nämlich, wie geradezu abgepinnt die Rede des Propheten Nathan an den König David wirkt. "Ich bin mit dir, mache deinen Namen berühmt vor allen Völkern, sorge dafür, daß deine Familie am Ruder bleibt, ich will dir Vater sein, und du mein Sohn, ich werde auf ewig mit meiner Gnade bei dir sein." Verheißungen an einen neuen König, Verheißungen der Treue und des Bestandes von einem großen Reich. Verheißungen an einen Mann.

Daran knüpft der zweite Prophet des Jesaja Buches an. Gott will mit den versklavten, verbannten Volk Israel einen neuen Bund schließen, einen Bund, sowie mit David. Nur jetzt soll ganz Israel, nicht mehr nur ein Mann, ein Herrscher das Ansehen vor der Welt haben. Im Propheten Deuterojesaja, wie wir den zweiten Propheten Jesaja nennen, demokratisiert Gott seine Verheißung. Nicht mehr nur einer, nein ein ganzes Volk soll Gottes Herrlichkeit tragen. Erstaunlich, wie ein Mann daherkommt und das, was eigentlich nur für den König gesagt war, auf ein ganzes Volk bezieht. Ein getreuer Interpret war Deuterojesaja nicht. Ich denke, hieran kann man lernen, daß das Wort Gottes richtig zu predigen keineswegs heißt, die alten Sprüche treulich nachzuplappern, sondern oft genug bleibt ein Prediger nur dem Alten treu, wenn er es ganz anders sagt. Darum möchte ich mich bemühen.

Heute wäre dieser Text etwa noch aus der nationalistischen Enge zu befreien. Nicht das Volk Israel soll das Obervolk über andere sein. Es soll gar keine Herrenvölker mehr geben! Alle Völker sollen in Gleichheit und Frieden miteinander leben. Dann und nur dann wird die Welt Gottes Herrlichkeit erfahren. Und solange noch ein Volk über das andere herrscht, wird Gottes Herrlichkeit geschändet. Solange noch ein Volk das andere hungern und dürsten läßt, wird der Bund Gottes mit Füßen getreten.

Verständlich daß ein entrechtetes und entwürdigtes Volk Israel in der Verbannung sich das Heil Gottes als pompöse Rehabilitation vorstellt. Je größer die reale Ohnmacht, umso größer, gewaltiger und gewaltsamer sind die Vorstellungen einer heilen Welt. Im Elend werden bisweilen die Wünsche geradezu imperialistisch. Und diesen Unterton, so meine ich, müssen wir heute streichen aus dem Predigttext.

Der Bund Gottes mit Israel ist Vorzeichen gewesen eines Bundes von Gott mit der ganzen Welt: kein Mensch soll mehr dürsten, keiner soll hungern, kein Mensch soll gefoltert werden. Wenn diese gröbsten Forderungen verwirklicht wären, wären die feinsten Fäden geknüpft für die allen sichtbare Herrlichkeit Gottes.

3. Entweder zeigt sich Gottes Herrlichkeit in, und nicht nur vor allen Völkern, oder gar nicht. "Auf, ihr Dürstenden, kommt zum Wasser. Und die ihr kein Brot habt, kommt!" Wir haben alles: genug Wasser, Brot, Wein und Milch. Wir haben das Geld für das, was nicht nährt, Geld für Luxus. Wir haben dieses Geld auf Kosten von anderen, den Völkern der Dritten Welt. Was wir nicht haben, ist Gerechtigkeit. Danach kann es uns hungern und dürsten. Wenn Gottes Herrlichkeit auf dieser Welt allen sichtbar werden soll, dann muß unser Hunger nach Gerechtigkeit unersättlich werden. Dann muß unser Durst nach Freiheit, Freiheit auch der anderen, unstillbar werden. Dann muß endlich unsere Sehnsucht nach Frieden sich nicht mehr abspeisen lassen mit Atomraketen und korrekten Todesstatistiken der aktuell laufenden Kriegsgeschäfte. Den Mut zu diesem Durst und Hunger nach Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit bekommen wir von dem, der im Johannesevangelium sagt: "Wenn jemand dürstet, komme er zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, aus dessen Leib werden Ströme des lebendigen Wassers fließen." Dieses Wasser wünsche ich uns allen. Amen.

 

LISTE UND REIHENFOLGE DER GRUßWORTE UND GLÜCKWUNSCHADRESSEN ANLÄSSLICH DES EMPFANGS IM ANSCHLUß AN ORDINATION UND EINFÜHRUNG VON HERRN  PFARRER MICHAEL LÜTGE AM SONNTAG, DEN 12. JUNI 1983, FRIEDENSKIRCHE:

1)        FRAU LASNER - Stellvertreterin des Bürgermeisters der Stadt Bergkamen.

2)        HERR CIESLIK - Vertreter der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bergkamen.

3)        HERR SCHIKORSKY - Vertreter der CDU - Fraktion im Rat der Stadt Bergkamen.

4)        HERR MENZHAUSEN - Vorsitzender der City-Werbegemeinschaft Bergkamen.

5)        FRAU BRÖHSEL - Vorsitzende des Stadtjugendrings Bergkamen.

6)        HERR NEUMANN - Rektor der Schiller-Grundschule Bergkamen.

7)        HEINRICH MEIER - Superintendent des Kirchenkreises Unna.

8)        HEINZ-GEORG WEBER - Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde in Kamen - Heeren (letzte Dienststelle v. Michael Lütge).

9)        HERBERT SIEFFERS - Vorsitzender des Kuratoriums der Evangelischen Kirchengemeinden im Stadtgebiet.

10)      HEINZ SCHLÜTER - Vorsitzender des Gesamtpresbyteriums der Evangelischen Friedenskirchengemeinde in Bergkamen.

11)      FRIEDRICH FÄLKER        Kirchmeister des Gemeindebezirks Friedenskirche.

12)      MARION PIEPER - Vorsitzende des Gemeindebeirats Friedenskirche.

13)      BRITTA SPATZ - Vorsitzende der Evgl. Frauenhilfe Friedenskirche.

14)      EDITH KLANG        Vertreterin der Seniorenarbeit Friedenskirche.

15)      CORINNA HELM - Vertreterin der Friedenskirchen-Jugendgruppen.

16)      ULF DOPPELFELD – Pfarrer der Katholischen Brudergemeinde St.Elisabeth Bergkamen.

17)      diverse nichtangemeldete Grußworte und Glückwunschadressen.

ABSCHLUßREDE PFR. LÜTGE