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Predigt über Genesis 28, 10 - 19

Friedenskirche Bergkamen  4.9. 1983

Lieder: 129, 1, 2,4;     128, 1, 2, 8;     103, 1,7;     159, 1 - 3

Himmelsleiter, Gottes Gegenwart und Kirchbautechnik

1. Bibelkritik: In die alte Leiter-Legende vom Elohisten (10-12, 7-18, 20-22), der Leiter-Traum, die Steinweihe und das Gelübde, ist später die jahwistische Gottesvision mit dem Nachkommenssegen und die Ortsbezeichnung Bethel (Genesis 31,13; 35,2+7) eingebaut, die der Elohist erst viel später einführt.

Es gibt Sprünge im Text: Die Leiter (12) zu Gottes vor-ihm-stehen (13): Elohist.

Zweimal erwachen? Furcht (17) zum Segens-Traum erwachen (16) am anderen Morgen (18)?

Namenseinfügung mit erklärender Geographie sprengt den einfachen Erzählablauf des Elohisten im Gelübde. Die Furcht Jakobs paßt schlecht zu der netten Jahwe Verheißung von Land und Segen.

Das Gelübde schließlich ist vollends als Reaktion auf den Segenstraum undenkbar: wenn Gott seinen Reiseschutz verheißt, braucht Jakob ja wohl nicht noch einen Kuhhandel mit Gott zu schließen (Kirchbau, Kirchensteuer). Das Gelübde zieht ja das Verheißene in Zweifel!

Eine ältere, drastische Erzählung von einer Himmelsleitervision in der Stadt Luz mit der Weihe eines markanten Steines und einem Loyalitätsgelübde ist mit einer jüngeren Heiligtums-Legende verwoben worden, in der Landgabe, Nachkommenssegen und Reiseschutz ausgesprochen werden. Vielleicht ist dies eine alte nomadische Prophetenformel, die zum Schutz vor dem Aufbruch in einen liturgischen Akt als Reisesegen gesprochen wurde.

2. Die Leiter ist ein Verbindungssymbol von Gott und Mensch. Die Engel stellen die Verbindung her, lebendige Verbindung zur Welt Gottes. Darin besteht Kirche und die Gegenwart Gottes: in der Verbindung unseres Alltagslebens mit dem größeren Horizont, dem Himmel, der größeren Perspektive und den größeren Aussichten Gottes. Unser kleines Leben steht in einem großen Zusammenhang. Das vergessen wir allzu oft und gehen dann im Igelhaus unserer Privatsphäre unter. Wo wir an die Grenzen unserer Möglichkeiten, unserer Welt stoßen, da kann sich auf der Blick weiten für die größeren Möglichkeiten Gottes, die uns auch noch offen stehen: die Pforte des Himmels. Gottes Gegenwart ist da, wo wir erkennen und hoffen lernen, daß das, was wir für das allerwichtigste halten, nicht alles ist. Wir sehen dann, wie klein wir eigentlich sind im Blickwinkel Gottes. Das kann wirklich zum Erschrecken sein.

3. Die Bibel stellt der Furcht über unsere Winzigkeit die Verheißung der Treue Gottes zur Seite. Der Ort der Gottesnähe ist darum auch ein Ort des Trostes, wo wir uns gehalten wissen dürfen durch den Gott, der mit uns geht, uns nicht alleine läßt. Beides gehört zusammen: wissen, daß unsere Probleme verschwindend klein und bedeutungslos sind im Vergleich zu den Nöten der ganzen Welt und wissen, daß Gott uns, so klein wir auch sind, so groß für uns auch vorkommen mögen, nicht übersieht. Wer davongetragen ist, hat dann auch die Augen offen für die Nöte der Welt und wird sich mit den Engeln verbünden und selbst als Engel in den Dienst an der ganzen Welt mit ihren ganzen Elend und ihrer ganzen Schönheit treten. Wir brauchen solche Engel, die Verbindung schaffen und damit über unseren Horizont hinaussteigen. Amen.