Ewigkeitssonntag
in der Friedenskirche 20.11. 1983
Lieder:
126, 1 - 4; 330, 1, 2, 6, 7; 159, 1 -3; 141, 3
Liebe
Gemeinde! Ende des Kirchenjahres, Ewigkeitssonntag oder
Totensonntag? Wir blicken zurück: unzählige
Tränen wurden geweint, um Menschen,
die der Tod uns weggerissen hat, Menschen, an denen unser Herz hing und
immer
noch hängt. Die Gedichte der Jüdin Nelly Sachs, die
ihren Mann in den
Gaskammern der Nazis verloren hat, die selbst verschont blieb, sprechen
die
Sprache der Liebe, die sich mit dem unabänderlichen des Todes
nicht zufrieden
gibt, die dem Geliebten treu bleibt über den Tod hinaus in
ihren einsamen
Nächten, in der von Albtraum und Grauen gezeichneten Leere der
Trauerfantasien,
in der geweinten und ungeweinten Flut der Tränen, die den Tod
täglich aufs Neue
spürt in der wunden Leere, die anstelle ihres geliebten Mannes
getreten ist.
Wir
blicken zurück auf die Flut der Tränen, die wir
geweint haben und
noch weinen um das, was wir verloren haben. Der Tod ist uns
näher gerückt. Wir
sehen das Bett, das nun leer ist; ein Tischplatz, der leer bleibt, der
Sessel,
den wir meiden, weil es der Lieblingsplatz war von dem, von der, die
wir
liebten und immer noch lieben. Stark wie der Tod ist die Liebe,
heißt es im
Hohelied Salomos. Wir blicken zurück auf den Tod mit den Augen
der Liebe. Das
macht uns weinen. Totensonntag.
Aber
die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Wir
dürfen auch in
die Zukunft schauen, so wie es der Seher Johannes in seinen Visionen
vom neuen
Himmel und einer neuen Erde getan hat. Im neuen Jerusalem gibt es kein
Unrecht
mehr. Von oben, von Gott her, kommt die neue Welt des Friedens auf uns
herab
und umgibt uns mit Lichtglanz und Bergen den Mauern. Es ist die Vision
einer
schönen Stadt, geschmückt mit Edelsteinen,
geschmückt wie zum Fest der
Hochzeit.
Wie
sich eine Braut schmückt, wie sich ein Mädchen
zurecht macht, um das
Wohlgefallen ihres Liebsten zu erregen, so wird Gott die neue Welt
zurechtmachen: zu unserem Wohlgefallen, zu unserer Freude. Die Zukunft
Gottes
wird im letzten Buch der Bibel als Schönheit Gottes
beschrieben, als eine
herrliche, prächtige, glückliche Welt. Eine Welt, die
in völligem Kontrast
steht zu unserer Welt oder der Welt des Sehers Johannes, der um seines
Glaubens
willen auf der Insel Patmos im Konzentrationslager lebte und hoffte.
Mitten im
tiefsten Elend malt sich dieser Mann Gottes neue Welt aus. Er malt sie
sich aus
als Paradies, wo Gott unter uns ist: "Und er wird bei ihnen wohnen, und
sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei Ihnen sein. Und er
wird
abwischen alle Tränen von ihren Augen." So wie Gott im
Paradies mit Adam
und Eva gewesen ist, wie ein Mensch unter Menschen. Der Gott Adam und
Evas ist
unerbittlich in der Konsequenz seiner Gebote. Der Gott des neuen
Jerusalems ist
unwiderstehlich in der Größe seines Trostes. Alle,
die früher geweint haben,
sollen lachen dürfen. Der Bann der Angst und der Resignation
ist gebrochen.
Gott tröstet die Leidenden. Die Schrecken der Kriege und
Folter, das Schreien
der verhungernden oder vom Krebs zerfressenen Menschenleiber wird
verblassen,
es darf endlich vergessen werden, weil es der Vergangenheit
angehört, weil
diese Vergangenheit jetzt wirklich vergangen ist und die Geschichte der
Kriege
für immer ein Ende gefunden hat. Ebenso die Geschichte des
Hungers und des
Leides, was Menschen anderen Menschen zufügen. Kurz: die
Geschichte der Tränen
ist zu Ende, wenn die neue Welt Gottes kommt. Und das ist unsere
Hoffnung auf
die Zukunft Gottes: Daß unsere Tränen endlich einmal
versiegen können, weil die
Liebenden nichts mehr trennt. Amen.
Ablauf
Posaunenchor
Vorspiel
Abkündigungen
Lied
126, 1 - 4
Im
Namen...
Eingangswort:
Nelly
Sachs Seite 192: mit Wildhonig
Er
sei dem Vater
und dem Sohn
Sündenbekenntnis
Nelly Sachs Seite 86 Hiob
Kyrie
Gnadenwort
Nelly
Sachs Seite 87 Verwelkt
Ehre
sei Gott in
der Höhe... Allein Gott in der Höh sei Ehr
Kollekten
Gebet
Nelly Sachs Seite 222 Abgewandt warte ich auf dich
Lesung:
Johannes 5,
24 - 29
Kollekte
Lied:
330, 1, 2, 6,
7
Chor:
Ich hörte
eine Stimme
Predigt:
Offenbarung 21,1 - 7
Chor:
Totenliste
verlesen
Flötenstück:
Largo
von Händel
Abendmahlslied
159,
1 - 3
Abendmahl:
Der Friede
des Herrn... Erhebet eure Herzen... Lasset uns Dank sagen... Gebet.
Heilig
heilig... Einsetzungsworte. Vater Unser - Christe, du Lamm Gottes
Schlussgebet
Gehet
hin im
Frieden des Herrn
Segen
Lied
141, 3
Einladung
Posaunen
Nachspiel
Zusätzlicher Bus für
die Volksversammlung in Bonn geordert / Vorbereitung:
Schweigen für den
Frieden und „die-in“ in der City
Bergkamen.
Der pure
Zufall macht es möglich: für weitere 31
Bürger aus Bergkamen und Kamen gibt es
seit gestern Busplätze für die Fahrt zur
Friedensdemonstration am Samstag in
Bonn! Am Vortag hatten die Friedensinitiative Kamen/Bergkamen (3
Busse), die
Dritte-Welt-Gruppe Kamen (2 Busse) und die Bergkamener Pfarrer Kayser
und
Lütge, der Arzt Dr. Gerd Danner und die Gewerkschafterin
Steffi Zylla (2 Busse)
„ausgebucht“ gemeldet - weitete Busse waren in der
näheren und weiteren
Umgebung nicht mehr zu bekommen. Da meldete ein Busunternehmer den
Ausfall
eines Vereinsausflugs - Pfarrer Erhard Kayser orderte den
freigewordenen Bus
aufgrund der ungewöhnlich großen Nachfrage nach
Mitfahrgelegenheiten nach Bonn
spontan: bis Donnerstagabend haben Interessenten nun die
Möglichkeit, sich
anzumelden (Pfarrer Kayser, Hansemannstraße 41a,
Bergkamen-Mitte, Tel.
02307/60040). Eine wichtige Änderung der bisherigen Planung:
die drei Busse von
Kayser, Lütge, Dr. Danner und Steffi Zylla fahren am Samstag
bereits um 7 Uhr
vor der evangelischen Friedenskirche ab! Der Mitfahrpreis
beträgt bekanntlich
für Erwachsene 12 DM, für Jugendliche 10 DM. Wie
Kayser gestern mitteilte,
erhält jeder Teilnehmer einen Stadtplan von Bonn mit dem
eingezeichneten
Parkplatz seines Busses.
Zuvor
wird die
neugegründete Friedensgruppe des evangelischen Pfarrbezirks
Friedenskirche
Teilnehmer und Gemeinde auf die „Volksversammlung“
in Bonn vorbereiten und
einstimmen. So findet am heutigen Donnerstag um 19 Uhr im Foyer der
Kirche am
Südrand der City ein „Friedenstreffen" statt. Dabei
wird der
Literaturkreis der Kamener Gesamtschulen selbstgeschriebene Sketche zum
Thema
„Frieden und Abrüstung" spielen. Außerdem
singt der Bergkamener Gitarrist
Ralf Heywinkel Lieder von Hannes Wader und Bob Dylan. Am morgigen
Freitag
findet dann um 16 Uhr in der Atriumebene der City ein
halbstündiges „Schweigen
für den Frieden" statt. Daran anschließend gibt es
dort ein „die in"
- ein symbolisches Sterben bei einem Atomwaffen-Angriff - danach werden
die
Umrisse der am Boden liegenden Körper auf dem Pflaster mit
Kreide
nachgezeichnet und Blumen an die Passanten verteilt. Abschluß
der Veranstaltung
ist das gemeinsame Singen des Friedensliedes „Nach dieser
Erde...“ - der Text
wird vorher an die City-Besucher verteilt. Gestern hat auch noch einmal
die
neugegründete Grün-Alternative-Liste Kamen/Bergkamen
die Bürger beider Städte
aufgefordert, sich an der Friedensdemonstration in Bonn zu beteiligen.