Weihnachten
1983 Friedenskirche 25.12. Weddinghofen 26.12.
Lieder:
29, 1, 3, 7; 27,1
-4;
9
+ 12; 159
1 -3
Liebe
Gemeinde!
Paulus
hat eine Geldsammlung für die christliche Urgemeinde in
Jerusalem
gestartet und in Griechenland in den mazedonischen Dörfern und
Städten,
besonders Philippi und Thessaloniki, eine enorme Freigebigkeit und
Hilfsbereitschaft erlebt. Und nun schickt er Titus, seinen
vertrautesten
Mitarbeiter, nach Korinth, um auch dort zu sammeln für die
Jerusalemer
Gemeinde. Und dazu muß man noch wissen, daß Paulus
sich mit den Leitenden der
Gemeinde von Jerusalem, mit dem Petrus, der Jesus dreimal verleugnete,
und
Jakobus und Johannes gar nicht so blendend verstanden hat. Es hatte
sogar recht
harte Streitereien gegeben zwischen diesen Männern und Paulus.
Trotzdem setzt
Paulus sich für sie ein, weil er weiß, daß
sie für Jesus genauso wichtig waren
wie er selbst.
Beschlossen
hatte es die korinthische Christengemeinde schon lange, für
Jerusalem zu sammeln. Aber es war bisher noch nichts passiert: darum
macht
Paulus den Glaubensbrüdern Dampf. Er stellt Christus als
Beispiel des Abgebenkönnens
hin. Davon sollen die Korinther lernen. Und ich glaube, daß
für uns diese
Lektion des Gebens genauso wichtig ist, noch wichtiger als damals. Denn
heute
geht es nicht mehr nur um eine kleine Gemeinde in Jerusalem, die so
recht oder
schlecht über die Runden kam. Heute geht es um die
Brüder und Schwestern in
Afrika, Asien und Lateinamerika, die verhungern. Alle zwei Sekunden
stirbt ein
Kind an Hunger. Jede Minute sterben 30 Kinder an Hunger. In jeder
Stunde
krepieren 1800 Kinder an Hunger. Täglich sind es 40 000
Kinder. Pro Jahr 15
Millionen Kinder. Wir wissen alle ganz genau, daß dieses
Elend unmittelbar
zusammenhängt mit unserer kapitalistischen Wirtschaftsordnung,
die die armen
Länder immer ärmer macht. Die Entwicklungshilfe kommt
letztlich doch wieder nur
deutschen Unternehmen zugute, die in armen Ländern
investieren. Und daran reich
werden. Die Waffen, mit denen da im Süden der Erde auf
Landarbeiter geschossen
wird, stammen aus deutschen, französischen und amerikanischen
Fabriken. So
verdienen wir daran, daß die Regierungen der armen
Länder ihre Opposition in
der Morgendämmerung abknallt. Pro Tag werden vier Milliarden
DM für Waffen
ausgegeben. Wir wissen, daß das nicht in Ordnung ist. Wir
wollen das auch alle
nicht. Aber was können wir tun? Unser Mißtrauen
gegen korrupte Minister und
Regierungen ist gewachsen. Mit Recht. Darum glauben wir, daß
Spenden doch nur
in die falschen Kanäle kommen. Und darum besser gar nicht
spenden? Nichts
geben?
Ich
möchte heute an Gottes Gabe erinnern. Gott gab seinen Sohn.
Wir
feiern heute dieses Geschenk: daß Gott für uns
sichtbar und begreifbar wurde in
einem Kind, einen Menschenkind, was lebte und groß wurde wie
ein anderes Kind
auch. Doch dieses Kind hat etwas an sich gehabt, was es unterscheidet
von
anderen Kindern: es hatte keine Angst zu geben. In Jesus hat Gott sich
arm,
klein und ohnmächtig gemacht. So hat er uns den wahren
Reichtum des Lebens
begreiflich machen wollen.
Geben
können ist Zeichen für Glück. Michael Balint
hat den Begriff der Oknophilie
gebildet und meint damit die
Angst vor dem Leben, der Drang alles festhalten zu müssen, was
man hat. Wer
nicht abgeben kann, ist krank. Ist arm. Jesus will uns den Weg ins
Glück
zeigen, der uns gebe fertig macht. Meine Erinnerung an EKG 27: die
Hingabe als
Bedürfnis des Menschen.
Erich
Fromm, Haben und Sein. Dorothee Sölle: „Je
glücklicher einer ist,
desto leichter kann er loslassen.“ Amen.