Am
3. Mai 1984 bekundete unser Presbyterium, angeregt durch
einen Antrag der Friedensgruppe, die Tendenz, unsere Kirche zur
ATOMWAFFENFREIEN ZONE zu erklären. Dies bedeutet: Auf dem
Territorium der
Friedenskirche verzichten wir ausdrücklich auf BESITZ,
STATIONIERUNG und
EINSATZ von ATOMWAFFEN samt technischem ZUBEHÖR.
Nun
hätte ja wohl Keiner geglaubt, daß wir als Kirche je
mit
dem atomaren Teufelswerk spielen wollten. Darum ist es für uns
als Kirche nur
die christliche Selbstverständlichkeit, zu sagen: ATOMWAFFEN
SIND SÜNDE, wir
wollen sie nicht haben noch dulden. So hat die westfälische
Landessynode schon
vor Jahren gesagt, wer mit Atomwaffeneinsatz politisch drohe, so wie es
die
Supermächte ja tun im 'Gleichgewicht des Schreckens', der
müsse auch zum
Einsatz von Atomwaffen bereit sein. Und das ist Sünde!
Abschreckende Drohung
ist lächerlich, wenn man genau wüßte,
daß es ja doch nicht passiert. Wer droht,
ist auch bereit, damit 'ernst' zu machen. Auch Abschreckung ist darum
mit
Gottes Friedenswillen unvereinbar. Es bleibt unser Ziel, die Pershing
II wieder
wegzubekommen.
Sicherer
leben wir nach der Stationierung auf keinen Fall.
Daß die Wahrscheinlichkeit einer Atomschlacht in Europa
drastisch zugenommen
hat, können wir nicht sehen oder fühlen, wie die
toten Wälder oder den Smog
oder Scherings Phosgen, wenn eines Tages dort auch ein kleiner Unfall
passiert.
Das atomare Damokles-Schwert über Europa ist eine nur logisch
einzusehende
Tatsache, logisch wie die Computer, die den Abschuß der
Raketen steuern.
*
Die Gefahr
von 'Raketenunfällen' hat sich in Heilbronn und Finnland
gezeigt. Wenn so ein
Ding aber mal nicht mehr rechtzeitigt abgefangen werden kann, ist
irgendwo in
Europa ein Stützpunkt, eine Stadt, eine Autobahnstrecke
Hiroshima geworden!
Einfach als Panne! Denn die Vorwarnzeit von 5 Min. ist zu kurz, um
Abwehr zu
mobilisieren.
*
Anders als
bei den 37 Min. Flugzeit über den Ozean lassen sich weder
Verhandlungen über
das 'rote Telefon' führen noch (im Kriegsfall) der
vernichtende Gegenschlag
ausführen, indem alle eigenen Raketen auf den Gegner
abgeschossen werden. Für
die Supermächte gilt: Wer als erster schießt, stirbt
als zweiter!
*
Aber weil
sie das wissen, greifen sich die Supermächte nie direkt an!
Sie kämpfen ihre
Schlacht um die Weltherrschaft immer auf fremdem Boden: Korea, Vietnam,
Kuba,
Südafrika, Nicaragua, Pakistan-Afghanistan. Die Schwachen
sollen bluten. Warum
sollte gerade die BRD da besser wegkommen? Moralische
Rücksichten auf die
Deutschen mit ihrer Kriegsschuld? Freundschaft? Gibt es solche Werte
für die
USA, wo sie andernorts per Militärhilfen Mord und Totschlag
bezahlt und
organisiert? Es gibt keinen Grund, zu glauben, Europa werde von den
'ausgelagerten Kriegen' der Großmächte auf Dauer
verschont bleiben.
*
Es ist auch
falsch, zu glauben, ein begrenzter Europakrieg müsse sich zum
direkten Krieg
USA-UdSSR ausweiten. Denn beide Staaten verstanden bisher immer
ausgezeichnet,
ihre Kriege auf andere Länder zu begrenzen. So reichen derzeit
unsere Pershings
nicht bis Moskau, um die Russen direkt zu bedrohen; die DDR, Polen und
Tschechoslovakei
werden bedroht und sind daher selbst mit den SS 12, 21 & 23
ausgerüstet
worden, die auf Mutlangen, Heilbronn usw. zielen. Die Waffen sprechen
eindeutige Sprache: Nur in Europa selbst wird die Bühne
angerichtet.
*
Aber würden
- wer wills nachprüfen? - die Pershing II zur
Langstreckenversion mit Moskau-Reichweite
umgerüstet, so ließe sich in einem
Präventivschlag 'dem sowjetischen Huhn der
Kopf abschlagen' (US-Abrüstungsberater GRAY). Dann schweben
die Russen in der
Gefahr, ohne Möglichkeit des abschreckenden
Vergeltungsschlages (der von Moskau
eben nicht mehr ausgelöst werden kann, wenn es
zerstört ist) zentral zerstört
zu werden. In dieser riskanten Lage ist zu erwarten, daß sie
nervös bis panisch
reagieren und möglicherweise selbst einen
Präventivschlag auf die 'Bedrohung
aus dem Westen' durchführen. Die BRD wäre dann sehr
viel mehr verwüstet als im
2. Weltkrieg. Vom radioaktiven Fallout der auf Opherdike niedergehenden
Raketen
würden die Bergkamener nach 6 Wochen an innerer Austrocknung,
der 'Strahlenkrankheit',
qualvoll verenden.
*
Dies Könnte
tagtäglich passieren, genau wie der Einbruch im eigenen Keller
oder der Unfall
im Straßenverkehr.
Wir
wollen aber nicht diesen Unfall 'EUROSHIMA'! Wenn in
Europa keine Raketen ständen, wäre auch nicht mit
Atomkrieg bei uns zu rechnen.
Darum
erscheint uns die schwedische Idee, ganz Europa solle
schrittweise alle Atomwaffen abschaffen, sodaß ein
atomwaffenfreier,
'neutraler' Gürtel zwischen den Kampfhähnen aus Ost
und West liegt, sehr weise.
Wenn wir als Kirche uns dieser Idee anschließen, so tun wir
das als Appell an
unsere Regierenden, ebenso zu handeln. Nicht nur Kirchengemeinden in
allen
Städten der BRD haben inzwischen in Schaukästen
hinter dem Namen der Kirche den
Zusatz ATOMWAFFENFREIE ZONE stehen. Auch große
Städte wie jüngst Düsseldorf
haben den Atomwaffen den Kampf angesagt.
WAS
NÜZT DENN DAS SCHON? WIR KÖNNEN DENEN DA OBEN JA DOCH
NICHTS SAGEN! So resignieren viele, die die Idee eigentlich ganz
richtig
finden. Hier setzt der christliche Glaube ein: Wir Christen glauben,
daß auch
noch das kleinste Tun unter Gottes Herrschaft Großes bewirken
kann, so wie das Senfkorn
einen riesigen Strauch erzeugt. Wenn viele kleine zusammen etwas
machen, können
sie auch Große in den Sack stecken. Beispiel: Die GRIPPE!
Viele winzig kleine Viren
können den größten Kerl umhauen. Seien wir
doch Bakterien im Sauerteig Gottes!
Kleinvieh macht auch Mist, sogar guten! Und warum sollten wir das
einfache
Kleine nicht tun, wo es uns weder schaden kann noch kostet?
Über
diese Frage diskutieren momentan ALLE GEMEINDEGRUPPEN!
Die meisten werden sich der Initiative anschließen. Auf einer
Gemeindeversammlung werden Presbyterium, Beirat und alle interessierten
Gemeindeglieder um Ostern herum endlich gemeinsam entscheiden, ob die
FRIEDENSKIRCHE ATOMWAFFEN FREI erklärt wird.