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Predigt über Matthäus 26, 26-30

Friedenskirche 3.2. 1985
Lieder: 218, 1-3, 5, 6; 133,1-5; 159, 1-3; 104; Psalm 32

"Bis ich es neu mit euch trinken werde in meines Vaters Reich"

Meditation über das Abendmahl

Ergebnis der Umfrage, welche Bedeutung für die Presbyter das Abendmahl hat:
1) Mahl der Vergebung: 17 Stimmen
2) Gemeinschaft der Gläubigen: 14 Stimmen
3) Erinnerung an Jesus: 13 Stimmen
4) Dank an den Vater, der uns ernährt: 5 Stimmen
Vorausfeier des kommenden Gottesreiches: 5 Stimmen
5) Anrufung des Heiligen Geistes: 1 Stimme

Die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen hat in Lima 1983 eine Erklärung zur Taufe, Eucharistie und dem geistlichen Amt abgegeben. Es ist eine Konvergenzerklärung, der Versuch, Reformierte, Angelikanische und Orthodoxe Kirchen auf der ganzen Welt unter einen Hut zu kriegen. Sie wollten etwas sagen, wo alle mitkönnen. Es gab Schwierigkeiten der Einigung, gerade beim christlichen Symbol der Einheit: Gemeinsam Essen ist der Inbegriff des Gemeinsamen. Gerade über dieses Symbol der Einheit ist zwischen Reformierten und Lutheranern die Spaltung entstanden: das ist mein Leib. Die Reformierten sagen: das ist ein Zeichen und Jesus ist nicht leibhaftig in die Oblaten eingewandert. Die Lutheraner dagegen behaupten, Jesus sei mit seinem Leib seinsmäßig in die Oblaten eingewandert. Die Katholiken schließlich zelebrieren diese Einwanderung Jesu in die Oblaten mit Glöckchenklingeln und Weihrauchdampf fast wie ein kannibalistische Ritual.
Die griechisch-orthodoxe Kirche lebt von Liturgie. Sie hat 3 Teile: die Vorbereitung, die Katechumenenmesse und die Gläubigenmesse.
1.    Bei der Vorbereitung sind Priester und Assistenten dabei, Brot und Wein und den Raum der Kirche festlich vorzubereiten.
2.    In der Katechumenen Messe wird ein Fürbittengebet gehalten, es erfolgt ein kleiner Einzug mit Priester, Diakon und der Bibel. Dann folgen Bibellesungen, wieder ein Fürbittengebet und die Entlassung der Katechumenen.
3.    In der großen Gläubigenmesse geht regelrecht die Post ab. Ein großer Einzug mit Brot und Wein zum Altar eröffnet. Dann folgen Fürbittengebete, ein Friedenskuß und ein Gruß an die Gemeinde. Diese betet darauf das Glaubensbekenntnis. Die Abendmahlsliturgie ist ähnlich wie bei uns, aber vor dem "Christe du Lamm Gottes" gibt es eine Epiklese als Kernstück: Komm heiliger Geist! Hier wird die Gegenwart des Heiligen Geistes erbeten und nicht eine leibhaftige Einwohnung Jesu in den Oblaten. Dann folgt die Fürbitte, das Vaterunser und ein Priestergebet. Danach gibt es die elevatio: hier wird das Brot und der Wein hochgehoben. Dann folgt die Brotbrechung und die Vermischung des Brotes mit dem Wein. Schließlich wird dieses ausgeteilt an den Klerus. Danach wird dieser entlassen zur Verteilung des Brotes.
Das Ziel der Ostkirchen Liturgie ist: sichtbare Vergegenwärtigung des Heilsgeschehens. Es wird fast wie in einem Theaterstück nachgespielt, was uns frei macht von Schuld. Das Kommen Christi als Lehrer mit der Bibel und als Erlöser mit Brot und Wein soll vergegenwärtigt werden. Die Ikonen zeigen Gott. Die Anrufung des Heiligen Geistes und seiner Gegenwart in der Mitte des Gottesdienstes sind aber das Wesentlichste. Die Menschen sollen in den Bereich des Göttlichen hinein gezogen werden, stufenweise und immer intensiver. Sie sollen mit der Kraft des Heiligen Geistes durchdrungen werden und ihre Herzen sollen Gottes Gegenwart spüren. Das ist wie mystische Versenkung, wie Meditation. Mit dieser im Gottesdienst erfahrenen Kraft sollen die Christen Licht in die Finsternis der Welt bringen.
Es gibt ein Recht auf Sinnlichkeit des Glaubens! Wenn für einen Augenblick wenigstens die Welt verzaubert wäre, hätte man gespürt, in welche Richtung unser Leben gehen könnte, um in der Gemeinschaft Erfüllung zu erfahren. Ist das kollektiver Narzißmus als Anpassungsmaschine oder ist das Gemeinschaft als Glückserfüllung? Für uns ist Gemeinschaft doch ein Fremdwort. Wir sind vom Prinzip des Kapitalismus geprägt: Jeder ist seines Glückes Schmied. Wir sind größtenteils unfähig geworden, uns in eine große Gruppe zu integrieren, in ihr wohlzufühlen, stark zu fühlen und daraus Vergewisserung für unser einzelnes Schicksal zu nehmen. Es gibt so etwas wie einen Pseudoindividualismus bei uns.
Ist die Kirche ein Interessenverband? Oder gerade keinen Zweck, zu dem man zusammenkommt. Einfach so? Weil schon in der Gemeinschaft alleine etwas ist, was die einzelnen ermutigt? Es gibt Gruppenmeditationen und es geht viel besser als in einer Einzelmeditation. Gerade, weil kein Zweck die Gottesdienstbesucher verbindet, sind sie frei, allein durch ihre Menschlichkeit Verbindung zu bekommen. Vielleicht ist diese Erfahrung die einzige, die uns erinnert, das Leben mehr ist als Zwecke zu verfolgen. Das Abendmahl als Sündenvergebung: ist das Saubermanns seelischer Meister Proper? Wir erfahren Gemeinschaft durch die Erinnerung an Jesus: in seinem Vorbild verbunden können wir unsere eigene Menschlichkeit gemeinsam entdecken. Darin kommt tatsächlich dann etwas von Gottes Herrlichkeit zum Vorschein. Amen.