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Predigt über Matthäus 4,1-11

Friedenskirche 24.2. 1985
Lieder: 241, 1-3;      4-6;      7-9;     142, 1-3;    Psalm 91;    1. Könige 19

Der Teufel in Jesus

1) Wahrheitsgehalt dieses Mythos: keiner ist frei von Anfechtung.
2) Die Methode des Teufels: mit der Bibel argumentieren.
3) Die Methode Gottes: sich dem Bösen ausliefern.

Liebe Gemeinde!
Ganz sicher ist diese Geschichte kein Tatsachenbericht. Ganz sicher war da kein Wesen namens Teufel, der als eine Art Mensch mit Horn und Pferdefuß Jesus ärgern will. Und wer sollte dieses Erlebnis denn auch gesehen und aufgezeichnet haben, wenn doch Jesus allein war 40 Tage und Nächte? Es gab keine Augenzeugen außer Jesus selbst. Und der Teufel wird es wohl kaum dem Evangelisten erzählt haben, wie er eine Schlappe erlitten hat bei den Menschen Jesus.
Diese Erzählung ist erfunden, um damit etwas zu sagen, was eine Erzählung eben besser ausdrücken kann als eine psychologische Abhandlung über das Seelenleben Jesu.
Drei Mal wird Jesus von dem Diabolos, dem "Durcheinanderwerfer", dem Verwirrer, versucht. Dreimal hält er stand. Und jede Probe wird schwieriger, weil es um mehr und immer mehr geht. Zuerst nur um die Stillung des Hungers, dann um Wunderkräfte des Göttlichen Schutzes, schließlich um die Weltherrschaft. Darin spiegelt sich die Reihe der Versuchungen der Kirche wieder: Erst ging es nur ums materielle Überleben, dann schon um das Ausreizen des Trumpfes "Gott schützt uns ja", endlich die Weltherrschaft, die christliche Missionare immer auf dem Fuß der grausamsten Eroberer folgen ließ, bisweilen sogar vorauseilen ließ.
Dreimal ein anderer Ort: zuerst die Wüste, das öde Land. Der Prophet Elia fastete auch lange Zeit in der Wüste auf dem Weg zu einem Berg. 40 Tage und Nächte, dann erlebte er Gott auf dem Berg Horeb, dem Sinai, genau wie Mose vor ihm, in einem Vulkanausbruch. 40 ist die Zahl der Gottesnähe. 40 Jahre wanderte Israel mit Mose durch die Wüste, in allen Gefahren beschützt von Gott. Wenn Jesus 40 Tage in die Wüste geht, so ist das ein Ausdruck dafür: er sucht die Nähe Gottes. Nach Matthäus hatte er aber diese Nähe gerade vorher bei seiner Taufe erfahren: die Stimme aus dem Himmel sagte: "Dies ist mein lieber Sohn, an dem habe ich Wohlgefallen.“ Auffällig ist, dass der Geist Jesus nach der Taufe in die Wüste treibt. Der Geist Gottes treibt Jesus dahin, wo er mit dem Bösen konfrontiert wird!
Das griechische Wort a)ne/xqh, er wurde getrieben, entrückt, steht regelmäßig, wo von Visionen die Rede ist: Offenbarung 17,3; Ezechiel 8;37-47; 1. Könige 18; 2. Könige 6 und Apostelgeschichte 8. Das heißt: die Erzählung von Jesu Versuchung ist gar nicht als Protokollbericht gemeint, sondern erzählt eine Vision Jesu.
Wüste: Israels Auszug aus ägyptischer Sklaverei in eine neue Freiheit klingt hier an. Die Entbehrungen, die mit dem Erlangen der Freiheit verbunden sind, der Hunger. Und wie Israel zurück will zu den Fleischtöpfen der Sklaverei, so gelüstet auch Jesus nach Essen. Man hat übrigens beim Fasten (jetzt ist Fastenzeit) am Anfang Hunger, die ersten drei Tage lang, den Rest der sechs Wochen, die ein Mensch wirklich fasten kann ohne zu verhungern, hält man viel leichter durch. Das Jesus erst nach 40 Tagen Hunger hat, ist Zeichen dafür, das Matthäus sicher nie gefastet hat, sonst hätte er diesen sachlichen Fehler nicht gemacht.
Mit dem Hunger meldet sich das Böse: warum nicht die Macht als Gottessohn nutzen, um satt zu werden, materiell sicher zu leben? Warum nicht die Möglichkeit als Besserverdiener nutzen, um reich zu werden? Für Jesus ist das teuflisch, so zu denken. Darum kontert er auf die teuflische Stimme, die tief aus seinem Innersten kommt, mit dem Wissen, das Leben mehr ist als nur fressen. Armen.