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        Predigt über Joh. 15, 1-8

Friedenskirche 4. Aug. 1985

Lieder: 336,1-4; 279,1,2,4; 151,1,4; 159,1-3; Lesung: Jes 5,1-7; Psalm 23

Der Weinstock und die Reben

oder: Christi Früchte

Liebe Freunde! Jesus hat es gerne mit dem Wein. Er liebt den Wein als Getränk und als Gleichnis. Als Weinsäufer ist er verschrieen. Er trinkt ihn mit den von der Gesellschaft Verstoßenen. Er redet von einer anderen Welt, der Welt Gottes, in der Sanftmut und Verständnis die Menschen freundlich leben lassen. Und wenn er so schwärmt von Gottes Welt, dann sagen die, die ihn gut zu kennen meinen, seine Verwandtschaft, er sei voll des süßen Weins. Als sei die Hoffnung auf eine Welt ohne Tränen nur die Entgleisung Betrunkener. Wahrscheinlich halten die realistischen Christen die Schwärmereien in der Bergpredigt auch für nicht-zurechnungsfähigen Unsinn. Tröstlich für alle, die sich so wie Jesus nicht zufriedengeben wollen mit der ungerechten Verfassung der Weltordnung heutzutage. Denn wenn sie verlacht oder verspottet werden als Tagträumer und Illusionisten, so befinden sie sich in der guten Gesellschaft Jesu, dessen Reden von der fruchtbringenden Güte Gottes für die ehrbaren Leute von damals auch lachhaft schienen und auf zuviel Weingenuß zurückgeführt wurden.

Wir sind ja zur Zeit vorsichtig mit Wein geworden, seit wir wissen, daß selbst preisgekrönte Weine so dermaßen mit Frostschutzmittel gepanscht sind, daß man sie am besten dem Kühler des Automobils kredenzt. Wir können von Glück sagen, daß wir hier in der Friedenskirche beim Abendmahl Traubensaft trinken. Da sind wir vor Frostschutzmittel vielleicht grade noch sicher.

Aber es ist doch merkwürdig, daß wir hier in der Sterilität unserer Kirchlichen Traditionen nur ein sakrales Getränk haben und das ist auch ausgerechnet noch Alkohol. Manchmal frage ich mich, ob Jesus nicht vielleicht Alkoholiker war. Im Zentrum des Gemeinschaftserlebens der Christen steht dieser verbindende Genuß des Rebensaftes. Das verbindet uns mit Jesus, der auch Verbindung zu anderen Leuten bekundet hat durch gemeinsames Zechen. Und weil er in der Welt des Weines zu Hause war, darum erzählt er die Verbindung zwischen ihm und seinen Jüngern anhand des Bildes vom Weinstock. Jesus der Weinstock, die Jünger die Reben, die Frucht bringen.

Aber es bleibt nicht alles im feucht-fröhlichen Zecher-Milieu. Die schlechten Reben werden bei der Ernte ins Feuer geworfen und verbrannt. Sie sind funktionslos, machen nur mehr Arbeit bei der Ernte. Die harte Auslese der Winzer für guten Wein ist Jesus zum Bild der richtenden Scheidung und Auslese Gottes geworden, die am Ende der Geschichte die Opfer tröstet und die Rücksichtslosen rücksichtslos zurückläßt. Gott wird die Menschen messen an ihrer Fruchtbarkeit für die Liebe. Er wird nicht alles am Weinstock Kirche gleich gut finden. Er wird nicht alles am Weinstock Welt lieben und genießen wie ich beim Griechen meinen Mavrodavne. Es wird Christen geben, es wird Menschen geben, die waren, die sind zu weit entfernt von Jesus, seinem Leben, seinen Träumen, seinem Geist, die vertrocknen innerlich, bekommen ein Kaltes Herz, mit oder ohne Frostschutzmittel haben sie auf Eiszeit geschaltet. Und die werden verbrannt. Die werden am Ende nicht zu denen dazugehören, die Gott Freude heißt und mit ihnen das neue Leben feiert.

Liebe Freunde! Bei Jesus gibt es nicht nur Friede Freude Eierkuchen, Schwärmereien lull und lall. Jesus weiß auch zu erzählen von dem unerbittlichen und unbestechlichen Augenmaß Gottes für gute und schlechte Frucht. Darum gehört es zusammen, von der nährenden Freundlichkeit des Weinstocks Jesus zu sprechen und eben auch von der harten Hand Gottes den Hartherzigen gegenüber.

Ich will dies an einem Beispiel verdeutlichen. Wir haben in der vergangenen Woche viel nachgedacht über Südafrika. Unsere neue Dritte Welt Gruppe hat Samstag vor Schnückel Unterschriften gesammelt gegen die Unterdrückung der Schwarzen, unser Presbyterium hat einen Brief geschrieben an den Botschafter Südafrikas und die brutale Diktatur der Gewehre scharf verurteilt. Die Gottesdienstgemeinde des letzten Sonntags hat ebenfalls den Rassismus           in Südafrika ganz heftig Kritisiert. Die Weißen in Südafrika sind aber nun auch keine Bestien, sondern zum großen Teil fromme Christen, die glauben, daß Gott die Schwarzen als eine eher dienende Rasse geschaffen hat, um die man sich mit der Fürsorge eines Hundehalters kümmern muß. Die Weißen Südafrikas, nicht alle, aber die meisten, gehen sonntags fleißig zur Kirche, beten eifrig und lesen die Bibel. Sie tun ihrem Nachbarn nichts Böses, lieben ihre Frauen, freuen sich an der Geschicklichkeit des schwarzen Dienstmädchens, wollen Keinem etwas. Und ihre Regierung, die Regierung dieser frommen, betenden Weißen, kauft tüchtig Waffen und läßt schwarze Polizisten auf Schwarze schießen, damit die nicht mit Steinen werfen. Und sie beten für eine friedliche Lösung des Rassenkonfliktes, genau wie wir. Aber sie tun nichts, um den Schwarzen Wahlrecht und Ackerland zu geben, gleiche Schulen und gleiche Löhne. Sie meinen es gut, beten, aber lassen alles beim Alten. Und ich fürchte, daß sie ein Paradebeispiel sind für die schlechten Reben, die Gott verbrennen wird, wenn Erntezeit ist. Und da ist dann auch nichts mehr drin. Verbrennen heißt eben nicht: belohnen und bewahren, sondern heißt: die Weißen in Südafrika werden trotz aller schönen Gebete dafür büßen müssen, daß sie nur gebetet haben und ihr Glauben Keine Früchte der Gerechtigkeit gezeigt hat.

Gute Frucht bringen die Reben, wenn sie sich an den Weinstock halten, sich von ihm nähren lassen. Wer darauf vertraut, daß der Weg Jesu ohne Gewalt, ohne Rangordnungen und ohne Ehrgefühle tatsächlich nicht nur Spinnerei eines alten Säufers ist, sondern der schmale Weg zur Besserung dieser Welt, das Geheimrezept aller künftigen Beziehungen zwischen freundlichen Menschen, Gruppen und Staaten, der wird fruchtbar werden im großen Weinberg Gottes. Der wird anderen zur Stärkung durch die Fähigkeit, sich schwach zu zeigen. Der wird anderen zur Ermutigung durch die Fähigkeit, Fehlschläge und Fehler einzugestehen. Der wird anderen zu sättigendem Brot und Wein durch die Fähigkeit, zu teilen, was jetzt wenige satt macht und viele hungrig läßt. Amen.

 


An den Botschafter der

Republik Südafrika

Willem Retief

53 B 0 N N 2

Sehr geehrter Herr Retief!

Wir, die Mitglieder der ev. Friedenskirchengemeinde in Bergkamen, möchten unsere uneingeschränkte Sympathie für den Befreiungskampf der in "Ihrem" Land unterdrückten und gequälten 23 Millionen Afrikaner schwarzer Hautfarbe deutlich machen. Den brutalen Terror "Ihrer" Regierung und Ihrer farbigen Helfershelfer ist auf der ganzen Welt berüchtigt. Wie schaffen Sie das nur, von "Evolution" Ihres Systems im deutschen Fernsehen zu reden, während wir die Bilder der erschossenen Schwarzen sehen?? Ist das Dummheit oder Zynismus? Nach unserer Überzeugung hat die Regierung Botha kein weiteres Existenzrecht mehr. Dieses Unrechtsregime ist dazu bestimmt, von der unterdrückten Mehrheit Ihres Landes weggefegt zu werden. Sie werden erleben, daß es nach der Sprache der Gewehre keine friedlichen Gespräche mehr geben wird. Die Regierung Botha bereitet ihren eigenen Sturz vor.

Sehr geehrter Herr Retief, die Unterzeichner dieses Schreibens erklären weiterhin, KEINE Früchte aus Südafrika mehr zu kaufen, keinen Krügenrand zu erwerben und auch Banken zu boykottieren, die "Ihrem" Land noch weiterhin Kredite gewähren. Wir tun dies, nachdem wir von den Sprechern der Schwarzen gehört haben, daß wir damit ihre Arbeitsplätze nicht gefährden, da sie durch neue Technologien aufgrund deutscher Kredite viel massiver wegrationalisiert wurden.

Wir beten dafür, daß der fällig gewordene Sturz des Apardheid-Systems mit möglichst wenig Blutvergiessen vor sich geht. Die Terrorakte "Ihrer" Regierung machen dies zu einem sehr schweren Gebet.

Hochachtungsvoll:

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Arbeitskreis der 3.—Welt—Gruppen im Kirchenkreis Unna

An die Regierung der Republik Südafrika
über den Botschafter in Bonn

Ihre Regierung hat in 36 Provinzen des Landes den Ausnahmezustand verhängt. Täglich berichten unsere Medien über Grausamkeiten von Militär und Polizei gegenüber der schwarzen Bevölkerung. Seit Ausrufung des Ausnahmezustandes sind bisher über 1200 Menschen verhaftet, über 20 getötet worden — nach amtlichen Angaben.

Diese brutalen Maßnahmen sind Konsequenz des Apartheidsystems, das 26 Millionen Schwarzen und Farbigen ein menschenwürdiges Leben verwehrt.

Wir wissen, daß auch unser Land durch Handelsbeziehungen, besonders durch Kredite Ihre weiße Regierung unterstützt und stimmen damit nicht überein.

Wir protestieren gegen die Verhängung des Ausnahmezustandes und fordern Sie auf:

— Nehmen Sie den Ausnahmezustand sofort zurück!

— Lassen Sie alle politischen Gefangenen frei und verhandeln Sie mit den wahren Führern der Schwarzen, insbesondere mit Nelson Mandela!

— Beenden Sie endlich das menschenverachtende System der Apartheid!

Name              Anschrift                    Beruf       Unterschrift