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Gottesdienst in der Friedenskirche Bergkamen am 20.10.1985

Rassismus und Bibel

Widerspruch gegen die Thesen des südafrikanischen Theologieprofessors Dr. A. B. Preez in seinem Buch "Die schriftgemäße Grundlage der Rassenbeziehungen"
Michaela: Die Schrift lehrt die Einheit des Menschengeschlechts. So heißt es in 1. Mose 1, 26, daß Gott die Menschen zu seinem Ebenbild schuf, also alle Menschen dem Bild Gottes ähnlich sind. Und die Apostelgeschichte berichtet von einer Paulusrede in Athen, in der er sagt, daß von Einem alle Geschlechter der Menschen abstammen. Adam als Urvater läßt sozusagen alle Völker und Rassen eine große Familie werden.
Alexandra: Dazu sagen wir: Das stimmt. Alle Menschen gehören durch Gottes Schöpferwillen zusammen.
Michaela: Die Schrift lehrt auch, daß Gott das Menschengeschlecht zerteilt hat in Rassen, Völker und Sprachen (Turmbau zu Babel 1. Mose 11) - wir können das eine Straf- und Gnadenordnung Gottes nennen.
Susanne: Dazu sagen wir: Gott hat die Menschen in dieser Geschichte von einer gemeinsamen Sprache abgebracht, damit sie nicht mächtiger werden als er selbst. Weder Strafe noch Gnade, sondern die Angst Gottes hat die Sprachen in Babel geteilt. Auch wir sprechen verschiedene Sprachen. Friesisch und Bayrisch oder Kölsch. Darum sind wir noch lange kein von Gott geteilter Vielvölkerstaat. Auch wenn es verschiedene Sprachen und Völker gibt, ist dies kein Grund, daß ein Volk das andere unterdrückt.
Michaela: Daß Gott die Aufteilung der Menschen in verschiedene Völker und Rassen gewollt hat, und daß dies auch Segen mit sich bringt, erhellt sich ferner aus der Tatsache, daß Kultur allein zur Blüte kommen kann innerhalb eines Volkes, aber nicht in der kosmopolitischen Einheit von Völkern.
Patrick: Dazu sagen wir: Stimmt nicht. Beispiel USA. Dort gibt es eine inzwischen einheitliche, wenn auch fragwürdige Kultur, obwohl diese Nation aus Holländern, Engländern, Franzosen, Russen, Italienern, Schwarzen, Indianern, kurz: Menschen aller Herren Länder zusammengewachsen ist. - Beispiel Israel: Verschiedenste Nomadenstämme haben sich mit der kanaanäischen Urbevölkerung und geflohenen ägyptischen Sklaven zu einem neuen Volk mit durchaus eigenständiger Blüte zusammengetan. Fast jedes Volk ist durch Mischen verschiedenster Völkergruppen entstanden. Wir erinnern an die Weißen in Südafrika: Sie sind in der Kolonialzeit mit militärischer Gewalt eingedrungene Engländer, Holländer, Deutsche, Amerikaner. Die Weißen Südafrikas sind ein Beispiel völliger Rassenmischung, deren Degenerationserscheinung vor allem in ihrer moralischen Minderwertigkeit besteht. Wie wäre sonst ihr brutales Verhalten der schwarzen Mehrheit gegenüber zu erklären!
Michaela: Das Neue Testament hat die Existenz getrennter, "aparter" Völker keineswegs aufgehoben oder ihre Grenzen verwischt. Das Sprachwunder von Pfingsten bestätigt dies, und der letzte Befehl Jesu ("predigt das Evangelium allen Völkern" - Matthäus 28,19) setzt das Fortbestehen getrennter Völker voraus.
Melanie: Wir sagen dazu: Das ist richtig. Auch Jesus setzt voraus, daß es verschiedene Völker gibt. Aber das heißt immer noch nicht, daß ein Volk das andere in Homelands sperren darf. Jesus will in und zwischen allen Völkern Einheit bewirken durch die Regeln des friedlichen und liebevollen Zusammenlebens, die er predigte und weiterpredigen läßt. Für Jesus war die Volkszugehörigkeit völlig egal. Er hat Menschen aus anderen Völkern sogar eher bevorzugt, wenn sie im eigenen Volk der Juden einen schweren Stand hatten.
Michaela: Aus der Tatsache, daß Gott selbst die Verteilung der Menschheit in Völker bewirkt hat und daß seine segnende Hand auch über unserem Volksleben waltet, ist abzuleiten, daß der geistige und kulturelle Besitz unseres Volkes eine Gnadengabe Gottes ist. Sie muß respektiert und behauptet werden gegen alle möglichen Bedrohungen. Daraus allein kann das Recht zur Kriegsführung abgeleitet werden.
Uli: Dazu sagen wir: Was ist daran segnende Hand Gottes, daß die Südafrikas so reich geworden sind, weil sie die Schwarzen versklavt haben und wie Tiere behandeln? Daß Gott seine segnende Hand über Südafrika hält, steht nirgends in der Bibel. Wäre Gottes gnädige segnende Hand über Südafrika, wieso schießen die Weißen dann täglich an die 10 Schwarze tot? Sieht für diese Leute Gottes Segen wie eine Gewehrkugel aus? Wo ist der geistige und kulturelle Besitz weißer Südafrikaner? Es ist die Kultur Europas, die dort nachgeahmt wird. Weiße in Südafrika haben keinen eigenen kulturellen Besitz, den sie gegen mögliche Bedrohungen zu verteidigen hätten, es sei denn unvergleichliche Überheblichkeit gegenüber den Schwarzen. Südafrika hat zwar weder namhafte Komponisten, Dichter oder Architekten hervorgebracht, dafür leben dort unbehelligt Deutsche, die die Terrorherrschaft Adolf Hitlers als goldenes Zeitalter preisen. Die Bantus, Hottentotten, Kaffern und all die anderen Volksstämme Schwarzer Ureinwohner Südafrikas hatten vor der brutalen weißen Eroberung in der Kolonialzeit ja tatsächlich eine hochentwickelte schwarze Kultur, die von den Weißen unbarmherzig zerstört wurde.
Michaela: Gott hat nationale Regierungen eingesetzt, um Ordnung, Recht und Gerechtigkeit zu schützen; aber er hat niemals eine internationale Regierung eingesetzt. Die Volksindividualität muß in der Geschichte ihre Berufung erfüllen für die Menschheit. Dafür muß sie kräftig entwickelt und in ihrem Charakter rein erhalten werden. Pflege der vaterländischen Sprache, Sitten, Kleidertracht, Erkenntnisse und Literatur, liebevolle Verbundenheit mit der Heimaterde und den Ordnungen der Vorväter - das alles gehört direkt zu unserer Christlich-sittlichen Lebensaufgabe.
Marion: Wir fragen: Ist es liebevolle Verbundenheit mit der Heimaterde, wenn Europäer ausgewandert sind und in Raubkriegen sich fremdes Land angeeignet haben? Wenn die Volksindividualität zur Erfüllung einer Berufung für die Menschheit so wichtig ist, warum haben die Weißen den Schwarzen dann alle Möglichkeiten zur Entfaltung ihrer Volksindividualität genommen? Jetzt, ohne ausreichende Ernährungsgrundlage und eingepfercht in Homelands, Townships und Gefängnisse, wird Volksindividualität den Schwarzen gepredigt als Abhalten von Negertänzen für die Kameras der Touristen. Sind die KZ-artigen Arbeiterwohnviertel mit Massenunterkünften und elektrischem Stacheldrahtzaum für die Schwarzen zur Pflege der vaterländischen Sitten erbaut? Wird in den Goldbergwerken schwarzafrikanische Kleidertracht gepflegt? Ist das Einzwängen in Homelands liebevolle Verbundenheit mit der Heimaterde? - Und würden wir Deutschen von den Türken bei uns verlangen, ausschließlich türkische Sprache, Sitten, Kleidertracht, Literatur zu entfalten? Freuen wir uns nicht viel mehr, wenn sie sich unserer Kultur anpassen?
Michaela: Abwehr einer Überfremdung bedeutet niemals Haß gegen den Fremden und Vergottung der eigenen Rasse und des eigenen Volkes. So hat jede Rasse (auch der Bantu; die Farbigen usw.) das Recht, seine rassische und völkische Eigenart zu respektieren und im Rahmen der göttlichen Ordnung zu pflegen und gegen eine Überfremdung abzuschirmen.
Susanne: Wir fragen: Wenn die Bantus ihre völkische Eigenart pflegen sollen, wieso sperrt man sie dann ein in Homelands? Die brutalen Arbeitsbedingungen, unter denen die Schwarzen in Südafrika leben müssen, zeigen, wieviel Respekt die Weißen tatsächlich vor der völkischen Eigenart der Schwarzen haben: wo es ums Geld geht, gar keinen, außer daß Schwarze härter arbeiten müssen als Weiße und nur ein Sechstel des entsprechenden Lohns für weiße Arbeiter bekommen. Unterernährung und Leben ohne Selbstbestimmung - das ist der besonders Respekt der Weißen vor der schwarzen Kultur und Volksindividualität.
Michaela: Ein gesunder Nationalstolz muß bei dem Bantu gepflegt werden und seine Volksidentität darf nicht vernichtet werden. Nach dem Grundsatz einer parallelen Entwicklung haben wir kein Unheil von einem erwachenden Nationalismus bei den Bantus zu befürchten.
Alexandra: Wir sagen dazu: Kein Wunder, wenn sie in Homelands eingesperrt sind.
Michaela: Die Begriffe Gleichheit und Gleichstellung sind nicht schriftgemäß. Die Völker sind gleichwertig vor Gott, aber Gott hat den verschiedenen Völkern unterschiedliche Berufungen gegeben. Auch der Bantu ist gleichwertig mit dem Weißen, aber von einem Wert anderer Art. Die Meinung, das Christentum verwische den Unterschied in Rasse, Volk und Stand, ist absolut falsch. Die Bibel sagt im ersten Korintherbrief Kapitel 7: Vielmehr wie einem jeden der Herr hat zugeteilt, wie einen jeden Gott berufen hat, so lebe er. So sage ich es allen Gemeinden. Ist jemand als Jude zum Christentum berufen, bleibe er bei der Beschneidung, dem Zeichen der Juden. Ist einer als Nichtjude zum Christen berufen, bleibe er bei seinem Nicht-Beschnittensein. Beschnittensein ist nichts und Unbeschnittensein zählt nichts. Was zählt, ist, Gottes Willen zu tun. Jeder bleibe in dem, worin er berufen wurde. Bist du als Sklave berufen, sorge dich nicht. Kannst du aber frei werden, so versuche lieber, frei zu werden. Denn wer als Sklave berufen wurde, Jesus nachzufolgen, der ist ein Freigelassener Christi. Ebenso, wer als Freier berufen wurde, der ist ein Knecht Christi. Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte.
Michael Lütge: Wir fragen: Besteht die göttliche Berufung der Weißen Südafrikas darin, Schwarze zu erschiessen? Hat Gott die Bantus dazu berufen, sich in den Bergwerken von Johannesburg sechzehn Stunden täglich totzuarbeiten für die Hälfte des Existenzminimums, für ein Sechstel dessen, was ein Weißen für dieselbe Arbeit bekommt? Sicherlich hat das Christentum nicht die Unterschiede zwischen Völkern und auch Ständen verwischt. Paulus kann unterscheiden zwischen Sklaven und freien Menschen. Aber er empfiehlt den Sklaven, wenn sie frei werden wollen, wirklich etwas zu ihrer Befreiung zu tun. Ihm ist der    große Unterschied der Völker und Religionen deshalb so egal, weil er weiß, daß vor Gott nicht zählt, ob einer Sklave oder Freier ist. Vor     Gott sind alle Menschen gleich. Die Bibel redet durchaus von der    Gleichheit aller Menschen, egal welcher Nationalität, Hautfarbe und Sprache. Paulus sagt im Brief an die Gemeinden in Galatien: Wo Christi Geist lebt, da ist es unerheblich, ob einer Jude oder Grieche, Sklave oder Freier, Mann oder Frau ist. Alle sind eins in der gemeinsamen Berufung durch Christus zum Arbeiten für die neue Welt Gottes. Und erst recht ist es egal, ob einer schwarz oder rot oder gelb ist. Es gibt tiefgreifendere Unterschiede zwischen Menschen als ihre Hautfarbe. Es gibt tiefere Gemeinschaft zwischen Menschen als die der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, des Geschlechts. Die tiefste Gemeinsamkeit aller Menschen ist, daß Gott sie liebhat.
Tanja Bünger: Ähnlich wie der südafrikanische Theologieprofessor Preez argumentiert der Pfarrer Th. Kunz für eine strikte Trennung der Rassen. Er behauptet, daß Gott die Tiere so geschaffen hat, daß jede Gattung und jede Rasse genau weiß, daß sie nur mit Gleichen sexuellen Kontakt aufnimmt. Er zitiert den Schöpfungsbericht: Gott schuf jedes nach seiner Art. Und sagt dann wörtlich: So fein, daß sich z. B. niemals eine Blaumeise mit einer Kohlmeise paaren würde. Nur der Kluge und doch so überaus törichte Mensch glaubt, sich über diese Gesetze hinwegsetzen zu können. So vertrat die Weltkirchenkonferenz von Evanston 1954 die unmögliche Ansicht, daß gegen rassisch verschiedene Ehen nichts einzuwenden sei, da sie ja im Angesichte Gottes geschlossen seien. Wie kann man den Namen Gottes nennen, sozusagen als Kronzeugen gegen seine eigenen Schöpfungsgesetze!
Melanie: Wir meinen: Wie kommt es dazu, daß die unmöglichsten Mischungen unter unseren Hunden herumlaufen, halb Collie, halb Dackel, halb Boxer, halb Pudel. Da müssen die Hunde ja ganz schön gegen Gottes Schöpfungsordnung gesündigt haben! Und wenn schon die unbescholten dummen Tiere zu Sexualbeziehungen außerhalb ihrer Rasse neigen, wie will Gott es da den Schwarzen und Weißen verübeln, die doch viel mehr Ähnlichkeit miteinander haben als so manches Hundeliebespaar. - Es ist einfach widerlich, die Bibel und Kohlmeisen als Zeugen gegen Mischehen zwischen Schwarz und Weiß anzuführen. Das Buch Ruth im Alten Testament hat gerade als Hauptthema, daß Gott eine Mischehe gutheißt und segnet. Solche rassistischen weißen Pfarrer aus Südafrika erinnern uns an Hitlers Rassengesetze, aber nicht an das Evangelium von Jesus, der gerade die Samariter, ein Mischlingsvolk, besonders geliebt hat.
Wir sagen: Gott will, daß Schwarze und Weiße miteinander leben und sich gegenseitig mit ihren spezifischen Fähigkeiten bereichern und unterstützen beim Aufbau einer friedlichen Welt.

Südafrika Gottesdienstablauf 20.10. 1985 in der Friedenskirche

Eingangsmusik mit Orgel
Begrüßung und Informationen (Patrick)
Kanon: der Himmel geht über allen auf
Informationen über Südafrika
Lied: Kyrie, guter Gott erbarme Dich
Rassismus und Bibel (Dialog Spiel)
Lied: Ein jeder braucht sein Brot sein Wein
Essen - Dazu Lieder von Ralph Heywinkel
Lied: Wir träumen einen Traum
Diskussion: Boykotterfahrungen und Sinn der Aktion
Lied: Eines Tages wird die Erde allen Menschen gehören
Gebet-Vaterunser-Segen
Kanon: Jubilate Deo
Orgelnachspiel
Öffnung des Dritte Welt Ladens