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Osterpredigt 1986 über 1. Korinther 15, 1 - 11

Lieder: A7;    B25;    A5;    A15

Er ist gesehen worden

1. Der Osterglaube - Ist Jesus leibhaftig auferstanden? Die Konfirmanden können nicht mehr glauben an Auferstehung. Muß man denn glauben, daß Jesus leibhaftig auferstanden ist, wie haftet Ostern denn an unserem Leib, an unserem Leben? Was tut Ostern in und an uns?

2. Berufungsvisionen: Visionen waren bei Propheten eine Art Einstellungsgespräch mit Gott. Das Besondere Charisma des Propheten war daß er Visionen haben konnte. So hatten eben auch die Jünger Jesu nach seinem Tod Visionen und in diesem Visionen wurden sie beauftragt in die Welt zu gehen und zu missionieren. Also ein typischer Fall von Berufungsvision. In guter prophetischer Tradition.

3. Was ist der Tod, Vergänglichkeit, Folter im Licht von Ostern? Es geht weder um Verharmlosung des Todes noch um Ungültigmachen noch um Verleugnung. Der Tod Jesu war so schrecklich wie alle Tode, die Menschen gewaltsam durch andere sterben. Was geschehen ist, ist nicht mehr rückgängig zu machen. Sonst hätte Jesus in aller Frische eine zweite Runde mit seinen Jüngern leben können. Das hat er aber nicht. Er ist am Kreuz unwiderruflich gestorben. Es gibt kein Zurück mehr. Die Art, wie er zukünftig bei seinen Jüngern ist, ist eine rein innerliche, rein geistige oder geistliche Form des Daseins.

4. Auferstehung begreifen wir heute nicht mehr als leibhaftige, sondern im übertragenen Sinne: wir sehen in ihr den Aufstand gegen den Tod, gegen Folter, gegen Kreuze und andere Hinrichtungen, gegen Gewalt der Mächtigen gegen die Unterdrückten. Daß Jesus in den Berufungsvisionen der Jünger nach seinem Tode vorkommt, ist nicht nur Folge der Trauer, der weitergehenden Liebe der Jünger zu Jesus, sondern bedeutet noch einen Schritt mehr: Für die Jünger war Jesus gleichgeworden mit Gott, ist erhöht worden aus der Niedrigkeit des Kreuzes. Sie sagen damit: Gott gibt Jesus recht, nicht den Henkern, nicht den gesetzestreuen Juden. Gott erhöht die Opfer und nimmt sie zu sich. Deshalb auch Himmelfahrt als ein direktes Aufsteigen des Märtyrers in den himmlisch vorgestellten Schoß Gottes. Wer für die Liebe stirbt, dessen Leben wächst über das physische Dasein, über die Leibhaftigkeit hinaus. Es gibt etwas, was mehr ist als leiblich sein: das neue ewige Leben ist durchdrungen von einer tiefen Freude über Gott, dem Gott, der Liebe ist. Liebe ist ja auch nicht nur körperlich, sondern ganz besonders ein geistiges Ereignis. Ohne die biologischen chemischen Prozesse im Gehirn würde der Körper zur sexuellen Liebe gar nicht fähig sein. Der Körper braucht den Geist und der Geist braucht den Körper. In dieser Einheit leben wir und erleben die Liebe Gottes. Ich glaube nicht an ein Fortleben der Seele nach dem Tod, an Seelenwanderung und autonomes Herumirren der Seelen Verstorbener auf der Erde. Ich glaube daran, daß wir uns in der Liebe in die Seelen der Menschen einschreiben, die uns lieben und die wir lieben. In diesen Seelen leben wir weiter, auch wenn wir als Körper schon gestorben sind. Wir leben über den Tod hinaus durch die Liebe der Andern. Genau so lebt auch Jesus nicht als Gespenst unter uns weiter, sondern in der Einschreibung all dessen, was wir aus den Evangelien über ihn wissen und gelernt haben, in unsere Seelen und Herzen. Und dort kann er Wunder wirken, wenn wir ihn in unserem Glauben und Vertrauen ernst nehmen. Dieses Weiterwirken Jesu in unseren Seelen und Herzen ist die entscheidende Weise seiner Auferstehung und führt uns zum Aufstehen gegen Unrecht auf dieser Welt. Amen.