Liebe Schwestern und Brüder!
Jesus war gekreuzigt. Die Jünger sind entmutigt geflohen. Da
bekommt Petrus eine Vision. Jesus erscheint ihm vor seinem
inneren Auge und beauftragt ihn, weiterzumachen und
für die verzweifelten Jünger und Anhänger
Jesu zu sorgen. Verbreitet, was ich euch gelehrt habe, tut,
was ich euch vorgelebt habe. Ich bin bei euch, wenn ihr in
meine Fußstapfen tretet. Ihr seid meine Zeugen, ihr
könnt den Leuten weitersagen, daß ich
nicht kleinzukriegen bin durch die Henker der Römer. Es
geht weiter. Das war das Wunder von Ostern. Und
alle waren in großer Aufregung und Freude und sind
wieder durch die Lande gezogen, haben sich um die Kranken
gekümmert und um die Armen, haben festgehalten an
der Feindesliebe und Nächstenliebe, haben so gelebt,
als wäre Jesus noch dabei. Sie haben zu Jesus gesprochen, als
lebten sie immer noch mit ihm zusammen. Ein Toter wird
lebendig, beginnt stärker als zu seinen Lebzeiten,
in den Köpfen und Herzen seiner Freunde herumzugeistern, sie
zu begeistern. So entsteht die junge Gemeinde und verehrt
Jesus mehr noch als vorher. Sie nennen ihn nun nicht mehr
Rabbi, Meister - sie nennen ihn nun ihren Herrn. Mehr noch:
Sohn Gottes nennen sie ihn, Retter, Befreier, Messias. So beginnt das
geistliche Leben Jesu. Die Gemeinde betreibt
Mission. Sie verbreitet Worte und Taten Jesu, ihres Herrn.
Sie sagt, Jesus lebt unter uns weiter, er ist auferstanden aus seinem
Grab. Er führt uns, gibt uns ein, was wir tun
sollen. In vielen Städten und Dörfern entstehen
Gruppen von Christen, die an Jesus glauben, an
Gewaltlosigkeit, Barmherzigkeit, Sanftmut, Friedfertigkeit.
Sie sagen: Jesus hat uns gezeigt, wie Gott wirklich ist. Kein
Obermanager im Himmel, sondern ein Mensch auf Erden, der so
für die Liebe zu den Untersten lebt, daß
er sich bei den Obersten sein Leben verwirkt hat. So können
sie sagen, daß Gott ganz und gar Liebe ist und in
Jesus erschienen. Aber genau wie Jesus haben sie wenig von der Liebe
gespürt. Sie haben versucht, diese Liebe zu leben
und erlebbar zu machen. Nun brauchen zwar alle Menschen
Liebe, aber Liebe hat auch Konsequenzen, die für
gewisse Leute sehr ärgerlich ist. Liebe kann
Menschen wütend machen. Und eifersüchtig. Da sich die
Liebe Gottes besonders an die Armen und Hilflosen richtet,
werden die anderen, die Reichen und Mächtigen
eifersüchtig. Und da sie Macht und Einfluß haben,
lassen sie die Christen diese Macht spüren. Sie
schimpfen auf die Christen und sagen, es ist einseitig, sich besonders
um Arme zu kümmern. Gott muß genauso
für die Reichen dasein. Es ist für die
Mächtigen eine Provokation, wenn Christen behaupten,
Sanftmut und Vergebung von Schulden sei Gottes Wille. Denn
das stellt die Prinzipien der Staatsgewalt infrage. Es stellt das
Militär infrage, weil Militär nicht mit
Sanftmut arbeitet, sondern mit Töten. Es stellt das
Gericht infrage, weil Gericht nicht mit Vergebung von Schuld
arbeitet, sondern mit Strafen. Es stellt die Macht der Oberen
selbst infrage, weil Christen sagen, daß allein Gott,
allein Jesus der Herr ist und kein anderer. Die Christen sind
parteilich geworden für die Unterdrückten.
Die Mächtigen sind eifersüchtig, weil sie sehen,
daß den Christen die nötige Ehrerbietung
fehlt und weil sie hören, daß der Gott Jesus die
Armen lieber hat als die Reichen. Sie sind verletzt
über die einseitige Liebe Gottes. Und als sich
dieser Zug der Sanftheit und Vorliebe für Arme so
stark steigert, daß Christen im Namen ihres Gottes
den Dienst im Militär verweigern und den Kaiser in Rom nicht
verehren - der ließ sich damals als Gott verehren
und ließ im ganzen Land Standbilder seiner Figur in
die Tempel stellen, vor denen man niederknien mußte - als der
Kaiser sah, wie ungehorsam ihm gegenüber die
Christen wurden, da wurde er eifersüchtig auf Jesus
und ließ die Christen wegen Wehrkraftzersetzung und
Hochverrats gerichtlich verfolgen. Die Konsequenz der Liebe
Gottes im Leben der Christen war nicht mehr Anerkennung von
allen Seiten, sondern Verfolgung durch die Gerichte. Für den
römischen Staat war das Verhalten der Christen
kriminell. Die Liebe Gottes im eigenen Leben gelebt und
ernstgenommen brachte die Christen vor Gericht. Viele wurden
hingerichtet, als Gladiatoren in die Arena geschleppt, als
brennende Fackel im Lustgarten des Kaisers in Rom mit Pech
geteert und gefedert und bei lebendigem Leib angezündet und
verbrannt. Es ging den Christen genauso schlecht wie Jesus,
ihrem Herrn. Und sie nahmen all das auf sich, weil sie
glaubten, daß das Leben Jesu nicht durch Folter und
Tod kleinzukriegen ist und daß auch sie selbst
über den Tod hinaus lebendig bleiben, wenn sie sich
nicht kleinkriegen lassen und einen Kniefall vor dem Kaiserstandbild
tun. Und sie erlebten, daß die unbeugsamen
Christen, die grausam zu Tode gequält wurden,
für alle anderen Christen zu einem großen
Vorbild wurden. Sie waren die Heiligen, die
Mätyerer, zu denen alle mit Verehrung aufblickten. In dieser
Verfolgung wurden aber viele auch mürbe und fragten: Was haben
wir eigentlich davon, daß wir uns aufopfern
für Jesus? Was ist das für eine Liebe Gottes,
die uns das Leben kostet, wenn wir so leben, wie Jesus es uns
gelehrt hat? Und für alle, die verzweifeln an dem
Unglück, was die Liebe Gottes, konsequent gelebt,
über ihr Leben bringt, sagt der Schreiber des 1.PT, der sich
ausgibt als Apostel Petrus: Jetzt erleben wir nicht,
daß Gottes Liebe uns das Leben erleichtert. Jetzt
leiden wir nur. Aber später, wenn Gottes Liebe auf
der ganzen Welt gesiegt hat und die Mächtigen von
ihren Tronen gestürzt hat, dann wird keiner mehr verfolgt, der
Sanftmut predigt und lebt, der sich gegen Waffen ausspricht,
der Vergebung statt Strafe propagiert. Dann, wenn die
Herrschaft der Liebe in der Welt das einzige Gesetz ist, was
es dann noch gibt, dann werden wir es sehen und erleben, dann werden
wir es genießen und leibhaft erfahren,
daß unsere Arbeit nicht vergebens war, daß die
Liebe nicht nur ein kraftloser Traum für Feiglinge
war, sondern die stärkste Macht auf der Welt
überhaupt. Dann werden alle sagen: Die Christen haben recht
gehabt, man kann so leben und fällt damit nicht auf
die Nase. Dann werden alle sagen: So ist Gott, und Gott hat
gewonnen. Dann werden die Christen statt Spinner Realpolitiker genannt.
Dann werden sie verehrt und geachtet und nicht mehr verfolgt.
Dann folgen ihnen die Leute. Doch bis dahin gibt es noch viel Leid. Wie
halten wir das durch? Immmer nur auf die Nase fliegen mit
Gewaltlosigkeit, während die Machthaber erfolgreich ihre
Macht genießen. Und das, was uns die
Kraft zum Durchhalten gibt, ist der Glaube. Ist die Hoffnung,
daß wir mit unserem sanften Programm stärker sind am
Ende. Ist die Liebe, mit der wir ertragen, daß man
uns verspottet und belächelt und mit der wir sanft und
behutsam und geduldig kontern. Jetzt gibt es noch keinen
Beweis für die Richtigkeit dieses Programms Jesu.
Wir können nur glauben, daß das klappt.
Dann aber werden es alle sehen und einsehen, daß die Liebe
geschafft hat, was alle Gewalt der Erde nicht erreichen
konnte:Daß im Reich Gottes die Menschen, alle
Menschen, friedlich und glücklich miteinander leben zur Ehre
Gottes. Amen.