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Erntedank 1986 in der Friedenskirche 5.10. 1986

Atom-Ernte und Fleisch-Ernte

1. Atomare Ernte, so las man im Spiegel. Die Studien des RWI in Essen über einen Ausstieg sofort ergaben, daß es keine nennenswerten wirtschaftlichen Störungen geben würde. Die Reaktion des Kanzlers: Was nicht sein soll, darf auch nicht sein! Diese Regierung ist nicht mehr tragbar, weil sie uns Risiken tragen läßt wie sonst kein Volk der Erde. Wir haben die höchste Dichte von militärischen und angeblich friedlichen Atomanlagen auf der ganzen Welt. Die Russen und Franzosen ja auch. Mit der Dummheit anderer die eigene rechtfertigen? Weil es Trottel gibt, darf ich auch Trottel sein? Am größten Idioten das moralische Vorbild entwickeln? Nein! Schöpfungsverantwortung, Verantwortung für unsere Kinder, unsere Tiere, die Zukunft dieses kleinen blauen Planeten - das darf nicht seinen Maßstab an der größtmöglichen Unverantwortlichkeit gewinnen, egal ob in Ost oder West. Manchmal kommt mir das Argument: "Die Russen sind aber noch viel schlimmer!", so vor, als wäre für die stärksten Antikommunisten die Fehler des Ostblocks das politische Vorbild!

Ich war hungrig, und ihr habt mir nichts zu essen gegeben, sagt Jesus Mt 25 bei seinem Weltgericht. Über die Erkennbarkeit Jesu Christi im Hungern und Essen dieser Welt. Wenn wir durch ungleichen Tausch die armen Länder immer ärmer machen, lassen wir unmittelbar Jesus leiden in seinen geringsten Brüdern.

Johannes 21 und die orientalische Gastfreundschaft.

2. Fleisch-Ernte. Ein Drittel der Weltgetreideproduktion wird an Tiere verfüttert, von deren Fleisch wir unsere Wurst und Stakes beziehen.

Fleisch-Ernte: Das Beil im Hühnerhals in den Basaren von Tunis: der Ekel beim Anblick einer Schlachtung bei meinem Urlaub in Tunesien ist mir immer noch vor Augen. Wir verstecken diese ekelhaften Schreckensszenen des Tötens von Tieren in Schlachtmaschinen, in Schlacht-Fabriken. Fleisch, das sind Leichenteile. Wenn man das Tier kennen würde, was man da ißt! Wie das frisch gekochte Ragout mit dicken Adern drin mir den Appetit verdirbt. Wie wenig Fleisch im Couscous ist! Wie wenig Fleischläden es in der Dritten Welt gibt. Fleisch ist eine Kostbarkeit!

1/3 der Weltgetreideproduktion geht drauf für europäisches Viehfutter. Der Umsetzungsfaktor von Getreide zu Fleisch ist im Durchschnitt 7/1. Von einem Kilo Fleisch können 7 Kilo Getreide oder Gemüse angebaut werden. Ein Fleischfresser frißt sieben anderen in armen Länder ihre Mahlzeit weg.

Theoretisch hätte jeder Mensch 3000 Kalorien täglich. Praktisch aber gibt es Devisen für den Staatsapparat in lateinamerikanischen Ländern wie in Chile, Brasilien, Paraguay und Argentinien, was die Großgrundbesitzer motiviert, die gesamte Ackerfläche für Sojaanbau im großen Stil zu nutzen. Das wird exportiert nach Europa für unsere Kühe und Schweine. Südafrika hat eine unglaubliche Schere von Arm und Reich. diese ist in den armen Ländern am allergrößten.

Unsere vegetarische Korsikafreizeit war der Versuch, Alternativen zu unserer gewohnten Art des Mittagsessens zu lernen. Wir müssen lernen, Fleisch als die Kostbarkeit behandeln, dies ist.

3. Johannes 21 erzählt von einem Fischfang-Wunder und dem Abendmahl. Den Jüngern begegnet der auferstandene Jesus und macht sie satt und ißt mit Ihnen. Die Gemeinschaft setzt Sättigung voraus. Solange eine Hälfte der Welt aufgrund des ungleichen Tauschverhältnisses in Armut lebt, gibt es keine christliche Verbrüderung. Versöhnung im Abendmahl verlangt nach Sättigung. Jesus schafft die Möglichkeit, satt zu werden, er gibt den Jüngern den Tip mit den fischreichen Aktion am See.

Tourismus verdirbt die Leute. Warum? Weil die Touris ihren Reichtum den Armen vorführen. Sie geben an. Das weckt in den Menschen der armen Länder einen berechtigten Neid. Es gibt aber auch noch Gastfreundschaft im alten orientalischen Stil in den touristisch noch unverdorbenen Gebieten.

Ausländerproblematik: wo bleibt unser gelebter Dank für die freundliche Aufnahme als Touristen in den armen Ländern? Wir sind bei denen willkommene Gäste, aber wenn sie zu uns kommen, fühlen wir uns doch nur bedroht, sehen Arbeitsplätze in Gefahr und fühlen uns überfremdet von denen, die der von uns verschuldete Hunger hierher getrieben hat, an die Fleischtöpfe Germaniens. Und nocheinmal Tourismus: Letzten Endes macht auch das keine stabilen Wirtschaftsverhältnisse in ihren Ländern, vom CO2-Ausstoß der Flugzeuge oder Kreuzfahrtschiffe einmal ganz abgesehen.22