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Predigt über Mt. 14,22-35   

Friedenskirche 1. Feb. 87

Wie Jesus der Schiffahrt einen Dienst tat 

Psalm 48 - 2.Kor 11,16-30

Liebe Schwestern und Brüder!
Jesus geht über den See! Sagenhaft. Eigenartig. Wir  wundern uns. Wir sagen:" Du bist wirklich ein Supermann! Abgefahren gut, diese Demonstration deiner  Fähigkeiten und Macht. Du kannst ja alles! Du bist ein Zauberkünstler. Ein  Showmaster! Wunderbar, sowas! Tolle Sache." Ich kann da nicht mithalten. Ich habe keinen so großen Sinn für das Wunderbare  solcher Auftritt, ebensowenig wie ich es gut finde, wenn ein Bundestagskandidat vor der  Presse ein Glas Milch kurz nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl trinkt. Solche  Kunststücklein mögen einfache und dumme Gemüter erfreuen. Mich nicht. Darum sage  ich:" Armer Jesus. Da wirst du in einer Geschichte übers Wasser geschickt, ein  Hampelmann der spätantiken Wundergläubigkeit, ein Bombengeck für alle, die ihrer  Freude haben am Okkulten, am Gläserrücken, am Reden mit Toten, an spiritistischen  Sitzungen. Das einfache Leben ist ihnen zu langweilig, sie wollen Sensationen, wenns  sein muß, sogar mit Spielen auf Leben und Tod. Je trister die Realität, umso  phantastischer die Geschichten! Wie trist muß es in der Zeit ausgesehen haben, wo du  gelebt hast. Sogar für ein Gespenst haben sie dich gehalten. Die in der Bibel glauben  also, daß es Gespenster gibt? Na sowas. Dabei soll das doch Aberglaube sein, wie die  Pastoren immer sagen. Aberglaube in der Bibel? Das darf doch nicht wahr sein! Was ist  denn wahr? Daß ein Mensch übers Wasser geht, ist nicht wahr. Das gibt es nur bei  Wasserski. Jesus, du hast doch nicht irgendwelche Tricks gehabt, um vor den Leuten die  Supershow abzuziehen? Du hast doch nicht Steine vorher präpariert und im See  ausgelegt, auf denen du liefst und alles tatsächlich so aussah, als könntest du auf der  Wasseroberfläche laufen. Vielleicht war es ja eine seichte Stelle im See. Und du hattest  einfach nur den Mut, trotz hohem Wellengang hinauszugehen in den See, dem Boot mit  den Freunden entgegen oder hinterher, bevor die dann mit dir den See endgültig  überquerten. Und sie haben einfach nur deinen Mut bewundert, mit dem du durch die  hohen Wellen hindurchgekommen bist. Und dein Mut wird nach zwanzig Mal Erzählen  langsam aber sicher zur Fähigkeit, über Wasser zu gehen. Das ist wahrlich Gottes Sohn, sagen sie, wie zum Applaus nach deinem  Kunststückchen. Du kannst kein einfacher Mensch sein. Sie lassen dir nicht dieses  Recht. Sie machen dich auf, wie ein Filmstar aufgemacht wird. Sie wissen, auf  sensationelle Public Relation kommt es an. Wenn die Story stimmt, läuft der Verein.  Nein, du darfst nicht einfach ein mutiger Mensch sein, du mußt die dir verpaßte  Götterrolle spielen. In den Geschichten über dich bist du verdammt, auf dem Wasser  herumzuwandeln. Und Petrus möchte auch mal und versinkt, weil er zuwenig Vertrauen  hat. Da ist also gleich die Warnung und Absicherung: Wenn es bei dir, lieber Christ, nicht  klappt, mit dem Wandeln auf dem Wasser, wenn die Wogen deiner Wanne über dir  zusammenschlagen, dann hast du den richtigen Glauben nicht. Was haben sie aus dir  gemacht, Jesus? Ein Wundermann. Natürlich, weil du auf dem Wasser läufst, bist du der  Sohn Gottes. Als ob Gott nichts besseres zu tun hat als seinen Sohn übers Wasser laufen  zu lassen zur Verblüffung der Zuschauer. Welche Posse spielen sie mit dir, Gott? Was  für trottelige Zaubertricks schieben sie dir in die Schuhe?" Liebe Gemeinde! Ich finde, Schwimmen ist etwas phantastisches. Tut dem Rücken gut, Training für den  ganzen Körper, härtet ab gegen Erkältungen, gleicht aus auch innerlich. Schwimmen  macht auch Spaß. Nehmen wir einmal an, Jesus sei geschwommen. Und Schwimmen  wäre damals noch unüblich gewesen, weil die Leute vor dem Wasser Angst gehabt  haben, irrational genug waren sie ja durchaus, wenn sie allen Ernstes behaupten, Jesus  wäre übers Wasser gelaufen. Jesus war also Schwimmer und hatte keine Angst,  unterzugehen, weil er wußte, daß es klappt. Petrus versucht es auch, aber es klappt nicht,  weil Petrus Angst hat und vor Angst panisch um sich schlägt, statt Schwimmbewegungen  zu machen wie Jesus. Wir kennen das: Nichtschwimmer haben im Wasser höllische  Angst und glauben, sie gehen unter. Die richtigen Schwimmbewegungen können sie  zwanzigmal an Land machen, sie haben Angst, und deshalb klappt es im Wasser auch  noch lange nicht beim ersten Mal. Schwimmen lernen, und das, liebe Freunde, sage ich  euch nicht als Bademeister, sondern als Pfarrer, Schwimmen lernen ist nicht so sehr die  Frage der richtigen Bewegungen, sondern die Frage des Mutes, sie auch auszuführen,  wenn es drauf ankommt. Schwimmen ist die Überwindung der Angst, unterzugehen.  Und das genau ist auch der christliche Glaube. Amen.