Wo
ist Gott? Nicht im Himmel, hochdroben, wie frühe
Glaubensmodelle ihn vorgestellt haben trotz des jüdischen
Verbotes, sich Bilder
von Gott zu machen. Wir machen uns aber immer wieder Bilder,
Vorstellungen,
Paradigmen und variieren sie durch die Jahrhunderte hinweg. Man kann
gar nicht
bilderlos von Gott sprechen. Es geht also um tragfähige
Bilder. Bilder, die
nicht unsere Vernunft beleidigen, weil sie schlicht gegen jede
Faktizität die Qualität
von Trump-News haben. Und die uns tragen können in unserer
Verzweiflung, nein,
die die Welt tragen können in ihrer Verzweiflung.
Jesus
sagte: Was ihr getan habt einem meiner geringsten
Brüder, das habt ihr mir getan. Er identifiziert sich mit den
Leidenden und hat
gelitten am Kreuz wie tausende von Aufsässigen, die gegen die
Römer
opponierten. Sehen wir ihn als Gottessohn, so leidet Gott selbst in
seinem Tod,
Hegel sagt: Gott selbst ist tot. „Christus
ist ein vollkommener Mensch gewesen, hat das Los aller Menschen, den
Tod,
ausgestanden; der Mensch hat gelitten, sich geopfert, sein
Natürliches negiert
und sich dadurch erhoben. In ihm wird dieser Prozeß, diese
Konversion seines
Andersseins zum Geiste, selber angeschaut, und die Notwendigkeit des
Schmerzes
in der Entsagung gegen die Natürlichkeit; aber dieser
Schmerz, daß Gott selbst tot ist, ist die
Geburtsstätte der
Heiligung und des Erhebens zu Gott. So wird also, was im
Subjekte vorgehen
muß, so wird dieser Prozeß, diese Konversion des
Endlichen als an sich
vollbracht in Christo gewußt.“
Wie
kann Gott das Leiden in der Welt zulassen? Die Frage
geht von einem himmlischen allmächtigen Burschen aus, der die
Welt in 6 Tagen
gemacht hat, aber seit dem 7. Tag nur noch ausruht. Der
möglicherweise oder
besser: unmöglicherweise alles vorherbestimmt hat, wann ich
meinen
Motorradunfall habe und wann Hitler die Juden vergasen ließ
mit dem vom Juden
Fritz Haber erfundenen Parasitenkiller Cyklon B. Solange wir am
allmächtigen
Schöpfer Himmels und der Erde festhalten, können wir
über ihn klagen und
meckern und die Hände in den Schoß legen. Denn es
wäre ja an ihm, das Heil der
Welt zu organisieren. Und eins ist er ganz sicher nicht: Liebe. Er ist
ein
Sadist, der täglich 24.000 Kinder verhungern
läßt, nachdem er sie eben noch
geschaffen hat.
Ich
glaube nicht an so einen himmlischen Halbstarken. Wenn
aber Gott weder der Urknallzünder noch Schicksalswirker ist,
sondern Liebe,
dann gibt es ihn noch gar nicht so ganz, sondern nur ein
bißchen.
Senfkorn-groß. Oder als Sauerteig, dessen Gärung
ihre Zeit braucht und dann
sehr viel durchsäuern und zum Gehen und Wachsen bringen kann.
Klein wie Jesus
im großen Lauf der Geschichte. Klein wie Greta Thunberg.
Diese Gotteskraft –
oder gerne auch dieser Geist – ist nach Paulus in den
Schwachen mächtig. Gott
ist dann nicht der Oberpavian, sondern ein Ferment
des Geistes der Liebe, welches uns animieren kann, so wie
Jesus uns auf die
Seite der Leidenden zu schlagen und mit ihnen zu kämpfen und
leben für eine
Zukunft, in der das Leiden schrittweise weniger wird. Die Statistik der
Hungertoten und Kriegstoten zeigt, wir sind trotz aller Horrormeldungen
auf
einem halbwegs guten Weg dahin, aber es wird noch lange dauern, bis die
Welt
für alle Heimat geworden ist.
Das
Wunder ist, daß gerade Menschen in Leid oft – nicht
immer – auf eine beeindruckende Weise über sich
hinauswachsen. Darin Jesus
verwandt. Dieses Wunder ist der
göttliche Prozeß, der im Leiden beginnt und seine
Aufhebung als die große
Vision und Zukunftswerkstatt dieses Weltexperiments träumt und
realisiert.
Die
Frage verkehrt sich dann: Wie können wir zulassen,
daß
Frontex die Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken
läßt, daß Flüchtlingsboote in
Italien und Malta abgewiesen werden und Retter bestraft werden? Wir
sind die,
die das alles zulassen und nicht allzuviel dagegen tun. Das
ist Atheismus, die Welt tatenlos in Katastrophen stürzen zu
lassen und dann noch zu meckern, daß Gott nichts tut. Wir
sind Gottes Hände,
wir sind Gottes Kopf, der Pläne zur Erschaffung einer
menschlichen Welt aus dem
Chaos des anarchischen Kapitalismus entwickeln kann und die Tugend des
Fastens
nicht nur für die Leber pflegt, sondern als Sparsamkeit und
Nullwachstum
unserer Wirtschaft entwickelt, die ihren Müll in Indien
ablädt und ihre
Rohstoffe aus armen Ländern für Dumpingpreise
ergattert und damit irgendwann in
die Katastrophe schlittern wird.
Jesu
permanente Passion geht weiter, so grausam wie eh und
je. Tauchen wir ein in die Solidarität der Schwachen, nehmen wir teil an Gottes
Ohnmacht und suchen wir
uns die Stelle, an der wir das in unserer Stadt und unserem Bereich tun
können.
Begrüßung
Thema: Gott läßt leiden?
Oder wer macht Leid? Wo ist Gott dabei?
Wir
feiern diese Zeit im Nachdenken des Geistes Jesu, in
dessen Leidenschaft für das Leben Gott als die Liebe Kraft gab
und gibt. Kraft,
die auch uns begeistern kann zur Liebe in allen ihren Spielarten. In
dieser
Liebe wohnt der schöpferische Geist Gottes.
Einsam
bist du klein 315
|: a D G e :|
Gebet: Gott, wo
bist du? Wir suchen dich im Himmel als Schöpfer und Bewahrer
dieses Planeten,
aber wir sehen dich nicht, können nicht erleben, daß
du etwas gegen die
Zerstörungen tust, die wir Menschen auf der Erde anrichten.
Wir sehen es nicht,
daß Du allmächtig bist. Wir haben den Schrei Jesu in
den Ohren: Mein Gott,
warum hast du mich verlassen? Gott, wo bist Du?
Text: Moltmann,
Der gekreuzigte Gott S.262 Eli Wiesel (Petra Schröder)
Wort: Rm 8,18ff
(Petra Boxler)
Predigt (Micha)
Aus
der Tiefe rufe ich zu dir 215
Innehalten Gott, Du Liebeskraft, Deine
Fürsorge umhülle uns. Stärke unser
Vertrauen, beflügle unsere Liebe. Wir bitten
Dich um das Ende der Gewalt in den gegenwärtigen
Kriegsgebieten. Hilf mit
Einsicht und gutem Willen. Stärke die Frauen und
Männer, die sich um
Verständigung und Ausgleich bemühen.
Gib
uns Mut, daß wir den Schwachen eine Stimme geben. Schenke uns
Phantasie und
Tatkraft, daß wir uns für eine gerechte Teilhabe
aller einsetzen. Erlöse uns
von allem Bösen, daß wir der Versuchung widerstehen.
Hilf uns, aufrichtig und
fair zu streiten und so Brücken zu bauen und
Verständnis füreinander zu
schaffen. Laß diese Verbindungen zum Friedensauftrag unter
den Menschen werden.
In
der Stille bringt Jede und Jeder seine eigenen Bitten vor dich.
Vater unser (Claus)
Segen (Claus)
Da
wohnt ein Sehnen tief in uns 209
Röm 8,19-26 Denn
die Sehnsucht des Geschaffenen wartet auf das Offenbarwerden [der
Herrlichkeit]
der Söhne Gottes. Denn der Nichtigkeit wurde das Geschaffene
unterworfen, nicht
freiwillig, sondern um dessen willen, der es ihr unterwarf; auf die
Hoffnung hin,
dass auch das Geschaffene selbst befreit werden wird von der
Knechtschaft des
Verderbens zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Denn wir
wissen,
dass alles Geschaffene insgesamt seufzt und sich schmerzlich
ängstigt bis
jetzt. Aber nicht nur das, sondern auch wir selbst, die wir die
Erstlingsgabe
des Geistes haben, auch wir seufzen in uns selbst und warten auf die
[volle
Offenbarung der] Annahme an Sohnes Statt, auf die Erlösung
unsres Leibes. Denn
[nur] auf Hoffnung hin sind wir gerettet worden. Eine Hoffnung aber,
die man
sieht, ist keine Hoffnung; denn was einer sieht, weshalb hofft er es
noch? Wenn
wir dagegen hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf mit
Geduld.
Ebenso kommt aber auch der Geist unsrer Schwachheit zu Hilfe. Denn wir
wissen
nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; aber der
Geist selbst tritt
für uns ein mit unaussprechlichen Seufzern. Der jedoch, der
die Herzen
erforscht, weiss, was das Trachten des Geistes ist; denn er tritt
für die
Heiligen ein, wie es Gott gefällt. Wir wissen aber, dass
denen, die Gott
lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach seiner zuvor
getroffenen Entscheidung berufen sind.