Das
Jetzt wie eine Nacht erleben, auf die alsbald ein neuer Tag folgen
wird, sich an einem Wendepunkt erleben, wo die Leiden zuende gehen, die
Erlösung anbricht. Es
ist die Naivität
der Naherwartung trotz des Wissens um die Macht des Kapitals, was zur
Selbstvermehrung neigt statt zu gerechter Teilung. Und diese
Naherwartung koppelt sich heute mit der Klimakatastrophe, die so
schnell kommt wie Pls das Gottesreich kommen sah. Kairos markiert
diesen rechten Augenblick, es ist jetzt höchste Zeit, jetzt
oder
nie. Apk
21 ist ja ein
nahtloses Vorspiel dazu: Jesu Botschaft ist bis heute: Gottes Welt der
Liebe hat begonnen, Gottes Reich ist da und es kommt uns immer
näher. Johannes sieht dieses Reich Gottes, das Neue,
hört
Gottes Stimme. In starken Bildern beschreibt er das Ende der Welt. Damit
haben wir sowohl
die Kinder des Lichts von Lk 16 als auch die Tränen Gottes,
der
über Jerusalem weint und sie den Verzweifelten eines Tages
abwischen wird als auch die seltene Stelle, wo Paulus mal Jesu
Doppelgebot, Zitat von Dtn 6,4-6 und Lev 19,18 = Mk 12,29; Mt 5,17f
zitiert. Pls meint mit Gesetz tatsächlich die Tora, keine
Liebesethik. Die Taufe ist der Moment, wo man gläubig wurde,
und
nun steht man im Kampf von Licht gegen Finsternis, Gut gegen
Böse,
am Beginn der Endzeit, in der Nacht, wo schon Licht zu sehen ist am
Osthimmel. Die Kairos-Gegenwart ist quasi historische Chance der
Erneuerung des Sinnes. Und statt des damaligen Hasses aufs Fleisch
könnte man jetzt über Askese vom Steak und der
Massentierhaltung reden, Askese als Abschied vom Wirtschaftswachstum,
Jubeljahr, in dem wie zur Zeit des Zechensterbens Branchen wie Auto,
Flieger und Kreuzfahrt sich gesundschrumpfen. Es hat immer in der
Wirtschaftsgeschichte Produktionsformen gegeben, die durch technischen
Fortschritt sich überlebt hatten und damit ganze Berufsgruppen
in
kurzer Zeit arbeitslos gemacht haben. Meist war damit eine
große
Arbeitserleichterung verbunden. Dies blüht nun den Autowerken,
den
Flugunternehmen und Werften und das ist bitter, aber notwendiger Umbau
der Industrienationen. Der
neue Gehorsam der
eschatologischen Gemeinde ist Abspecken in allen Bereichen, ganz im
Sinne der Todsünden-Thematik. Und das geht schon jetzt. Die
Marktdynamik der momentanen Wirtschaftskrise durch Corona zeigt einen
Rückgang der Nachfrage nach solchen entbehrlichen Produkten
und
Konzentration auf die wesentlichen Lebensgüter wie Mehl, Hefe,
Klopapier. Der Versandhandel wird immer mehr die Kauftempel der
Innenstädte ersetzen und nur solche Branchen
überleben, in
denen der persönliche Kontakt bei der Produktwahl konstitutiv
ist,
etwa bei neuen Gleitsichtbrillen oder Parfüms. Die
Überproduktion
an Fleisch wird gedrosselt durch Corona in den Sklavenarbeitslagern der
Schlachthöfe und zwei infizierte Wildschweine lassen riesige
Märkte in Fernost wegbrechen. Die Massentierhaltung
gerät in
die Schieflage, die sie moralisch seit Anbeginn hatte und wird
vielleicht an ihrer eigenen inhumanen Dynamik der
Unterdrückung
von Lebewesen zur Gesundschrumpfung gezwungen. Die Nitrat-Verseuchung
des Grundwassers fällt allmählich auf die
Landwirtschaft
selbst zurück. Die CO2-Produktion der Schafe und Kühe
im
Reigen mit Autoverkehr und ungedämmten
Häuserbeheizungen
führt zur der Erderwärmung, die einerseits Heizkosten
senkt,
andererseits massive Ernterückgänge fördert.
Die
Landwirte bekommen von der Umwelt und Natur die Rechnung
präsentiert für ihr rücksichtsloses
Ausbeuten der
Ressourcen. All diese Krisen sind die Quittung für das
krebsartige
Wuchern des Immer mehr Produzierens, des Draufsattelns ohne jedes
Augenmaß. Und
Draufsatteln geht
eben auch anders: Solar auf der Christuskirche als neuer
Heiligenschein. Mieterstromanlagen in der Vahr. Der
ökologische
Fußabdruck, die Arbeit am einfacher Leben, wird neben der
Fürsorge für die Armen dieser Erde zB durch
Mikrokredite und
Hilfen zur Selbsthilfe und faire Handelsabkommen die systemrelevante
Form des Christlichen Credo. An Jesus glauben, das Evangelium
verkünden, geht nur praktisch durch Teilen unseres
Überflusses, durch gerechte Aufteilung der Weltressourcen.
Christlicher Bet-Sport ist bestenfalls Planung der nächsten
notwendigen Aktion auf dem Weg zu mehr globaler Gerechtigkeit, den wir
in unserem Bezirk bereits realisieren können, in kleinen
Brötchen und vielen Tropfen auf die immer heißer
werdenden
Steine.