Michele unterwies nach einer kurzen Aufwärmphase Kyu-Grade von Grün- bis Braungurt mit II. Streifen in Abwehrtechniken gegen Waffenangriffe. Es gab drei Teile: Abwehren gegen Kurzstock, Messer und Faustfeuerwaffe.
Wir begannen mit der Abwehr gegen Angriffe mit dem Kurzstock. Um einen realistischen Angriff zu gewährleisten, benutzten wir die von Michele mitgebrachten "weichen" Kurzstockattrappen, bei denen Treffer keine Verletzung verursachen. Zuerst wurde das Ausweichen aus dem Angriff von oben geübt, da das Ausweichen allgemein das wichtigste Element einer jeglichen Abwehr darstellt. Hierbei wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, dass der ganze Körper aus der Bahn des Stocks herausbewegt wurde.
Dann wurden Abwehrtechniken gegen die Angriffsformen von oben, außen und innen vorgestellt und von den Teilnehmern ausgiebig geübt. Der zweite Teil des Lehrgangs beschäftigte sich mit der Abwehr gegen Messerangriffe. Dazu erläuterte Michele zuerst einmal die verschiedenen Messerarten. Er erklärte verschiedene Messertypen, welche zum Training im Dojo geeignet sind und warum. So gab es zum Beispiel zu der "scharfen" Variante von verschiedenen Messern jeweils einen adäquaten "Trainer", der zwar die gleiche Handhabung wie das Original aufweist, aber keine scharfe Klinge hat.
Wichtig ist immer, dass man beim Training darauf achtet, niemals den Respekt vor der Waffe zu verlieren, egal aus welchem Material sie ist! Der reale Angriff mit einem Messer ist immer potentiell lebensgefährlich. Bei den nachfolgend gezeigten Techniken wurde deshalb darauf geachtet, dass man immer die Kontrolle über die Waffen führende Hand des Gegners behält.
Im Gegensatz zu den Techniken gegen Kurzstockangriffe gibt es kein direktes "Hineinlaufen" in den Angriff, sondern man muss immer die Waffe von seinem eigenen Körper weg auf Distanz halten und kontrollieren, um nicht selbst verletzt zu werden. Dies erreicht man etwa dadurch, dass man die Messer führende Hand des Gegners so früh wie möglich im so genannten "C-Griff" (mit beiden Händen umklammernd) zu fassen bekommt.
Auch im letzten Teil des Lehrgangs – den Abwehren gegen Schusswaffen – gab es eine kurze Waffenkunde. Hier wurden Revolver und Pistolen vorgestellt, deren funktionstechnische Unterschiede dargelegt, und die im Training verwendeten Attrappen vorgestellt. Das Allerwichtigste bei Angriffen mit Revolvern oder Pistolen in einer Notfall-/Notwehrsituation ist das Abwägen, ob das Abwehren in dem Moment überhaupt sinnvoll ist.
Wenn jemand einen "nur" bestehlen möchte, ist es nicht sinnvoll, sein Leben unnötig durch den Versuch einer Abwehr in Gefahr zu bringen. Der Angreifer ist im Vorteil und braucht nur den Bruchteil einer Sekunde, um abzudrücken. Der ungeübte Verteidiger hingegen hat kaum eine Chance, seine Abwehrtechnik effizient auszuführen und auch der geübte Kämpfer wird im Falle eines Angriffs mit Pistole/Revolver vor eine große Herausforderung gestellt. Michele zeigte uns Abwehrtechniken gegen Angriffe mit Revolver von vorne und von hinten, welche möglichst schnell und sauber auszuführen waren.
Waffenkontrolle ist auch hier oberstes Gebot. Es zeigte sich deutlich, dass hier ein sehr hoher Trainingsaufwand nötig ist, um auch nur annähernd die erforderliche Geschwindigkeit für die Durchführung der Abwehrtechniken zu erreichen, damit man nicht "erschossen" wird. Übung macht den Meister – das trifft besonders auf Waffenabwehren zu. Nach einer Reflexion des gesamten Lehrgangs verabschiedeten sich die Jiu-Jitsuka voneinander, und damit ging ein sehr lehrreicher und kurzweiliger Sonntagslehrgang zu Ende.

Text: Katja Hentschel
Bilder: Michele Colonna