Vermessung von Heckrotorblättern

Diese Seite ist von meinem Vater, Josef Gornik, verfasst worden.

Der folgende Bereicht soll beschreiben, wie mit einfachen Mitteln eine sehr genaue Vermessung von Heckrotorblättern vorgenommen werden kann.

Der Schwerpunkt eines Rotor- oder Heckrotorblatts hat entscheidende Einflüsse auf das Flugverhalten eines Hubschraubers, ähnlich wie der Schwerpunkt bei einem Flugzeug. Das folgende Bild 1 soll verdeutlichen, welchen Effekt die unterschiedlichen Schwerpunktlagen bei einem Heckrotorblatt verursachen. In dem Bild ist nur ein Ausschnitt des Rotorblatts dargestellt. Die eingezeichnete Achse ist die Drehachse des Rotorblatts durch den Blatthalter, um den Pitchwert zu verstellen. Je nach Schwerpunktlage verschiebt sich die Drehachse des Blattes. Daraus resultiert, ob das Blatt einen stabilen oder instabilen Lauf hat. Zur Verdeutlichung möchte ich folgendes Beispiel geben. Hält man ein Blatt Papier in den Wind, indem man das Blatt an der Stirnseite zum Wind festhält, so bleibt es stabil wie eine Windfahne im Wind. Je weiter man das Blatt von der Stirnseite festhält, um so mehr schlägt das Blatt um. Man kann es immer weniger im Wind kontrollieren. Es wird instabil.

    Bild 1

Was passiert bei einem instabilen Blatt mit dem Hubschrauber? Die Instabilität des Blattes führt dazu, dass das Blatt ständig über- und untersteuert. Dadurch müssen höhere Haltekräfte durch die Mechanik und die Servos aufgebracht werden. Das Resultat ist ein größerer Verschleiß des Hubschraubers und kann bis zum Ausfall im Flug führen. Das folgende Bild 2 zeigt ein Heckrotorblatt mit 5° Vorlauf! Die 3D Flieger haben gerne ein aggressives Verhalten bei Rotorblättern, jedoch stellen diese Blätter auch höhere Ansprüche an den Kreisel. Instabile Systeme sind immer schwer zu regeln! Hinzu kommt, dass die Strömung an solchen Blättern schneller abreißt. Dadurch verliert der Heckrotor auch noch an seiner Leistung.

Der Vor-/Nachlauf lässt sich einfach mit einem dünnen Nagel und einem Lot vermessen. Das Rotorblatt und das Lot werden auf den Nagel gehangen. Die Schwerkraft lenkt das Rotorblatt, entsprechend seinem Schwerpunkt, und das Lot senkrecht aus. Das Rotorblatt hat nun die gleiche Ausrichtung wie im Flug. Das Lot zeigt die Drehachse des Blattes zur Pitchverstellung an (siehe Bild oben). Mit einem Winkelmesser kann jetzt der Vorlauf ausgemessen werden. Bild 3 zeigt eine ganz einfache Lösung an der Pinwand. Einfach eine Stecknadel und einen Faden mit einem Gewicht (Lot) mit den Heckrotorblättern an die Pinwand stecken. Fertig! Zwar kann man nicht die genau Gradzahl des Vor-/Nachlaufs ablesen, aber man sieht die Tendenz. Was man aber genau sieht, dass ist, ob beide Blätter deckungsgleich sind. In Bild 3 sieht man, dass das hintere Blatt etwas vorsteht (unterschiedliche Schwerpunkte!). Das wird im Flug eine leichte Unwucht geben!

    Bild 2        Bild 3

Bild 4 zeigt zwei unterschiedliche Schwerpunkttiefen von zwei Heckrotorblättern. Bei 0° Anstellung entsteht zuerst eine statische Unwucht, weil beide Blätter sich noch in einer Ebene befinden und kein Auftrieb erzeugen. Aber sobald die Anstellung erfolgt (Pitch), entsteht zusätzlich eine dynamische Unwucht, die unweigerlich zu Zerstörung des Hubschraubers führt. Warum das so ist, kann man im Bild 5 ersehen. Das vorlaufende Blatt (7°) hat eine wesentlich größere Fläche vor der Drehachse als das nicht vorlaufende (0°). Daraus resultiert, dass das vorlaufende Blatt bei mehr Anstellung mehr Auftrieb hat, als das nicht vorlaufende. Die Folge ist, dass das vorlaufende Blatt nicht mehr in der Spur läuft.

    Bild 4    Bild 5

In Bild 6 ist ein neutrales Blatt dargestellt. Solch ein Blatt ist Kräfte neutral, sofern das zweite Blatt den gleichen Vorlauf hat. Es ist gar nicht so einfach, Heckrotorblätter mit 0° Vorlauf zu fertigen. Bisher konnten wir nur ein paar wenige GFK-/CFK-Heckrotorblätter finden, die 0° Vorlauf hatten. 

    Bild 6

Für einen guten Rundlauf muss neben dem Schwerpunkt auch das Gewicht der einzelnen Blätter stimmen. Bild 7 und 8 zeigt zwei Möglichkeiten, wie das Gewicht von zwei Blättern  verglichen wird. Es kann nicht schaden beide Methoden an einem Paar anzuwenden. Damit kann man ausschließen, dass eine Vorrichtung vielleicht eine Grundtendenz hat.

    Bild 7

Es empfehlt sich, die Methode aus Bild 7 am ganzen Heckrotor anzuwenden. Dann sieht man, ob die Mechanik (k)eine Unwucht hat.

    Bild 8

Bild 9 zeigt ein Paar Heckrotorblätter, die unterschiedlichen Vorlauf haben. Das Ergebnis sieht man in Bild 10!!! Die Unwucht war so groß, dass das Heckrotorgehäuse auseinander gebrochen ist. 

    Bild 9        Bild 10

Bei großen Rotorblättern kann das Winkelmessen mit der oben gezeigten Vorrichtung (Bild 2, 4 und 6) ungenau werden. Um den genauen Vorlauf zu messen, nutzen wir die trigonometrischen Funktionen. In unserem Fall nutzen wir den Tangens. In Bild 11 ist die Vorgehensweise dargestellt (klickt es zur Vergrößerung an!). Als erstes zeichnet man sich die Soll-Drehachse auf das Blatt. Dann klebt man im Rechtenwinkel zur Soll-Drehachse eine Millimeterskala auf (z.B. Millimeterpapier). Hängt man nun das Blatt und das Lot auf einen Nagel, so bildet die Seite 'b' vom Nagel bis zur Millimeterskala die Ankathete, die Millimeterskala ist die Gegenkathete 'a' und das Lot ist die Hypothenuse. Nun liest man einfach an der Millimeterskala die Auslenkung des Rotorblatts ab. Aber Vorsicht! Es kann eine Parallaxe auftreten, wenn man nicht genau senkrecht auf das Lot schaut. In Bild 12 ist noch ein silbernes Klebeband aufgeklebt, damit man das Spiegelbild des Lots nutzt, um die Parallaxe zu vermeiden. Das Lot und sein Spiegelbild müssen deckungsgleich sein! Der Vorlaufwinkel 'Alpha' ist der Winkel zwischen der Ankathete 'b' und der Hypothenuse (unser Lot.) Um nun den Winkel zu berechnen, teilen wir den von der Millimeterskala abgelesenen Wert durch die Länge der Seite 'b', die wir vorher vermessen haben. Das Ergebnis ist der Tangens von 'Alpha'. Wie bekommt man jetzt den Winkel 'Alpha'? Dafür gibt es auf jedem wissenschaftlichen Taschenrechner die Taste 'tan-1' (Arkustangens). Im Bild 11 ist ein Rechenbeispiel dargestellt.

Es wird oft der Vorlauf in Millimeter angegeben. Aber an welcher Stelle des Rotorblatts  wurde gemessen? Der Winkel gibt diesbezüglich eine genauere Aussage!

    Bild 11        Bild 12

Bis jetzt waren die Heckrotorblätter immer ein dunkles Kapitel. Deren Einsatz konnte man nur ausprobieren, und mit mehr oder weniger Erfolg einsetzen. Mit dieser Methode möchte ich etwas Licht in die Sache reinbringen. Mit der Steuerung wird sehr viel Aufwand getrieben, der in die Hunderte von Euro geht; teure Servos , Kreisel, Push- Pull- Anlenkung usw., und durch schlechte Heckrotorblätter wird der ganze Aufwand zu Nichte gemacht.

 

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