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Logische Konsequenz: kompakt erklärt


Was heißt es, dass eine Aussage BB eine logische Konsequenz einer Prämissenmenge {A1,,An}\lbrace A_1, \ldots, A_n\rbrace ist?

Zunächst muss man sich fragen, was ist der normative Rahmen, oder bzgl. welcher logischer Gesetzmäßigkeiten soll BB eine logische Konsequenz der Prämissenmenge sein? Im Kurs sehen wir, dass verschiedene Logiken den Junktoren nicht notwendigerweise diesselbe Bedeutung verleihen. Etwa ist eine klassische Negation zu unterscheiden von einer parakonsistenten Negation. Selbst in der einfachen Sprache der Aussagenlogik ist man also bereits mit verschiedenen Logiksystemen konfrontiert, die sich in der Interpretation der Junktoren unterscheiden.

Die Frage, ob BB eine logische Konsequenz der Prämissenmenge A1,,An{A_1, \ldots, A_n} ist, ist in dieser kategorischen Form nur stellbar, wenn wir entweder unterstellen, dass es die eine wahre Logik gibt und die Frage sich auf die Gesetzmäßigkeiten dieser einen wahren Logik bezieht (logische Monisten vertreten diese Position), oder wenn wir uns bereits auf eine bestimmte Interpretation der in den Aussagen auftretenden Junktoren geeinigt haben: in beiden Fällen müssen wir also ein logisches Referenzsystem fixieren bzgl. dessen wir die Frage nach der logischen Konsequenz stellen.

Gehen wir nun davon aus, dass BB, A1,,AnA_1, \ldots, A_n in der formalen Sprache der Aussagenlogik vorliegen und dass wir eine Logik L\mathbf{L} zur Interpretation dieser Formeln fixiert haben (etwa die klassische Logik CL oder die parakonsistente Logik LP). Die zentrale Idee hinter dem Begriff der logischen Konsequenz ist, dass sofern A1,,AnA_1, \ldots, A_n wahr sind in einer Interpretation (oder einem Modell: wir benutzen hier diese beiden Begriffe synonnym) von L\mathbf{L}, dann muss auch BB in dieser Interpretation wahr sein.

In wahrheitsfunktionalen Logiken wie CL und LP ist eine Interpretation in der Sprache der Aussagenlogik durch zwei Faktoren determiniert:

  1. eine Belegung der Atome mit Wahrheitswerten
  2. die Wahrheitstabellen der Junktoren.

Gehen wir der Einfachheit halber davon aus, dass unsere Sprache zwei Atome umfasst: pp und qq. In der klassischen Logik gibt es 4=224 = 2^2 Belegungen:

Belegung pp qq
v1v_1 0 0
v2v_2 0 1
v3v_3 1 0
v4v_4 1 1

In der Logik LP gibt es einen Wahrheitswert mehr, nämlich ii für inkonsistent. Demnach gibt es 9=329 = 3^2 Belegungen:

Belegung pp qq
v1v_1 0 0
v2v_2 0 1
v3v_3 1 0
v4v_4 1 1
v5v_5 0 i
v6v_6 i 0
v7v_7 1 i
v8v_8 i 1
v9v_9 i i

Der Wahrheitswert einer komplexen Formel in ergibt sich dann bottom-up aus den Wahrheitswerten der Atome (gegeben durch die Belegung) und den Wahrheitstabellen. Etwa, auf der Grundlage von v8v_8 ist die Interpretation von pqp \wedge q der Wert ii und der von ¬(pq)\neg(p\wedge q) ist auch ii. Beachte, dass wir hierbei die Wahrheitstabellen für \wedge und ¬\neg benutzen:

\wedge 0 i 1
0 0 0 0
i 0 i i
1 0 i 1

und

¬\neg
0 1
i i
1 0

In der klassischen Logik ist die Frage, ob in einem auf einer Belegung vv basierten Modell MM eine Formal AA gilt einfach zu beantworten:

  1. bestimme den Wahrheitswert von AA auf der Grundlage der Wahrheitstabellen und der Belegung
  2. falls AA den Wahrheitswert 1 (auch oft: “w” für wahr oder “t” für true) hat so gilt AA in MM: in Zeichen, MAM \models A.
  3. falls AA den Wahrheitswert 0 (auch oft: “f” für falsch oder false) hat so gilt AA nicht in MM.

In Logiken mit mehr als zwei Wahrheitswerten ist es zentral zur Bestimmung der Gültigkeit einer Formel in einem Modell, welche der Wahrheitswerte designiert sind: d.h., für welche Wahrheitswerte soll gelten, dass wenn eine Formel diesen Wahrheitswert hat, so gilt im entsprechenden Modell.

Etwa, in der Logik LP gelten die beiden Werte 11 und ii als designiert und entsprechend gilt: AA gilt in MM genau dann wenn AA den Wahrheitswert 1 oder i hat.

Zusammenfassung

Wir halten fest:

  1. BB ist eine logische Konsequenz aus der Prämissenmenge A1,,An{A_1, \ldots, A_n} bzgl. einer Logik L\mathbf{L}, wenn in jedem Modell MM der Logik L\mathbf{L} in dem A1,,AnA_1, \ldots, A_n gelten, auch BB gilt.
  2. Eine Formel CC gilt in MM (in Zeichen: MCM \models C) genau dann wenn CC in der MM zugrundeliegenden Interpretation einen designierten Wahrheitswert hat.

Kleine Demonstration

Im ersten Übungsblatt war eine Frage ob ¬p¬q\neg p \vee \neg q eine logische Konsequenz aus ¬(pq){\neg(p\wedge q)} in der Logik LP\mathbf{LP} ist. In Zeichen: gilt ¬(pq)¬p¬q{\neg (p \wedge q)} \vDash \neg p \vee \neg q.

Um obige Frage positiv zu beantworten müssten wir also zeigen, dass in jedem Modell der Logik LP\mathbf{LP} in dem ¬(pq)\neg (p \wedge q) gilt auch ¬p¬q\neg p \vee \neg q gilt.

Wie sieht ein Modell MM der Logik LP\mathbf{LP} aus in dem ¬(pq)\neg (p \wedge q) gilt?

Folgendermaßen: es muss gelten M¬(pq)M \models \neg(p \wedge q). Dies wiederum heißt, dass ¬(pq)\neg(p \wedge q) den Wahrheitswert 1 oder den Wahrheitswert i hat.

Wir gehen zunächst von dem Fall aus, dass der Wahrheitswert von ¬(pq)\neg(p \wedge q), 1 ist. Mit der Wahrheitstabelle von ¬\neg gilt dass dann der Wahrheitswert von pqp\wedge q gleich 0 ist. Mit der Wahrheitstabelle von \wedge ist damit entweder der Wahrheitswert von pp gleich 0 oder der Wahrheitswert von qq gleich 0.

Damit ist der Wahrheitswert von ¬p\neg p gleich 1 oder der Wahrheitswert von ¬q\neg q gleich 1 (wieder mit der Tabelle von ¬\neg) und mit der Tabelle von \vee ist damit der Wahrheitswert von ¬p¬q\neg p\vee \neg q in MM gleich 1.

Im anderen Fall ist der Wahrheitswert von ¬(pq)\neg(p \wedge q) gleich ii. Damit ist auch der Wahrheitswert von pqp \wedge q gleich ii. Damit ist der Wahrheitswert von pp gleich ii oder der Wahrheitswert von qq gleich ii (mit der Tabelle von \wedge). Damit ist der Wert von ¬p\neg p gleich ii oder der Wert von ¬q\neg q gleich ii. Mit der Tabelle von \vee ist damit der Wahrheitswert von ¬p¬q\neg p \vee \neg q entweder ii oder 1.

Also, in beiden Fällen ist der Wert von ¬p¬q\neg p \vee \neg q entweder 1 oder ii und damit gilt in MM die Formel ¬p¬q\neg p \vee \neg q (in Zeichen: M¬p¬qM \models \neg p \vee \neg q).

Das mussten wir zeigen.

Im Kurs werden wir eine Methode mit Wahrheitsbäumen kennenlernen, mit der wir dies in wesentlich komfortablerer Weise überprüfen können.