Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Komparatistik
Seminar: Land und Meer
Dozent: PD Dr. Niels Werber
SoSe 2004
Annika Bochnig
Thesenpapier
Thema: „Der Geschloßne
Handelsstaat“ (Johann Gottlieb Fichte)
- Johann Gottlieb Fichte setzt sich in „Der Geschloßne Handelsstaat“ mit der Notwen-digkeit eines solchen für einen Staat auseinander.
- Zunächst gibt er eine Definition eines wirklichen Staates: „Der wirkliche Staat lässt sich sonach vorstellen, als begriffen in der allmählichen Stiftung des Vernunftstaates.“ Das reine Staatsrecht ließe den Vernunftstaat entstehen, indem alle Menschen in ähnlichen Verhältnissen lebten (dies sei aber nur eine Utopie). Wie oben mithilfe des Zitats erwähnt, nähert sich der wirkliche Staat dem Vernunftstaat erst an.
- Die Politik eines Staates beschreibt – so Fichte – die Verwandlung eines Staates in einen Vernunftstaat und endet damit im reinen Staatsrecht.
- Laut Fichte hängt das Glück des Volkes vom Staat ab; der Staat ist verpflichtet, das Eigentum (das der Bürger vom Staat erhalten hat) eines jeden Bürgers zu schützen.
- Fichte setzt voraus, dass unter den Menschen das Wissen um ein ausschließendes Recht herrscht, d.h., dass die Menschen sich untereinander vertragen müssen und das Eigentum des anderen akzeptieren müssen. Erst durch dieses Vertragen wird ein Eigentum, ein Rechtsgrund begründet.
- Der Zweck aller menschlichen Tätigkeit sei es, leben zu können. Durch das gegen-seitige Verständnis unter den Menschen werden die freien Tätigkeiten verteilt. In die-ser Teilung haben alle das gleiche Recht und sie erfolgt so, dass alle angenehm leben können. Der Staat hat dabei die Aufgabe, diese Teilung vorzunehmen und versucht dabei, jedem das Seinige zu geben.
- Fichte unterscheidet die freien Tätigkeiten und beschreibt ihre Hauptverteilung auf die folgenden drei Stände:
§ 1.) Produzenten, zur Gewinnung der Naturprodukte.
§ 2.) Künstler, zur weiteren Verarbeitung der Naturprodukte. Zwischen diesen beiden Ständen wird ein Vertrag geschlossen, in dem beide die gleichen Rechte haben. Der Vertrag muss noch um einen weiteren Stand erweitert werden:
§ 3.) Die Kaufleute nehmen eine Vermittlerposition ein. Sie treten zwischen die Künstler und die Produzenten und sind abhängig von dem Verhältnis der Produzenten und der Künstler zueinander. Die drei Stände schließen wiederum einen Vertrag (der Staat gibt diesen Verträ-gen eine Rechtsbeständigkeit) und sind somit die drei Grundbe-standteile der Nation.
- Der Staat muss innerhalb der Bevölkerung die gerechte Verteilung aller Produkte regeln und muss daher auch die gerechte Verteilung der Menschen auf die oben genannten drei Stände berücksichtigen. Schließlich ist die Produktgewinnung die Grundlage eines Staates und muss daher in geordneten Bahnen ablaufen.
- Fichte ist der Ansicht, dass eine genaue Beobachtung eines Kaufmanns (und woher dieser seine Waren bezieht) nicht notwendig ist, weil ein stockender Handel schon gemeldet werden würde.
-
Laut Fichte ist ein Vernunftstaat ein
geschlossener
Handelsstaat, der Handel mit dem Ausland müsse verboten werden
(Kernthese).
- Fichte macht deutlich, dass die Verteilung auf die drei Stände innerhalb eines Staates notwendig ist. Ist ein Staat noch völlig willkürlich auf Stände verteilt, so ist er der Bar-barei verfallen und wäre ein rechtswidriger Staat, wenn er nicht versuchen würde, sich aus dieser Lage zu befreien. Nur durch die Verteilung der Arbeitszweige – so Fichte – kann der Wohlstand eines Volkes vermehrt werden. Natürlich muss der Staat ein Gleichgewicht dieses Wohlstands herstellen und muss daher Abgaben an die Stände leisten, die sich nicht an der Vermehrung des Wohlstandes beteiligen können (z. B. Soldaten).
- Der Mensch soll sich durch seine Arbeit menschliche Genüsse verschaffen, der Wohl-stand kommt nicht aus der Natur, sondern ist in der Fleißigkeit des Menschen begründet.
- Eine wichtige Komponente im Vernunftstaat ist außerdem die Einführung von Geld zum Tausch und zur Vermittlung des Wertes. Der Handel steht unter dem Einfluss des Geldes, macht sich jedoch selbst Preis und Gesetz. Durch das Einführen des Geldes tritt also ein neues wichtiges Medium zwischen Ware und Ware, da jeder das Recht haben soll, Geld gegen Ware (oder umgekehrt) einzutauschen. Der Staat wird das Verhältnis des Geldes bestimmen und stellt wiederum im Falle eines Falles ein gestörtes Gleichgewicht zwischen Ware und Geld wieder her.
-
Fichte verdeutlicht nochmals, dass sich das
Eigentumsrecht im Vernunftstaat nicht über Sachen definiert, sondern
durch „Vermeidung
oder Nichtvermeidung“ einer fremden Tätigkeit.
- Im Zuge der Bildung der modernen Staaten hat sich auch das Handelssystem entwickelt. Fichte macht mit diesem Einblick in die Geschichte klar, dass Europa in mehrere Handelssysteme eingeteilt werden muss, da die jeweiligen Staaten unter verschiedenen Regierungen stehen. Damit grenzt Fichte das System vom damaligen System (als Europa noch nicht in Staaten eingeteilt war) ab. Die Freiheit des Handels sei ein veraltetes System, die neue Maxime sei die, eines geschlossenen Han-delsstaates (siehe oben). Die Freiheit des Handels würde dazu führen, dass sich eine Nation zugrunde richtet. Außerdem müsse das Geld eines Landes im Land selbst blei-ben. Sonst käme es zu einer steigenden Feindseligkeit unter den Staaten und innerhalb des Landes wäre sich kein Fabrikant mehr seines Absatzes wegen der steigenden Kon-kurrenz aus dem Ausland mehr sicher.
- Im folgenden konkretisiert Fichte seine Vorstellungen von einem geschlossenen Han-delsstaat. Ein Staat, der sein Handelssystem gegen andere Staaten schließen möchte, muss die Fabrikation aller notwendigen Produkte gewährleisten, damit seine Bürger keinen Verzicht leisten müssen. Zur Herstellung dieser Produkte ist zunächst noch der Handel mit dem Ausland notwendig. Dieser muss bei der Regierung angemeldet werden und wird von dieser beobachtet. Die Schließung des Handelsverkehrs und der Grenzen bedingen einander, also muss der Staat fortan seine natürlichen Grenzen ak-zeptieren und darf sich nicht weiter vergrößern. Die Verfügung über Landesgeld ist wichtig, um somit den Handel mit dem Ausland zu verhindern. Im geschlossenen Handelsstaat sollen Handelsschwindeleien ein Ende haben. Mit der Schließung des Handelsverkehrs befindet sich das Volk im völligen Wohlstand. Für Fichte hat seine Theorie nur Vorteile. Es gäbe keine Eroberungskriege mehr, das Volk würde sich nicht mehr gegen die Regierung auflehnen. Durch die Schließung des Handelsverkehrs und die Einführung des Landesgeldes würde eine Nation, ein Nationalgedanke geschöpft.