Niels Werber

Staatstheater 77

Dramatisierung und Normalisierung in Rainald Goetz‘ Roman „Kontrolliert“

Rainald Goetz‘ Roman Kontrolliert[1]erzählt nach der Selbstauskunft des Textes die „Geschichte des Jahres 1977“. Es ist das „Terror-Jahr“ der Bundesrepublik, das Jahr, dem man zutrauen konnte, es mache im Zeitalter des Posthistoire noch einmal wirklich Epoche. Dieses Jahr sieht die Unterzeichnung der europäischen Anti-Terror-Konvention, die Ermordung des Generalbundesanwalts Buback am 7. April, die Häftlinge von Stammheim im Hungerstreik, die Ermordung von Jürgen Ponto am 30. Juli, und dann, in rasender Folge und Zuspitzung, die Entführung von Hanns Martin Schleyer am 5. September, die Kontaktsperreverordnung am 6. September, die Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“ am 13. Oktober, die auf breiten Zuspruch stoßende Forderung von Golo Mann, die inhaftierten Terroristen, die durch die Entführung freigepreßt werden sollen, gleichfalls in Geiseln zu verwandeln oder im Stundentakt zu exekutieren, am 18. Oktober den Sturmangriff der GSG 9 auf die „Landshut“ und die Befreiung der Geiseln und die Leichen von Baader, Ensslin und Raspe, und schließlich den hingerichteten Schleyer am 19. Oktober. Dann ist der Deutsche Herbst vorbei. Soweit die Ereignisse, die Frage ist, wie man aus ihnen eine Geschichte machen kann und welche literarische Gattung man wählt, um sie zu schreiben. 
Rainald Goetz, der die Ereignisse des Deutschen Herbstes 1977 in Kontrolliert verarbeitet hat, scheint dazu die Form des Romans gewählt zu haben – doch gibt es, wie man mit Brecht sagen könnte, in diesem Roman „ziemlich viel »Dramatisches«“, womit Brecht das „Herausarbeiten des Aufeinanderprallens der Kräfte“ meint.[2] Vom Dramatischen in der Epik könne man sprechen, wenn die Narration den Konflikt zweier Parteien deutlich herausarbeitet und eskalieren läßt. Genau dies tut Goetz, und sein Roman belegt das, was 1977 vorgefallen ist, mit dem Begriff des „Staatstheaters“, und den Ort der Inszenierung mit dem der „Staatstheaterbühne“.[3] Auf dieser Bühne, so könnte man meinen, sei das Drama BRD vs. RAF inszeniert worden. Die Ereignisse des Jahres 77 werden zu einem Drama verbunden, das vom „bewaffneten Kampf“ der Terroristen gegen die übermächtige „totale Diktatur der Macht“ (K 250) handelt und den von Aristoteles formulierten Regeln einer Tragödie folgt: es geht um die Nachahmung einer Handlung mit Anfang, Mitte und Ende sowie einer Peripetie und einer Katastrophe, um den Konflikt von Antagonisten und Protagonisten, der sich zu einer Entscheidung zuspitzt. „Staatstheater spielen echte Stücke, siehe Stammheim, Stichwort Krieg“, heißt es bei Goetz (K 15). Die Metapher des Staatstheaters, die schon auf den ersten Seiten des Romans angeboten wird, legt die Vermutung nahe, hinter der öffentlichen Inszenierung verbürgen sich geheime Drahtzieher – nach einer bekannten RAF-Legende etwa jene Dunkelmänner, die die Ermordung der Terroristen in Stammheim als Selbstmord aufführten. Politik würde hier deshalb als Theater bezeichnet, weil das Politische offenbar Regie führt, um sich hinter den aufgeführten Stücken zu verbergen. Diese Auffassung hat Tradition: 

„Politik als Theater“, so lautet die heuristische Definition von Thomas Meyer aus einem im letzten Jahr erschienenen Band, „ereignet sich immer dann, wenn ein politischer [...] Akteur A einem Publikum S ein X für ein U vormacht und sich dabei der Inszenierungsmittel des Theaters bedient.“[4] Meyer greift auf eine knappe Definition der Theaterwissenschaftlerin Fischer-Lichte zurück, die lautet: „Theater ereignet sich, wenn es eine Person A gibt, die X verkörpert, während S zuschaut“. (ebd.) An beiden Begriffsbestimmungen fällt auf, daß sie Theater für ein Ereignis halten, also in der Zeitdimension auf einen Moment abstellen, statt auf einen Prozeß oder wie bei Goetz auf eine “Geschichte“, wie dies ja auch die Tradition der Dramentheorie naheliegen würde, denn ein Drama, so lesen wir in der Poetik des Aristoteles, besteht nicht aus Ereignissen oder Tableau vivants, sondern aus „Handlungen“.[5] „Episodische“ Handlungen ohne Einheit lehnt Aristoteles dagegen als ungeeignet für das Drama ab. In einer Handlung soll vielmehr die Mitte aus dem Anfang und das Ende aus dem Vorhergehenden resultieren – „entweder mit Wahrscheinlichkeit oder mit Notwendigkeit“.[6] Thomas Meyer jedoch betont an der Politik als Theater das „Ereignis“ (S. 78) oder genauer: das „Scheinereignis“ (S. 80) oder auch die Inszenierung der „Entscheidung“ (S. 122). In der Poetik des Aristoteles gibt es nur zwei Elemente, wo das Ereignis gegenüber der Handlungskette großes Gewicht eingeräumt wird: zum einen bestimmt er den Charakter eines Protagonisten nach Maßgabe der Entscheidung in einem bestimmten Moment: „Charakter ist nun das, was die Entscheidung offenbart, was nämlich einer in einer unklaren Situation wählt oder meidet“ (S. 400f). Charakter meint also kein Bündel von erworbenen und ererbten Eigenschaften noch ein Temperament im Sinne der Humoralpathologie, sondern das, als was sich der Handelnde im Moment der Dezision erweist. Zum zweiten kennt das Drama die „Peripetie“, den „Umschlag der Handlung in ihr Gegenteil“ (§ 11). Dieser Umschlag der Handlung fällt oft, und so ist es laut Aristoteles „am schönsten“, mit der Offenbarung des Charakters zusammen. „Freundschaft oder Feindschaft“ treten dann im doppelten Moment der Dezision und der Peripetie ans Licht – und gereicht den Zuschauern zum kathartischen Schaudern und Jammern. Wir werden noch sehen, inwieweit sich Goetz als Schüler des Aristoteles erweisen wird.

Es scheint jedenfalls zwei extreme Möglichkeiten der Theatralisierung des Politischen zu geben: die eine meint das inszenierte Ereignis, mit dem die Politik aus dem Verborgenen für einen Moment auf die Bühne der Öffentlichkeit tritt, den Event, in dem sich Politik als Theater „ereignet“; die zweite betont die Gesetzmäßigkeiten der Handlungsführung, die Dramaturgie, die Ereignisse zu einer zusammenhängenden Kette verknüpft, die sich, wie Aristoteles ausführt, von der Geschichte eines Historikers nur modallogisch dadurch unterscheidet, daß sie möglich und nicht wirklich ist (§ 9). Man könnte darüber spekulieren, ob in der zeitgenössischen Rede von der „Politik als Theater“ die Perspektive des Moments der Inszenierung, des in den Massenmedien zelebrierten Ereignisses deshalb vorgezogen wird, weil sich der Glaube an eine stringente Handlungsführung mit „Anfang, Mitte und Ende“ in den Debatten der Postmoderne verloren hat: keine „großen Narrationen“ mehr – und keine „großen Handlungen“; statt dessen Ereignisse. Ich möchte hier diese beiden Pole möglicher Perspektiven auf die „Politik als Theater“ zunächst nur festhalten, um bei der Analyse der Dramatisierung des sog. „Deutschen Herbstes“ im Jahre 1977 darauf zurückzukommen. 

Ich möchte nun auf eine weitere Möglichkeit zu sprechen kommen, in der Politik ein theatralisches Ereignis zu sehen, eine Möglichkeit, die in den Massenmedien selbst geläufig vertreten wird. Ich beziehe mich auf einen exemplarischen Artikel aus der „ZEIT“.[7] Unter dem Titel Als-ob-Politik auf der Mattscheibe[8] beschreibt Günter Hofmann eine Art der Nachrichtenproduktion, die den Unterschied zwischen politischer Hinterbühne und medialer Vorderbühne nicht mehr erkennen läßt. Ich zitiere:

„Jürgen Rüttgers (CDU/CSU) verkündet früh um halb acht etwas, was in den Mittagsnachrichten Peter Struck (SPD) dementiert und woraus für die ‚Tagesschau’ am Abend eine gewaltige Nachricht wird. Tatsächlich wird das System auf diese Weise - und das ist keine news - selbstreferentiell. Die Bonner politische Bühne ist zu einem perpetuum mobile geworden.“

Die politische Bühne ist keine Bühne mehr, auf der einem Publikum ein x für ein u vorgemacht wird, denn dies würde einen souveränen Akteur voraussetzen, der sich zunächst unabhängig von den Gesetzen der Dramaturgie um x kümmert, um es dann der Öffentlichkeit mit aller Kunst als u unterzujubeln. Hofmann meint vielmehr, daß die Politik wahrhaftig selbst zum Theater werde: „Die Politik droht zur Sparte der Unterhaltungsindustrie zu verkommen.“ Das System der Massenmedien habe die Politik okkupiert und ersetze die demokratische „Öffentlichkeit“ durch „Talk-Shows“ (ebd.). In den Fängen aktualitätshungriger Sender passe sich die Politik den Bedürfnissen der Medien vollkommen an. „Der Prozeß“, so Hofmann, „führt so weit, daß im Parlament Konflikte geradezu künstlich dramatisiert werden, weil sie nur dann Aufmerksamkeit erregen. Aber nur, wenn sie Aufmerksamkeit erregen, sind sie für die action news berichtenswert.“ Anders als die Demokratietheorie hofft, opponiert die Opposition nur, um als Opposition durch Abweichung Aufmerksamkeit zu erregen bzw. Profil, wie man lieber sagt. Die „Revolution in der Kommunikationslandschaft“ habe die „politische Öffentlichkeit verschwinden“ lassen (ebd.). Genauso sieht es auch Meyer: „Die Macht der Darstellung läßt politische Öffentlichkeit weithin zur Darstellung der Macht schrumpfen.“ (S. 121) Wenn die Politik aber mit ihrer Bühne, den Massenmedien, verschmolzen ist, dann muß sie ihren dramatischen Gesetzen folgen. Politik muß daher Aufmerksamkeit erregen und aktuell scheinen, und dies gelinge nur, wenn ihre Inszenierung neu, interessant, anders zu erscheinen vermag. Auch von dieser Perspektive wird aus systematischen Gründen eher der Moment der Inszenierung betont, nicht die Handlung. Die von den Politikern verlangte „Media Performance“ ist eine live oder real time Qualität.[9] Die Politik, so die Sorge, ordnet sich damit ganz „dem Diktat der Medienaktualität“ unter.[10] Denn weil keine Nachricht wiederholt werden kann, ohne daß um- oder ausgeschaltet wird, weil die action news nur Neues anbieten können, um ihr Publikum zu faszinieren und ihre Einschaltquoten zu erreichen, bleibt der Politik nur ein gleichsam spontanistisches Agieren ad hoc als Versuch, immer wieder neu den Geschmack zu treffen – und genau dieser den massenmedialen Erfordernissen angemessene Politikstil wird der rot-grünen Regierung ja quasi täglich in den Medien vorgeworfen.[11]

„Fliegende Blätter“, so liest man in Kontrolliert, „die in jenen Tagen für eisernes Geld an jedermann verkauft wurden, waren mit Massen unterschiedlich großer Buchstaben bedruckt, die entziffert ganze Worte gaben. Wer schon lesen konnte, konnte diese stummen Worte praktisch ausgesprochen in sich klingen hören und sich derart neue Sachen sagen lassen, die er noch nicht wußte.“ (K 187) Die modernen Massenmedien lieben das neue Ereignis, den neusten Event – und deshalb auch das Vergessen des Alten und Vergangenen. Die Politikwissenschaft dagegen hat die Metapher des Theaters immer in einem anderen Sinne genutzt: hinter der Bühne, so die Annahme, gebe es Dramaturgen oder Regisseure, die den Akteuren ihre Rollen vorschreiben, um damit dem Publikum zunächst verborgene Ziele zu verfolgen. Wer in diesem Sinne Politik als Theater auffaßt, operiert mit der Unterstellung, es handele sich hierbei um eine durchdachte Aufführung, die dramatischen Regelmäßigkeiten folge. „Der Abel hat den Kain erschlagen“, geht das oben begonnene Zitat aus Kontrolliert weiter, „meldete die Nachricht, dahinter stand ganz groß, warum“ (K 187). Es folgt eine Schilderung der Entführung Schleiers als Familiendrama: Kain mordet Abel als Aufstand gegen den Vater (K 187f).[12] Die Abfolge politischer Ereignisse wird auf eine aristotelische Handlung, auf den Plan einer Inszenierung zurückgeführt, deren Dramaturgie eine gewisse Reihenfolge einhält; oder man deutet das Schauspiel als Simulation, welche dem Zweck dient, hinter einer beeindruckenden oder jedenfalls unterhaltsamen Oberfläche die Arkana der wirklich konsequenten politischen Entscheidungen zu verbergen. Politik finde also gar nicht auf der medialen Bühne statt, sondern nur ihre Verbergung. Diese Differenz von öffentlicher Vorderbühne und geheimer Hinterbühne freilich ist seit Jahrhunderten selbst ein Motiv des politischen Theaters von Shakespeare bis Schiller.

Ich möchte ganz kurz an die daran anknüpfende Tradition in der politischen Philosophie erinnern: Thomas Hobbes hat das bürgerliche Leben mit dem Theater verglichen und den Begriff der Person, von lateinisch persona: Rolle, für die politische Philosophie mit dem Argument fruchtbar gemacht, die repräsentative Organisation der öffentlichen Angelegenheiten sei ohne das Handeln in Rollen nicht denkbar: „Nicht weniger nötig als im Theater sind solche Fiktionen im bürgerlichen Leben wegen der Geschäfte und Abmachungen, die im Namen von Abwesenden abgeschlossen werden.“[13] Der Begriff der Person wird hier verwendet, weil jemand einen anderen vertritt, ihn repräsentiert, wie ein „Schauspieler“, der „Agamemnon“ vertrete und in seinem Namen spreche und handle. Dieses Prinzip der Stellvertretung, das Hobbes mit der Repräsentation des Theaters vergleicht, sei unverzichtbar. Im Namen des Volkes zu handeln ist eine notwendige Fiktion. An dieser Vorstellung der Politik als Rollenspiel wird seit dem 18. Jahrhundert kritisiert, sie diene in Wahrheit der Simulation oder Persuasion. Carl Schmitt hat darauf hingewiesen, daß etwa die „republikanisch-demokratischen“ Angriffe auf den Obrigkeitsstaat die „Repräsentation des Fürsten als bloßes Theater zu entlarven“ suchte und dieser theatralischen „Repräsentation des Fürsten und seines Hofes die demokratisch mit sich selbst identische Präsenz des homogenen Volkes“ entgegensetzte,[14] eine Präsenz, die zwischen dem Volk und der politischen Entscheidung keinerlei Vermittlung zulassen wollte und die daher auch keinen Raum für die theatralische Darstellung des Politischen aufkommen ließe, die ja immer einen Zwischenraum der Repräsentation zwischen der Politik und ihren Rezipienten voraussetzt. Rousseau hat daher alles Repräsentative in der Demokratie kategorisch abgelehnt, es dürfe keine Raum geben zwischen Volk und Staat – ein Gedanke, der sich in manchen Teilen der Schweiz bis heute erhalten hat und heute unter dem Stichwort der Cyberdemokratie wieder von sich Reden macht. Das Theater der Politik wird auch von Herder als Strategie der Entmündigung denunziert. In die Vorstellung des Staatstheaters wird das „Volk“ nach Herders Einsicht nur „hinzugelassen, [um] sich an diesen prächtig gekleideten Hof- und Staatsrevolutionen, die hinter den Lichtern vorgingen, als Pöbel zu erbauen“, wer dagegen hinter der „Bühne“ Regie führt, vermag der Pöbel aber nicht einmal zu erraten.[15] Repräsentation heißt Betrug. Auch Nietzsche spricht 1893 in seinen Unzeitgemäßen Betrachtungen in einem noch umfassenderen, die bürgerliche Welt schlechthin meinenden Sinn vom „politischen Theater“, auf dem die Menschen „in hundert Masken, als Jünglinge, Männer, Greise, Väter, Bürger, Priester, Beamte, Kaufleute einherstolzieren, einzig auf ihre gemeinsame Komödie und gar nicht auf sich selbst bedacht. Sie alle würden“, so heißt es weiter, „die Frage: wozu lebst du? schnell und mit Stolz beantworten - »um ein guter Bürger, oder Gelehrter, oder Staatsmann zu werden«“, doch beteiligten sie sich tatsächlich an nichts anderem als einem „lügnerischen Puppenspiel“,[16]hinter dem sich die entscheidenden Dinge und Motive verbergen. Wie auch immer die kritische Pointe gesetzt wird: Politik als Theater funktioniert in jedem Fall als eine Formel der Komplexitätsreduktion, denn sie ordnet die kontingente Abfolge politischer Ereignisse zu einem Theaterstück (Tragödie, Komödie, Marionettentheater...) oder verweist mit paranoidem Ordnungssinn auf die vom bunten politischen Schauspiel verdeckten Dramaturgen oder Drahtzieher. Wie immer man aber die Formel verwendet, die Politik wird auf ein Spiel mit der Differenz von Sein und Schein bezogen und erhält so eine ästhetische Gestalt - in Kontrolliert in der klassischen repräsentativen Form des französischen Absolutismus. „Der Sonnenstaat, in dem das Bundesverfassungsgericht das Bundeskriminalamt anruft, wird derzeit in Wiesbaden eingerichtet, und aus dem Nest daneben kommt, wie es singt und lacht, das ganze zweite deutsche Fernsehn.“ (K 85) Hinter der Inszenierung des ZDF stehen die Regisseure des BND und BKA.

Ich glaube, daß Rainald Goetz’ Geschichte des Deutschen Herbstes sich aus diesen verschiedenen Traditionen der Ästhetisierung oder genauer: Dramatisierung des Politischen speist. Das Besondere an Kontrolliert ist aber, daß der Roman sich damit nicht begnügt, sondern dieses Schauspiel-Modell der Realität mit einer zweiten Deutung der Ereignisse konfrontiert, welche auf die ungemeine Komplexität politischer Prozesse hinter den schlichten Regeln der dramatischen Inszenierung zu verweisen sucht – also auf die Komplexitätsreduktion der Theater-Metapher verzichtet und gegen die Klassiker der kritischen Theorie annimmt, daß sich hinter einer Bühne nicht unbedingt Marionettenspieler verbergen müssen. Im Gegensatz zur politischen Theorie, die hinter der Bühne nach Akteuren oder Drahtziehern suchen würde, und im Gegensatz zum oben zitierten Thomas Meyer, der etwa die politischen Ereignisse um einen Plutonium-Schmuggel des Jahres 1994 einer „Aufführungsanalyse“ (S. 10ff) nach Akten unterzieht, um dann den BND als Regisseur zu entlarven (S. 16), versucht Goetz aber etwas ganz anderes. Seine zweite Sicht auf das Jahr 1977, sein Blick hinter die öffentliche Bühne also, vereinfacht nicht die Politik zum Theater, sondern versucht anhand statistischer und kybernetischer Modelle die Politik als autopoietisches, selbstreferentielles Sozialsystem zu fassen. An Kontrolliert läßt sich, so meine These, nicht nur zeigen, wie weit die Metapher der Politik als Theater tragen kann, sondern auch, wo ihre Grenzen liegen. Ich werde in meinem Vortrag beide Perspektiven auf Politik und Staat, die Goetz „Geschichte des Jahres 1977“ prägen, zu rekonstruieren suchen.

Meine Ausgangsfrage war, wie man aus Ereignissen eine Geschichte machen kann. Darauf gibt es zwei Antworten: Benno Wagner hat in einem luziden Aufsatz[17] über die zeitgenössischen Versuche, die Ereignisse des Jahres 1977 plausibel zu machen, zwei Alternativen ausgemacht, quasi eine dramatische und eine undramatische: die eine entlehnt ihre Konstruktion Carl Schmitts von der Ausnahme, der Dezision und der Freund-Feind-Unterscheidung her gedachten Theorie des Politischen,[18] eine Position, die vor allem in den Massenmedien vertreten worden ist, die zu ihrer Inszenierung das einschlägige Skript des „schicksalhaften Duells“ benutzt haben.[19] Die Alternative dazu bezieht sich auf flexible, lernfähige, gleichsam „weiche“ Verfahren der Normalisierung, wie etwa der Schmitt-Schüler Ernst Forsthoff, Michel Foucault,[20] aber auch Deleuze und Guattari[21] sie beschrieben haben und deren gravierendster Unterschied zu Schmitt in der Überzeugung liegt, daß man vom „Ende des Staates“ auszugehen habe.[22] Ohne die Vorstellung eines Staates als entschieden handelnden Akteurs läßt sich an eine am Drama orientierte Geschichtsschreibung der „Entscheidungsschlacht“[23] freilich kaum vorstellen. Im Gegensatz zu dieser „postsouveränen“ Perspektive sieht die Fraktion der Schmittianer 1977 den Staat als im Krieg befindlichen Protagonisten – und will wie Dregger Terroristen vorbeugend erschießen, wie Geißler die Armee einsetzen, sie will die RAF lynchen lassen, wie es etwa Strauß vorschlägt (SZ 7. 10. 77), oder, wie „FAZ“ (18. 10. 77) und „Welt“ (1. 4. 77) fordern, ein „Notrecht“ gegen Terroristen einführen, welches zu außerordentlichen Maßnahmen berechtigt. In jedem Fall handelt es sich hier um Gesten der „klassischen“ Souveränität, die einen entscheidenden und handelnden Staat vorführen und von den Protagonisten entsprechende Entschlossenheit, Entscheidungsfreude und Härte verlangen. Die zweite, normalistische Fraktion, für die Benno Wagner vor allem den BKA-Chef Horst Herold anführt, sieht sich dagegen 1977 keineswegs im Krieg und will entsprechend der Lage auch nicht mit außerordentlichen Maßnahmen begegnen, wie sie im Ausnahmefall üblich sind, sondern – im Gegenteil – normalisierend, also durch Überwachung, durch Prävention, durch Lernen, durch Anpassung. Ihr dienten, so Wagner, „Ausnahmen lediglich als Rückkopplungsanlässe zur Optimierung der laufenden Normalisierungsanläße.“[24] Beide Selbstbeschreibungsmodelle, das der Ausnahme und das der Normalisierung, nutzt Rainald Goetz, um in seinem Roman Kontrolliert die „Geschichte des Jahres 1977“ zu erzählen. Auf den ersten Blick fällt allerdings erst das Modell der Schmittianer ins Auge, deren Sicht auf die Dinge eine Dramatisierung erlauben, weil sie, wie Brecht beschrieben hat, aus der Fülle der Ereignisse einen eskalierenden Konflikt herauslesen.

Der auffälligste Protagonist des Romans heißt Raspe. Er dient einmal Goetz als alter ego und plaudert aus dessen Biographie, dann aber kann er wieder nur Jan-Carl Raspe sein, dessen Sicht aus der Zelle auf die Ereignisse er vorstellt. Kombiniert werden die Perspektiven eines Zeitgenossen, der den Deutschen Herbst 1977 als mediale Inszenierung in den Zeitungen, am Radio und im TV erlebt, und die Perspektive eines Terroristen in Haft, der in der Isolation mit den Bordmitteln der Theorie Informationsbruchstücke zu Lagebeschreibungen generalisiert. Der Text, den wir lesen, so erfahren wir im Text, verstand sich ursprünglich als historisches Unternehmen, das mit der Differenz von „Freunden und Feinden“ befaßt war und „insgeheim“ „am Schluß der Staat heißen“ sollte. (K 95) Der Roman, der den Staat derart anhand der berühmt-berüchtigten Unterscheidung von Freund und Feind angeht, erscheint 1988, also pünktlich zum 100. Geburtstag von Carl Schmitt. Ich werde zunächst Kontrolliert mit Schmitt lesen und zeigen, daß sich diese dezisionistische Perspektive vorzüglich dazu eignet, dem Herbst 1977 die Struktur eines Dramas zu unterlegen. Anschließend werde ich diese staatstheoretische oder dramatische Lektüre aus einer „postsouveränen“ Perspektive beobachten und versuchen, eine zweite Schicht des Romans freizulegen, die sich der Dramatisierung entzieht. Der Roman beginnt mit der zunächst vergeblich scheinenden Suche nach Protagonisten und Antagonisten, nach Freund und Feind. Goetz‘ Protagonist Raspe erzählt: 

„Ich saß also am Tisch, um mich die Materialien, Akten, Karten, Notnotizen, und das ganze ordnete sich mir und war augenblicklich klar. [...] Ursprünglich sollte hier der Staat verhandelt werden. Gut ein Jahr lang habe ich die Vorarbeiten in diese Richtung hin getrieben, vergeblich. Der Anspruch war vermessen, falsch“. (S. 15) 

Wir erfahren auch, warum Raspe sein Vorhaben, den Staat abzuhandeln, als vermessen aufgibt, um sich statt dessen der „Geschichte des Jahres neunzehnhundert siebenundsiebzig“ zuzuwenden. Es liegt nicht am Theoretiker, sondern an seinem Objekt, dessen Dimension jeden Versuch einer Vermessung zum Scheitern verurteilt. Das Geburtstagsgeschenk an den Theoretiker des Politischen beginnt denn auch mit einer Hommage an das Hobbes’sche Ungeheuer Leviathan, den großem Wal, dessen Bändigung Carl Schmitt sein Werk gewidmet hat. 

„Der Staat ist ungeheuerlich, die Ungeheuerlichkeit, die ein einer, wie ich hier, nicht fassen kann. Schließlich schießt der Staat aus den Gewehren echte Menschen tot, nichttote Menschen werden staatsbefehlsgemäß in Staatskerkern gefoltert, Staatstheater spielen echte Stücke, siehe Stammheim, Stichwort Krieg, die Staatsorchester musizieren dazu musikalisch Symphonien, Bilderherrlichkeiten zeigen sie in Staatsmuseen her, das Staatsfernsehn ist wirklich die Hochschule des Glücks der Unterhaltung [...], den Staatsschulen verdanken viele vieles, ich zum Beispiel alles, Staatszeitungen, Staatsstrom, Staatsgeld, Staatslicht nachts in großen Städten, Staatsbibliotheken...“ (K 15f) 

Nichts zwischen Wirtschaft und Kunst, Medien und Recht vermag dem Staat zu entgehen, und was Raspe hier von seiner Gestalt erkennt, ist das, was Carl Schmitt schon 1931 den „potentiell totalen Staat“ genannt hat, einen „zum Kontrollsystem“ der „Gesellschaft“ gewandelten totalen Staat, der regulierend in jeden Bereich des Sozialen interveniert, so daß „Staat und Gesellschaft“ zusammenfallen, bis sie schließlich „identisch“ sind. Der totale Staat umfaßt schlechthin „ALLES“. Raspe sieht die Lage im Jahre 77 genauso wie Schmitt im Jahre 31: Bonn ist also Weimar, wie man 1977 ja auch ständig wiederholt. Raspe sieht in der BRD einen Staatsapparat, der kein Außen mehr kennt, „weil der Schmidtstaat der totalste Staat ist, den man als Deutscher je gesehen hat, Jahrgang vierundfünfzig.“ (K 42) Raspe, der in einer Pariser chambre bonne, unterbrochen durch den Besuch von Foucault-Vorlesungen, an seine Abhandlung geht, erkennt die Vermessenheit seines Plans einer „Rekonstruktion der Konstruktion des staatlichen Gesamtgebäudes“ (K 16), denn welche Perspektive gäbe es auf den Staat, der kein Außen kennt? Jeder Versuch einer Konstruktion kollabiert und begräbt den Beobachter unter sich (K 96). Ihm, der den Staat gleichsam klassisch mit Platon und Hegel denken wollte, ist die Transzendenz der Beobachterposition verloren gegangen; er vermag es nicht, eine Außenperspektive zu gewinnen, und glaubt daher, scheitern zu müssen. Ohne souveräne Außenperspektive sei die Rekonstruktion des Staates unmöglich – auf den Gedanken, die Gesellschaft aus der Immanenz heraus zu beschreiben, wie etwa Luhmanns Systemtheorie es tut, kommt Raspe nicht. 

Der „tragische Konflikt“, so Thomas Meyer über das beliebte massenmediale „Inszenierungsmodell“ des „Dramas“, „spitzt sich schicksalhaft zu und kennt am Ende nur Sieger und Besiegte.“[25] Dies Modell folgt ganz dem dezisionistischen Denken Carl Schmitts, der etwa in seiner Theorie des Partisanen betont hat, daß sich die „Kernfrage für die Situation“ immer „sehr präzise als ein absolutes Entweder-Oder“ stelle.[26] Der Theoretiker der Entscheidung spitzt die Lage zu auf die Frage „Alles oder Nichts“: was 1977 etwa heißen kann: entweder Niederlage oder Sieg, entweder Anarchie oder Geiselerschießung, entweder die Ohnmacht des Staates oder die außergewöhnliche Maßnahme – tertium non datur

In dieser Lage, die Raspe noch nicht zu fassen vermag, träumt er einen allegorischen Traum: 

„Günstige Zeiten sind da, oder nicht da, wie die Winde, gehorchen sie keinem Kommando. Auf Deck steht frühmorgens auch der weitgereiste alte Kapitän, das Gesicht in richtung Wetter, Mächten ausgeliefert, die er nicht befehlen kann, jedoch benützen. Kommt der Wind von vorne, kann man kreuzen gegen ihn“... 

So rauscht die „Seestern“ dahin: „hoch oben in der Spitze ihrer stolzen Takelage vom roten fünfzackigen Stern geschmückt und vom piratenschwarzen nackten Schädel in der Flagge“ (K 212). Die Beute, die er anvisiert, sind die „Silberflotten“ (K 212), von denen sich der spanische Staatsapparat nährt. Die Seestern ist also genau genommen kein Piratenschiff, sondern ein „Korsar“, der „Kriegsbeute zur See“ macht.[27] Es muß ein Seeschäumer sein, der Jagd auf die Südamerika-Flotte Spaniens macht. Der Korsar ist das Emblem des Partisanen im Sinne Schmitts, dessen Theorie des Partisanen aus dem Jahre 1963 im Kontext des außerparlamentarischen Widerstandes auf erhebliches Interesse gestoßen ist.[28] Im Falle des Romans Kontrolliert repräsentiert der Kaperfahrer und sein Emblem natürlich die RAF, deren irreguläre Kombattanten gewissermaßen „Korsaren des Landkrieges“ sind: deshalb roter Stern und Totenkopf. 

Auf dieses Meer, auf dieses Schiff sieht Raspe sich geworfen, als er einsieht, daß er keine Perspektive auf den Staat zu gewinnen imstande ist. Ungeheuerlich schien ihm der Staat zu sein, dem nichts entgeht, der sich aber umgekehrt niemals vermessen läßt. Nur in einem Augenblick wird ihm doch einen „momentlang alles klar“, an einem Moment des Jahres 1977, an einem Moment der Verrückung, an dem er „den ganzen Bau von innen und von außen“ sieht (K 28).[29] Diese geradezu epiphanische Erscheinung der Wahrheit[30] wird vorbereitet durch eine systematische Ausschaltung der Selbstkontrolle und des Beobachtungsvermögens: 

„So weit so gut, sagte ich und lehnte mich zurück, als kurz ein Schein die Wand vor mir blitzartig warm, nicht fahl, ein Widersinn, erleuchtete. Hungerstreik und Schlafentzug schärfen zwar die Sinne, doch die Erinnerung im Kürzestspeicher in dem Hirn verflüchtigt sich vermutlich um so schneller, je überreizter der Beobachter seine Beobachtung, wie sie sich selbst beobachtet, beobachtet.“ (K 27)

Folgt man den Thesen von Deleuze und Guattari, dann setzen die Wissenschaften des Staates immer „die Beständigkeit eines Blickpunkts voraus“,[31] der hier Raspe aber gerade abhanden gekommen ist. Der Versuch mit einem kybernetischen Kalkül zweiter Ordnung, nämlich Beobachtungen bei der Beobachtung zu beobachten, führt erst zu Raspes Paralyse und dann aber zu seiner blitzartigen und elementaren Erleuchtung. Der Zeitmodus ist der Moment: „Nur was jetzt stimmt, stimmt, weil der Augenblick der Wahrheit einen höchstens jetzt erlösen kann, unmöglich nicht jetzt.“ (K 155) Die gleiche epiphanische Erfahrung des Augenblicks macht Raspe im Theater: „Erst abends im Theater explodierte auf der Bühne wirklich augenblicklich jeder Augenblick im jetzt.“ (K 174) Dieses „Blitzartige“ der Erkenntnis, die alle „Schleier“ durchschlägt und den Kern der Dinge enthüllt, ist wiederum typisch für das Denken Carl Schmitts.[32] Sie kommt Raspe im Herbst 1977 just in dem Moment, an dem die Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut und die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Schleier den Schmidt- oder Schmitt-Staat dazu zwingen, im Ausnahmezustand sein wahres Gesicht zu zeigen und „dem Alltag die Fratze der Lüge abzureißen“ (K 261), so daß man also einmal hinter jenes Theater zu schauen vermag, auf dessen Bühne im Auftrag der faschistischen Akteure tagtäglich Demokratie gegeben wird. Jan-Carl Raspe, der offenbar weniger bekennender Marxist, als heimlicher Schmittianer ist, glaubt den Souverän hinter der Bühne in einem Moment äußerster Intensität zu sehen, zu einem Zeitpunkt, an dem eine einzige Differenz die gesamte Gesellschaft zu codieren scheint, nämlich die Unterscheidung von Freund und Feind. Dieser Zeitpunkt ist kein Zufall:

„Der Begriff des Staates setzt den Begriff des Politischen voraus“, postulierte Carl Schmitt 1932 in seiner berühmten Studie. Das Politische wird von Schmitt differenztheoretisch als Unterscheidung von Freund und Feind eingeführt.[33] Der moderne Staat wird als jene Einrichtung definiert, die im Normalfall den inneren Frieden garantiert und den Brecher dieses Rechtsfriedens nicht als Feind behandelt, sondern als Verbrecher. „Innerhalb des Staates“ können daher „Rechtsnormen überhaupt gelten“ (BP 46). Im Inneren des Staates gibt es also keine Feinde, über den Gesetzesbrecher wird Recht gesprochen, er wird nicht bekriegt.[34] Längst nicht jeder Konflikt, so Schmitt, führt zur Differenzierung von Freund und Feind, es kommt auf den „Intensitätsgrad“ (BP 38) an. Erst wenn innerhalb eines Staates ein Gegensatz „stark genug ist, die Menschen nach Freund und Feind effektiv zu gruppieren“ (BP 37), dann läuft die Politik auf den „Bürgerkrieg“ zu (BP 32) – wenn etwa Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich nicht als Tarifparteien gegenüberstehen, sondern als Klassenfeinde, oder wenn eine politische Partei der anderen vorwirft, mit Staatsfeinden zu paktieren, wenn alles auf eine „innerstaatliche Feinderklärung“ hinausläuft, die eine Partei mit einer anderen im „Krieg“ auf Leben und Tod sieht und bereit ist, auch die Freunde der Feinde, 1977 die sog. „Sympathisanten“,[35] mit gleicher Intensität zu bekämpfen.[36] Es ist diese Intensität, die Konkurrenten, Gegner, Kontrahenten und Antagonisten, mit denen man innerhalb eines Rechtsstaates friedlich, jedenfalls ohne Blutvergießen umgeht, in Feinde verwandelt, die zu bekriegen sind. Es ist diese Intensität, die im aristotelischen Drama die Protagonisten in die Entscheidung treibt, Freund oder Feind zu sein, und so ihre wahren Charaktere enthüllt und die Peripetie des Dramas einleitet, die für die eine oder die andere Partei unweigerlich zur Katastrophe führt. Der Katechon, der Aufhalter im Denken Schmitts, der in der Weltgeschichte wie als retardierendes Moment auf dem Theater den Endkampf zwischen Gut und Böse immer wieder hinauszögert und so die Katastrophe verschiebt, tritt hier endlich einmal beiseite, so daß es zur Katastrophe und damit zur Entscheidung kommen kann. Peripetie und Katastrophe, so Aristoteles, sorgen für einen „Umschlag aus Unwissenheit in Erkenntnis, zur Freundschaft oder Feindschaft, je nachdem die Handelnden zu Glück oder Unglück bestimmt sind.“ (§ 11) Raspe erlebt diesen einen Moment der Erkenntnis, in dem sich die Lage klar abzeichnet, weil sie alles, was überhaupt nur relevant ist in einer Gesellschaft, trennscharf gruppiert in Freunde und Feinde. 

Voraussetzung dafür ist eine Feinderklärung, die den Normalzustand überschreitet und keine politischen Gegner oder Konkurrenten mehr kennt, sondern Feinde. Dieser Feind wird im Falle des Partisanen zum absoluten Feind. Im Unterschied zum Soldaten einer regulären Truppe riskiert der Partisan nicht nur sein Leben, sondern er läßt es „darauf ankommen [...], daß ihn der Feind außerhalb von Recht, Gesetz und Ehre stellt“.[37] Und so geschieht es: Die RAF-Terroristen sind „Feinde jeder menschlichen Ordnung“, „sie sind Feinde jeder Zivilisation“, definiert Bundespräsident Scheel am 25. 10. 1977, womit unausgesprochen gerechtfertigt wird, daß Terroristen als Unmenschen jenseits von Gesetz und Ordnung bekämpft werden dürfen, da sie selbst weder Gesetz noch Ordnung anerkennen. Der Partisan wird nicht als gefangener Soldat, sondern als Terrorist behandelt, als Feind der Menschheit, für den Menschrechte nicht gelten. Dies verschärft den Kampf ungemein, da der Partisan umgekehrt in jedem Vertreter der Ordnung, die er bekämpft, ein Ziel sieht nach dem Motto: „Jede Uniform soll sich bedroht fühlen, und damit alles, was sie als Devise vertritt.“[38] Geiseln werden genommen. Es entfaltet sich, wie Schmitt schreibt, eine „Logik von Terror und Gegenterror“[39], der Feind wird zum absoluten Feind, der ungehegt von Recht, Sitte und Ehre zur Strecke gebracht werden muß. Zivilisten werden erschossen, Bombenanschläge werden verübt. Der Partisan „vollstreckt das Todesurteil gegen den Verbrecher und riskiert seinerseits, als Verbrecher oder Schädling behandelt zu werden“.[40] Dieser Schmittianischen Dramatik der Zuspitzung, die ihre Struktur wiederum der „größten Partisanendichtung aller Zeiten“, der Hermannsschlacht Heinrichs von Kleist verdankt,[41] folgt 1977 ein großer Teil der Massenmedien und mit ihnen der gierige Konsument von Tageszeitungen, Radiosendungen und Fernsehnachrichten Raspe. Wie die Römer für die Germanen sind auch für die RAF und ihre Freunde die Feinde Tiere. Diejenigen, die den Staat und seine Devisen oder Dividenden vertreten, gelten nicht als Menschen, sondern als „dicker Haufen Fleisch“ (K 51), als „Nichtgesicht“ (K 40), als „Schweine“ (K 41). Der Erzähler übrigens stellt – anders als Raspe – diese Behandlung der Gegner als Unmenschen ihr Leben als Menschen gegenüber und zeichnet die Biographien der ermordeten Polizisten nach. „Der Held hat offensichtlich einen Helden totgeschlachtet, nicht eine Uniform, der Feind war offensichtlich auch ein echter Mensch. Das steht im Widerspruch zu den bisherigen Befunden, die in Uniformen Schweine vorgefunden haben oder Bullen.“ (K 259)

Die „Begriffe Freund, Feind und Kampf erhalten ihren realen Sinn dadurch, daß sie insbesondere auf die reale Möglichkeit der physischen Tötung Bezug haben und behalten“, definiert Carl Schmitt. Die Entscheidungsmacht eines Staates, von den „Menschen im Ernst zu fordern, daß sie Menschen töten und bereit sind, zu sterben“ (BP 49), ist nun zwar keinesfalls etwas „Alltägliches“, wohl aber als Sonderfall eine „reale Möglichkeit“ (BP 33) und Ausweis staatlicher Souveränität. Die Disposition darüber heißt „Ernstfall“ (BP 39), der darin besteht, „von Angehörigen des eigenen Volkes Todesbereitschaft und Tötungsbereitschaft zu verlangen, und auf Feindesseite stehende Menschen zu töten.“ (BP 46) Der „Staat ist ungeheuerlich [...] ein Mörder, ein Menschenvernichter“, schreibt Raspe (K 15f); „Der Staat als die maßgebende politische Einheit hat eine ungeheure Befugnis bei sich konzentriert: die Möglichkeit Krieg zu führen und damit offen über das Leben von Menschen zu verfügen“, schreibt Schmitt (BP 46). Die interessante staatstheoretische Frage ist daher, werSouverän in dem Sinne [ist], daß die Entscheidung über den maßgebenden Fall, auch wenn er der Ausnahmefall ist“, bei ihm steht (BP 39). In seiner Politischen Theologie aus dem Jahre 1922 hat Schmitt sie beantwortet: „Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet.“ Diese Souveränität sei der „entscheidende Punkt des Politischen“ (BP 39). Dieser locus decisionis ist bei Goetz der Kanzlerbungalow im Zentrum des totalen „Sonnenstaates, in dem das Bundesverfassungsgericht das Bundeskriminalamt anruft“ (K 85). Sichtbar wird er nur im Ausnahmefall.

Man könnte einwenden, daß ein derartiges Freund/Feind-Denken den militaristischen Männerphantasien reaktionärer Theoretiker der Zwischenkriegszeit entsprungen sei, daß es nach 1933 eine fatale wie konsequente Karriere durchlaufen habe und schließlich in der Bundesrepublik nichts mehr zu suchen habe. Aber die Weigerung, das Politische mit den als „reaktionär“ oder „bellizistisch“ verschrienen Schmittschen Kategorien zu beobachten, macht die Wirklichkeit unserer Gesellschaft weder „friedlicher“ noch „demokratischer“. Goetz‘ Roman zeigt die Wirkungsmächtigkeit der Differenz von Freund und Feind für die Selbstbeschreibung der Gesellschaft sowohl durch den Staat selbst als auch durch die außerparlamentarische Opposition und die Massenmedien. Auch die RAF folgt vollkommen dem Schmittschen Szenario, da sie als „Gegner im bewaffneten Kampf ein für alle als solches erkennbares Schweinesystem benötigt“, und die Medien bedürfen wiederum der RAF, die ihnen jene „Evidenzen“ liefert, ohne die die „existenzialisierende Symbolik“ des Entweder-Oder, der Notstandsgesetze und der außerordentlichen Maßnahmen „leer laufen“ müßte.[42] Die RAF, so versteht Raspe das Stück, das er in den Medien sieht, zwingt mit ihrer Kampfansage den Staat in den Ausnahmefall, ihr Motiv war durch und durch „staatsfeindliche Feindschaft“ (K 41), und ihr „Haß“ (K 149) erreichte die für die „Tötungs- und Todesbereitschaft“ notwendige Intensität. „Die Wut macht alles möglich, das ist das wunderbare an der Wut“ (K 169). Goetz beschreibt, wie der bewaffnete Kampf der RAF im Jahre 1977 einen kritischen Punkt erreicht habe, an dem der Staat in den Notstand gezwungen worden sei und sich so endlich zwei Parteien zum Duell formierten. Ausgangspunkt des „bewaffneten Kampfes“ ist die Setzung eines Feindes gewesen, der mit dem Risiko des eigenen Lebens zu töten war, ja mit dem noch größeren Risiko, als absoluter Feind zu gelten, dessen Freunde und Familie gleichfalls zum Feind des Feindes werden. Goetz schreibt, ganz Schmittianisch: „Auch der schönste Anfang, fängt sich nicht aus dem nichts heraus von selbst an, sondern wird gemacht, gesetzt gegen den Feind. Einen einmal als Feind erkannten Feind so lange zu verfolgen, wie die Kraft reicht, ist richtiger, als sich mit ihm abzufinden oder zu versöhnen.“ (K 247) Der Versuch des Bundeskanzlers Helmut Schmidt, den Rechtsstaat „ohne wenn und aber zu verteidigen“ (K 138), setzt den Ausnahmefall in Kraft, der – genau wie von der RAF erwartet – zwangsläufig mit den Regeln des Rechtsstaates bricht. Die effektivsten Mittel zur Verteidigung des Rechts- und Verfassungsstaates widersprechen paradoxerweise dem Grundgesetz, deren „Väter“ nach der Auskunft Norbert Bolz’ den „Ausnahmefall“ nicht vorhergesehen haben, in dem „der Staat das Recht, um es zu retten, außer Kraft“ setzt.[43] „Der Staat“, so Goetz, „macht sich dazu ein in drei Tagen über seine Staatstheaterbühne hin gehudeltes Gesetz, um dem Notstand, daß der Staat dauernd Gesetze bricht, in diesem einmaligen Fall rechtsstaatlich diktatorisch einwandfrei schnell abzuhelfen“ (K 98f). Das Gesetz des politischen Handelns erreicht ein Tempo,[44] das dem Rechtssystem bei weitem zu schnell ist: Im Ausnahmefall, so Goetz in Kontrolliert, „wird alles, was legal oder nicht legal ist, umgehend legalisiert. Vorgestern hat das Bundesverfassungsgericht die wochenlange Illegalität der Kontaktsperre aufgehoben und so für verfassungsgemäß erklärt.“ (K 254) Der Staatsapparat muß die „Stadt-Guerilla“ vernichten, die ja – ich zitiere die RAF – „darauf zielt, den staatlichen Herrschaftsapparat an einzelnen Punkten zu destruieren, stellenweise außer Kraft zu setzen, den Mythos der Allgegenwärtigkeit des Systems und seiner Unverletzbarkeit zu zerstören“, um den Staat schließlich ganz in einer internationalen und revolutionären Bewegung aufzulösen.[45] Deshalb erklärt der Staat den Ausnahmezustand. Goetz‘ Figur Raspe in Kontrolliert beschreibt ihn so: 

„Der Staatsnotstand braucht kein Gesetz einer Ermächtigung, keine Änderung des Grundgesetzes, kein Gericht, keine Verfassung, kein Gewehr, er errichtet sich, wenn er sich gegeben sieht. Der Staatsnotstand sieht sich gegeben, wenn er den Staat gefährdet sieht. Der demokratische Staat organisiert die Diktatur der Demokratie im Fall des Staatsnotstands demokratisch um zur Staatsdiktatur. [...]

Der Nachfolgestaat des faschistischen Staates agiert in der selbst definierten Krise so totalitär, wie die antifaschistische Staatskritik den Kern des Staates, der die Diktatur der bürgerlichen Demokratie organisiert, immer bezeichnet hat. Die Macht totalisiert sich, indem sie sich auf sich zuspitzt. Vom effektiven Machtzentrum des Führerbunkers Kanzleramt aus werden die kontrollierenden Gewalten effektiv ausgeschaltet, indem dort die entscheidende Rechtsgüterabwägung vorgenommen wird, egal was die Gerichte entscheiden, und indem dort alle politischen Parteien zur großen demokratischen Einheitspartei des großen politischen Beratungskreises zusammengeschmolzen werden. Herr Kohl, ich muß sie mal unter vier Augen sprechen. Und am Tisch der Entscheidungsfindung sitzen natürlich auch die Polizei und der Generalbundesanwalt Rebmann, führende Gangster der Wirtschaft lassen sich von Brauchitsch vertreten, und natürlich bejaht der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland den Staat, in dem wir leben, in seiner Erklärung zum Terror.“ (K 249f)

Der „Ausnahmefall“, so Carl Schmitt, enthülle – blitzartig – „den Kern der Dinge“ (BP 35). Im „sog. Ausnahmezustand tritt dann das jeweilige Zentrum des Staates offen zutage.“ Der „Justizstaat“ bediene sich dabei des „Standrechts“, der „Gesetzgebungsstaat der Notstands- und Ausnahmezustandsverordnungen“[46], während drittens der „Militär- und Polizeistaat den Übergang der vollziehenden Gewalt als typisches Mittel seines Ausnahmezustandes“ entwickle.[47] Bei Goetz fällt alles drei zusammen: Raspe zeichnet die Gleichschaltung von Exekutive, Judikative und Legislative im „großen Beratungskreis“, der Staat ist im Kern also weder primär Justizstaat, noch Gesetzgebungsstaat oder Polizeistaat, sondern ein totaler Staat. „Wehrhafte Demokratie“ wurde dies 1977 genannt, für Raspe aber ist es eine „wirkliche Diktatur der Spitze der staatlichen Macht“, freilich „auf Zeit“, sichtbar nur im Moment, wegen des „von innen her operierenden militärischen Angriffs gegen den Staat“ (K 251). Nur im Augenblick des zugespitzten Konflikts zwischen dem angreifenden Korsaren und der zurückschlagenden Republik kann Raspe die wahre Gestalt des Staates sehen, die sich im Ausnahmezustand unverhüllt zeigt. Sein Charakter, so könnte man mit Aristoteles sagen, offenbart sich im Moment der Entscheidung; und dieser Zeitpunkt ist zugleich der Moment der Peripetie und der Katastrophe. Im 5. Akt des Dramas geht dann alles sehr schnell dem Ende entgegen: die Landshut wird vom GSG 9 gestürmt, die Terroristen der PLO erschossen, die Gefangenen in Stammheim sterben, Schleier wird ermordet. Im Modus der „Gleichzeitigkeit“, so Kontrolliert, berichten die Medien darüber (K 122): „Im Radio kam diese unsre Welt, und alle hörten zu.“ (K 214) Die mediale Synchronizität von Ereignis und Rezeption in der Live-Sendung ersetzen die Simultanpräsenz von Akteuren und Publikum im Theater.

Soviel zum Schmittianischen Modell der Ausnahme. Daß diese Beschreibung der Ereignisse keinesfalls notwendig, sondern eine kontingente Dramatisierung ist, läßt sich von einer zweiten Selbstbeschreibungsposition des Textes beobachten, die Benno Wagner als „weichen“ Normalismus bezeichnet hat. Diese Position denkt nicht mit Schmitt den Normalfall vom Ausnahmefall her, der sich aristotelisch inszenieren läßt am Gerüst einer Handlung, die von der Schürzung des Knotens über die Peripetie zur Katastrophe führt; vielmehr denkt sie die Ausnahme eher so, wie die Statistiker und Techniker sie beschreiben – als erwartbare Abweichung, auf die mit neuer Justierung reagiert wird, um wiederum nachzumessen und gegebenenfalls nachzujustieren usw. „Neuvermessung, Eichung, Bestimmung des Meßfehlers der Apparatur, Bilanz“, dann Wiederholung, „hochsensibel“, irritationsbereit, so beschreibt der Referent Stein in Kontrolliert seine tägliche Arbeitsroutine im BKA (K 242f, 223, 225). Diese Art von Ausnahme entdramatisiert den Konflikt, die Behörde arbeitet an der Deeskalation der Lage – und ihre Sicht auf die Dinge entzieht sich den medialen Bedürfnissen der Inszenierung, weil sie keine Protagonisten im Entscheidungskampf vorführt, sondern Statistiker, die Durchschnitte und Standardabweichungen, Wahrscheinlichkeiten und Risiken berechnen. 

Raspe erzählt die Geschichte so zuende: Nachdem ein Großteil der RAF erschossen oder in Stammheim interniert ist, endet der Ausnahmefall und beginnt erneut die demokratische Konkurrenz von Regierung und Opposition um Wählerstimmen. Die Intensität des Politischen wird reterritorialisiert. Deshalb ist Bonn nicht Weimar, könnte man als Historiker sagen, denn am Ende des Ausnahmezustands steht erneut der Normalfall von Recht und Gesetz, Sicherheit und Ordnung (vgl. BP 46). Goetz dagegen behauptet: „Der Staat erkennt die Revolution als Feindin an, die zu ihm gehört, und vernichtet sie so in sich hinein“ (K 277). Während man mit Carl Schmitt annehmen müßte, daß am Ende des siegreich entschiedenen Krieges „gegen einen wirklichen Feind“ (BP 51) wiederum die „normale Situation“ (BP 46) geschaffen wird und der Staat aller „Unordnung und Bürgerkriege [...] ein Ende macht“,[48] behauptet Goetz‘ Roman, daß zwar die Guerilla zerschlagen wird, dieser ein Effekt auf den Staat aber nicht abgesprochen werden könne. Über den Staatsapparat heißt es in Kontrolliert, daß er jeden „Widerspruch als Impfung nützt, sich flexibel zu stabilisieren“ (K 165). Dies ist nicht die Art von Staat, den Raspe im Ausnahmefall gesehen hat. Raspe hat den Normalfall von massenmedialen Inszenierung der Ausnahme her verstanden und konnte daher sagen: „Nach siebenundsiebzig war nichts mehr wie vorher“ (K 271). Die Schlacht war geschlagen und verloren. „Jan Hofer“ wünscht in „der Tagesschau“ eine „gute Nacht“ (K 276), die „Geschichte hatte sich erzählt“ (K 281). Anders als mit den Medien kann Raspe es nicht sehen: mit Rückkopplungen, die zur flexiblen Stabilisierung zu nutzen wären, kann er nichts anfangen:

„Was [...] Ortung seiner selbst war, wird ihm [...] sofort zurückgeworfen rückgekoppelt und erneut vervielfacht an die Wände hin und von dort noch einmal um Potenzen potenziert zurück gejagt, bis derart rasend schnell das eine Wort und diese Wände eines sind im Schmerz von pfeifend hochfrequenten Lärm“ (K 219).

Hier wird aus Rückkopplung nur Lärm. Seine Orientierung oder mit der Vokabel Schmitts: seine „Ortung“ gewinnt Raspe erst zurück in der blitzartigen Enthüllung des Ausnahmezustands, deren Schmittianische Deutung er übernimmt. Kontrolliert bietet jedoch noch eine andere Sicht auf den Staatsapparat. Für einen unauffälligen Protagonisten zumindest, den Referenten Stein, ergibt sich aus den komplizierten feed-backs zwischen der Situation und ihrer Beobachtung kein Rauschen, sondern die „Normalität“ der Lage (K 221). Während die Dezisionisten der „kleinen Lage“ im Kanzleramt auf Vorschläge für außerordentliche Maßnahmen warten (K 224), teilt ihnen das „Bundesamt für Verfassungsschutz“ im Oktober mit, daß die „Ausweglosigkeit“ der „Situation“ eben das „beste der im Augenblick gegebenen Lage“ sei (K 223). Über diese Lagebeschreibung „empört“ sich die „kleine Lage“ und kanzelt die Dienste ab, während Referent Stein über die „derart debile Reaktion“ des Kanzleramtes staunt (K 224). Denn für Stein gibt es keinen Ausnahmefall, sondern nur Abweichungen und Feinjustierungen. Er resümiert:

„Fortlaufend ist in dieser Zeit Zeit abgelaufen, und es ist tatsächlich gelungen zu verhindern, daß etwas anderes als Zeit passiert, etwa ein Ereignis. Dennoch hat sich dadurch, daß nichts geschehen ist, nicht nichts geändert, sondern alle haben sich daran gewöhnt, daß es ist, wie es ist. Nichts, heißt die Antwort gleichlautend jeden Morgen aus ungezählten Telefonhörern auf die erste Frage, was es neues gibt.“ (K 221)

Nichts ereignet sich, und dafür, daß das so bleibt, möchte das BKA Sorge tragen, indem es verhandelt, Zeit gewinnt, Entscheidungen verhindert, für Gewöhnung sorgt. Während die Dezisionisten auf den „richtigen Moment“ warten, die „richtige Entscheidung, napoleonisch, ein Blick, ein Griff, Entscheidungsschlacht und Sieg“ (K 232) und von einer souveränen Beherrschung der Lage träumen, die jeden „Zufall“ „vollkommen ausgeschaltet“ hätte (K 232), weiß Stein, daß der „Zufall seinen Ort in der Wirklichkeit hatte, wo er ununterbrochen derart massenhaft anfiel, daß die Kapazität kaum eines Rechners reichte, selbst wenn der nahezu simultan mit den neu angefallenen Daten bespeichert wurde, die jeweils augenblicklich neu gegebenen neue Lage korrekt zu erfassen.“ (K 226) Da alles so ist, wie es ist, aber zufällig auch anders sein könnte, will BKA-Chef Herold nichts ausschließen, sondern hält „nichts“ und „alles“ für „möglich, sogar die neue Lage“ (K 204). Die Dramatiker des Staatstheaters verlangen dagegen nach einem Entweder-Oder. Kontrolliert schildert eine gewaltige Tragödie – und beschreibt zugleich die Lagebeschreibung des BKA, für das sich eine Situation ergibt, „in der tag für tag die Lage so ruhig in sich pendelte, als wäre ihre unwahrscheinliche Balance natürlichster Normalzustand“ (K 235). Es ist verständlich, daß diese Art der Erfassung der „Lage“ dem „Politiker nicht begreiflich [zu] machen“ ist, wie Hort Herold in Kontrolliert beklagt. Über die Inszenierung der Lage im Fernsehn – „Das Fernsehn war, wie immer, groß in Schwung, die letzte Woche sowieso und doppelt“ – „lacht“ die versammelte Mannschaft des BKA „Tränen“ (K 202), so ‚steinzeitlich’ mutet sie an.

Die Situation wird, man kennt die Ereignisse, dennoch beendet. Die sogenannte „kleine Lage“ im Kanzleramt reagiert „empört“ auf die Analysen des BKA, „und schnell war man zu den handfesteren exotischen Lösungen gekommen. Während im Amt die Breitseite, die man abbekommen hatte, je nach Fraktion belächelt oder mit zynischen Bemerkungen richtung Bonn und Politik quittiert wurde, saß [Stein] am Tisch, um die Niederlage in die Rechnung einzugeben. Eine derartig debile Reaktion war nicht zu erwarten gewesen, und welche Vernunft eben diese Debilität enthielt, galt es folglich zu klären.“ (K 225) Die Vernunft, die diese Debilität enthält, ist natürlich die dezisionistische Logik Carl Schmitts: „handfestere Lösungen“ sind gefragt. Das GSG 9 Kommando stürmt die „Landshut“ (K 276f), die Gefangenen von Stammheim begehen, so Goetz, Selbstmord in der Erwartung, daß der Staat dann so „mörderisch als Mörder“ dastehe, daß die „Revolution“ ausbreche. Doch dieses „Kalkül“ mit dem eigenen Tod habe die RAF „völlig falsch eingeschätzt“ (K 256). Die „Machtfrage“ sei in keiner Weise gestellt worden (K 258), und den Souverän: das „Volk, den König, den Kaiser“ habe nie jemand „von Angesicht zu Angesicht“ zu sehen bekommen (K 259). Es gab keinen Ausnahmefall. Als Effekt ergab sich laut Goetz „für den Staat die Impfung mit dem Feind, Selbstschutz, Propagandamaterial und Waisenrente im Ernstfall“ (K 262). Der Staat lernt. Er läßt sich, so Deleuze und Guattari, „vielleicht einmal, aber nie zweimal überraschen“.[49] Während die Medien die Männer der GSG 9 als ‚Helden von Mogadischu’ und die Gesten bundesrepublikanischer Souveränität feiern, setzt sich auf der operativen Ebene der Normalismus durch. Bundesjustizminister Vogel will künftig „Umstände und Entwicklungen“ vermeiden, die der Bereitschaft zum Terror vorausgehen (Bundestagsdebatte am 28. 10 1977), Gerneralbundesanwalt Rebmann (9 / 1979, Rede vor dem Deutschen Richtertag) setzt auf „präventive“ Maßnahmen, etwa auf ein neues „Recht des Meldewesens“ oder auf „Bestrebungen, fälschungssichere Kraftfahrzeugkennzeichen und fälschungssichere Ausweisdokumente einzuführen“. Dregger fordert eine „Umkehr in der Bildungspolitik“ (Bundestagsdebatte am 28. 10 1977). Überwachung, Infiltration, Prävention. Schritte in Richtung Kontrollgesellschaft. Der Staat, der sich selbst impft, lernt. Dies klingt ganz anders als die Verlautbarungen der RAF, die sich vornimmt, „die Konflikte auf die Spitze zu treiben, um die Klassenkämpfe zu entfalten“ (K 247). Die RAF stilisiert sich in ihrem Kommuniqué aus dem Mai 1982, in dem sie zu den Vorgängen von 77 Stellung nimmt, erneut zum Akteur der existentialen „Auseinandersetzung Guerilla - Staat“ und sieht in der BRD nach wie vor den grob getarnten, totalitären „Maßnahmestaat“. Die RAF erweist sich so als „Trivialmaschine“, in der dieselbe Eingabe immer dieselbe Ausgabe erzielt, der Staat dagegen als lernfähige „historische Maschine“ (K 268), die weiß, wie „flexibel“ das Verhältnis von Lage und Lagebeschreibung ist, weil jede „Beschreibung natürlich die Lage der Lage sofort verändert“ (K 236). Der Staat, der auf die Herausforderung nicht statisch reagiert, sondern flexibel, der die Reibungen nicht bekämpft, sondern resorbiert, der die Revolution nicht nihiliert, sondern in sich aufnimmt und nutzt, stützt die Vermutung, daß dem ganzen Schmittschen Eskalationszenario von Freund und Feind, von Krieg und Ausnahmefall, von Terror und Gegenterror in Kontrolliert eine zweite Geschichte des Jahres 1977 an die Seite gestellt werden müßte, die davon auszugehen hätte, daß gar kein Ausnahmezustand vorlag, sondern – gleichsam in Deckung hinter der dramatischen Oberfläche der Ereignisse – nur ein weiterer Schritt in die Kontrollgesellschaft gemacht worden ist. Hinter der Kulisse „der Regierungspressekonferenz“, auf der „Propagandaminister Böllings“ mit den gleichgeschalteten Medienvertretern der „Presserats“ Informationen zurückhält und desinformiert, wird nur auf den erste Blick eine Handvoll „Altfaschisten“ (K 252f) als Akteure entlarvt. Und auch die Annahme, man könne „den Staat [...] als dicken toten Haufen Fleisch im engen Hemd im Kofferraum im Auto tot erschossen ablegen“, erweist sich als naiv (K 51). Der zweite Blick zeigt: diese Geschichte läßt sich nicht auf Akteure und Skripte reduzieren, sie ist zu komplex dafür. „Alles ist endlich nicht eines, sondern viel hoch vieles.“ (K 252) Die Geschichte des Jahres 1977 ist deshalb kein Theaterstück.

Bei der Kontrollgesellschaft, die Goetz beschreibt, handelt es sich womöglich um einen Staatsapparat, der nicht in den souveränen Formen von Dezision und Entscheidung zu beschreiben wäre, sondern mit postsouveränen Modellen der Selbstorganisation. Ihr Muster lieferten, wie Deleuze in den Unterhandlungen ausführt, „Kybernetik und Computer“.[50] In Kontrolliert heißt es: „Elektronenhirne tasten laufend prüfend alle Kabel und Verbindungen auf alten Lötplatinen ab, und in neueren sehr kleinen mikroskopisch produzierten Chips befinden sich Programme, die sich selber überwachen, natürlich kontrolliert von Überwacherwächtern und so weiter“ (K 210). Die Kontrollgesellschaft ist nicht zu beschreiben anhand der Unterscheidung eines Subjekts, das kontrolliert, und eines Objekts, das kontrolliert wird, wie Raspe anfangs noch annimmt (K 19). Die Kontrollgesellschaft operiert vielmehr selbstorganisiert, sie ist eine lernfähige, sich selbst immer wieder neu justierende „historische Maschine“ (K 268), an deren Zustände man sich, wie Referent Stein mit Foucault ausführt, gewöhnt. Die Macht hat kein Gesicht, es gibt keinen Souverän, der als Feind zu bekämpfen wäre, der „Staat ist kein einziger wirklicher Mensch“, er besteht aus „Untersuchungsausschußprotokollen, Aktenkilometern, Bandabschriften“ und „Staatsdruckereidrucksachen“ (K 255f) – die Macht in der „funktional geordneten Gesellschaft“, so Goetz, kennt keine „Herrscherrichtung“ von oben“ nach „unten“ (K 204), sondern ist eine ohne jedes Telos und ohne jede Transzendenz operierende Maschine, deren Effekt in der Normalisierung besteht, einer „Maschine“, welche die „Kraft der Normalität [hat] das Unwahrscheinlichste [laufend] zu Normalem zu normalisieren“ (K 221f) und der die prekäre „Balance“ als „natürlichster Normalzustand“ erscheint (K 235). Die Gestalt der Macht hat sich verändert. Sie hat nicht mehr die klassische Kontur des Souveräns, der zumindest noch im Ausnahmezustand seine Gestalt offenbart und der Akteure kennt, deren Taten bühnenfähig sind: „das Volk, den König, den Kaiser“ (K 259). Die postsouveräne Macht denkt Goetz als ein unauffälliges, flexibles, anpassungsfähiges „Schwerefeld“ der Normalität (K 235). In Goetz‘ Theaterstück Heiliger Krieg heißt es: 

„Früher ist man wenigstens noch erschossen worden, oder öffentlich guillotiniert. Heute hört man gar nichts mehr, das ist das komische, diese Stille, eigentlich angenehm, aber so spurlos, das ist das unangenehme. Man fängt sogar schon an zu flüstern, im grunde ohne Grund.“[51]

Dieser unauffälligen Form der Macht könnte die Zukunft gehören. Die dramaturgischen Regeln des politischen Theaters hat sie hinter sich gelassen. Das „Theater der Politik“ spielt Politik so, wie sie früher aufgetreten sein mag,[52] als eine Politik handelnder Akteure – mit der postsouveränen Form des Politischen hat es nichts zu tun. Die Macht ist zu lautlos, zu unauffällig, zu anonym, um inszeniert zu werden. Mit der althergebrachten „Affinität“ von „Politik und Theater“ wäre es dann vorbei.[53]



[1] Zitiert wird Rainald Goetz, Kontrolliert. Roman (1988), Frankfurt/M 1991 als K.
[2] Bertolt Brecht, Vergnügungstheater oder Lehrtheater, in: Theorie des Dramas, Stuttgart 1982, S. 68-80, S. 70.
[3] Rainald Goetz, Kontrolliert. Roman (1988), Frankfurt/M 1991, S. 98, zitiert als K.
[4] Thomas Meyer, Martina Kampmann, Politik als Theater. Die neue Macht der Darstellungskunst, Berlin 1998.
[5] Aristoteles, Vom Himmel. Von der Seele. Dichtkunst, übers. V. Olaf Gigon, Zürich 1950, S. 392f.
[6] Aristoteles, Dichtkunst, S. 405. Vgl. zur Definition der Handlung als das, „was Anfang, Mitte und Ende besitzt“, S. 401.
[7] Günter Hofmann, Als-ob-Politik auf der Mattscheibe, in: DIE ZEIT vom 14. 10. 1994
[8] Thomas Meyer nennt ein Kapitel ganz ähnlich Symbolische Scheinpolitik. Handeln als ob, in: Politik als Theater, S. 84.
[9] Vgl. Meyer, Politik als Theater, S. 121.
[10] Meyer, Politik als Theater, S. 122.
[11] Vgl. Niels Werber, Partei der permanenten Revision. Das tägliche Update als Regel: Wie der Bundeskanzler die Sozialdemokratie den Gegebenheiten anpasst, in: Frankfurter Rundschau vom 4. 9. 1999.
[12]Der Feind in Kontrolliert ist „ein schöner Jüngling“, der getötet wird (K 259). Folgt man Goetz’ Beschreibungen von Andreas Baader und Karl Held, dann ist der Feind man selbst, gemäß Carl Schmitts Definition. "Der Feind ist unsre eigene Frage als Gestalt" (Ex captivitate salus, S. 90), er stellt "mich in Frage" (89). Norbert Bolz merkt dazu an, der Feind sei "der anerkannte Andere: der Bruder" und verweist auf Kain und Abel (Auszug aus der entzauberten Welt, S. 64). Der bis auf den Tod geführte Kampf mit dem Feind gehört also zur Dramatik der „feindlichen Brüder“ (vgl. Die Zwillinge, Julius von Tarent, Die Räuber...). „Bruder“ nennt Goetz in Kontrolliert den, der vom Revolutionär verraten und ermordet werden müsse (K 207).
[13] Thomas Hobbes, Grundzüge der Philosophie. Zweiter und dritter Teil: Lehre vom Menschen und Bürger, Deutsch herausgegeben von Max Frischeisen-Köhler, Leipzig 1918, S. 58.
[14] Carl Schmitt, Legalität und Legitimität (1932), in: ders., Verfassungsrechtliche Aufsätze (Berlin 1958) S. 268.
[15] Johann Gottfried Herder, Briefe zur Beförderung der Humanität (1793-97), hrsg. v. Heinz Stolpe, 2 Bde., Berlin und Weimar 1971, Bd. 1, S. 301.
[16] Friedrich Nietzsche, Werke in drei Bänden, hrsg. von Karl Schlechta, München 1954, Bd. 1, S. 319.
[17] Benno Wagner, Vom Licht des Krieges zur black box des Modells Deutschland. Ausnahme und Erkenntnis nach Schmitt und Foucault , in: Friedrich Balke (Hrsg.), Zeit des Ereignisses - Ende der Geschichte, München 1992, S. 233-256.
[18] Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen (1932), Berlin 1991, zitiert als BP.
[19] Meyer, Politik als Theater, S. 69.
[20] In Überwachen und Strafen und Sexualität und Wahrheit unter dem Stichwort „Biomacht“.
[21] Gilles Deleuze, Felix Guattari, Tausend Plateaus (1980), Berlin 1992, S. 291.
[22] Vgl. Friedrich Balke, Der Staat nach seinem Ende, S. 380.
[23] Meyer, Politik als Theater, S. 69.
[24] Benno Wagner, Vom Licht des Krieges, S. 251.
[25] Meyer, Politik als Theater, S. 70.
[26] Carl Schmitt, Theorie des Partisanen (1963), Berlin 1992, S. 89.
[27] Carl Schmitt, Theorie des Partisanen (1963), Berlin 1992, S. 73.
[28]Vgl. Carl Schmitt, Gespräch über den Partisanen, in: Karl Schickel (Hrsg.), Guerrilleros, Partisanen. Theorie und Praxis, München 1970, S. 10-29.
[29] „Nur was jetzt stimmt, stimmt, weil der Augenblick der Wahrheit einen höchstens jetzt erlösen kann, unmöglich nicht jetzt“ (K 155).
[30] Die also keine wissenschaftliche Wahrheit ist, denn die erscheint nicht, sondern wird methodengeleitet erforscht und falsifikationsversuchsgehärtet vorgetragen.
[31] Deleuze, Guattari, Tausend Plateaus, S. 511.
[32] Vgl. Günter Meuter, Der Katechon. Zu Carl Schmitts fundamentalistischer Kritik der Zeit, Berlin 1994, S. 69.
[33] Dies trennt die politische Sphäre von anderen Bereichen und deren Unterscheidungen: dem der Moral und der Differenz gut und böse, dem der Ästhetik und der Unterscheidung von schön und häßlich, dem System der Wirtschaft und seiner Differenz rentabel / unrentabel (BP 26). Soweit zur Abgrenzung.
[34] Und zum Kampf der Parteien im „pluralistischen Parteienstaat“ verhält sich der Staat innenpolitisch neutral. (Der Hüter der Verfassung, S. III) Politik in einem intern befriedeten Staat ist im Schmittschen Sinne nur Außenpolitik, insofern der potentielle Feind nur ein anderes Land sein kann und die potentielle Gefahr für den Staat weniger von Rechtsbrüchen droht, als vom Krieg. Ohne Feind wäre mithin die wahre Gestalt des Politischen gleichsam verschleiert; mit der Entführung und Ermordung Schleiers zeigt sich dagegen der Feind – und also auch der Staat.
[35] Dazu vgl. K 41 und K 90f.
[36] Vg. Benno Wagner, Vom Licht des Krieges, S. 248.
[37] Carl Schmitt, Theorie des Partisanen, S. 35. Schmitt bezieht sich auf ein Drama von Kleist: In der Hermannsschlacht bringt Hermann Thusnelda zu der Überzeugung, daß die Römer die Germanen als auszuweidende Tiere, als Rohstofflieferant für Haare und Zähne benutzen, weshalb sie selbst nicht als Menschen, sondern als Unmenschen zu behandeln seien, als absolute Feinde.
THUSNELDA: Das sind ja Tiere, Querkopf, der du bist,

Und keine Menschen!

HERMANN:Menschen! Ja, mein Thuschen,

Was ist der Deutsche in der Römer Augen?

THUSNELDA: Nun, doch kein Tier, hoff ich -?

HERMANN:Was? - Eine Bestie,

Die auf vier Füßen in den Wäldern läuft!

Ein Tier, das, wo der Jäger es erschaut,

Just einen Pfeilschuß wert, mehr nicht,

Und ausgeweidet und gepelzt dann wird!

(Heinrich von Kleist, Die Hermannsschlacht, 3. Akt, 3. Auftritt)

[38] Rolf Schoers, Der Partisan, S. 33f, zit. n. Carl Schmitt, Theorie des Partisanen, S. 76.
[39] Carl Schmitt, Theorie des Partisanen, S. 76.
[40] Carl Schmitt, Theorie des Partisanen, S. 36.
[41] Schmitt, Theorie des Partisanen, S. 15.
[42]Benno Wagner, Vom Licht des Krieges, S. 242.
[43] Norbert Bolz, Auszug aus der entzauberten Welt, München 1991, S. 57.
[44] Oskar Negt und Alexander Kluge, Maßverhältnisse des Politschen, 1992, haben daher für die Bildung von Zeitreserven plädiert, um in die Eigendynamik sich selbst beschleunigender Konflikte intervenieren zu können.
[45] RAF, Das Konzept Stadtguerilla, April 1971.
[46] Carl Schmitt, Der Hüter der Verfassung, S. 76.
[47] Carl Schmitt, Der Hüter der Verfassung, S. 131.
[48] Carl Schmitt, Der Hüter der Verfassung, S. 76.
[49] Deleuze, Guattari, Tausend Plateaus, S. 583.
[50] Gilles Deleuze, Unterhandlungen, Frankfurt/M 1993, S. 251.
[51] Rainald Goetz, Krieg, Frankfurt/M 1986, S. 105f.
[52] Vgl. Meyer, Politik als Theater, S. 35.
[53] So Bettina Gruber und Bernhard Worms in ihrem „Grußwort“ auf der Einladung zur Jahrestagung der Karl-Arnold-Stifung zum ThemaPolitik als Theater, Bonn 1999, 3. – 5. Dezember.