RAD im Pott, Ausgabe Winter 1996/97:

Die EFI wird 20 - ein Rückblick, Teil 2

Zeit des Umbruchs - die letzten 10 Jahre

In der letzten Ausgabe der RAD im Pott wurde anläßlich des 20-jährigen Jubiläums der EFI die erste Hälfte ihres Bestehens dokumentiert, die jedoch noch von wenig Erfolg geprägt war. Die darauffolgenden 10 Jahre waren dagegen mit einer ständig steigenden Anzahl von Aktivitäten gespickt, so daß man inzwischen mit dem vorhandenen Aktivenstamm an die Grenze des Machbaren angelangt ist, inzwischen sogar bestimmte Aktivitäten zurückschrauben muß. Aus Platzgründen werden die wichtigsten Begebenheiten der letzten 10 Jahre in Stichworten aufgeführt:

1987: Neustrukturierung der EFI-Treffen (damals im Jugendinformationszentrum im Deutschlandhaus) mit Zusammenlegung der ADFC-Treffen, seither regelmäßig an jedem 1. und 3. Freitag im Monat * Erstmalige Herausgabe eines Flugblattes mit der Jahresübersicht der Radtouren, die seit 1986 regelmäßig am 1.Sonntag im Monat stattfinden * Intervention gegen Stelleneinsparung bei der Radwegeplanung im Tiefbauamt (seitdem war bis 1996 nur eine Person in diesem Bereich tätig) * Erster Vorstoß zum Ausbau der ehemaligen Bahnstrecke Gruga - St. Annental zur Radroute * Intervention bei der anfänglich umweltunverträglichen Ausbauplanung des Radweges Werden - Kettwig sowie gegen die drohende Ablehnung eines Radweges entlang der Lerchenstraße * Im Spätsommer Beginn der Dreharbeiten für die Video-Dokumentation "In Essen auf Rädern"

1988: Erstellung eines 25 Punkte umfassenden Thesenpapiers zum Radfahren in Essen sowie Start einer Kampagne für mehr Fahrradabstellanlagen * Teilnahme an der vom BUND organisierten Fotoausstellung "Alptraum Auto", Uraufführung der Videodokumentation anläßlich einer Podiumsdiskussion * Mitorganisation einer großen Raddemo gegen den Flughafen Essen-Mülheim * Erstmalig Teilnahme am Umweltmarkt der Stadt Essen (seither regelmäßig) * Bundesweite Umfrage des ADFC zum Fahrradklima in bundesdeutschen Städten: Essen belegt unter 63 bewerteten Städten den 62. Platz * Zum Jahresende bekundet die Stadt Essen zum ersten Mal die Bereitschaft zur Teilnahme am Förderprogramm "Fahrradfreundliche Stadt" des Landes NRW

1989: Durchführung einer Unterschriftenaktion gegen die Radwegebenutzungspflicht; innerhalb eines Jahres kommen bundesweit 10000 Unterschriften zusammen, die Ende 1990 dem Petitionsausschuß des Bundestages übergeben werden; dieser braucht fast zwei Jahre für eine - leider negative - Entscheidung * Mitorganisation der großen Raddemo gegen die A 52 durch den Essener Norden (ist nach wie vor aktuell) * Teilnahme am Fahrradaktionstag in der City

1990: Organisation und Durchführung der Fotoausstellung "Radfahren im Stadtverkehr" in der Stadtbibliothek im Gildehof mit großem Rahmenprogramm; dazu Erstellung eigener Fototafeln - Vorläufer der jetzigen Ausstellung "In Essen auf Rädern" * Mehrere gemeinsame Aktionen mit den "Grünen" für eine Radroute durch die Innenstadt * Teilnahme an einer Befragungsaktion der Polizei zur Situation auf dem Baldeneyseerundkurs (bis heute Unfallschwerpunkt beim Radverkehr in Essen) * Sondierungsge spräche mit der Stadtverwaltung und einem Düsseldorfer Planungsbüro über eine Beteiligung der EFI an einem Radverkehrsgutachten * Wegen Schließung des JIZ Verlegung der EFI/ADFC-Treffen ins "Haus der Begegnung" am Weberplatz

1991: Bestandsaufnahme für ein Radverkehrsgutachten: EFI -Aktive radeln für das Planungsbüro in ca.1000 Stunden das Essener Straßennetz ab und untersuchen es auf seine Tauglichkeit als Radroute; daraus wird als "Gegengutachten" ein eigenes Konzept entwickelt * Öffentlichkeitskampagne: Die EFI richtet mehrere Workshops zur Diskussion des Routenkonzeptes aus, eröffnet für ein halbes Jahr in der Maxstraße 11 das "Fahrradbüro Essen" als Anlaufstelle für Bürger und gibt die 20-seitige illustrierte Broschüre "Radfahren in Essen" mit 1000 Exemplaren heraus * Übergabe der ersten beiden Dienstfahrrädern als Spende der EFI an die Stadt Essen * Bei diversen Gesprächen mit der Verwaltung signalisiert diese die mögliche Öffnung von Einbahnstraßen sowie Fußgängerzonen für den Radverkehr * Die ersten Radwegeübergänge an Kreuzungen und Einmündungen werden endlich rot eingefärbt * Erstmalig Infostände auf der Messe "Mode-Heim-Handwerk" (bis 1994 vier mal) sowie auf dem Rüttenscheider Straßenfest (seither regelmäßig) * Erste Klausurtagung der EFI-Aktiven im Sauerland mit Unterstützung der AWO-Essen (seitdem einmal jährlich) * Keine Überraschung: Bei der zweiten bundesweiten Umfrage des ADFC zum Fahrradklima in deutschen Städten landet Essen auf dem letzten Platz und erhält die "Rostige Speiche"

1992: Viele öffentlichkeitswirksame EFI-Aktionen, damit die Stadt bei den Bemühungen zur Aufnahme in das Förderprogramm nicht nachläßt (u.a. eine große Postkartenaktion gerichtet an SPD und Planungsausschuß, Übergabe eines Bürgerantrages an OB Jäger sowie jede Menge "Offene Briefe" * Persönliche Präsenz bei der Einbringung des Radverkehrsgutachtens in die Ratsgremien und Bezirksvertretungen (z.T. mit Rederecht) * Erstmalig Gespräche auf Beigeordnetenebene mit dem damaligen Planungsdezernenten Heiko Schulte * Einbringung einer großen Zahl von Anträgen zur Öffnung von Einbahnstraßen sowie zur Ausschilderung von am Ende für Radfahrer passierbaren Sackgassen * Mitarbeit an der Erstellung eines radfahrgerechten Stadtplans des KV-Verlages für Essen * Mitherausgabe der Mitte des Jahres erstmalig erscheinen den Fahrradzeitschrift "RAD im Pott" * Beginn der Produktion von Radiosendungen mit Hilfe des Bürgerfunks NRW (Sendung über "Radio Essen") * Im November offizielle Gründung eines ADFC-Kreisverbandes in Essen (die Ortsgruppe war drei Jahre zuvor sanft entschlummert) * Ende des Jahres organisieren EFI und ADFC in der VHS eine große Podiumsdiskussion unter dem Titel "Rostige Speiche - ein Jahr danach" mit Vertretern aus Politik und Verwaltung

1993: EFI und ADFC organisieren eine der größten Raddemos in Essen mit etwa 600 Teilnehmer/innen * Die "Essener Radtage" finden erstmalig statt, EFI/ADFC sind mit vertreten * Seit Herbst ist die EFI Mitglied im Beirat Umweltschutz der Stadt Essen * Erfolg: Die ersten Fahrradboxen werden am Bahnhof Essen-Süd aufgestellt

1994: Erstmalig ist mit Frau Dr. Eva-Maria Krüger eine Dezernentin zu Gast beim EFI/ADFC-Treffen * Auf Initiative von Frau Dr. Krüger erfolgt die Einrichtung eines regelmäßigen "Arbeitskreises Radverkehr"; zunächst mit einbezogen, richtet das Tiefbauamt Ende des Jahres für seinen Bereich einen zweiten Arbeitskreis ein * Der kaum noch erwartete Besuch der Bereisungskommision des Landes NRW zur Aufnahme der Stadt Essen ins Förderprogramm hat alte EFI-Forderungen möglich gemacht: die ersten "Fahrradstraßen" und "unechten Einbahnstraßen" sowie "aufgeblasene Aufstellflächen" entstehen; die Stadt richtet einen eindrucksvollen und überzeugend wirkenden Empfang aus * Im April eröffnen EFI/ADFC gemeinsam mit vier weiteren Verbänden in der Maxstraße 11 zentral in der City das "Verkehrs- und Umweltzentrum" (VUZ) * EFI/ADFC-Kampagne "Mit Rad und Plan durch Essen" mit vielen öffentlichkeitswirksamen Aktionen * Erstmalige Durchführung der "Radtreffs" genannten Feierabendtouren mit Unterstützung der AOK * Teilnahme an den zweiten Fahrradaktionstagen in Essen so wie den 2. Essener Radtagen

1995: Essen wird in das Landesförderprogramm "Fahrradfreundliche Städte und Gemeinden" aufgenommen - auch ein Erfolg langjähriger EFI/ADFC- Lobbyarbeit * Erneut hochkarätiger Besuch bei EFI/ ADFC: Der neue Oberstadtdirektor Hermann Hartwich steht Rede und Antwort * Wettbewerb "Radler/Radlerin des Jahres", gemeinsam mit der Stadt Essen ins Leben gerufen * Unterstützungsaufruf für die städtische Ökosponsoring-Aktion mit Schwerpunkt Radwegebau in Grünflächen * Raddemo mit Bildung des bislang größten Fahrradpiktogramms bestehend aus den Teilnehmern der Veranstaltung anläßlich des Aktionstages "Mobil ohne Auto" * Weitere Fortschritte bei Radverkehrsan lagen: die ersten großräumig angelegten Radfahrstreifen (auf der Schützenbahn) sowie Freigabe von Teilbereichen der Fußgängerzone in Steele

1996: Erfolge und Mißerfolge halten sich die Waage: Nach 8 Jahren Planung und Diskussion Baubeginn der Radroute Gruga - Annental, Fertigstellung der Radroute auf der Veltenbahn, Aufstellung der ersten Fahrradboxen am Hauptbahnhof; die Planung für die Fahrradstation im selbigen kommt endlich voran, dafür torpediert die SPD an entscheidender Stelle ein Teilstück der Nordradroute * Im Zuge einer Neuorganisation innerhalb der Verwaltung wird die personelle Situation bei der Radverkehrsplanung verbessert * Im Rahmen der Aktion "Mehr Natur in die Stadt" unterstützen EFI/ADFC die Stadt aktiv bei Aufforstungen entlang der Radtrasse Veltenbahn

Die EFI wird 20 - Die Fete

Am 9. November wurde groß gefeiert, der runde Geburtstag war Anlaß genug. Am Tag zuvor waren in WAZ und NRZ eine Glückwunschanzeige des ADFC Essen, am Jubiläumstags selber dann in beiden Zeitungen jeweils ein großer Artikel erschienen. Am Abend startete in der "Villa Rü", dem Jugendzentrum in Rüttenscheid, die Fete. Zunächst mit einer Rede der Umweltdezernentin Dr. Eva-Maria Krüger, die maßgeblich an der Wende hin zu einer fahrradfreundlicheren Verkehrspolitik in Essen beigetragen hat. Allerdings mußte sie sich angesichts eines kurz zuvor erschienenen Zeitungsartikels, in dem sie sich positiv zu einem Autobahnbau im Essener Norden unter bestimmten Bedingungen geäußert hatte, an diesem Abend auch Kritik gefallen lassen.

Es folgte eine Rede des dienstältesten EFIaners, Rolf Fliß, der herausragende Aktivitäten und Begegnungen, Erfolge sowie Mißerfolge Revue passieren ließ. Anschließend gab es eine akrobatische Einlage zweier Schülerinnen der Gesamtschule Essen-Süd, die mit einem Balanceakt auf dem Hochrad gekrönt wurde. Nach einem kleinen kulinarischen Zwischenstopp trug der Essener Autor Ulrich Straeter, der übrigens auch schon einige Anekdoten in der RAD im Pott hinterlassen hat, unter dem Titel "Und wieder brennt das Rücklicht nicht" launige und auch nachdenkliche Texte zur Umwelt vor. Im Anschluß daran richtete der neue Gruppenleiter im Tiefbauamt, Christian Wagener, einige Worte an die EFI und hob dabei die für beide Seiten positive Zusammenarbeit hervor. Es folgte Jörg Brinkmann mit einer Diazeitreise durch 20 EFI-Jahre. So mancher erkannte sich dabei wieder, bisweilen in einer Form, die vielleicht schon verdrängt schien. Der Einladung gefolgt waren etwa 100 Personen - Aktive, Ehemalige, Freundinnen und Freunde sowie Vertreter aus Politik und Verwaltung, denen allen für ihre Unterstützung an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Dies gilt natürlich auch und vor allem dem Vorbereitungsteam, das diesen Abend überhaupt erst möglich machte. Durch das Programm führte übrigens der Vorsitzende des ADFC Essen, Frank Rosinger, der mal wieder seine Fähigkeiten als Conférencier bestätigte. Es war insgesamt ein rundum gelungener Abend, an dem die EFI ihrem von einigen maßgeblichen Leuten hinter vorgehaltener Hand ausgesprochenen Namen alle Ehre machte: Essener Feier- bzw. Feten-Initiative.

Jörg Brinkmann


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