RAD im Pott, Ausgabe Herbst 1996:

Die EFI wird 20 - ein Rückblick

20 Jahre ist sie geworden, die Essener Fahrrad-Initiative, kurz EFI genannt! 20 Jahre Lobbyarbeit für das umweltfreundlichste Verkehrsmittel, welches in Essen (und nicht nur dort) bereits abgeschrieben schien. Aus den ersten Tagen der EFI läßt sich heute nur noch wenig sagen, da von den damals Aktiven niemand mehr dabei ist und es auch kaum Unterlagen aus dieser Zeit gibt. Daher läßt sich selbst das exakte Gründungsdatum nicht mehr ermitteln, nur soviel, daß man zwei Anläufe benötigte. Es wurde eine Radtour mit immerhin 300 Teilnehmern gestartet mit dem Ziel, für den Ausbau von Radwegen und eine fahrradfreundliche Verkehrskonzeption zu werben. Außerdem wurde gleichzeitig noch eine Unterschriftenaktion inszeniert. Letztendlich fanden sich fünf Personen zu einer Fortsetzung der Arbeit zusammen, man gab dem Kind einen Namen, die EFI war geboren.

Während sich die Aktivenstruktur immer wieder geändert hat, ist der Charakter als unabhängig operierende Initiative bis heute erhalten geblieben. So ist die EFI nach wie vor kein eingetragener Verein mit all seinen vorgeschriebenen Strukturen. Die Hauptaufgabe bestand von Beginn an darin, das Fahrrad überhaupt erst einmal wieder in das Bewußtsein von Politik und Verwaltung, aber auch in das der Bevölkerung zurückzuholen. Dazu wurden u.a. Infostände und Raddemos ausgerichtet, ein Instrumentarium, das auch heute noch Bestand hat. Anfang der 80er Jahre wurden Raddemos sogar gemeinsam mit der Stadt Essen durchgeführt! Daneben gab es von Beginn an die auch heute noch sehr beliebten Fahrradtouren in die Essener Umgebung. Immer wieder hat es auch sporadisch Gespräche mit Vertretern aus Politik und Verwaltung gegeben, die vom Ergebnis her allerdings wenig erfolgreich waren. Immerhin hat die Stadt Essen zu Beginn der 80er Jahre einen ersten Plan zum Ausbau eines Radwegesystems vorgelegt, welcher dann im Laufe der Jahre zweimal fortgeschrieben wurde. Einen Netzcharakter hatte der Plan nur bedingt, und gehalten hat man sich an ihn auch nur dann, wenn es der Platz hergab bzw. der Autoverkehr keine Einschränkung erfuhr. Es war übrigens auch noch die Zeit, als alte, noch vorhandene Radwege Straßenverbreiterungen zum Opfer fielen. Und über das, was damals an neuen Radwegen entstand, decken wir heute lieber den Mantel des Schweigens - es ist vielfach radverkehrsuntauglich.

Von Beginn an gab es auch eine mehr oder weniger intensive Zusammenarbeit mit anderen Verbänden, genannt werden muß hier vor allem die "Essener Aktion gegen Umweltzerstörung" (EAU), eine der damals aktivsten Umweltorganisationen in Essen. Mit ihr gemeinsam wurde 1984 ein Radwegekonzept vorgestellt. Recht schnell entwickelten sich auch Kontakte zur 1984 gegründeten Essener Ortsgruppe des ADFC. Erwähnenswert ist aus dieser Zeit eine EFI-Planung für die Wittenbergstraße mit Radfahrstreifen, ein Konzept, das nun 12 Jahre später endlich realisiert zu werden scheint. 1985 begann die EFI sich schwerpunktmäßig mit dem Ausbau der Rüttenscheider Straße und der Hindenburgstraße zu beschäftigen, wobei das damals Erreichte aus heutiger Sicht nur wenig befriedigend wirkt. Ein Jahr später - ausgerechnet zum 10-jährigen Jubiläum - schien dann aber bei der EFI die Luft raus zu sein! Das Gefühl, so gut wie nichts bewegt zu haben, bewirkte eine Lähmung der Aktivitäten bis fast auf den Nullpunkt. Ein "Brainstorming-Treffen" wurde anberaumt, ein Brandbrief gestartet. Mit Erfolg! So konnte zum Jubiläum eine Pressekonferenz mit erheblicher Resonanz abgehalten werden. In der zweiten Jahreshälfte wurde dann gemeinsam mit der Grün-Alternativen Liste ein Radroutenkonzept für den Stadtbezirk II (Rüttenscheid und Umgebung) entwickelt. Gegen Ende 1986 intervenierte man heftig gegen die drohende Kürzung beim Radwege-Etat - was in den kommenden Jahren angesichts der Finanzsituation schon beinahe zum Ritual wurde. 1986 konnte auch noch ein Gespräch mit dem damaligen Landtagsabgeordneten und kurzzeitigen SPD-Vorsitzenden Peter Heinemann arrangiert werden. Und es gab sogar einen Erfolg zu vermelden: seit jenem Jahr werden in Essen die Radwege rot aufgepflastert! (Teil 2 der EFI-Geschichte folgt im nächsten Heft.)

Jörg Brinkmann


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