Dr. Thomas
Wesener
Biologe
ACHTUNG! NEUE ADRESSE:
Forschungsmuseum
A. Koenig,
Sektion
Myriapoda
Adenauerallee
160
D-53113
Bonn
E-mail: twesener@uni-bonn.de
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Taxonomische Bearbeitung
der Sphaerotheriida (Riesenkugler) Madagaskars:
Die Riesenkugler Madagaskars
waren schon lange nicht mehr der Gegenstand wissenschaftlicher
Untersuchungen. Insbesondere für biogeographische und ökologische Studien
ist eine sichere Bestimmung der jeweiligen Arten allerdings
Grundvoraussetzung.
Der Großteil der bereits in
vorigen Jahrhunderten beschriebenen Arten (34) wird deswegen von mir mit
modernen Methoden (z.B. rasterelektronenmikroskopische Studien) neu
beschrieben.
Parallel dazu werden die
große Anzahl der noch unbeschriebenen Arten bearbeitet. Zum jetzigen
Zeitpunkt warten noch über 40 madagassische Riesenkugler auf ihre
Beschreibung, was bedeutet, daß sie noch nicht benannt worden sind.
Bedauerlicherweise erfordern
solche taxonomischen Arbeiten viel Zeit.
Phylogenetische Studien,
Ursprung madagassischer Riesenkugler: Wer ist mit wem am nächsten verwandt?
Die aus der taxonomischen
Bearbeitung gewonnen Daten werden zu einer Merkmalsmatrix verarbeitet,
welches die Grundlage für die Rekonstruktion eines Stammbaumes darstellt.
Mit einem solchen Stammbaum
können die nächsten Verwandten madagassischer Arten gefunden werden.
Weiterhin liefert ein Stammbaum wichtige Aufschlüsse über die
Verwandtschaftsbeziehungen verschiedener Riesenkugler in verschiedenen
Ökosystemen.
Dieser Stammbaum ist die
Grundlage für biogeographische Studien und Besiedlungshypothesen.
Biogeographie der
Riesenkugler: Wie oft wanderten Tausendfüßler ein?
Tausendfüßler (und
Riesenkugler im Besonderen) eignen sich hervorragend für biogeographische
Studien. Sie besitzen wenig Ausbreitungsmöglichkeiten (wie zum Beispiel
Flugfähigkeit oder Windverdriftung) und besiedeln meist kryptische
Habitate. Mit einer Auswertung der in phylogenetischen Untersuchungen
erstellten Stammbäume lassen sich die nächsten Verwandten der
madagassischen Riesenkugler finden. Daraus läßt sich ableiten, von wo aus,
wie oft und eventuell auch wann Diplopoden nach Madagaskar einwanderten.
Durch Verwandtschaftsanalysen
von Arten verschiedener Ökosysteme läßt sich nachvollziehen, wie die
Besiedlung Madagaskars durch Riesenkugler ablief und in welcher Reihenfolge
die verschiedenen Ökosysteme Madagaskars besiedelt worden sind.
Biodiversitätsstudien: Wie
artenreich ist Madagaskar im Hinblick auf Diplopoda?
Direkt abgeleitet aus der
taxonomischen Erfassung einzelner Arten läßt sich ein Artkatalog
madagassischer Tausendfüßler erstellen, den man mit Artkatalogen anderer
Gebiete vergleichen kann. Beherbergt Madagaskar mehr Tausendfüßlerarten als
andere, vergleichbare Gebiete (Europa, Südafrika, Indien)? Hat Madagaskar
mehr Endemiten, also Arten, die nur auf Madagaskar vorkommen, als andere
Gebiete? Hat Madagaskar mehr Tausendfüßlerarten, welche nur in einem
kleinen Gebiet der Insel (z.B. nur auf einem Berghang, in einem Wald etc.)
vorkommen als andere Gebiete?
Woran könnte das liegen?
Biodiversitätsstudien:
Gibt es auf Madagaskar Ökosysteme oder einzelne Wälder, Gebirge mit
besonders vielen Arten, welche womöglich nur dort vorkommen (sog.
'hotspots')?
Gerade die Beantwortung
dieser Frage ist aufgrund der schnell voranschreitenden Waldzerstörung evident!
Viele Diplopoden dürften ansonsten auf Madagaskar aussterben, ohne daß die
Menschheit Kenntnis von ihnen hatte.
Weiterhin lassen sich
Schutzbestrebungen optimieren, indem Gebiete mit besonders vielen oder nur
dort vorkommenden Arten besonderen Schutz erhalten.
Erfassungen von Invertebraten
(insbesondere Diplopoden) ergänzen Studien an Vertebraten (zum Beispiel
Lemuren).
(1) Invertebraten
stellen über 95% der Arten in einem Ökosystem. Es sind viel fundiertere
Aussagen zur Artenvielfalt eines Gebietes möglich, als wenn man nur
Wirbeltiere erfassen würde.
(2)
Invertebraten, besonders Tausendfüßler neigen aufgrund ihrer Lebensweise
und beschränkten Ausbreitungsmechanismen viel stärker zum Endemismus als
viele Vertebratenarten.
(3) Tausendfüßler
spielen als Streuabbauer eine unverzichtbare Rolle im Ökosystem, ihre Rolle
wird vor allem dann bedeutsam, wenn Wiederaufforstungen mit indigener
Vegetation durchgeführt werden sollten.
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