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Prof. EM. Dr.-Ing. JÜrgen Werner

Juergen.Werner@rub.de

 

 

 

 

 

Prof. em. Dr.-Ing. Jürgen Werner

 

Forschungsbereich - Organersatz und Funktionswiederherstellung
- Interaktive und autonome Systeme der Medizintechnik

Schwerpunkt

Integrative ingenieurwissenschaftliche und klinische Entwicklung sensorgesteuerter und automatisch geregelter Systeme zur Wiederherstellung physiologischer Organfunktionen(aktive Implantate, extrakorporale Systeme, Transplantate)

1. Ziele, Ausgangslage
  1.1 Motivation
    Der gewählte Schwerpunkt trägt der Tatsache Rechnung, dass das durchschnittliche Lebensalter der Bevölkerung der Bundesrepublik wie in allen Industrieländern laufend wächst. Dadurch wird vor allem die Restitution von Organfunktionen durch aktive Implantate, aber auch durch Transplantation von Spenderorganen eine noch größere Bedeutung gewinnen, als ohnehin schon vorhanden. Ziel kann dabei nicht mehr allein die Lebenserhaltung sein, sondern die möglichst weitgehende Restitution der physiologischen Funktionen, und damit die Wiederherstellung einer normalen Lebensqualität. Diese Zielsetzung vermeidet gleichzeitig kontinuierliche Folgekosten durch längere bzw. häufig wiederkehrende Klinikaufenthalte. Um eine hohe Funktionseffizienz und -sicherheit zu gewährleisten, müssen in hohem Maße Produkte und Methoden der Sensor- und Regelungstechnik entwickelt und eingesetzt werden, so dass Bedarfsänderungen des Körpers und Störungen der Ersatzsysteme erkannt werden und im Sinne einer automatischen Regelung adäquat reagiert werden kann. Dadurch dass die technischen Subsysteme selbsttätig mit Organsystemen im geschlossenen Wirkungskreis interagieren, ergeben sich bei Entwurf, Entwicklung und Test Maximalanforderungen an eine direkte, verzahnte Kooperation von Ärzten, Physiologen und Ingenieuren. Die Restitution von Organfunktionen erfolgt je nach den Gegebenheiten und Möglichkeiten durch aktive Implantate, extrakorporale Systeme oder Transplantate. In der Startphase beschäftigen sich die Projekte im Wesentlichen mit der Anwendung in der Kardiotherapie. Die Erkenntnisse, Ergebnisse und Produkte werden sodann auf andere Organsysteme ausgeweitet.

 

  1.2 Stand der Forschung und Technik
    Die Mess- und Regelungstechnik leistet erhebliche Beiträge zur Analyse, zur Synthese und zur Qualitätssteigerung medizintechnischer Systeme und Prozesse. Einen der Anwendungsschwerpunkte stellt die Kardiomedizin dar, vor allem in den Bereichen der Diagnostik, der Elektrotherapie (Schrittmacher, Kardioverter / Defibrillatoren) und der Perfusionstechnik (Herz-Lungen-Maschinen, Kardio-Assist-Systeme) . Aktive Ersatzsysteme für Organfunktionen sind z. Zt. meistens nicht in der Lage, auf erhöhte physiologische Anforderungen oder unphysiologische Störungen selbsttätig so zu reagieren, dass der ursprüngliche physiologische Zustand weitestgehend wiederhergestellt wird. Dazu müssen geeignete physiologische Parameter messtechnisch fortlaufend erfasst und analysiert werden mit dem Ziel, durch einen geeigneten Regelalgorithmus und Aktoren im „Feedback“ so auf den Prozess einzuwirken, dass optimale Funktionseffizienz und Funktionssicherheit gewährleistet wird. Moderne Sensor- und Regelungstechnik Muss aber nicht nur bei technischen Ersatzsystemen, sondern auch im Rahmen des Organersatzes durch physiologische Systeme (Transplantate) eingesetzt werden. Bei der Behandlung der terminalen Herzinsuffizienz hat sich nach Ausschöpfung aller pharmakologischen und interventionellen Therapieansätze die Herztransplantation als effektives Verfahren etabliert. Dabei sind bis heute weltweit in über 260 Transplantationszentren mehr als 30000 Herztransplantationen durchgeführt worden, allerdings mit der Folge einer immer größer werdenden Warteliste. Grund hierfür ist zum einen ein nach wie vor herrschender Spendermangel, zum anderen eine aufgrund der organprotektiven Perfusionslösungen (kardioplege Lösungen) bestehende zeitliche Limitation bis zur Implantation des Organs von maximal 4 – 6 Stunden, wodurch der Radius zur Organbeschaffung deutlich eingegrenzt wird. Daher soll das Kompetenzzentrum auch einen entscheidenden Beitrag zur Erhöhung der Qualität und Lebensdauer von Spenderorganen bis zur Transplantation durch technische Maßnahmen leisten. Da die Bereitschaft zur Organspende viel zu gering ist, um den Bedarf zu decken, muss jede Möglichkeit genutzt werden, den Rekrutierungsradius und die Qualität des Organs zum Transplantationszeitpunkt zu maximieren. Das Zentrum strebt mindestens eine Verdoppelung der zulässigen tolerablen Transportzeit an und damit einen Impact auf die Versorgungssituation, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
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  1.3 Angestrebte Ziele bzw. Ergebnisse
    Ziel ist die Entwicklung von geeigneten Sensoren und von sensorgesteuerten technischen Systemen, die im geschlossenen Regelkreis („Closed loop“) in Kooperation mit den verbleibenden Organfunktionen und –systemen die ursprüngliche physiologische Funktion möglichst weitgehend wiederherstellen.Da die Projekte sich in der Startphase auf die Kardiotherapie konzentrieren, sind die Produktziele zunächst Systeme für das Kardio-Monitoring, automatische sensorgesteuerte elektrische Stimulatoren (Herzschrittmacher, Kardioverter / Defibrillatoren), automatisch geregelte Oxygenierungs- und Perfusionssysteme (Herz-Lungen-Maschinen, Kardio-Assist-Systeme) und Herztransplantate, die aufgrund der Erhaltung der physiologischen Bedingungen während Transport und Vorhaltung durch technische Regelsysteme eine längere Toleranzzeit und damit auch einen größeren Rekrutierungsradius und einen besseren Funktionszustand zum Zeitpunkt der Implantation gewährleisten.

 

2. Aktionen
  2.1 Inhalte, Projekte
    Projektbereich A: Sensorsysteme für das Monitoring von Organfunktionen:
Sensorsysteme für Drücke, Flüsse, Temperaturen, elektrische Aktivitäten in Organsystemen.
    Die Gruppe hat jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung von Sensorsystemen. Insbesondere wurden Systeme zum Temperaturmonitoring, zur Atemgasanalyse und Herz- / Kreislauf - Überwachung entwickelt. Sofern es sich um invasive Methoden handelt, werden diese zunächst im Tierversuch bzw. am intakten isolierten Organ getestet. Der Schwerpunkt liegt z.Zt. auf der Entwicklung eines faseroptischen Sensorsystems zur Messung der Herzkontraktion. Das System wird am isolierten, perfundierten und schlagenden Schweineherzen geprüft und optimiert. Einsatzbereich sind das Herz-Monitoring oder die physiologische Steuerung extrakorporaler Pumpen (Herzunterstützungssysteme) sowie auch (s. PB B) implantierbarer Ersatzsysteme.
   
    Bild: Überlagerung mehrerer Röntgenbilder des Herzens:
Sowohl die atriale Sonde (rot nach-gezeichnet)
als auch die ventrikuläre Sonde (blau nach gezeichnet)
ändern ihren Krümmungradius während des Kontraktionszyklus des Herzens.
Das ermöglicht die Entwicklung eines faseroptischen Messsystems für die
Kontraktionsbewegung
    Projektbereich B: Implantierbare Ersatzsysteme:
Sensorgesteuerte implantierbare Closed-Loop Stimulatoren: Schrittmacher,
Cardioverter / Defibrillatoren, Single- und Multi-Sensor-Systeme.
    Insbesondere für Patienten mit Sick Sinus Syndrome ( SSS, atriale Störung der Erregungsbildung und –leitung des Herzens) als auch für solche mit atrialer oder ventrikulärer Flimmerdisposition können lebensbedrohliche Situationen durch sensorgesteuerte implantierbare Stimulatoren erkannt und behoben werden.
    Die Ansätze zielen auf eine möglichst vollständige Wiederherstellung der ursprünglichen physiologischen Funktion. In den Schrittmachersystemen werden dazu vorzugsweise physiologische Parameter meßtechnisch erfaßt, die eng kausal mit der Aktivität des Autonomen Nervensystems korreliert sind. Dieses Kriterium erfüllen insbesondere:
    a) Die Messung der sog. atrio-ventrikulären Leitungszeit, die sich mit der Herz/Kreislauf-Belastung verkürzt (Dromotropie).
    b) Die Messung der Herzkontraktion mit Hilfe eines in die Schrittmachersonde eingeführten Lichtwellenleiters, der seine optische Dämpfung mit der Kontraktion ändert.
    Beide Systeme sind technisch getestet und als Patente angemeldet.
    Die zweitgenannte Sensorik ist darüber hinaus ganz besonders geeignet, um automatischen implantierbaren Defibrillatoren über die EKG-Information hinaus die Notwendigkeit der elektrischen Schockabgabe zu signalisieren. Die zusätzliche Erfassung eines Kontraktionssignals verspricht eine Verbesserung der Detektionssicherheit von ventrikulären Tachykardien und von Kammerflimmern
   
    Bild: Der „dromotrope“ Schrittmacher errechnet die beim Patienten fehlende Information über die notwendige Frequenzanpassung aus der sich bei Herz / Kreislauf-Beanspruchung physiologischerweise ergebenden Verkürzung der atrioventrikulären Überleitungszeit. Diese wird aus dem intrakardialen Elektrokardiogramm ermittelt. Das Diagramm zeigt die Abhängigkeit der Überleitungszeit von der Stimulationsfrequenz für eine schwache (schwarze Kurve) und eine starke körperliche Belastung (grüne Kurve). Die Kreise zeigen die optimale Stimulationsfrequenz an.
    Das Projekt dient damit der Entwicklung der folgenden sensorgesteuerten Produktfamilie:
    - AV-Zeit gesteuerter Schrittmacher („dromotroper“) Schrittmacher
- Faseroptisch gesteuerter („inotroper“) Schrittmacher Multi-Sensor-System
- Faseroptisch gesteuerter implantierbarer Kardioverter / Defibrillator
- Bi-ventrikuläre Stimulatore
    Projektbereich C: Extrakorporale Ersatzsysteme:
Automatisch geregelte Herz-Lungen-Maschinen.
    Automatisch geregelte Herz-Lungen-Maschinen können die Sicherheit bei Herztransplantationen, bei aorto-koronaren Bypass-Operationen, Herzklappenersatz u.ä. weitgehend dadurch erhöhen, dass sie Kardiotechniker und Ärzte von Routineüberwachung und manueller Steuerung und Regelung entlasten. Die Realisierung der automatischen Regelung der Herz-Lungen-Maschine (HLM) beinhaltet sowohl die Regelung der Blutgase als auch der zentralvenösen Sauerstoffsättigung:
   
    Projektbereich D: Physiologische Ersatzsysteme:
Geregelte Oxygenierungs- und Perfusionssysteme für explantierte Organe.
    Explantierte Organe werden z.Zt. hypotherm in geeigneter Lösung transportiert und vorgehalten. Dadurch entsteht eine unphysiologische Situation, die zunehmend zu Leistungsverlust und Schädigung des Organs führt, so dass die Transportzeit begrenzt ist. Entwickelt werden Systeme, die explantierte Organe im geschlossenen Regelkreis normotherm oxygenieren und perfundieren
    .Für explantierte Organe, insbesondere für das menschliche Herz, dem sich dieses Projekt zunächst widmet, kann mit den z.Zt. benutzten Methoden nur eine relativ kurze Transport- und Lagerzeit (4–6 Stunden) toleriert werden. Wir haben daher zunächst eine Technik entwickelt, um explantierte Schweineherzen unter weitgehend physiologischen Bedingungen normotherm zu perfundieren und schlagen zu lassen. Hierzu gehört u.a. die Realisierung von selbsttätigen Regelungen für die Blutparameter. Ein Schlüsselexperiment soll die technische Umsetzung des im Labor realisierten Systems zu einem mobilen Oxygenierungs- und Perfusionssystem für den Transport von Spenderherzen (MOPETH) zusammen mit der Industrie und dem Herzzentrum NRW ermöglichen.
    Die Ergebnisse und Erfahrungen werden sodann auf andere Organsysteme übertragen.
   
   
Bild: Experimentallabor „Isoliertes Herz“:
Ein Schweineherz vom Schlachthof wird mit Blut und

Sauerstoff versorgt und in allen wesentlichen
Funktionen und Parametern überwacht und gesteuert.

 

  2.2 Akteure, Partner, Kooperationen
    Lehrstuhl für Biomedizinische Technik: Prof. Dr.-Ing. J. Werner
    Universitätskliniken:
    - Thorax- und Kardiovaskularchirurgie Bad Oeynhausen: Prof.Dr.med.R.Körfer
- Medizinische Klinik II Marienhospital Herne: Prof.Dr.med.H.J.Trappe
- Medizinische Klinik II St. Josef-Hospital Bochum: Prof.Dr.med.A.Mügge
- Abteilung für Kardiologie und Angiologie Bergmannsheil Bochum: Prof.Dr.med.J.Barmeyer
- Abteilung für Herz- und Thoraxchirurgie Bergmannsheil Bochum: Prof.Dr.med. A. Laszkovics
- Kardiologische Klinik Bad Oeynhausen: Prof.Dr.med.D.Horstkotte
- Transplantationszentrum Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer: Prof. Dr. med. M. Büsing
- Chirurgische Klinik Bergmannsheil Bochum: Prof.Dr.med.G.Muhr
    Kooperationen mit Lehrstühlen der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der RUB, der Uni Duisburg, Laboratorien der FH Bochum und Oldenburg und mit Unternehmen, Dienstleistern, Versorgungs- und Kostenträgern.

 

3 Nutzen
  3.1 Wissenschaft (Medizin, Technik)
    Abgesehen von der Fortentwicklung des Erkenntnisstandes in den einzelnen beteiligten Disziplinen (vor allem Meßtechnik, Regelungstechnik, Elektronik, Datenverarbeitung, Physiologie, Innere Medizin, Chirurgie) ergibt sich der spezifische wissenschaftliche Nutzen aus der einzigartigen interdisziplinären Anlage der Projekte und des Teams: Die Kernmannschaft bestehend aus allen obengenannten Disziplinen arbeitet an einem Ort direkt und kontinuierlich miteinander (weitere Partner wirken extern bei speziellen Problemlösungen mit). Die zu bearbeitenden Organe werden zunächst auf ihre physiologischen und pathophysiologischen Systemeigenschaften untersucht, die technischen Subsysteme werden sodann so entworfen und realisiert, dass sie zusammen mit den Organkomponenten ein optimal interagierendes Gesamtsystem bilden. Die wissenschaftliche Einsicht in das Zusammenwirken solcher medizinischer Mensch-Maschine-Systeme ist verglichen mit dem Spezialwissen über die isolierten Systemkomponenten allgemein viel zu gering. Die Kompetenz und die Verantwortung der Gruppe für das hybride (technische + physiologische) Gesamtsystem lässt eine beträchtliche Erweiterung der Kenntnisse und Erfahrungen über medizinische im geschlossenen Regelkreis kooperierende Hybridsysteme erwarten. Im Gefolge wird sich das in der Medizin zur Verfügung stehende Therapiespektrum patientenorientiert effizient und kostengünstig erweitern.

 

  3.2 Wirtschaft und Arbeitswelt
    Die Projekte beinhalten in hohem Maße das Potential, Wirtschaft und Arbeitswelt auf dem Sektor der Medizintechnik zu beleben. Die ins Auge gefaßte Produktpalette ist schon für die Herztherapie erheblich. Sie wächst um ein Vielfaches, wenn man die Erweiterung der Konzepte von der Kardiotherapie auf andere Therapiedisziplinen (z. B. Hepatologie, Urologie, Neurochirurgie, Nephrologie) berücksichtigt. Der Impact besteht nicht nur in der Einführung und Vermarktung neuer High-Tech-Produkte, sondern vor allem auch in dem hohen Bedarf der Entwicklung und der Lieferung zusätzlicher Hardware-Komponenten (Sensoren, Aktoren, Prozessoren) und Software-Bausteine (Erkennungs-Algorithmen, Regel-Algorithmen, Einstellungs-Software und Kontroll-Software usw.). Das Marktvolumen für die Bradytherapie (Schrittmacher) beträgt allein für Deutschland und die USA z. Zt. mindestens 150 Mio DM. Für die Tachytherapie (implantierbare Cardioverter / Defibrillatoren: ICD) ist eine besonders hohe Anstiegsrate (1990: 10000; 1999: 80000 Implantationen) zu erwarten, da diese Technik gut 20 Jahre später als der implantierbare Schrittmacher eingeführt wurde, und die Mortalitätsrate bei Tachyarrhythmien noch um ein Vielfaches höher ist.Mobile Oxygenierungs- und Perfusionssysteme könnten jährlich weltweit bei über 30000 Transplantationen eingesetzt werden. Zusätzlich entsteht ein Bedarf an sterilen Einmalprodukten, die bei jedem Einsatz gewechselt werden müssen.

 

  3.3 Gesundheitswesen und Krankenversorgung
    Zuverlässige aktive Implantate sind in Form von adaptiven implantierbaren Stimulatoren dringend vonnöten. Insbesondere in der Kardiotherapie kann dadurch die immer noch häufigste Todesursache „Plötzlicher Herztod“ erheblich gesenkt werden: etwa 70 % dieser Fälle werden durch Tachyarrhythmien (Tachykardien und Flimmern) charakterisiert, ca. 20 % durch Bradykardien (Allessie und Fromer, 1997) charakterisiert.Im Bereich der Transplantation ist es erstaunlich, dass vergleichweise geringe finanzielle Aufwendungen und Forschungsanstrengungen unternommen wurden, um die Erhaltung des wichtigsten Teils der Transplantationsbemühungen zu sichern - das Spenderorgan. Es wird alles versucht, um die Spenderorgane möglichst rasch in die Empfängerklinik zu bringen, viele Anstrengungen werden unternommen, um die Organe der potentiellen Spender vor der Explantation möglichst optimal zu erhalten. Nach der Explantation werden diese Aktivitäten beendet. Im Wesentlichen wird das Organ während des Transportes gekühlt. Wenn man mit Überzeugung das Prinzip der Organspende vertritt, Muss man alles tun, um das Überleben und die Effektivität der Spenderorgane zu sichern und zu verbessern, dies auch vor dem Hintergrund, dass 1998 z. B. die Anzahl der Spenderherzen zurückging auf den Stand von 1995, in dem 746 Herzen in Europa zur Verfügung standen. (Nierenspenden fielen ebenfalls auf die Zahlen von 1995). 1984 befanden sich insgesamt 11 430 Patienten auf den Transplantations-Wartelisten, 1998 stieg diese Zahl auf 13 690. Vor dem Hintergrund dieser knappen Spenderorgansituation wird jeder Verlust von Organen, die während langer Transporte avital werden, aus ethischen und ökonomischen Gründen inakzeptabel.

 

  3.4 Gesundheitskosten und Sozioökonomie
    Aufgrund der Zielsetzung, nicht ausschließlich Lebenserhaltung und damit im allgemeinen nur eine unphysiologische Funktionserhaltung der Organsysteme zu betreiben, sondern die physiologische Funktion weitestgehend wiederherzustellen, wird letztlich eine Verminderung der Frequenz und eine Verkürzung stationärer Klinikaufenthalte angestrebt. Dies ist eine vernünftige Strategie, die zwar zu höheren Einmalinvestitionen führen kann, aber die Vermeidung häufiger und langfristiger Kosten anstrebt. Damit ist eine Reduzierung der Kosten pro Patient und pro Lebensjahr erzielbar. Selbst für die z. Zt. noch hohen Kosten eines implantierbaren Kardioverter/Defibrillator (ICD) wird insgesamt eine Kosteneffizienz gegenüber der medikamentösen Therapie von 50 – 80 TDM pro Patient und Jahr Überlebenszeit geschätzt (Cannom, 1999), vorausgesetzt, der ICD erkennt mit Sicherheit frühzeitig Tachykardien und drohendes Kammerflimmern, um rechtzeitig eine Defibrillation einzuleiten, Das bedingt aber die Entwicklung neuer Sensoren und leistungsfähiger Erkennungs-, Steuer- und Regelalgorithmen für die aktiven Implantate, um somit die Lebenserwartung und Lebensqualität zu verbessern.Die Kosteneffizienz eines bei der Implantation physiologisch besser erhaltenen Spenderorgans bedarf keiner besonderen Begründung. Nachsorge, Komplikationen, Einsatz von Assist-Systemen, Re-Explantationen können dadurch reduziert werden.

 

  3.5 Innovationsgrad
    Die angestrebten Produkte haben einen beträchtlichen Innovationsgrad, denn z. Zt. gibt es auf dem Markt
    - keinen Schrittmacher, der durch Anwendung physiologisch begründeter Sensorik und Aktorik den
  ursprünglichen physiologischen Regelkreis von Herz und Kreislauf vollständig wiederherstellt

- keinen automatischen Kardioverter/Defibrillator, der durch Multi-Sensorsteuerung mit Sicherheit
  unnötige Schockauslösungen vermeidet

- kein Stimulatorsystem , das durch physiologische Stimulation beider Herzventrikel zuverlässigen
  Einsatz in der Behandlung der terminalen Herzinsuffizienz findet

- keine Herz-Lungen-Maschine, die regelungs- und automatisierungstechnisch so ausgestattet ist,
  das die Aufgaben von Arzt und Assistenzpersonal auf die unabdingbar notwendigen Regel- und
  Überwachungsaufgaben minimiert werden

- kein System, das explantierte Organe unter den im Körper herrschenden physiologischen
  Bedingungen transportiert und vorhält
  3.6 Region Ruhrgebiet
    Die Ruhr-Universität Bochum bietet als klassische Volluniversität ein riesiges interdisziplinäres Potential, in diesem Zusammenhang insbesondere aus den Ingenieur- und Naturwissenschaften und der Medizin. Damit übt sie eine herausragende Anziehungskraft aus auf Studenten, Mitarbeiter und Wissenschaftler. Weit über Bochum und das Ruhrgebiet hinaus ist sie international überall ein Begriff und hat damit den Terminus RUHR zu einem weltweit anerkannten Markenkennzeichen gemacht, das es zu erhalten und weiter zu pflegen gilt. Die hier skizzierten Bochumer Projektbereiche sind zusammen mit ihren „Auslegern“ in Herne und Bad Oeynhausen weitgehend in der Lage, für die Kernmannschaft das notwendige Potential an Wissenschaftlichen Mitarbeitern, an Methoden und Erfahrungen zu rekrutieren und „vor Ort“ einzusetzen. Das vermindert zunächst die vielfältigen Reibungsverluste, die im Allgemeinen bei Kooperationen über lange Entfernungen auftreten. Dennoch benötigen wir, wie oben ausgeführt, in einigen Subdisziplinen die zusätzliche Unterstützung und Einbindung möglichst von Hochschulen und Industriepartnern aus der Region. Eine weitere Vernetzung stärkt gleichermaßen die Region und die Effizienz und den Durchgriff unserer Projekte und Produkte.