Wo sind Verfremdungseffekte in der Kurzgeschichte „Ein Bericht f�r eine Akademie“?Im Grunde ist die gesamte Kurzgeschichte ein einziger Verfremdungseffekt , denn in ihr wird die menschliche Zivilisation und damit der Alltag der Menschen von der Perspektive eines Au�enseiters beschrieben. Die Rolle des Au�enseiters �bernimmt in diesem Fall der Affe „Rotpeter“, der unsere Gewohnheiten, mit denen wir aufgewachsen sind und die wir einfach �ber uns ergehen lassen, ohne auch nur einen Gedanken �ber deren Sinn zu „verschwenden“, als neu empfindet und deshalb die Gewohnheit verfremdet. Durch diese Verfremdung soll dem Leser erm�glicht werden, sich von seinem Alltag zu distanzieren und diesen nicht mehr einfach als gegeben anzunehmen. Dadurch kann er �ber diesen urteilen, indem er seinen Alltag mit dem Alltag anderer (hier ist es der des „Rotpeters“) vergleicht. Kafka geht in dieser Kurzgeschichte mehrmals auf einzelne allt�gliche Situationen ein und verfremdet sie dann. So sagt „Rotpeter“ einmal „kein Bau w�rde standhalten vor dem Gel�chter des Affentums bei diesem Anblick“ als er beschreibt, wie Akrobaten mit Kunstst�cken versuchen der „Menschenfreiheit“ n�her zu kommen. Dies ist eine interessante Interpretation der Beweggr�nde dieser Artisten, denn jeder w�rde dies nur als einen von vielen Arbeitspl�tzen bezeichnen. Nach der Ansicht des Affens jedoch ist eine solche Arbeit f�r die Menschen nicht nur zum Geldverdienen da, sondern auch um der durch die Zivilisation verlorengegangenen Freiheit ein St�ck n�her zu kommen. Man k�nnte dies auch verallgemeinern und k�me dann zu dem Schluss, dass auch moderne Freizeitbesch�ftigungen wie Bungeejumping, Fallschirmspringen, Rafting aber auch Abfahrtsski, Gokartfahren und andere sogenannte Funsportarten, die ein gewisses Risiko haben bzw. ein solches vermitteln, auf die selben Beweggr�nde zur�ckgehen. Hier fragt man sich nat�rlich wieder, was die Zivilisation eigentlich gebracht hat, wenn man eine solche Leistung aufbringen muss, nur um der durch die Zivilisation verlorengegangenen Freiheit etwas n�her zu kommen. Ein sehr ausf�hrlich besprochener Verfremdungseffekt ist die Gegebenheit mit der Schnapsflasche, aus der „Rotpeter“ trinken wollte. Nur mit einer extrem gro�en Selbst�berwindung schaffte er es gegen den eigenen Brechreiz anzuk�mpfen und aus der Flasche zu trinken. Hier stellt sich nat�rlich die Frage, warum er �berhaupt aus der Flasche trinkt, wenn ihn deren Inhalt so sehr anekelt. Er trinkt bestimmt nicht, weil es ihm schmeckt, sondern wahrscheinlich nur, weil er wie ein Mensch werden will und alle Menschen dies so machen. Man k�nnte dies als eine Form des Gruppenzwanges bezeichnen, bei der das wichtigste Motiv die Anerkennung ist. Demnach ist ein St�ck des freien Willen jedes Menschen der Sucht nach der Anerkennung von anderen Menschen gewichen, so dass auch hier wieder ein St�ck Freiheit verloren geht. Dies ist die durch die Gesellschaft bedingte „Verantwortung vor sich selbst“, von der ich im zweiten Kapitel bereits gesprochen habe. Generell wird jedoch der Sinn der gesamten Zivilisation in Frage gestellt, denn wie ich in dem vorherigen Kapitel gezeigt habe, hat uns unsere Zivilisation nach der Meinung von Kafka nur ein Verlust der pers�nlichen Freiheit gebracht. Trotz der Zivilisation und der damit verbundenen Gemeinschaft wurde der Mensch durch sie kein bisschen besser, sondern wird auch als zivilisierter Mensch vom Egoismus gepr�gt. Das W�rtchen „auch“ in dem vorherigen Satz l�sst sich dabei jedoch anzweifeln, denn „Rotpeter“, der den Ursprung unsere Zivilisation markiert, also die Verh�ltnisse, von denen uns unserer Zivilisation „befreite“, ist keineswegs egoistisch. So k�nnte man die Entwicklung unserer Zivilisation von der Steinzeit bis zum industriellen Zeitalter eher als R�ckschritt bezeichnen, denn die Beweggr�nde unserer Zivilisation beruhen auf den niedersten Instinkten eines jeden Menschen: jeder m�chte Geld haben, egal ob dies auf die Kosten anderer geht oder nicht. Dabei sei allerdings zu beachten, dass Kafka von 1883 bis 1924 gelebt hatte und sich unsere Gesellschaft in der Zwischenzeit von der Industriellen- zur Postindustriellen- oder Dienstleistungsgesellschaft gewandelt hat. Man kann deshalb Kafkas Beschreibungen zu der Zivilisation seiner Zeit nicht einfach auf unsere heutige Zivilisation und Gesellschaft �bertragen; trotzdem sind viele Eigenschaften nach wie vor aktuell. Im Grunde ist die ganze Kurzgeschichte ein Verfremdungseffekt, da unsere Gesellschaft von dem Affen „Rotpeter“ als ehemals au�enstehende Person unvoreingenommen �ber unser Gesellschaft berichtet und dem Leser es erm�glicht Allt�gliches nicht unbedingt als gegeben zu betrachten.
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