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Freiheit
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Welchen Begriff von Freiheit entwickelt Franz Kafka?

Bei der Anpassung an die menschliche Gesellschaft musste der Affe auf vieles verzichten, um der Lebensweise der Menschen m�glichst nahe zu kommen. Als gr��tes Opfer, das er zu dieser Anpassung bringen musste, f�hrt er die Freiheit auf. Er sagt zum Beispiel w�rtlich, als er seinen Ausweg aus dem K�fig des Schiffes von Hagenbeck beschreibt: „Ich sage absichtlich nicht Freiheit [anstatt von Ausweg]“ und „mit Freiheit betr�gt man sich unter Menschen allzu oft“, au�erdem sagt der Affe, dass er, wenn er Freiheit gewollt h�tte, sich eher in das offene Weltmeer gest�rzt, als sich den Menschen angepasst h�tte.

So musste er, um sich den Menschen anzupassen, seine ehemalige „�ffische“ Freiheit aufgeben, also die Freiheit, die ein Affe besitzt, der weder �ber das Gestern noch �ber das Morgen nachdenkt und einfach in den Tag hinein leben kann. Diese Freiheit wurde f�r ihn in der menschlichen Zivilisation durch Verantwortung ersetzt, aber weniger durch Verantwortung vor anderen, sondern eher durch Verantwortung vor sich selbst. So muss er sich heute des �fteren fragen, wenn er etwas machen m�chte, ob dies verantwortbar ist, oder ob dies seinem Ansehen und seiner Karriere schaden k�nnte – er f�ngt also an, wie alle anderen Menschen auch, �ber seine eigene Zukunft nachzudenken. Er hat Verantwortung, die ihm seine eigene Freiheit, welche er als Affe hatte, raubte. Diese Verantwortung wirft aber trotzdem kein gutes Licht auf die menschliche Zivilisation, denn es ist keine Verantwortung vor den Mitmenschen und anderen Lebewesen, sondern es ist eine egoistische Verantwortung vor sich selbst, deren Grundlage nur die Frage nach dem eigenen Wohlergehen bildet. Dies wird in dem Text an mehreren Stellen verdeutlicht. So musste er gegen den eigenen Instinkt und Ekel gegen den Geruch und den Geschmack ank�mpfen, als er zum ersten Mal Schnaps trankt. Hier stellt sich nat�rlich die Frage wieso er dann �berhaupt Schnaps trinkt, wenn er dabei gegen den eigenen Brechreiz ank�mpfen musste. Ich denke, dass er sich dies nur deshalb antat, weil er Mensch werden will und damit seinem Gitterk�fig verlassen kann. „Rotpeter“ trankt also nur in Vorausplanung oder Verantwortung vor seiner eigenen Zukunft diesen Schnaps. Er geht mit dieser Planung aber noch viel weiter. So erw�hnt er immer wieder, dass er die ganzen Anstrengung, mit der er die Durchschnittsbildung eines Europ�ers erreicht hatte, nur gemacht hat, um einen Ausweg aus seiner Gefangenschaft zu finden. Er hat diese gro�e Anstrengung vorausplanend tempor�r in Kauf genommen, um eine angenehmere Zukunft zu haben.

Au�erdem beschreibt er, dass Affen anders als Menschen denken, n�mlich mit dem Bauch. Als er diese Denkart beschreibt, sagt er, dass er den Plan, sich den Menschen anzupassen „irgendwie mit dem Bauch ausgeheckt [hatte]“. Das Interessante daran ist das „irgendwie“, denn damit verdeutlicht er, dass er es selbst heute noch nicht begreifen kann, wie er es geschafft hat einen so weit vorausschauenden Plan mit „dem Bauch“ zu entwerfen. Damit verdeutlicht „Rotpeter“, dass Affen nicht wie die Menschen in die Zukunft hinein planen, sondern nur an das Heute denken.

Es stellt sich allerdings auch die Frage, ob er mit diesem Ausweg aus dem realen Gitterk�fig nicht in einen anderen, imagin�ren Gitterk�fig geriet, denn „Rotpeter“ betont immer wieder, dass er einen Ausweg suchte und dieser „Menschenausweg“ seine einziger Ausweg gewesen ist. Wie viel er von der Freiheit, die er durch diesen Ausweg bekam, h�lt, sagt er mehrmals ziemlich deutlich. So hei�t es einmal „W�re ich ein Anh�nger jener erw�hnten Freiheit, ich h�tte gewiss das Weltmeer dem Ausweg vorgezogen, der sich mir im tr�ben Blick dieser Menschen [der Matrosen] zeigte.“. Er sagt auch, dass es ihn nicht verlockte, die Menschen nachzuahmen, sondern dass er dies nur tat, weil es sein einzigen Ausweg war. Im K�fig w�re er unweigerlich irgendwann an der Enge zugrunde gegangen, er brauchte also einen Ausweg, um zu �berleben. H�tte er die Wahl zwischen der Freiheit, die er fr�her als Affe gehabt hatte, und diesem „Menschenausweg“ gehabt, so h�tte er seine alte Freiheit bevorzugt, denn er sagt einmal „Ich hatte keinen anderen Weg, immer vorausgesetzt, dass nicht die Freiheit zu w�hlen war.“

Auch die Menschenfreiheit erw�hnt „Rotpeter“ einmal. So hat er oft Akrobaten in den Variet�s vor seinen Auftritten beobachtet, wie sie von Trapez zu Trapez sprangen und hat dies mit folgendem Kommentar beschrieben: „>Auch das ist Menschenfreiheit [...] selbstherrliche Bewegung.< Du Verspottung der heiligen Natur!“. Besonders interessant ist hier der letzte Kommentar „Du Verspottung der heiligen Natur“, denn obwohl die Affen so leben, wie es ihnen von Natur aus gegeben ist, haben sie eine viel gr��ere Freiheit, als die Menschen. Die Menschen jedoch haben mit der Aufgabe ihrer nat�rlichen Lebensweise auch ihre nat�rliche, nahezu absolute, Freiheit verloren und m�ssen nun einen gro�en Aufwand betreiben, um der nat�rlichen Freiheit etwas n�her zu kommen. Die Verspottung daran ist, dass die Menschen erst einen riesigen Aufwand betrieben um ihre Zivilisation aufzubauen und m�ssen nun einen weiteren gro�en Aufwand betreiben, nur um dieser urspr�nglichen Freiheit wieder etwas n�her zu kommen - einfach um die Folgen der Zivilisation, des ersten gro�en Aufwandes, wieder aufzuheben (dies ist eine Wiederherstellung des Status quo).

Kafka m�chte damit wohl zeigen, dass die Freiheit der Menschen von der Zivilisation verdr�ngt wurde. Die heutige Zivilisation konnte nur dadurch erreicht werden, dass jedes Individuum seine eigene urspr�ngliche Freiheit aufgegeben hat und sich den gesellschaftlichen Zw�ngen angepasst hat.

 

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