Auf den Spuren der Hanse |
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Nachdem im letzten Jahr die große Runde der Hanze Fietsroute geschlossen wurde, soll nun die kleine Runde absolviert werden. |
Das Jahr hat seinen Zenit schon längst überschritten und eigentlich wollte ich den letzten Rest der Hanze Fietsroute weitaus zeitiger angehen. Der Herbst kündigt sich mittlerweile mehr als deutlich an und die Tage werden merklich kürzer. Der strahlende Morgen zeigt sich bei meinem Aufbruch vom düster drohenden Wetterbericht gänzlich unbeeindruckt, doch bereits im Dämmer Wald packe ich die Regenjacke aus und bei der Passage des Teufelssteins wird der Niesel immer dichter. Dem Planetenweg folge ich wie 2005 vom Pluto bis zur Sonne in Rees, wobei größere Pausen durch den Regen vereitelt werden. Der weitere Weg führt direkt nach Emmerich zur dortigen Tourismusinformation, die als Ausnahme von der Regel über pragmatische Öffnungszeiten verfügt: Dort wird mir alsbald eine trockene Unterkunft vermittelt, zelten mag ich heute nicht. Der dunkle, wolkenverhangene Morgen bestätigt mich in meiner Entscheidung, doch schnell stehe ich bei der Überquerung der Waal vor anderen Problemen: Die Brücke der A 50 |
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stellt sowohl Lösung als Herausforderung dar. Ein Blick in den Radreiseführer Hanze Fietsroute schafft Klarheit: In der Beschreibung zu der Karte wird die Treppe eindeutig erwähnt. Da ich mit meinen Rad aufgrund des Gepäcks nicht die Treppe in Querfeldein-Manier hochsprinten möchte, beginne ich nach Wegen für Radler zu suchen und finde pro Fahrtrichtung eine Zufahrt als Ergänzung für meine Vektorkarte. Um nach Tiel überzusetzen, nähere ich mich dem Fähranleger und befinde micht schlagartig in einer unglaublichen Menschenmenge wieder, die die gleiche Idee zu haben scheinen. Im Gegensatz zu mir folgen sie nicht der Hanze Fietsroute, sondern besuchen das siebzehnte Appelpop-Festival: Daher verkehrt die überfüllte Fähre auch nur noch für Fußgänger! Daher fahre ich weiter nach Dreumel und richte mich auf dem Campingplatz 'De Rijskamp' in Schallweite des Festivals häuslich ein. Allerdings ist mir mein Glück hierbei noch nicht klar, der Veranstalter spricht später von 160.000 Besuchern an diesem Wochenende, im Line-up befanden sich unter anderem The Boss Hoss. Damit kamen vier Besucher auf je einen Einwohner der Stadt Tiel. |
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Mit dem Punkt der drei Deiche treffe ich eine mir schon bekannte Besonderheit wieder, welche ich bereits 2003 auf dem Weg zur belgischen Küste passiert habe: Hier wird mit einem rustikalen Denkmal das Aufeinandertreffen dreier Deiche gewürdigt, was so gar nicht ihrer Art entspricht. Auch das Wetter erlaubt mir ganz im Gegensatz zum Planetenweg nun eine Pause zum Fotografieren. Es ist nun an der Zeit auf die Hanze Fietsroute zurückzukehren und auf das andere Ufer der Waal überzusetzen: Doch die Fuß- und Radfähre zwischen Varik und Heerewaarden verkehrt heute nicht. Hinter Rossum treffe ich wieder auf die Hanze Fietsroute, ungewollt habe ich mangels Überfahrt abgekürzt und beschließe Zaltbommel ein anderes Mal zu besuchen. Nach 'Pannekoek met stroop' steht mir der Sinn, nur führen die Reklameschilder ins Leere: Bislang hatten alle Gasthäuser geschlossen! Inmitten der Wochenend-Ausflügler entdecke ich bei Appeltern die Erlebnisgastronomie Herberg 't Mun mit angeschlossenen Forellenteichen, wo die glücklosen Angler wie auch ich einen leckeren Pfannkuchen bekommen können. So gestärkt kann nun die Querung der Maas erfolgen: Die Hanze Fietsroute nutzt hier schlicht den Kontrolsteg entlang der einspurigen Eisenbahnbrücke der Verbindung 's-Hertogenbosch - Nijmegen bei Ravenstein. Etwas später unterquere ich eine weitere Brücke der A 50, auch sie verfügt wie die Brücke an der Waal über einen Bereich für Fußgänger und Radfahrer. Auch hier gibt es pro Fahrtrichtung eine eigene Zufahrt und damit wieder eine Ergänzung für meine Vektorkarte. Später erreiche ich westlich von Beers den Campingplatz 'De Tienmorgen' und harre der Abenteuer, die noch auf mich warten. Kaum habe ich einen 'cattle grid' passiert, sehe die ersten Heideschafe, werde ich unwillkürlich an die schottischen Southern Uplands erinnert: Nur sind die Schafe hier nicht alleine, sie werden von Hochlandrindern beim Grasen unterstützt und die gehörnten Viecher liegen wiederkäuend direkt neben dem Radweg! Hinter dem nächsten 'cattle grid' erklären drei Schilder: Hier quert ein Radweg ein Weidegebiet und es wird vor unberechenbaren Verhalten der Weidetiere gewarnt! |
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Das Warnschild gibt folgende beruhigende Verhaltensregeln vor: Mindestens 25 Meter Abstand halten, Herden nicht durchqueren, Tiere in Ruhe lassen und weder füttern noch streicheln. Betreten auf eigene Gefahr. Dumm nur, daß den Viechern keiner Bescheid gesagt hat... Der Weg führt weiter über einsame Pfade hinaus aus dem Sint_Anthonisbos, hin zu einem lang vermißten Stück Infrastruktur: Einem überdachten Rastplatz! |
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Der Rastplatz verdankt seine Existenz einer kartographischen Besonderheit, der Erfassung eines Dreiecks im ersten Kataster von Oploo im Jahre 1837. Heutiges Ziel ist der Campingplatz bei Arcen mit dem interessanten Namen 'Nabij de Fossa Eugenia': Bei der Fossa Eugeniana handelt es sich um einen nie ganz fertiggestellten Kanal aus dem siebzehnten Jahrhundert zwischen Rhein und Maas, die Spanier wollten damals schlicht den lukrativen Handel der Niederländer über den Rhein umlenken. Meine Idee in Venlo direkt am Ufer der Maas eine Pause einzulegen, machen riesige Bauzäune zunichte: Venlo folgt mit dem Maasboulevard dem aktuellen Trend zur Stadtentwicklung am Wasser. Die Stadt scheint eine einzige Baustelle zu sein und wird daher alsbald in Richtung Roermond verlassen. Dabei treffe ich auf eine nicht ganz unbekannte Jacobsmuschel als Wegmarkierung: Die Pilgerpfade Jacobsweg und Pieterpad verlaufen hier fast parallel durch die Limburgische Landschaft. Kaum auf dem Campingplatz 'Kersten' nordwestlich von Sint Odiliënberg angekommen, entdecke ich bei der täglichen Durchsicht meines Rad einen beginnenden Riß an der unteren Aufhängung meines Patria LowRider: Ihm bleibt also auch nach siebzehn Jahren nicht das in der Fahrradzukunft 4/2007 beschworene Schicksal erspart! Das Malheur wird nun provisorisch mit einem Zeltnagel und zwei Schlauchschellen geschient... Ob's bis zum Ende der Tour hält? |
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Die niederländisch-deutsche Grenze überquere ich bei Haaren,
dem beidseitig und zweisprachig beschrifteten Schild nach ist dies nur für EU-Bürger (mit Ausweis) tagsüber zu Fuß oder mit dem Rad zulässig: Was zwei Oberklasse-Limosinen aber während meiner Anwesenheit nicht davon abhält!
Der Name der Gesamtgemeinde ist mit Waldfeucht treffend umschrieben, so hoffe ich auf Besserung des Wetters im weiteren Verlaufe des Tages.
Der Weg folgt weiter der Rur bis Linnich, wo er scheinbar verschwindet...
Die Suche danach erfährt durch eine Schiefertafel 'Hausgemachte Lasagne' eine willkommene Unterbrechung 'Bei Enzo', gestärkt findet sich auch der über einen Parkplatz führende Weg zur Rur wieder.
Der Weg führt die Rur entlang und schenkt mir einige neue Erfahrungen zum Thema Brücke: Ähnlich wie in Karelien gehen sie mir sogar aus,
allerdings dauert diesmal die Umfahrung nicht sehr lange! |
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Bei Rodenkirchen wird der Rhein letztlich erreicht, dem Strom bis nach Weiß gefolgt um dort mit der kleinen Fähre nach Zündorf überzusetzen. Irgendwie mag ich das Ufer des Rheins noch nicht wieder verlassen und mache daher heute Quartier in der Pension 'Zur Lindenwirtin' in Eil. |
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Der morgentliche Aufbruch in Eil war ein sehr erfrischendes 'Vergnügen',
der Atem formte lustige Wölkchen als ich mein Rad belud und den wolkenlosen Himmel bewunderte: Der Tag begann vielversprechend! |
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Schnell war das Oberbergische Land erreicht und dieses trägt
seinen Namen nicht zu Unrecht: Das Relief ist recht lebhaft und überrascht mich immer wieder. Unterwegs am Wegesrand entdecke ich einen kleinen Hinweis auf das 'Haus Wald-Eck' und kehre dort später ein.
Hier direkt am Wald wäre auch eine Möglichkeit zur Übernachtung gegeben, da aber der Tag noch nicht soweit vorangeschritten ist,
fahre ich noch weiter zu der Jugendherberge in Wiehl.
Mittlerweile bin ich richtig im Sauerland angekommen,
mit dem Ort Blockhaus passiere ich ein bekanntes Wintersportgebiet: Die Größe der Parkplätze läßt seine Beliebtheit erahnen.
Das Wetter lud nicht wirklich zu längeren Pausen ein, dies änderte sich erst als sich der Biggesee näherte.
Die Anzahl der Wochenendausflügler an seinem Ufer mahnte dann, die Unterkunftfrage nicht zu vergessen: Letztlich wurde es die Jugendherberge in Heggen.
Interessant ist dort die Nutzung einer ehemaligen Kapelle als Speisesaal,
so konnte ich mich schon beim Frühstück an die Temperaturen unterwegs akklimatisieren. Die Hanze Fietsroute windet sich nur nicht zwischen Orten mit so interessanten Namen wie Faulebutter und
Wildewiese hindurch, sondern auch kontinuierlich in die Höhe: Als es gilt knapp ein Drittel der Höhe wieder zu verlieren, bin ich schlau genug eine Jacke anzuziehen und
dumm genug auf Vollfinger-Handschuhe zu verzichten! Kaum in Stockum eingefahren, entdecke ich die Pizzeria 'San Cataldo'
und unterdrücke den starken Wunsch direkt auf dem wohlige Wärme abstrahlenden Pizzaofen aufzutauen! Die nach dem ersten ersehnten Heißgetränk zurückehrende Feinmotorik erlaubt mir nun auch den Genuß einer Pizza
ohne mich mit dem Besteck selbst zu verletzen. Der weitere Weg folgt nun dem Ufer des Sorpesees, auffällig erinnern noch immer die naßgelagerten Restbestände an Holz an die verherrenden Auswirkungen des Orkans
Kyrill. Weit unspektakulärer war dagegen in Hüsten die Querung der noch jungen Ruhr.
Aufgrund des weit fortgeschrittenen Tages entschließe mich die Hanze Fietsroute zu verlassen, um am Südufer des Möhnesees die Schleife der
Hanze Fietsroute bis hoch nach Soest abzukürzen:
So kann ich auch recht nah des Möhneseeufers im Tagungshaus der Jugendherberge in
Körbecke übernachten. Um einen rechten Morgenmuffel scheint es sich beim Möhnesee zu handeln, so begrüßt er mich doch mit einem grauen, tristen Antlitz.
Bald ist die Hanze Fietsroute wieder erreicht, denn sie nutzt einen Teil der Kaiser-Route: Bis Belecke sogar auf einer ehemaligen Bahntrasse mit hübschen Bogenbrücken!
Doch verlangt der zunehmende Niederschlag gerade jetzt meine volle Aufmerksamkeit bei der Wahl der Regenbekleidung, noch genieße ich den Luxus einer geschützten Lage zwischen Bäumen und Sträuchern.
Kaum ließ der Regen etwas nach, erwacht mit dem unscheinbaren Hinweisschild Römerlager meine Neugierde und Phantasie: Irgend erwarte ich nicht gleich den Hadrian's Wall oder den Limes,
aber zumindest eine paar Holzpalisaden! Die Realität schenkt mir ein Hinweistafel-Ensemble auf frischem Rindenmulch zum Thema Römerlager bei Kneblinghausen. Mittlerweile trage ich fast die gesamte mitgeführte Radbekleidung und als Premiere sogar die Handschuhe übereinander!
Erst am späten Nachmittag, als ich nördlich von Brenken die Ruine der Erpernburg sehe, wagt sich auch die Sonne allmählich hervor!
Bald kann ich an die Tour vom letzten Jahr anschließen und frage mich ob ich unbedingt diese Strecke bei schlechtem Wetter noch einmal fahren muß: Denke an die unpassierbare Furt bei Leopoldstal oder den Hagelschlag auf dem Hellweg bei Neuenbeken.
Wie angenehm ist dagegen der Gedanke an eine Einkehr in die gute Stube von 'Ewers Alten Mühle' im Tal der Alme am Fusse der Wewelsburg! |
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Meine subjektive Empfindung bezüglich des Wetters im Verlauf der Tour spiegelt sich in der Auswertung des Datenschreibers wieder, ab der zweiten Hälfte der Tour wurde es erst am späten Nachmittag angenehm. |
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Die kleine Runde der Hanze Fietsroute bietet fast alles was auch die große Tour bietet: Zwei Länder mit ihren naturräumlichen Besonderheiten! |
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Es dankt für die Aufmerksamkeit Frank Brächter! Route Hanze Fietsroute Info's |
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